Linz, 30.06.2011
4021 Linz, Fabrikstraße 32
E r k e n n t n i s
Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn X, vertreten durch RA Maga. X, gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Linz, vom 27.5.2011, Zl. FE 14/2011, mit welchem die Lenkberechtigung der Klassen B für die Dauer von acht Monaten entzogen wurde, zu Recht:
Der Antrag v. 27.6.2011 auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird
abgewiesen
Die Berufung wird als unzulässig – weil verspätet –
zurückgewiesen
Rechtsgrundlagen:
§§ 66 Abs.4 iVm § 71 Abs.1 Z1, 63 Abs.5, 32 Abs.2 u. 33 Abs.4, Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 111/2010.
Entscheidungsgründe:
1. Die Behörde erster Instanz hat mit dem angefochtenen Bescheid dem Berufungswerber die Lenkberechtigung der Klasse B für die Dauer von acht Monaten, ab Zustellung des Bescheides – das war der 31.5.2011 – entzogen. Ebenfalls wurde ihm für diese Dauer das Lenken von Motorfahrrädern und nicht führerscheinpflichtigen Kraftfahrzeugen und von einer allfälligen ausländischen Lenkberechtigung Gebrauch zu machen verboten.
Einem Rechtsmittel wurde die aufschiebende Wirkung aberkannt und zuletzt die Aufforderung ausgesprochen den Führerschein unverzüglich bei der Behörde erster Instanz abzuliefern.
1.1. Begründend wurde folgendes ausgeführt:
2. Dem tritt der Berufungswerber mit seiner durch dessen ausgewiesenen Rechtsvertreterin mit der am 15.6.2011 um 13:56 Uhr der Behörde erster Instanz per FAX übermittelten Berufung entgegen. Darin wird folgendes ausgeführt:
3. Der Berufungsakt wurde von der Behörde erster Instanz dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oö. mit dem Hinweis auf dessen offenkundig verspätete Einbringung vorgelegt.
Demnach wurde dessen Zuständigkeit begründet. Er ist durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Mitglied zur Entscheidung berufen (§ 67a Abs.1 2. Satz AVG).
3.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einschau in den Verfahrensakt und Gewährung des Parteiengehörs mit dem h. Schreiben vom 21.6.2011, wobei auf das offenkundig verspätet eingebrachte Rechtsmittel hingewiesen wurde. Die Zustelldokumentation (der vom Berufungswerber unterfertigte und mit 31.5.2001 die Übernahme dokumentierte Rückschein) wurde dem Parteiengehör angeschlossen.
3.2. Dazu erstattete die Rechtsvertreterin - unter Anschluss einer ebenfalls am 27.6.2011 abgefassten eidesstättigen Erklärung eines Herrn X, des angeblich vom Berufungswerber beauftragten Überbringers (Boten) des Rechtsmittelbegehrens an die Rechtsvertreterin - nachfolgende Äußerung:
"In außen bezeichneter Rechtssache wird hinsichtlich der Versäumung der Berufungsfrist erstattet folgende
ÄUSSERUNG
Richtig ist zwar, dass die Berufungsfrist versäumt wurde, jedoch nicht aus Umständen, welche der Berufungswerber oder seine rechtliche Vertreterin zu verantworten hätten.
Wie dem beigeschlossenen Schriftsatz (samt Beilagen), mit welchem die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt wird, zu entnehmen ist, fand die Informationsaufnahme zwischen Berufungswerber und Rechtsvertreterin teils persönlich, teils unter Einbindung eines gemeinsamen Freundes, Herrn X, statt.
Frau Mag. X kennt Herrn X schon seit ca. zwanzig Jahren, er ist ihr bis dato stets als verlässlicher und äußerst korrekter, gründlicher Mensch aufgefallen. Dass gerade ihm ein derartiger Fehler unterlaufen würde, war für sie nicht vorhersehbar, ebensowenig für den Berufungswerber selbst, der darauf vertraute, dass seine Information korrekt weitergeleitet werden würde.
