Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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Linz, 09.07.2010

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 5. Kammer (Vorsitzende: Mag. Bismaier, Berichterin: Mag. Bergmayr-Mann, Beisitzer: Mag. Kühberger) aus Anlass der Berufungen des X, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. X, gegen die Straferkenntnisse des Bezirkshauptmannes von Urfahr-Umgebung, SV96-25-2007-Bd/Fr, SV96-24-2007-Bd/Fr, SV96-23-2007-Bd/Fr,  SV96-21-2007-Bd/Fr,  SV96-20-2007-Bd/Fr, jeweils vom 10. Juni 2009, wegen Übertretungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG) zu Recht erkannt:

 

 

      I.      Die angefochtenen Straferkenntnisse werden behoben und das Verwaltungsstrafverfahren wegen eingetretener Strafbarkeits-verjährung eingestellt.

 

  II.      Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.:    § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 24, 31 Abs.3 und § 45 Abs.1 Z1 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl.Nr.52/1991 idgF

zu II.:   § 66 VStG

 

 

 


Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Urfahr-Umgebung vom
10. Juni 2009, SV96-25-2007-Bd/Fr, wurde der Berufungswerber wie folgt schuldig gesprochen und bestraft:

 

 

"Sie haben als handelsrechtlicher Geschäftsführer der Firma X und X Gesellschaft m.b.H., in X, und somit als das gemäß § 9 Abs.1 VStG zur Vertretung nach außen berufene Organ und sohin strafrechtlich Verantwortlicher der obgenannten Firma zu vertreten, dass im Zuge einer Kontrolle durch Organe der Zollverwaltung, Hauptzollamt Linz, am 14.3.2007 um 10.20 Uhr festgestellt wurde, dass die Bestimmungen nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz nicht eingehalten wurden.

 

Bei einer am 14.3.2007 auf der Baustelle X, durchgeführten Kontrolle wurde von Organen des Zollamtes Linz der tschechische Staatsangehörige, Herr X, geb. 9.12.1944, bei Fassadenarbeiten angetroffen. Herr X, einer von 5 angetroffenen tschechischen Arbeitern, wurde mit 8,50 Euro pro Stunde von der Firma X und X Gesellschaft m.b.H. entlohnt. Er arbeitet täglich 7 Stunden im Auftrag der Firma X und X Gesellschaft m.b.H. Alle Arbeitsmittel und Materialien werden von der Firma X und X Gesellschaft m.b.H. bereitgestellt (ausgenommen das persönliche Handwerkzeug).

Es wird ausschließlich für die Firma X und X Gesellschaft m.b.H. gearbeitet.

Die Arbeitsqualität und Arbeitsleistung wird von Herrn X kontrolliert.

Es gibt keine Abgrenzung der Haftung zwischen den einzelnen auf der Baustelle tätigen Gesellschaften (Firma X Ges.m.b.H., X Ges.m.b.H und Firma X + X Ges.m.b.H.). Herr X ist gemeinsam mit 2 weiteren tschechischen Staatsbürgern Gesellschafter der Firma X + X Ges.m.b.H. in X, X. Die Firma X + X Ges.m.b.H. hat keine Angestellten.

Es gibt kein eigenes Büro für die angeführte Firma.

Frau X ist zum Tatzeitpunkt gewerberechtliche Geschäftsführerin.

 

Aus den angeführten Gründen liegt ein arbeitnehmerähnliches Beschäftigungsverhältnis vor, welches schon seit dem Jahr 2000 besteht.

 

Vorgeworfen für diese Übertretung wird Ihnen der Zeitraum von 26.5.2005 (Zeitpunkt seit der letztmaligen Kontrolle durch die KIAB) bis zum 14.3.2007.

 

Herr X wurde im Zuge der Kontrolle von den Organen des Finanzamtes Linz bei der Anbringung der Wärmedämmung auf der genannten Baustelle betreten. Diese Wärmedämmung wurde gemeinsam mit 4 weiteren tschechischen Arbeitern, welche jeweils Gesellschafter einer der 3 oben angeführten Firmen (Firma X + X Ges.m.b.H., X Ges.m.b.H. und Firma X + X Ges.m.b.H.) sind, angebracht.

