Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-166008/7/Kof/Gr

Linz, 12.07.2011

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Mag. Josef Kofler über die Berufung des Herrn X, vertreten durch Herrn X gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Perg vom 28. März 2011, VerkR96-2902-2010 wegen Übertretung des § 5 Abs.2 StVO, nach der am
17. Mai 2011 durchgeführten mündlichen Verhandlung, zu Recht erkannt:

 

Der Berufung wird stattgegeben, das erstinstanzliche Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs.1 Z2 VStG eingestellt.   Der Berufungswerber hat weder eine Geldstrafe, noch Verfahrenskosten zu bezahlen.

 

Rechtsgrundlagen:  §§ 3 Abs.1, 64 und 65 VStG

 

Entscheidungsgründe:

Die belangte Behörde hat über den nunmehrigen Berufungswerber (Bw) das
in der Präambel zitierte Straferkenntnis – auszugsweise – wie folgt erlassen:

 

Sie haben sich am 09.09.2010 um 06:02 Uhr am Parkplatz PLZ R. Z-straße Nr.. nach Aufforderung eines besonders geschulten und von der Behörde hiezu ermächtigten Organes der Straßenaufsicht geweigert, Ihre Atemluft auf Alkohol-gehalt untersuchen zu lassen, obwohl Sie im Verdacht gestanden sind, zum angeführten Zeitpunkt, am angeführten Ort, das angeführte Fahrzeug in einem vermutlich durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt haben zu haben.

 

 

Tatort: Gemeinde R., Gemeindestraße Ortsgebiet, Z-straße Nr.

Tatzeit: 09.09.2010, 06:02 Uhr

Fahrzeug: Kennzeichen, PKW, Marke, Farbe

 

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift verletzt:

§ 99 Abs.1 lit.b  i.V.m  § 5 Abs.2 StVO

 

Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird über Sie folgende Strafe verhängt:

 

Geldstrafe von              falls diese uneinbringlich ist,              gemäß

                                      Ersatzfreiheitsstrafe von

 

  1800,00                         378 Stunden                         § 99 Abs.1 lit.b StVO

 

Ferner haben Sie gemäß § 64 VStG zu zahlen:

180,00 Euro als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10% der Strafe (je ein Tag Freiheitsstrafe wird gleich 15,00 Euro angerechnet),

 

Der zu zahlende  Gesamtbetrag  (Strafe/Kosten) beträgt daher  1980,00 Euro.

 

Gegen dieses Straferkenntnis hat der Bw innerhalb offener Frist die begründete Berufung vom 14. April 2011 erhoben.

 

Hierüber hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich (UVS) durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Mitglied (§ 51c VStG) erwogen:

 

Am 17. Mai 2011 wurde vom UVS eine öffentliche mündliche Verhandlung (mVh) durchgeführt, an welcher der Bw, dessen Rechtsvertreter, sowie die Zeugin und Meldungslegerin, Frau RI K. W., PI M. teilgenommen haben.

 

Der Bw hat dabei selbst ausgesagt, dass er am 9. September 2010 um ca. 01:00 Uhr früh den auf ihn zugelassenen – dem Kennzeichen nach näher bestimmten – PKW von seinem Wohnhaus zu einem näher bezeichneten Parkplatz in seinem Wohnort gelenkt hat.

Die Entfernung (Fahrtstrecke) beträgt ca. 100 Meter.

 

Die amtshandelnde Polizeibeamtin hat bei der mVh einen glaubwürdigen und kompetenten Eindruck hinterlassen und zeugenschaftlich ausgesagt, dass sie den Bw zum Alkotest aufgefordert hat.

 

Der Bw hat daraufhin gesagt: "Nein, ich mache das nicht."

 

Dies wurde vom Bw in der mVh nicht bestritten.

 

Somit steht fest, dass der Bw die Vornahme des Alkotests verweigert hat.

 

Entscheidungswesentlich ist dadurch einzig und allein, ob der Bw zur "Tatzeit"
iSd § 3 Abs.1 VStG zurechnungsfähig war oder nicht.

 

Gemäß § 3 Abs.1 VStG ist nicht strafbar, wer zur Zeit der Tat wegen Bewusstseinsstörung unfähig war, das Unerlaubte der Tat einzusehen oder
dieser Einsicht gemäß zu handeln.

Der Täter muss zum Zeitpunkt der Tathandlung zurechnungsfähig gewesen sein.

VwGH vom 13.12.2005, 2005/11/0185 mit Vorjudikatur.

 

Die Amtshandlung war – siehe die Zeugenaussage der Polizeibeamtin – erforderlich, da der Bw gegenüber seiner Ehefrau und/oder seiner Tochter "Selbstmordabsichten" ankündigt hat.

In einem derartigen Fall ist zu prüfen, ob der Betreffende iSd § 3 Abs.1 VStG zurechnungsfähig war oder nicht;

siehe ebenfalls VwGH vom 13.12.2005, 2005/11/0185.

 

Gemäß der vom Bw vorgelegten nervenfachärztlichen Stellungnahme – erstellt von Herrn Dr. A., Linz vom 17. Juni 2011 – hat der Bw offensichtlich in der Nacht des 9. September 2010 einen Dispositions- und Diskretionsverlust erlitten und ist nur so erklärlich, warum der Bw sein KFZ trotzdem in Betrieb genommen hat.

 

Aufgrund dieser nervenfachärztlichen Stellungnahmen ist davon auszugehen, dass der Bw zur "Tatzeit" iSd § 3 Abs.1 VStG nicht zurechnungsfähig war und dadurch nicht strafbar ist.

 

Es war daher

·         der Berufung stattzugeben,

·         das erstinstanzliche Straferkenntnis aufzuheben,

·         das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs.1 Z2 VStG einzustellen,

·         auszusprechen, dass der Bw weder eine Geldstrafe, noch Verfahrenskosten zu bezahlen hat und

·         spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder Verwaltungsgerichtshof erhoben werden;  diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden.

Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

 

 

Mag. Josef Kofler

 

 

Beschlagwortung:

 

§ 3 Abs.1 VStG – Keine Zurechnungsfähigkeit

 

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