Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-301058/2/Gf/Mu

Linz, 11.07.2011

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mit­glied Dr. Grof über die Berufung des A L, vertreten durch RA Dr. G Qu,  gegen das aus Anlass einer Übertretung des Oö. Polizeistrafgesetzes erlassene Straferkenntnis des Polizeidirektors der Stadt Steyr vom 7. Juni 2011, Zl.
S-2410/St/2011, zu Recht:

I. Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnisses aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

II. Der Berufungswerber hat weder einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch einen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat zu leisten.

 

Rechtsgrundlage:

§ 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG; § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG; § 66 Abs. 1 VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1.1. Mit Straferkenntnis des Polizeidirektors der Stadt Steyr vom 7. Juni 2011, Zl. S-2410/St/2011, wurde über den Rechtsmittelwerber eine Geldstrafe in Höhe von 500 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 10 Tage; Verfahrenskostenbeitrag: 50 Euro) verhängt, weil er es als "Vertreter" einer GmbH zu verantworten habe, dass von dieser am 14. April 2011 versucht worden sei, durch das Anbringen öffentlicher Werbeplakate die Prostitution anzubahnen. Dadurch habe er eine Übertretung des § 2 Abs. 3 lit. b des Oö. Polizeistrafgesetzes, LGBl.Nr. 36/1979 i.d.F. LGBl.Nr. 37/2007 (im Folgenden: OöPolStG), begangen, weshalb er nach § 10 Abs. 1 lit. c OöPolStG zu bestrafen gewesen sei.

 

Begründend wurde dazu im Wesentlichen ausgeführt, dass der dem Beschwerdeführer angelastete Tatvorwurf – nämlich: dass die äußeren Merkmale des Plakates so beschaffen seien, dass für jedermann erkennbar sei, dass damit die Anbahnung der Prostitution bezweckt werden solle, weil ein "Nightclub" laut Definition einen Vergnügungsbetrieb darstelle, dessen Unterhaltungsangebot auch den erotischen oder sexuellen Bereich erfasse – offenkundig als erwiesen anzusehen sei.

 

1.2. Gegen dieses ihm am 10. Juni 2011 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 22. Juni 2011 – und damit rechtzeitig – zur Post gegebene Berufung.

 

Darin wird – auf das Wesentliche zusammengefasst – zunächst vorgebracht, dass das verfahrensgegenständliche Plakat keineswegs auch allgemein – und nicht nur für einen einschlägigen Personenkreis – erkennbar ein Anbieten zu einem entgeltlichen Geschlechtsverkehr zum Ausdruck bringe. Außerdem seien auch keine Telefonnummern, Namen, Treffpunkte oder sonstige Kontaktinformationen angegeben gewesen. Darüber hinaus sei es auch nicht zulässig, einen "Nightclub"
ohne Weiteres mit einem Bordell gleichzusetzen, denn Erstere seien Lokale, in denen klassische Unterhaltung – wie Musik, Tanz und Kleinkunst – dargeboten werden würde. Schließlich sei auf dem Plakat auch nur der Teil eines Frauen­körpers – und dieser zudem mit einem goldenen Korsett bekleidet – abgebildet, sodass unter Bedachtnahme auf die in der heutigen Zeit üblichen Werbungen von Bekleidungs- und Kosmetikfirmen der Schluss auf eine Prostitutionsanbahnung insgesamt völlig abwegig sei; denn eine erotische Wirkung könne allenfalls als moralisch bedenklich, deshalb aber noch nicht als auch verwaltungsstrafrechtlich relevant angesehen werden.

 

Daher wird die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses, in eventu eine Herabsetzung der Strafhöhe beantragt.

2.1. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der BPD Steyr zu Zl. S-2410/St/2011; da sich bereits aus diesem der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ und mit dem angefochtenen Straferkenntnis eine 500 Euro übersteigende Geldstrafe nicht verhängt wurde, konnte im Übrigen gemäß § 51e VStG von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.

 

2.2. Nach § 51c VStG hatte der Oö. Verwaltungssenat im gegenständlichen Fall – weil mit dem bekämpften Bescheid eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe nicht verhängt wurde – nicht durch eine Kammer, sondern durch ein Einzelmitglied zu entscheiden.

 

 

3. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

 

3.1. Gemäß § 10 Abs. 1 lit. c i.V.m. § 2 Abs. 3 lit. b OöPolStG begeht derjenige eine eine Verwaltungsübertretung und ist hierfür mit einer Geldstrafe bis zu 14.500 Euro zu bestrafen, der durch öffentliche Ankündigung, insbesondere in Druckwerken oder in anderen Medien, die Prostitution – z.B. durch die Angabe der Adresse, der Telefonnummer, eines Treffpunktes oder dgl. – anbahnt oder anzubahnen versucht.

