Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-281282/4/Re/Rd/Sta

Linz, 27.06.2011

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Dr. Werner Reichenberger über die auf das Strafausmaß beschränkte Berufung des A W, E, W, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen vom 11. November 2010, Ge96-60-2010, wegen Verwaltungsübertretungen nach dem Arbeitszeit­gesetz zu Recht erkannt:

 

 

I.     Aus Anlass der Berufung werden die verhängten Geldstrafen und Ersatzfreiheitsstrafen wie folgt festgesetzt:

 

       Faktum 1:    400 Euro, EFS 30 Stunden

       Faktum 2:    600 Euro, EFS 48 Stunden

       Faktum 3: 1.000 Euro, EFS 80 Stunden

       Faktum 4:      72 Euro, EFS 15 Stunden

       Faktum 5:    100 Euro, EFS 18 Stunden

       Faktum 6:    100 Euro, EFS 18 Stunden

       Faktum 7:    300 Euro, EFS 24 Stunden

       Faktum 8:    400 Euro, EFS 30 Stunden

 

Überdies wird bei Faktum 3 des angefochtenen Straferkenntnisses nach der Wortfolge "Dadurch wurde § 13c Abs.1" die "Z1" eingefügt.

 

II.   Für das Berufungsverfahren ist kein Kostenbeitrag zu entrichten. Für die Beschuldigte bleibt der erstinstanzlich festgesetzte Kostenbeitrag gemäß § 64 Abs.1 VStG unberührt.

Rechtsgrundlagen:

zu I: § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG iVm §§ 24, 19 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG.

zu II: § 64 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen vom 11. November 2010, Ge96-60-201, wurde über die Beschuldigte Frau C S, G, W, Geldstrafen von 300 Euro, EFS 24 Stunden (Faktum 1), 600 Euro, EFS 64 Stunden (Faktum 2), 1.000 Euro, EFS 98 Stunden (Faktum 3), 100 Euro, EFS 18 Stunden (Faktum 5), 72 Euro, EFS 15 Stunden (Faktum 6), 300 Euro, EFS 55 Stunden (Faktum 7), 250 Euro, EFS 48 Stunden (Faktum 8) verhängt sowie hinsichtlich Faktum 4 eine Ermahnung ausge­sprochen, wegen Verwaltungsübertretungen gemäß Art.8 Abs.5 der VO (EG) Nr. 561/2006 iVm § 28 Abs.4  Z3 AZG (Faktum 1), § 16 Abs.3 AZG iVm § 28 Abs.3 Z8 AZG (Faktum 2), § 13c Abs.1 AZG iVm § 28 Abs.3 Z2 AZG (Faktum 3), Art.7 der VO (EG) Nr. 561/2006 iVm § 28 Abs.4 Z2 AZG (Fakten 4 und 5), § 13c Abs.1 Z2 AZG iVm § 28 Abs.3 Z2 AZG (Faktum 6), Art.8 Abs.4 der VO (EG) Nr. 561/2006 iVm § 28 Abs.4 Z3 AZG (Faktum 7) und Art.6 Abs.1 der VO (EG) Nr. 561/2006 iVm § 28 Abs.4 Z1 AZG.

 

Nachstehender Tatvorwurf wurde der Beschuldigten im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses zur Last gelegt:

 

"Sie haben es als – zum Zeitpunkt der unten näher beschriebenen Verwaltungsübertretungen bestellte – handelsrechtliche Geschäftsführerin und somit als das gem. § 9 VStG für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften verantwortliche Organ der Z A GmbH als Arbeitgeberin mit dem Sitz in T. zu verantworten, dass der im Betrieb der Gesellschaft in  T. H, beschäftigte Arbeitnehmer J B als Lenker der Kraftfahrzeuge mit den unten näher beschriebenen Kennzeichen, die der Güterbeförderung dienen und deren höchst­zulässiges Gesamtgewicht 3,5 Tonnen übersteigen, bei Fahrten im internationalen Straßenverkehr zu den Bestimmungen des Arbeitszeitgesetzes zuwiderlaufenden Arbeits­leistungen wie folgt herangezogen wurde:

 

1. Die tägliche Ruhezeit (innerhalb eines Zeitraums von 30 Stunden) bei Mehrfahrerbesetzung betrug:

 

vom

Uhr

bis

Uhr

Soll

(h:min)

Ist

(h:min)

Diff

(h:min)

Kennzeichen

20.08.2009

18:19

22.08.2009

00:19

09:00

07:20

01:40

x

26.08.2009

17:15

27.08.2009

23:15

09:00

07:30

01:30

x

06.10.2009

18:07

08.10.2009

00:07

09:00

06:15

02:45

x

26.10.2009

20:02

28.10.2009

02:02

09:00

00:15

08:45

x

 

Dadurch wurde Art.8 Abs.5 der VO (EG) Nr. 561/2006 übertreten, wonach ein im Mehrfahrerbetrieb eingesetzter Lenker innerhalb von 30 Stunden nach dem Ende einer täglichen oder wöchentlichen Ruhezeit eine neue tägliche Ruhezeit von mindestens 9 ununterbrochenen Stunden genommen haben muss.

 

Strafnorm: § 28 Abs.4 Z3 Arbeitszeitgesetz – AZG, BGBl. Nr. 461/1969 idF BGBl. I Nr. 124/2008.

 

2. Die Einsatzzeit (zwischen zwei Ruhezeiten) betrug:

 

vom

Uhr

bis

Uhr

Soll

(h:min)

Ist

(h:min)

Diff

(h:min)

Kennzeichen

20.08.2009

18:19

21.08.2009

16:59

15:00

22:40

07:40

x

24.08.2009

17:51

25.08.2009

15:41

15:00

21:50

06:50

x

26.08.2009

17:15

28.08.2009

00:01

15:00

30:46

15:46

x

08.09.2009

17:19

09.09.2009

13:01

15:00

19:42

04:42

x

23.09.2009

12:37

24.09.2009

10:12

15:00

21:35

06:35

x

25.09.2009

16:29

26.09.2009

12:50

15:00

20:21

05:21

x

29.09.2009

17:40

30.09.2009

15:40

15:00

22:00

07:00

x

01.10.2009

17:40

02.10.2009

14:17

15:00

20:37

05:37

x

06.10.2009

18:07

07.10.2009

17:52

15:00

23:45

08:45

x

08.10.2009

17:24

09.10.2009

14:17

15:00

20:53

05:53

x

13.10.2009

17:26

14.10.2009

16:03

15:00

22:37

07:37

x

15.10.2009

18:33

17.10.2009

20:17

15:00

49:44

34:44

x

23.10.2009

17:07

24.10.2009

12:19

15:00

19:12

04:12

x

26.10.2009

20:02

29.10.2009

08:46

15:00

60:44

45:44

x

04.11.2009

14:50

05.11.2009

10:59

15:00

20:09

05:09

x

06.11.2009

15:59

07.11.2009

09:51

15:00

17:52

02:52

x

09.11.2009

18:09

10.11.2009

13:48

15:00

19:39

04:39

x

11.11.2009

14:54

12.11.2009

11:47

15:00

20:53

05:53

x

 

Dadurch wurde § 16 Abs.3 des Arbeitszeitgesetzes (AZG) in Verbindung mit dem Kollektivvertrag/der Betriebsvereinbarung übertreten, wonach für Lenker von Kraftfahrzeugen, die

1.                 zur Güterbeförderung dienen und deren zulässiges Gesamtgewicht, einschließlich Anhänger oder Sattelanhänger, 3,5 Tonnen übersteigt, oder

2.                 zur Personenbeförderung dienen und die nach ihrer Bauart und Ausstattung geeignet und dazu bestimmt sind, mehr als neun Personen einschließlich des Lenkers/der Lenkerin zu befördern,

der Kollektivvertrag, für Betriebe, für die kein Kollektivvertrag wirksam ist, die Betriebsvereinbarung eine Verlängerung der Einsatzzeit soweit zulassen kann, dass die vorgeschriebene tägliche Ruhezeit eingehalten wird.

 

Strafnorm: § 28 Abs.3 Z8 Arbeitszeitgesetz – AZG, BGBl. Nr. 461/1969 idF BGBl. I Nr. 124/2008.

 

3. Die Ruhepause von 30 Minuten wurde erst nach mehr als 6 Stunden eingehalten:

 

vom

Uhr

bis

Uhr

Soll

(h:min)

Ist

(h:min)

Diff

(h:min)

Kennzeichen

20.08.2009

18:19

21.08.2009

16:59

06:00

07:28

01:28

x

08.09.2009

17:19

09.09.2009

13:01

06:00

09:24

03:24

x

23.09.2009

12:37

24.09.2009

10:12

06:00

09:49

03:49

x

01.10.2009

17:40

02.10.2009

14:17

06:00

09:41

03:41

x

06.10.2009

18:07

07.10.2009

17:52

06:00

09:39

03:39

x

08.10.2009

17:24

09:10.2009

14:17

06:00

10:02

04:02

x

21.10.2009

14:22

22.10.2009

06:03

06:00

10:00

04:00

x

23.10.2009

17:07

24.10.2009

12:19

06:00

18:50

12:50

x

26.10.2009

20:02

29.10.2009

08:46

06:00

14:22

08:22

x

04.11.2009

14:50

05.11.2009

10:59

06:00

19:26

13:26

x

06.11.2009

15:59

07.11.2009

09:51

06:00

17:37

11:37

x

09.11.2009

18:09

10.11.2009

13:48

06:00

08:49

02:49

x

 

Dadurch wurde § 13c Abs.1 des Arbeitszeitgesetzes (AZG) übertreten, wonach die Tagesarbeitszeit bei einer Gesamtdauer zwischen 6 und 9 Stunden durch eine Ruhepause von mindestens 30 Minuten zu unterbrechen ist. Die Ruhepause ist spätestens nach 6 Stunden einzuhalten.

 

Strafnorm: § 28 Abs.3 Z2 Arbeitszeitgesetz – AZG, BGBl. Nr. 461/1969 idF BGBl. I Nr. 124/2008

 

4. Die erforderliche Lenkpause wurde verkürzt:

 

vom

Uhr

bis

Uhr

Soll

(h:min)

Ist

(h:min)

Diff

(h:min)

Kennzeichen

20.08.2009

23:22

21.08.2009

04:23

00:45

00:19

00:26

x

 

Dadurch wurde Art.7 der VO (EG) Nr. 561/2006 übertreten, wonach nach einer Lenkdauer von viereinhalb Stunden ein Lenker eine ununterbrochene Fahrtunterbrechung von wenigstens 45 Minuten einzulegen hat, sofern er keine Ruhezeit einlegt.

 

Strafnorm: § 28 Abs.4 Z2 Arbeitszeitgesetz – AZG, BGBl. Nr. 461/1969 idF BGBl. I Nr. 124/2008 

 

5. Die erforderliche Lenkpause wurde erst nach mehr als viereinhalb Stunden eingelegt:

 

vom

Uhr

bis

Uhr

Soll

(h:min)

Ist

(h:min)

Diff

(h:min)

Kennzeichen

27.08.2009

08:58

27.08.2009

13:33

04:30

04:35

00:05

x

17.10.2009

13:52

17.10.2009

20:17

04:30

06:14

01:44

x

 

Dadurch wurde Art.7 der VO (EG) Nr. 561/2006 übertreten, wonach nach einer Lenkdauer von viereinhalb Stunden ein Lenker eine ununterbrochene Fahrtunterbrechung von wenigstens 45 Minuten einzulegen hat, sofern er keine Ruhezeit einlegt.

 

Strafnorm: § 28 Abs.4 Z2 Arbeitszeitgesetz – AZG, BGBl. Nr. 461/1969 idF BGBl. I Nr. 124/2008

        

6. Die Ruhepause (bei einer Gesamtdauer der Tagesarbeitszeit von mehr als 9 Stunden) betrug:

 

vom

Uhr

bis

Uhr

Soll

(h:min)

Ist

(h:min)

Diff

(h:min)

Kennzeichen

25.09.2009

16:29

26.09.2009

12:50

00:45

00:18

00:27

x

08.10.2009

17:24

09.10.2009

14:17

00:45

00:26

00:19

x

23.10.2009

17:07

24.10.2009

12:19

00:45

00:00

00:45

x

04.11.2009

14:50

05.11.2009

10:59

00:45

00:14

00:31

x

06.11.2009

15:59

07.11.2009

09:51

00:45

00:00

00:45

x

 

Dadurch wurde § 13c Abs.1 Z2 des Arbeitszeitgesetzes (AZG) übertreten, wonach die Tagesarbeitszeit bei einer Gesamtdauer von mehr als 9 Stunden durch eine Ruhepause von mindestens 45 Minuten zu unterbrechen ist.

 

Strafnorm: § 28 Abs.3 Z2 Arbeitszeitgesetz – AZG, BGBl. Nr. 461/1969 idF BGBl. I Nr. 124/2008

 

7. Die tägliche Ruhezeit (innerhalb eines Zeitraumes von 24 Stunden) betrug:

 

vom

Uhr

bis

Uhr

Soll

(h:min)

Ist

(h:min)

Diff

(h:min)

Kennzeichen

01.10.2009

17:40

02.10.2009

17:40

09:00

04:22

04:38

x

13.10.2009

17:26

14.10.2009

17:26

09:00

02:07

06:53

x

15.10.2009

18:33

16.10.2009

18:33

09:00

03:27

05:33

x

 

Dadurch wurde Art.8 Abs.4 der VO (EG) Nr. 561/2006 übertreten, wonach der Lenker/die Lenkerin zwischen zwei wöchentlichen Ruhezeiten höchstens drei reduzierte tägliche Ruhezeiten von mindestens 9 ununterbrochenen Stunden einlegen darf.

 

Strafnorm: § 28 Abs.3 Z2 Arbeitszeitgesetz – AZG, BGBl. Nr. 461/1969 idF BGBl. I Nr. 124/2008

 

8. Die Tageslenkzeit (zwischen zwei Ruhezeiten) betrug:

 

vom

Uhr

bis

Uhr

Soll

(h:min)

Ist

(h:min)

Diff

(h:min)

Kennzeichen

15.10.2009

18:33

17.10.2009

20:17

10:00

21:31

11:31

x

26.10.2009

20:02

29.10.2009

08:46

10:00

18:22

08:22

x

 

Dadurch wurde Art.6 Abs.1 der VO (EG) Nr. 561/2006 übertreten, wonach die tägliche Lenkzeit 9 Stunden nicht überschreiten darf. Die tägliche Lenkzeit darf jedoch höchstens zweimal in der Woche auf höchstens 10 Stunden verlängert werden.

 

Strafnorm: § 28 Abs.4 Z1 Arbeitszeitgesetz – AZG, BGBl. Nr. 461/1969 idF BGBl. I Nr. 124/2008"

 