 

Sie haben den Ausländer entgegen § 3 Abs. 1 AuslBG mit der Anbringung von Wärmedämmung beschäftigt, für den weder eine Beschäftigungsbewilligung oder Zulassung als Schlüsselkraft oder eine Entsendebewilligung erteilt oder eine Anzeigebestätigung ausgestellt wurde und ohne dass der genannte Ausländer eine für diese Beschäftigung gültige Arbeitserlaubnis oder einen Befreiungsschein oder eine "Niederlassungsbewilligung unbeschränkt" oder einen Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt-EG" oder einen Niederlassungsnachweis besitzt.

 

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

§ 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a in Verbindung mit § 3 Abs. 1 Ausländer-beschäftigungsgesetz (AuslBG), BGBl. Nr. 218/1975, zuletzt geändert durch BGBl.I Nr. 157/2005.

 

Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wird über Sie folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe von      Falls diese uneinbringlich ist,    Gemäß

                            Ersatzfreiheitsstrafe von

3.000,00 Euro    201 Stunden                           § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a AuslBG

 

Weitere Verfügungen (z.B. Verfallsauspruch, Anrechnung von Vorhaft):

---

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:   300,00 Euro als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10 % der Strafe (je ein Tag Freiheitsstrafe wird gleich 15 Euro angerechnet);

 

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher

         3.300,00 Euro."

 

Die gleichlautende Sprüche der Straferkenntnisse SV96-24-2007-Bd/Fr, SV96-23-2007-Bd/Fr, SV96-21-2007-Bd/Fr und SV96-20-2007-Bd/Fr unterscheiden sich vom zitierten lediglich durch Anführung unterschiedlicher tschechischer Arbeiter.

 

2. Gegen diese Straferkenntnisse wurden vom Rechtsvertreter des Bw rechtzeitig jeweils mit Schriftsatz vom 26. Juni 2009 im Wesentlichen gleichlautende Berufungen erhoben und beantragt, eine öffentliche Verhandlung durchzuführen, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Strafverfahren einzustellen.

Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, der angefochtene Bescheid widerspreche Artikel 43 EG und sei inhaltlich rechtswidrig. Dies ergebe sich insbesondere aus der nunmehr neuerlich gegen die Republik Österreich ergangenen Entscheidung zu C-161/07. Es wurde auch auf die zum Zeitpunkt der Ausübung der Tätigkeit geltenden Fassung des § 2 AuslBG verwiesen, demnach habe eine gesetzliche Ausnahmeregelung bestanden, die schon ex lege bei geschäftsführenden Minderheitsgesellschaftern zutreffe bzw. zugetroffen habe.

 

Seit dem Beitrittszeitpunkt der tschechischen Republik zur Europäischen Union sei die in Artikel 43 bis 48 EG-V geregelte Niederlassungsfreiheit unbeschränkt anzuwenden. Die Niederlassungsfreiheit umfasse auch die Aufnahme und Ausübung selbständiger Erwerbstätigkeiten sowie die Gründung und Leitung von Unternehmen, insbesondere von Gesellschaften im Sinne des Artikel 48 Abs.2 EG-V, nach den Bestimmungen des Aufnahmestaates für seine eigenen Angehörigen (Artikel 43 Abs.2 EG-V). Damit seien von der Niederlassungsfreiheit – im Gegensatz zur Arbeitnehmerfreizügigkeit – alle selbständig ausgeübten Erwerbstätigkeiten erfasst.

 

Es liege auch kein arbeitnehmerähnliches Beschäftigungsverhältnis vor. Darüber hinaus könne dem Berufungswerber kein Verschulden angelastet werden. So habe dieser auf rechtskräftige Feststellungsbescheide, die vom Arbeitsmarktservice Linz ausgestellt worden seien, vertraut und darauf, dass tatsächlich keine Beschäftigungsbewilligungspflicht nach dem AuslBG vorliege. Die Behörde sei auch an diese jahrelang rechtskräftig bestehenden Feststellungsbescheide gebunden.

 

Die Gesellschaften der Ausländer seien keineswegs Scheinfirmen und würden laufend erhebliche Gewinne erwirtschaften.

Die Einkünfte würden Einkommen aus selbständiger Tätigkeit darstellen, was auch vom Finanzamt im Rahmen der Einkommenssteuerberechnung so beurteilt worden sei. Bei allen im Spruch angeführten tschechischen Staatsangehörigen liege eine erlaubte selbständige Tätigkeit vor, auf welche – ungeachtet der bereits zum Tatzeitpunkt gegebenen Voraussetzungen zur Freizügigkeit gemäß

§ 32a Abs.2 bzw. Abs.3 AuslBG – diese Bestimmung nicht einmal Anwendung findet und es sohin auf die Übergangsbestimmungen des § 32a AuslBG gar nicht ankomme.

 

Es seien bereits weitere Verfahren, in welchen derselbe oder gar ein längerer Tatzeitraum Gegenstand gewesen sei, bereits anhängig gewesen. Das Verfahren zu AZ: SV96-24-2-2008-Bd/Fr habe denselben Tatzeitpunkt 14.03.2007 erfasst. Der Behörde sei es daher verwehrt, ein neues Verfahren zum selben Tatzeitpunkt einzuleiten bzw. fortzusetzen.

 

Dem angefochtenen Bescheid sei ein nicht entschiedener Sachverhalt zugrunde gelegt und darüber hinaus seien rechtliche Bestimmungen herangezogen worden, die zum Tatzeitpunkt nicht anwendbar gewesen seien.

 

3. Der Bezirkshauptmann von Urfahr-Umgebung als belangte Behörde hat die Berufung mit Schreiben vom 1. Juli 2009, eingelangt beim Unabhängigen Verwaltungssenat am 2. Juli 2009, zur Entscheidung vorgelegt.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat hat am 23. September 2009 eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt, in der vom Vertreter des Bw noch mehrere Beweisanträge gestellt wurden. Daraufhin wurde die Verhandlung auf unbestimmte Zeit vertagt.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

Gemäß § 31 Abs.3 VStG darf ein Straferkenntnis nicht mehr gefällt werden, wenn seit dem Tatzeitpunkt drei Jahre vergangen sind.

 

Dieser normierte Eintritt der Strafbarkeitsverjährung bewirkt, dass eine Bestrafung nicht mehr erfolgen darf und das Strafverfahren nach § 45 Abs.1 Z2 zweite Variante VStG einzustellen ist; falls schon das Berufungsverfahren anhängig ist, hat der Unabhängige Verwaltungssenat das erstinstanzliche Straferkenntnis zu beheben.

 

Im gegenständlichen Straferkenntnis wird dem Berufungswerber die illegale Beschäftigung von Ausländern im Zeitraum vom 26.05.2005 bis zum 14.03.2007 vorgeworfen.

 

Die Berufung gegen das gegenständliche Straferkenntnis wurde dem Unabhängigen Verwaltungssenat am 2. Juli 2009 vorgelegt. In der daraufhin durchgeführten Verhandlung am 23. September 2009 wurden umfassende Beweisanträge gestellt.

Die Verhandlung wurde daraufhin auf unbestimmte Zeit vertagt. Die für den
11. November 2009 und 18. Dezember 2009 anberaumten Kammerverhandlungen mussten aus organisatorischen Gründen wieder abberaumt werden. Es war dem Unabhängigen Verwaltungssenat nicht möglich, vor Eintritt der Strafbarkeitsverjährung am 14. März 2010 ein den rechtsstaatlichen Kriterien entsprechendes Ermittlungsverfahren durchzuführen. Mit Ablauf des 14. März 2010 ist somit gemäß § 31 Abs.3 VStG Strafbarkeitsverjährung eingetreten, weshalb der Unabhängige Verwaltungssenat aus Anlass der Berufung gehalten war, das angefochtene Straferkenntnis zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

 

5. Da das gegenständliche Strafverfahren einzustellen war, entfällt gemäß § 66 Abs.1 VStG auch die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

 

 

Mag. Bismaier

 

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