 

3.2. Im gegenständlichen Fall wird dem Rechtsmittelwerber mit dem angefochtenen Straferkenntnis vorgeworfen, das ihm angelastete Delikt als "Vertreter" einer GmbH begangen zu haben.

 

Dadurch kommt jedoch i.S.d. § 44a Z. 1 VStG nicht hinreichend deutlich zum Ausdruck, ob er diese Tat als Geschäftsführer und damit als außenvertretungs­befugtes Organ der GmbH oder als zur Vertretung nach außen bestellter verantwortlicher Beauftragter i.S.d. § 9 Abs. 2 VStG begangen haben soll, sodass sich der bekämpfte Bescheid nach der insoweit maßgeblichen Rechtsprechung des VwGH (vgl. z.B. die Nachweise bei W. Hauer – O. Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 6. Auflage, Wien 2004, S. 1285 f) schon aus diesem Grund als rechtswidrig erweist.

 

3.3. Dazu kommt, dass dem Beschwerdeführer nicht ein vollendetes Delikt, sondern explizit eine versuchte Übertretung zur Last gelegt wurde. Dies setzt jedoch nach § 8 VStG voraus, dass der Beschuldigte nicht bloß fahrlässig, sondern (zumindest bedingt) vorsätzlich gehandelt hat; diesbezügliche Feststellungen der belangten Behörde lassen sich jedoch der Begründung des angefochtenen
Bescheides nicht entnehmen – ganz abgesehen davon, dass eine diesbezügliche Tatumschreibung auch im Spruch der Straferkenntnisses fehlt.

 

3.4. Schließlich ist auch in der Sache darauf hinzuweisen, dass allein ein Text wie der im vorliegenden Fall verwendete (nämlich: "N Nightclub – Businessclass-Level – jetzt neu ... à la carte – Gourmet Küche") – selbst in Verbindung mit einem mit einem goldenen Korsett bekleideten Torso eines Frauen­körpers – bei Zugrundelegung der Wertvorstellungen eines allgemeinen Durchschnittsbürgers der heutigen Zeit keineswegs den Schluss darauf, dass damit Prostitution angebahnt werden soll, nahelegt: Denn es fehlt nicht nur am Element der "Beziehungen zur sexuellen Befriedigung", sondern auch an jenem der "Entgeltlichkeit" i.S.d. § 3 Abs. 1 OöPolStG.

 

Ungeachtet einer allfälligen moralischen Fragwürdigkeit ist damit aber ein verwaltungsstrafrechtlicher Tatbestand, im Besonderen jener des § 2 Abs. 3 lit. b i.V.m. § 10 Abs. 1 lit. c OöPolStG, im gegenständlichen Fall objektiv besehen jedenfalls nicht erfüllt.

3.5. Aus allen diesen Gründen war daher der vorliegenden Berufung gemäß § 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG stattzugeben, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG einzustellen.

4. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Rechtsmittelwerber gemäß § 66 Abs. 1 VStG weder ein Beitrag  zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat vorzuschreiben.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

Dr.  G r o f

 

 

 

 

VwSen-301058/2/Gf/Mu vom 11. Juli 2011

Erkenntnis

 

Oö. PolStG §2 Abs3 litb;

Oö. PolStG §3 Abs1;

Oö. PolStG §10 Abs1 litc

 

Allein ein Text wie der im vorliegenden Fall verwendete (nämlich: "N Nightclub – Businessclass-Level – jetzt neu ... à la carte – Gourmet Küche") legt – selbst iVm einem mit einem goldenen Korsett bekleideten Torso eines Frauenkörpers – bei Heranziehung der Wertvorstellungen eines allgemeinen Durchschnittsbürgers der heutigen Zeit keineswegs den Schluss darauf, dass damit Prostitution angebahnt werden soll, nahe: Denn es fehlt nicht nur am Element der "Beziehungen zur sexuellen Befriedigung", sondern auch an jenem der Entgeltlichkeit iSd § 3 Abs1 Oö PolStG. Ungeachtet einer allfälligen moralischen Fragwürdigkeit ist damit aber jedenfalls ein verwaltungsstrafrechtlicher Tatbestand, im Besonderen jener des § 2 Abs3 litb iVm § 10 Abs1 litc OöPolStG, im gegenständlichen Fall objektiv besehen nicht erfüllt.

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum