Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-240820/3/Fi/Fl

Linz, 06.07.2011

 

 

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Dr. Johannes Fischer über die Berufung des X, vertreten durch X, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmanns des Bezirks Vöcklabruck vom 2. Mai 2011, GZ SanRB96-82-2009, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetz mit diesem Bescheid zu Recht erkannt:

I.                  Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

II.              Der Berufungswerber hat weder einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch einen Kostenbeitrag für das Verfahren vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat zu leisten.

Rechtsgrundlagen:

zu I: §§ 24, 44a, 45 Abs. 1 und § 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG;

zu II: § 66 VStG.


Entscheidungsgründe:

1.1. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmanns des Bezirks Vöcklabruck (im Folgenden: belangte Behörde) vom 2. Mai 2011, GZ SanRB96-82-2009, wurde über den Berufungswerber (im Folgenden: Bw) eine Geldstrafe in der Höhe von 150 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 24 Stunden) wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 90 Abs. 2 Z 1 iVm § 5 Abs. 2 Z 1 Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetz (im Folgenden: LMSVG) verhängt.

Dem Bw wird vorgeworfen, dass er es als verantwortlicher Beauftragter für die Einhaltung des LMSVG iSd § 9 Abs. 2 VStG des Lebensmittelunternehmens X zu verantworten habe, dass, wie durch die Lebensmitteluntersuchungsanstalt Klagenfurt am 2. Juli 2008 anlässlich einer Probenziehung eines Organs der Lebensmittelaufsicht Klagenfurt bei einer näher bezeichneten Filiale der X festgestellt worden sei, die begutachtete Lebensmittelprobe auf der Homepage der X mit den Worten "Dieses Produkt hat einen hohen Ernährungswert bei sehr geringer Kalorienzufuhr" angepriesen worden sei. Eine solche Formulierung sei mit dem Terminus "energiearm" gleichzusetzen und nur unter Einhaltung einer näher genannten Kalorienangabe zulässig, welche diesfalls jedoch wesentlich überschritten worden sei. Die Auslobung "sehr geringe Kalorienzufuhr" auf der Homepage des genannten Lebensmittelunternehmens sei daher eine zur Täuschung und somit zur Irreführung geeignete Angabe über die Zusammensetzung des Lebensmittels iSd § 5 Abs. 2 LMSVG gewesen. Die Probe sei daher dem Verbot des Inverkehrbringens von Lebensmittel mit zur Irreführung geeigneten Angaben unterlegen.

Begründend führt die belangte Behörde – nach Schilderung des Sachverhalts und Wiedergabe der gesetzlichen Bestimmungen – im Wesentlichen aus, dass sich der Vorwurf auf ein Gutachten der Lebensmitteluntersuchungsanstalt Klagenfurt stütze und daher fachlich untermauert sei, sodass der Tatbestand der Verwaltungsübertretung nach § 90 Abs. 2 Z 1 iVm § 5 Abs. 2 Z 1 LMSVG zweifelsfrei erwiesen sei. Einwände des Bw hinsichtlich einer eingetretenen Verjährung mangels einer rechtzeitigen Verfolgungshandlung gegenüber dem Bw seien unbegründet, zumal die gegen den zur Vertretung nach außen Berufenen gesetzte Verfolgungshandlung gemäß § 32 Abs. 3 VStG auch als Verfolgungshandlung gegen den verantwortlichen Beauftragten gelte. Die belangte Behörde schließt ihre Begründung mit Erwägungen zur Strafbemessung.

1.2. Gegen dieses Straferkenntnis, das dem Bw am 6. Mai 2011 zugestellt wurde, richtet sich die rechtzeitige Berufung vom 17. Mai 2011, die dem Unabhängigen Verwaltungssenat von der belangten Behörde mit Schreiben vom 27. Mai 2011 unter Anschluss des vollständigen Verwaltungsaktes zur Entscheidung vorgelegt wurde.

Begründend führt der Bw im Wesentlichen aus, dass dem angefochtenen Straferkenntnis keine nähere Tatumschreibung entnommen werden könne; es fehle an einer Individualisierung und Konkretisierung der Tat bzw. der Anführung der Tathandlung. Überdies sei die Aussage nicht irreführend, zumal vergleichbare Produkte einen deutlich höheren Fettgehalt und demnach auch Kalorienwert aufweisen würden. Der geforderte Grenzwert könne bei Fleischprodukten unmöglich eingehalten werden. Insofern sei aus Vorsichtsgründen auch die Angabe sofort nach Beanstandung beseitigt worden.

Abschließend beantragt der Bw die Durchführung einer mündlichen Verhandlung sowie die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und die Einstellung des Verfahrens.

2. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der Erstbehörde (einschließlich der Schriftsätze der Parteien). Gemäß § 51e Abs. 1 Z 2 VStG konnte von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden, da bereits aufgrund der Aktenlage feststand, dass der mit Berufung angefochtene Bescheid aufzuheben ist.