2. Dagegen wurde vom Arbeitsinspektorat Wels fristgerecht eine auf das Strafausmaß beschränkte Berufung eingebracht und darin beantragt, die in der Strafanzeige aufgeführten Strafen zu verhängen. Begründend wurde hiezu im Wesentlichen zusammenfassend ausgeführt, dass das strafbare Verhalten über einen Zeitraum von insgesamt 17 Wochen aufrecht erhalten und dabei der Arbeitnehmer J B zum Teil an 21 Tagen eingesetzt wurde. Durch diesen langen Zeitraum und die Vielzahl der gesetzten Einzelhandlungen sei dasjenige Interesse, dessen Schutz die Strafdrohung dient, nämlich der Schutz vor Überbeanspruchung der Arbeitskraft des Arbeitnehmers, erheblich gefährdet. In der Strafbemessung laut Straferkenntnis wurde angeführt, dass im gegenständlichen Fall neben der latenten Möglichkeit dieser Gefährdungen keine tatsächlichen nachteiligen Folgen eingetreten bzw bekannt geworden sind. Dem sei entgegenzuhalten, dass als Grundlage für die Bemessung der Strafe nach § 19 Abs.1 VStG nicht auf die Schädigung, sondern bereits auf die Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, abzustellen sei. Obwohl auch erschwerende Umstände angeführt worden seien, erfolgte eine erhebliche Reduzierung der beantragten Strafhöhen. Auch erscheint der Ausspruch einer Ermahnung bezüglich Übertretungsgruppe 4 nicht rechtfertigt, zumal die kumulativen Voraussetzungen zur Anwendung des § 21 Abs.1 VStG nicht vorliegen würden.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt. Die Beschuldigte wurde mit Schreiben des Oö. Verwaltungssenates vom 28. Jänner 2011, VwSen-281282/2/Re/Sta, am Verfahren beteiligt. Diesbezüglich erfolgte hiezu jedoch keine schriftliche Stellungnahme.  

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme. Eine öffentliche mündliche Verhandlung konnte gemäß § 51e Abs.3 Z2 VStG entfallen, da sich die Berufung nur gegen die Höhe der Strafe richtet und keine Partei die Durchführung einer Verhandlung beantragt hat.

 

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Da das A W ausschließlich die im angefochtenen Straferkenntnis verhängten Strafhöhen bekämpft, ist der Schuldspruch in Rechtskraft erwachsen und ist es dem Oö. Verwaltungssenat verwehrt, hierauf einzugehen.

 

5.2. Gemäß § 9 Abs.1 VStG ist für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen oder eingetragene Personengesellschaften, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen und soweit nicht verantwortliche Beauftragte (Abs.2) bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist.

 

Für Lenker von Kraftfahrzeugen, die zur Güterbeförderungen dienen und deren zulässiges Gesamtgewicht, einschließlich Anhänger oder Sattelanhänger, 3,5 Tonnen übersteigt, kann der Kollektivvertrag, für Betriebe, für die kein Kollektivvertrag wirksam ist, die Betriebsvereinbarung gemäß § 16 Abs.3 AZG eine Verlängerung der Einsatzzeit soweit zulassen, dass die vorgeschriebene tägliche Ruhezeit eingehalten wird.

 

Gemäß § 13c Abs.1 AZG ist abweichend von § 11 Abs.1 die Tagesarbeitszeit

1.                bei einer Gesamtdauer zwischen sechs und neun Stunden durch eine Ruhepause von mindestens 30 Minuten,

2.                bei einer Gesamtdauer von mehr als neun Stunden durch eine Ruhepause von mindestens 45 Minuten,

zu unterbrechen. Die Ruhepause ist spätestens nach sechs Stunden einzuhalten.

 

Gemäß Art.6 Abs.1 der Verordnung (EG) Nr. 561/2006 darf die tägliche Lenkzeit 9 Stunden nicht überschreiten. Die tägliche Lenkzeit darf jedoch höchstens zweimal in der Woche auf höchstens 10 Stunden verlängert werden.

 

Gemäß Art.7 der Verordnung (EG) Nr. 561/2006 hat der Fahrer nach einer Lenkdauer von viereinhalb Stunden eine ununterbrochene Fahrtunterbrechung von wenigstens 45 Minuten einzulegen, sofern er keine Ruhezeit einlegt.

 

Gemäß Art.8 Abs.4 der Verordnung (EG) Nr. 561/2006 darf der Fahrer zwischen zwei wöchentlichen Ruhezeiten höchstens drei reduzierte tägliche Ruhezeiten einlegen.

 

Gemäß Art.8 Abs.5 der Verordnung (EG) Nr. 561/2006 muss ein im Mehrfahrer­betrieb eingesetzter Lenker innerhalb von 30 Stunden nach dem Ende einer täglichen oder wöchentlichen Ruhezeit eine neue tägliche Ruhezeit von min­destens 9 ununterbrochenen Stunden genommen haben.

 

Gemäß § 28 Abs.3 AZG sind Arbeitgeber, die

Z2:    Ruhepausen gemäß § 13c oder Ruhezeitverlängerungen gemäß § 14 Abs.3        nicht gewähren;

Z8:    die Lenker über die gemäß § 16 Abs.2 bis 4 zulässige Einsatzzeit hinaus   einsetzen,

sofern die Tat nicht nach anderen Vorschriften einer strengeren Strafe unterliegt, von der Bezirksverwaltungsbehörde mit einer Geldstrafe von 72 Euro bis 1.815 Euro, im Wiederholungsfall von 145 Euro bis 1.815 Euro zu bestrafen.  

 

Gemäß § 28 Abs.4 AZG sind Arbeitgeber, die

Z1:    Lenker über die gemäß Art.6 Abs.1 bis 3 der Verordnung (EG) Nr.    561/2006 zulässige Lenkzeit hinaus einsetzen;

Z2:    Lenkpausen gemäß Art.7 der Verordnung (EG) Nr. 561/2006 nicht gewähren;

Z3:    die tägliche Ruhezeit gemäß Art.8 Abs.2, 4 oder 5 oder Art.9 der      Verordnung (EG) Nr. 561/2006 nicht gewähren,

sofern die Tat nicht nach anderen Vorschriften einer strengeren Strafe unterliegt, von der Bezirksverwaltungsbehörde mit einer Geldstrafe von 72 Euro bis 1.815 Euro, im Wiederholungsfall von 145 Euro bis 1.815 Euro zu bestrafen.

 

5.2. Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungs­gründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechts sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermessensabwägung sind in der Begründung des Bescheides so weit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes erforderlich ist. § 19 Abs.1 enthält somit jene objektiven Kriterien, die Grundlage für die Strafbemessung sind. Darüber hinaus normiert Abs.2 für das ordentliche Verfahren eine Reihe weiterer subjektiver Umstände.

 

Auch bei der Strafbemessung obliegt es der Behörde gemäß § 60 AVG iVm § 24 VStG die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage, gelegen an der gesetzmäßigen Bemessung der Strafe, klar und übersichtlich zusammenzufassen.

 

5.3. Schutzzweck der Einhaltung der Bestimmungen des AZG hinsichtlich der Lenk- und Ruhezeiten ist neben dem Schutz der Gesundheit der Arbeitnehmer jener, dass der Einsatz von übermüdeten Lenkern hintangehalten wird; stellen doch übermüdete Lenker ein immenses Gefahrenpotential in Bezug auf die Verkehrssicherheit dar und besteht somit ein besonderes öffentliches Interesse an der Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen.

 

5.4.1. Hinsichtlich des Teils der Berufungsentscheidung (Fakten 1, 4, 6 und 8 des angefochtenen Straferkenntnisses), womit der Berufung Folge gegeben und  eine Anhebung der verhängten Geld- und Ersatzfreiheitsstrafen verfügt wurde, wird Nachstehendes ausgeführt:

 

Hinsichtlich Faktum 1 wurde die tägliche Ruhezeit mehrfach nicht unerheblich unterschritten. Am 26.10.2009 wurde sogar nur eine 15minütige (!) anstelle der gesetzlich normierten 9stündigen täglichen Ruhezeit gewährt. Dieser Umstand war entsprechend zu berücksichtigen und die von der belangten Behörde verhängte Geldstrafe angemessen hinaufzusetzen.

Ebenso verhält es sich auch bei Faktum 6 (Nichtgewährung einer 45minütigen Ruhepause bei einer Gesamtdauer der Tagesarbeitszeit von mehr als 9 Stunden). Der Beschuldigten wurden in Faktum 6 fünf Tattage, an denen die 45minütige Ruhepause nicht gewährt bzw nur unzureichend gewährt wurde, zur Last gelegt. Der Auflistung konnte entnommen werden, dass an zwei Tattagen (23.10.2009 – 24.10.2009 und 6.11.2009 – 7.11.2009) überhaupt keine Ruhepause und an den restlichen Tattagen die Ruhepausen nahezu um die Hälfte verkürzt wurden. Entgegen der Ansicht der belangten Behörde war hier die Verhängung der gesetzlichen Mindeststrafe von 72 Euro nicht mehr als angemessen anzusehen und die Geldstrafe zu erhöhen.

Der Ausspruch einer Ermahnung hinsichtlich Faktum 4 des angefochtenen Straferkenntnisses erscheint dem Oö. Verwaltungssenat nicht gerechtfertigt, zumal die kumulativen Voraussetzungen (geringfügiges Verschulden und unbedeutende Folgen der Übertretung) für die Anwendung des § 21 Abs.1 VStG hiezu nicht vorliegen. Ein geringfügiges Verschulden kann der Beschuldigten nicht attestiert werden, zumal sie sich im Verfahren erster Instanz ausschließlich dahingehend gerechtfertigt hat, dass ihr die Funktion als handelsrechtliche Geschäftsführerin für das Unternehmen "aufgedrängt" worden sei. Die Motive für die Übernahme einer Funktion in einem Unternehmen, hier jene der handels­rechtlichen Geschäftsführerin, stellen allerdings keine rechtliche Kategorie dar und können daher auch in einem Verwaltungsstrafverfahren keine Auswirkungen haben. Angaben dahingehend, wie sie dafür Sorge getragen hat, zB durch die Darlegung eines effektiven und effizienten Kontrollsystems, dass die arbeitszeit­rechtlichen Bestimmungen eingehalten werden, wurden hingegen nicht getätigt. Die nunmehr verhängte Geldstrafe in Höhe von 100 Euro erscheint dem Oö. Verwaltungssenat bezüglich des Unrechts- und Schuldgehaltes der Tat ange­messen und den persönlichen Verhältnissen der Beschuldigten angepasst.

Bezüglich Faktum 8 des angefochtenen Straferkenntnisses (Überschreitung der Tageslenkzeit zwischen zwei Ruhezeiten) ist auszuführen, dass der Lenker den gegenständlichen Lastkraftwagen 21 Stunden und 31 Minuten  und 18 Stunden und 22 Minuten anstelle der jeweils erlaubten 10 Stunden lenkte. Hiebei handelt es sich um massive Überschreitungen der Tageslenkzeit und hatte dieser Umstand seinen Eingang in der nunmehrigen Strafbemessung zu finden. 

 

Das AZG normiert die Mindestdauer der notwendigen Erholungsphasen während eines Arbeitstages (Ruhepause) und zwischen zwei Arbeitstagen (Ruhezeit). Es soll damit gewährleistet werden, dass sich der Lenker während seines Arbeitstages auch adäquat erholen kann. Diesem gesetzlichen Gebot hat die Beschuldigte offenkundig wenig bis keine Beachtung geschenkt, wodurch die Anhebungen der Geldstrafen – in den oben angeführten Fakten – gerechtfertigt waren.

 

5.4.2. Bezüglich des übrigen Teils der Berufungsentscheidung (Fakten 2, 3, 5 und 7 des angefochtenen Straferkenntnisses) ist Folgendes zu bemerken:

 

Von der belangten Behörde wurden im angefochtenen Straferkenntnis über die Beschuldigte Geldstrafen in Höhe von 100 Euro (Faktum 5), 300 Euro (Faktum 7), 600 Euro (Faktum 2) und 1.000 Euro (Faktum 3) bei einem Strafrahmen von 72 Euro bis 1.815 Euro – ein Wiederholungsfall lag nicht vor -  festgesetzt. Der Milderungsgrund der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit kam der Beschuldigten nicht mehr zugute. Des weiteren wurden von der belangten Behörde bei ihrer Strafbemessung die von der Beschuldigten bekannt gegebenen persönlichen Verhältnisse, und zwar eine monatliche Pension von 1.200 Euro und kein Vermögen, entsprechend gewürdigt. Überdies wurde der Umstand, dass die Beschuldigte als handelsrechtliche Geschäftsführerin der A Z GmbH ausgeschieden ist und sohin kein spezialpräventiver Aspekt mehr zur Anwendung gelangen musste, berücksichtigt.

 

Der Oö. Verwaltungssenat verkennt keinesfalls die Gefahr, die von übermüdeten Lenkern ausgeht, und schließt sich auch grundsätzlich der Ansicht des A W an, dass durchaus die Notwendigkeit der Verhängung von empfindlichen Geldstrafen - auch aus generalpräventiven Gründen – gegeben erscheint. Dennoch konnte den in der Strafanzeige geforderten Strafbeträgen nicht gänzlich gefolgt werden. Die belangte Behörde hatte bei ihrer Strafbemessung die Tatsache, dass die Beschuldigte ab 17.11.2009 als handelsrechtliche Geschäftsführerin ausgeschieden ist und sohin Übertretungs­tage ab diesem Zeitpunkt nicht mehr zur Last gelegt werden durften, durch Verringerung des geforderten Strafbetrages zu berücksichtigen. Unbeschadet dessen wurde vom A W, bei der Übertretungs­gruppe 3, ein Betrag von 1.978 Euro gefordert, obwohl die Höchststrafe 1.815 Euro beträgt. Die diesbezüglich von der Erstbehörde verhängte Geldstrafe von 1.000 Euro stellt immerhin noch die 13fache Mindeststrafe dar und erscheint tat- und schuldangemessen. Ebenso verhält es sich bei Übertretungsgruppe 2; hier wurde von der Erstbehörde ein Strafbetrag von 600 Euro anstelle von 1.233 Euro verhängt. Auch hier konnten nicht alle angezeigten Übertretungstage gewertet werden und wurde von der Erstbehörde der Unrechts- und Schuldgehalt der Übertretungen entsprechend gewürdigt, indem eine Geldstrafe von 600 Euro (immerhin die 8fache Mindeststrafe) verhängt wurde. Darüber hinaus konnte vom Oö. Verwaltungssenat hinsichtlich Faktum 7 kein Überschreiten des Ermessens bei der Festsetzung der Geldstrafe durch die Erstbehörde erkannt werden. Hiezu ist auch zu bemerken, dass die diesbezüglich verhängte Geldstrafe (3 Übertretungstage) auch in Relation zu Faktum 1 (4 Übertretungstage) steht, wo vom Oö. Verwaltungs­senat die Geldstrafe hinaufgesetzt wurde. Die von der Erstbehörde hinsichtlich Faktum 5 durchgeführte Herabsetzung der geforderten Geldstrafe bewegt sich im üblichen Rahmen und war aufgrund der bereits oben angeführten Umstände vertretbar.                 

 

5.4.3. Die Ersatzfreiheitsstrafen waren durch die nunmehr festgesetzten Geldstrafen ebenfalls neu festzulegen bzw entsprechend anzupassen.

 

6. Im gegenständlichen Verfahren sind keine Verfahrenskosten angefallen, zumal gemäß § 64 Abs.1 VStG in Berufungsverfahren nur dann ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vorzuschreiben ist, wenn der Bestrafte selbst Berufungswerber ist. Dies war gegenständlich nicht der Fall. Trotz Anhebung der Geldstrafen hinsichtlich Fakten 1, 4, 6 und 8 darf der diesbezügliche Kostenbeitrag erster Instanz nicht angehoben werden (vgl. hiezu Raschauer-Wessely, Kommentar zum VStG, S.949, zu § 64).

 

7. Die Spruchergänzung hinsichtlich Faktum 3 des angefochtenen Straferkennt­nisses war gesetzlich geboten und zulässig.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­gerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

Dr. Reichenberger

 

 

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