Herr X ist nicht nur korrekt, sondern man möchte ihn beinahe als überkorrekt bezeichnen,
Herr X ging, als er seinem verlässlichen Freund die Unterlagen überreichte und ihm noch weitere Informationen für Frau Mag. X erteilte, davon aus, dass er alles in seiner Macht stehende getan hätte, um seine Rechte zu wahren.
Ebenso durfte Frau Mag. X davon ausgehen, dass Herr X - so wie auch sonst - die nötige Sorgfalt hätte walten lassen.
Die falsche Fristangabe von Herrn X war sohin ein unerwartetes und aufgrund des Geschehensablaufs auch unverhinderbares Ereignis, das eine rechtzeitige Einbringung der Berufung hinderte; der Rechtsvertreterin kann auch nicht zum Vorwurf gemacht werden, dass sie das Zustelldatum in der persönlichen Besprechung mit dem Berufungswerber nicht eruierte, zumal dieser den anzufechtenden Bescheid nicht bei sich hatte, Frau Mag. X hatte Herrn X stets als äußerst verlässlichen Menschen kennen gelernt und ging daher davon aus, dass ihm bei der Fristberechnung gewiss kein Fehler unterlaufen war.
Beweis: Wiedereinsetzung samt darin angeführter Beilagen und Beweismittel
Aus der Rechtsprechung zur Wiedereinsetzung in den vorigen Stand geht hervor, dass das einmalige Fehlverhalten einer ansonsten verlässlichen Person als Wiedereinsetzungsgrund gilt. Dazu kommt, dass generell die Wiedereinsetzungsgründe keiner allzu restriktiven Prüfung unterzogen werden sollten, damit möglichst in der Sache selbst die Entscheidung getroffen werden kann.
Es wird daher ersucht, der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand statt zu geben und in der Sache selbst zu entscheiden wie in der Berufungsschrift beantragt.
3.3. Der darauf gestützte Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand unter abermaliger Ausführung der Berufung wird wie folgte begründet:
3.4. Die eidesstättige Erklärung lautet wie folgt:
"E I D E S S T Ä T T I G E E R K L Ä R U N G
Hiermit bestätige ich an Eides Statt, dass mir mein Freund, X, das korrekte Datum der Zustellung seines Bescheides, nämlich den 31.05.2011, genannt hat. ich habe diesen Bescheid dann eingescannt und an Frau Mag. X, mit der ich auch privat schon seit vielen Jahren befreundet bin, gesendet und sie ersucht, die Berufung zu verfassen, wie sie dies mit Herrn X besprochen hat.
Da ich zwei Tage vor meiner Email geheiratet habe und bei allen Vorbereitungen selbst aktiv beteiligt war, habe ich wohl aufgrund all der Aufregung und der vielen Erledigungen bei der Fristberechnung einen Fehler gemacht und Frau Mag. X mitgeteilt, dass das Rechtsmittel bis »Mi'\ also Mittwoch, den 15.06.2011, verfasst werden muss.
Gelegentlich beauftrage ich Frau Mag. X mit meiner rechtlichen Vertretung, v. a. hinsichtlich meines Parkplatzes (Besitzstörungsverfahren), wobei ich weiß, dass man bei der Berechnung von Fristen besonders aufmerksam sein muss. Mir ist auch noch nie ein Fehler unterlaufen und ich weiß nicht, wie das diesmal geschehen konnte. Es tut mir sehr leid und ich hoffe, dass mein Freund nicht wegen meines Fehlers zu schaden kommt.
Traun, am 27.06.2011 X" (mit e.h. Unterschrift)
4. Der oben genannte Bescheid wurde dem Berufungswerber am 31. Mai 2011 bei offenkundig eigenhändiger Übernahme der RSa-Sendung zugestellt. Die Berufung wurde jedoch, wie oben schon festgestellt, von der Rechtsvertreterin nachweislich erst am 15. Juni 2011 um 13:56 Uhr per FAX bei der Behörde erster Instanz eingebracht.
Auf den Inhalt des in der Sache durchaus substanzvoll erscheinenden Berufungsvorbringens kann demnach nicht mehr eingegangen werden.
4.1. Mit dem nunmehrigen Antragsvorbringen zeigt der Berufungswerber im Ergebnis auf, dass er den - ihm als stets verlässlich bekannten Freund X - mit der Weiterleitung seines Rechtsmittelbegehrens und dem Vertretungsbegehren an die ausgewiesene Rechtsvertreterin beauftragt habe. Dabei sei diesem die von ihm als minderen Grad des Versehens oder unverschuldet qualifizierte Fehldarstellung der Rechtsmittelfrist gegenüber der beauftragten Rechtsvertreterin unterlaufen.
So kann diesbezüglich auch auf sich bewenden bleiben, ob der Berufungswerber nun tatsächlich den Zeitpunkt der Behebung des Bescheides gegenüber Herrn X benannte und dieser allenfalls irrtümlich das Fristende bzw. den Zeitpunkt der Übermittlung des Rechtsmittels an die Rechtsvertreterin nicht den Tatsachen entsprechend darstellte. Faktum ist jedenfalls, dass sich der Berufungswerber offenbar um die Auftragserfüllung seines Freundes bei der ihm empfohlenen Rechtsvertreterin über die Ausfertigung des Rechtsmittels offenbar zu keinem Zeitpunkt erkundigte. Der auf Seite 2 des Wiedereinsetzungsantrages angeführten Beweisführung bedarf es nicht, weil die angeführten Umstände an sich auch von der Berufungsbehörde nicht bezweifelt, jedoch nicht im Sinne des Begehrens beurteilt und lebensnah und den Denkgesetzen folgend gewürdigt werden.
Warum überhaupt die Frist bis zum vermeintlich letzten Tag ausgeschöpft wurde ist ebenso unerfindlich, wie der Umstand sich über die "fristgerechte" Einbringung des Rechtsmittels zumindest noch während des Fristenlaufes zu informieren. Unwahrscheinlich mutet es an, dass der Rechtsvertreterin nicht das leicht in Erinnerung zu behaltende Datum des letzten Maitages genannt worden wäre, sondern der Bote sich gleichsam mit der Fristberechnung auseinander gesetzt haben sollte und der Rechtsvertreterin gleichsam "vorgegeben haben sollte bis wann das Rechtsmittel einzubringen wäre". Diese Vorgehensweise ist so unüblich wie auch unglaubwürdig. Als bemerkenswert erscheint auch, dass weder in der eidesstättigen Erklärung noch im Antrag auf Wiedereinsetzung ein konkreter Zeitpunkt über die behauptete Weiterleitung des Rechtsmittels durch Swoboda an die Rechtsvertreterin genannt wird.
Das letztlich der Berufungswerber nicht einmal selbst behauptet, sich über die die Bescheidübermittelung an die Rechtsvertreterin versichert und das Datum der Bescheidübernahme mitgeteilt zu haben, müsste er sich auch selbst den behaupteten Fehler seines Freundes zurechnen lassen. Aber selbst die als bloße Fehlleistung minderen Grades darzustellen versuchte unterbliebene Weiterleitung des Bescheidübernahmedatums gegenüber der Rechtsvertreterin, könnte nicht mit den Aufregungen und Ablenkungen anlässlich seiner damals stattgefundenen Hochzeitsfeier entschuldigt werden.
Letztlich beurteilt es die Berufungsbehörde einerseits als eine vom Berufungswerber zu vertretene auffällige Sorglosigkeit, wenn sich ein Betroffener von der in Auftrag gegebenen Einbringung eines Rechtsmittels nicht entsprechend versichert.
Die Sorgfaltsübung in eigener Sache anlässlich einer derart wichtigen fristgebundenen Rechtssache gebietet es in geradezu typischer Weise, sich bei ehest möglicher Gelegenheit über den Stand der Auftragserfüllung zu informieren. Nicht zuletzt hätte es wohl auch die Rechtsvertretung selbst nicht überfordert, sich über den Zustellzeitpunkt der Zustellung Gewissheit zu verschaffen, anstatt bis zum letzten Tag der vermeintlichen Frist mit der Einbringung des Rechtsmittels zuzuwarten.
5. Rechtlich hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:
Gemäß § 71 Abs.1 AVG ist auf Antrag der Partei, die durch die Versäumung einer Frist oder einer Verhandlung einen Rechtsnachteil erleidet, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn
1. die Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten oder zur Verhandlung zu erscheinen und sie kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft, …….
Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ergibt sich aus § 71 AVG, dass der Antrag auf Wiedereinsetzung Angaben über seine Rechtzeitigkeit zu enthalten hat und dass überdies anzugeben ist, aus welchem Grund der Antragsteller die Voraussetzungen des § 71 Abs.1 AVG als erfüllt ansieht. Dabei trifft ihn die Obliegenheit, im Antrag konkret jenes unvorhergesehene und unabwendbare Ereignis zu beschreiben, das ihn an der Einhaltung der Frist gehindert hat und diesen behaupteten Wiedereinsetzungsgrund glaubhaft zu machen, was aber als Grundlage ein entsprechendes Vorbringen voraussetzt (VwGH 16.12.2009, 2009/12/0031 mit Verweis auf VwGH 21.12.1999, 97/19/0217 bis 0219, 0231 bis 0239).
In Anbetracht der in § 71 Abs.2 AVG normierten Befristung des Wiedereinsetzungsantrages wäre es unzulässig, diesbezügliche Angaben erst nach Ablauf dieser Frist nachzutragen (vgl. VwGH 26.02.2009, 2008/05/0208).
Dem Antragsteller und Rechtsmittelwerber ist es mit seinen obigen Ausführungen nicht gelungen nachvollziehbar darzulegen, dass ihn an der Fristversäumnis kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens treffe.
Vielmehr ist von grober Sorglosigkeit in eigener Sache auszugehen, wenn ein mit Monatsletzten prägnantes Übernahmedatum der Rechtsvertreterin nicht übermittelt worden sein sollte, dafür aber ein von einer rechtsunkundigen Person falsch berechneter Fristenlauf ungeprüft übernommen wurde und so die verspätete Einbringung des Rechtsmittels geschehen konnte.
Hier könnte vielmehr bei allen drei Beteiligten ein Sorgfaltsverstoß geortet werden, welcher der Wiedereinsetzung rechtlich entgegen steht.
5.1. Gemäß § 63 Abs.5 AVG ist die Berufung von der Partei binnen zwei Wochen bei der Behörde einzubringen, die den Bescheid in erster Instanz erlassen hat. Die Frist beginnt für jede Partei mit der an sie erfolgten Zustellung der schriftlichen Ausfertigung des Bescheides, im Fall bloß mündlicher Verkündung mit dieser.
Nach § 32 Abs.2 AVG (iVm § 24 VStG) enden nach Wochen, Monaten oder Jahren bestimmte Fristen mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monats, der durch seine Benennung oder Zahl dem Tag entspricht, an dem die Frist begonnen hat. Fehlt dieser Tag im letzten Monat, so endet die Frist mit Ablauf des letzten Tages dieses Monats. Die Berufungsfrist endete demnach, nach der am 31.5.2011 bewirkten Zustellung, mit dem Ablauf des 14.6.2011. Das Rechtsmittel langte jedoch erst am 15.6.2011 um 13:56 Uhr als FAX bei der Behörde erster Instanz ein.
Durch Gesetz oder Verordnung festgesetzte Fristen können gemäß § 33 Abs.4 AVG weder verkürzt noch verlängert werden.
Eine Auseinandersetzung mit dem inhaltlichen Berufungsbegehren – nämlich die Beurteilung der ausgesprochenen Entzugsdauer mangels Verkehrszuverlässigkeit - ist demnach nicht (mehr) möglich.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
Hinweis:
Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof und/oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem Rechtsanwalt oder einer Rechtsanwältin unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.
Für dieses Verfahren sind Stempelgebühren [zwei Anträge u. drei Beilagen] in Höhe von 37,20 Euro angefallen.
Dr. B l e i e r