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

3.1. Nach § 51c VStG hat der Unabhängige Verwaltungssenat im gegenständlichen Fall – weil mit dem angefochtenen Straferkenntnis eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe nicht verhängt wurde – durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden.

3.2.1. Gemäß § 5 Abs. 2 Z 1 LMSVG, BGBl. I 13/2006, ist es verboten, Lebensmittel mit zur Irreführung geeigneten Angaben in Verkehr zu bringen oder zu bewerben. Zur Irreführung geeignete Angaben sind insbesondere zur Täuschung geeignete Angaben über die Eigenschaften des Lebensmittels, wie Art, Identität, Beschaffenheit, Zusammensetzung, Menge, Haltbarkeit, Ursprung oder Herkunft und Herstellungs- oder Gewinnungsart.

Gemäß § 90 Abs. 2 Z 1 LMSVG, BGBl. I 13/2006 idF BGBl. I 136/2006, begeht, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet oder nach anderen Vorschriften einer strengeren Strafe unterliegt, eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde mit Geldstrafe bis zu 20.000 Euro, im Wiederholungsfall bis zu 40.000 Euro, im Fall der Uneinbringlichkeit mit Ersatzfreiheitsstrafe bis zu sechs Wochen zu bestrafen, wer Lebensmittel mit irreführenden oder krankheitsbezogenen Angaben oder in irreführender oder krankheitsbezogener Aufmachung bewirbt.

3.2.2. § 44a VStG lautet wie folgt:

"§ 44a. Der Spruch hat, wenn er nicht auf Einstellung lautet, zu enthalten:

1. die als erwiesen angenommene Tat;

2. die Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist;

3. die verhängte Strafe und die angewendete Gesetzesbestimmung;

4. den etwaigen Ausspruch über privatrechtliche Ansprüche;

5. im Fall eines Straferkenntnisses die Entscheidung über die Kosten."

Nach der vom Verwaltungsgerichtshof zu § 44a Z 1 VStG entwickelten Judikatur ist die dem Beschuldigten angelastete Tat im Spruch des Straferkenntnisses so weit zu konkretisieren, dass eine eindeutige Zuordnung zu den Tatbestandsmerkmalen ermöglicht wird und die Identität der Tat unverwechselbar feststeht (vgl. VwSlg. 11.466 A/1984 und VwSlg. 11.894 A/1985 jeweils verstärkter Senat). Im Spruch sind alle wesentlichen Tatbestandsmerkmale anzuführen, die zur Individualisierung und Konkretisierung des inkriminierten Verhaltens notwendig sind. Insbesondere ist dabei die Identität der Tat (Ort, Zeit und die näheren Umstände) möglichst genau zu beschreiben.

3.3.1. Diesen Erfordernissen wird der Spruch des angefochtenen Straferkenntnis nicht gerecht:

Dem Bw wird dem angefochtenen Straferkenntnis zufolge (vgl. insbesondere die rechtlichen Erwägungen auf Seite 7) das Anpreisen der Wurst "X" u.a. mit den Worten "sehr geringer Kalorienzufuhr" auf der Homepage des Lebensmittelunternehmens Hütthaler KG und damit das Bewerben eines Lebensmittels mit irreführenden Angaben iSd § 90 Abs. 2 Z 1 LMSVG zur Last gelegt. Dem Spruch des Straferkenntnisses kann ein genauer Tatzeitpunkt bzw. Tatzeitraum, bezüglich welchem dem Bw konkret das Bewerben des Produkts auf der Homepage mit dieser Formulierung vorgeworfen wird, jedoch nicht entnommen werden; eine Präzisierung der Tatzeit fehlt. Auch das – einzige – im Spruch angeführte Datum, nämlich der 2. Juli 2008, kann nicht als Tatzeitpunkt angesehen werden, zumal dieser – wie dem vorgelegten Verwaltungsakt entnommen werden kann – lediglich jenen Tag bezeichnet, an dem das Gutachten der Lebensmitteluntersuchungsanstalt Klagenfurt hinsichtlich der am 19. Februar 2008 entnommenen Probe verfasst wurde. Ein Hinweis, dass konkret an diesem Tag das Produkt auf der Homepage mit der irreführenden Formulierung beworben wurde, findet sich hingegen nicht. Der diesem Gutachten beigelegte Ausdruck der Homepage weist etwa das Datum 4. Juni 2008 auf. Damit wurde aber entgegen den Anforderungen des § 44a VStG die Tat nicht hinreichend genau umschrieben.

Daraus wird ersichtlich, dass der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses den Anforderungen der hinreichenden Individualisierung und Konkretisierung des inkriminierten Verhaltens iSd § 44a VStG nicht gerecht zu werden vermag.

3.4. Der gegenständlichen Berufung war demnach gemäß § 24 VStG iVm § 66 Abs. 4 AVG stattzugeben, das angefochtenen Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 VStG einzustellen.

4. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Bw gemäß § 66 Abs. 1 VStG weder ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch ein Kostenbeitrag für das Verfahren vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat vorzuschreiben.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

Johannes Fischer

 

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