Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-522891/2/Kof/Gr

Linz, 11.07.2011

 

(Bescheid)

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Mag. Josef Kofler über die Berufung der Frau X gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 7. Juni 2011, VerkR21-116-2011, betreffend Entziehung der Lenkberechtigung, Lenkverbot, Beibringung eines amtsärztlichen Gutachtens und Verpflichtung zur Abgabe des Führerscheines,
zu Recht erkannt:

 

Der Berufung wird stattgegeben und

der erstinstanzliche Bescheid aufgehoben.

Rechtsgrundlage:

§ 7 Abs.4 FSG, BGBl. I Nr. 120/1997 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 117/2010

Entscheidungsgründe:

Am 12. März 2011 kam es in R. zu einer tätlichen Auseinandersetzung zwischen der nunmehrigen Berufungswerberin (Bw) und ihrem damaligen Lebensgefährten, Herrn M. M.

Die Bw hat versucht, Herrn M. M., am Körper absichtlich schwer zu verletzten,

da sie ihm eine volle Flasche Bier ins Gesicht schlug, ihn am Hals und im Gesicht kratzte und mit einem Messer auf ihn einstach, wodurch dieser eine Stichwunde im linken Oberarm und Kratzer am Hals und im Gesicht erlitt.

 

Der Anzeige über diese tätliche Auseinandersetzung ist zu entnehmen,

dass zur Tatzeit der Atemluftalkoholgehalt bei der Bw ..... 0,98 mg/l und

bei Herrn M. M. ...... 1,48 mg/l betragen hat.

 

Die Bw wurde daraufhin mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichtes Ried im Innkreis vom 8. Juni 2011, Zl., wegen dem Verbrechen der versuchten absichtlichen schweren Körperverletzung nach dem § 15, 87 Abs.1 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von sechs Monaten verurteilt. – Diese Freiheitsstrafe wurde unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen.

 

Herr M. M. wurde wegen dem Vergehen der versuchten Körperverletzung nach den § 15, 83 Abs.1 StGB verurteilt, da er versucht hat, die Bw durch Versetzten von Schlägen in das Gesicht und Ausreißen von Haaren am Körper zu verletzten.

 

Die belangte Behörde hat mit dem in der Präambel zitierten Bescheid gemäß näher bezeichneter Rechtsgrundlagen nach dem FSG wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit  der/die Bw

·          die Lenkberechtigung für die Klassen A und B auf die Dauer von

      drei Monaten – gerechnet ab Rechtskraft des Bescheides – entzogen;

·         für die Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung das Recht aberkannt, von einem ausländischem Führerschein in Österreich Gebrauch zu machen;

·         für die Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung das Lenken

     von in § 32 Abs.1 FSG genannten KFZ verboten;

·         verpflichtet, ein von einem Amtsarzt erstelltes Gutachten nach § 8 FSG beizubringen  und  

·         verpflichtet, den Führerschein unverzüglich abzuliefern.

 

Gegen diesen Bescheid hat die Bw innerhalb offener Frist eine begründete Berufung (ohne Datum, eingelangt: 24. Juni 2011) erhoben.

 

Hierüber hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich (UVS) durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Mitglied (§ 67 a Abs.1 AVG) erwogen:

 

Der UVS als Behörde II. Instanz in Angelegenheiten der Entziehung                                 der Lenkberechtigung ist an das oa. rechtskräftige Gerichtsurteil gebunden;                 

VwGH vom 6.4.2006, 2005/11/0214; vom 6.7.2004, 2002/11/0163; vom 20.2.2001, 98/11/0317; vom 14.11.1995, 95/11/0215; vom 27.6.1995, 95/11/0004;

vgl. auch vom 24.1.2008, 2007/03/0247 und vom 27.01.2010, 2009/03/0082 und    OGH – verstärkter Senat vom 17.10.1995, 1 Ob 612/95.

Gemäß § 24 Abs.1 Z1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit die Lenkberechtigung zu entziehen.

Gemäß § 25 Abs.1 FSG ist bei der Entziehung auch auszusprechen, für welchen Zeitraum die Lenkberechtigung entzogen wird.

Dieser ist aufgrund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens festzusetzen.

Gemäß § 25 Abs.3 FSG ist bei einer Entziehung wegen mangelnder Verkehrs-zuverlässigkeit (§ 7) eine Entziehungsdauer von mindestens drei Monaten festzusetzen. Wurden begleitende Maßnahmen gemäß § 24 Abs.3 leg.cit. angeordnet, so endet die Entziehungsdauer nicht vor Befolgung der Anordnung.

Gemäß § 7 Abs.1 Z1 FSG gilt eine Person als verkehrszuverlässig, wenn nicht aufgrund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs.3) und ihrer Wertung (Abs.4) angenommen werden muss, dass sie aufgrund ihrer Sinnesart beim Lenken von KFZ die Verkehrssicherheit insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr gefährden wird.

Gemäß § 7 Abs.1 Z2 FSG gilt eine Person als verkehrszuverlässig, wenn nicht aufgrund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs.3) und ihrer Wertung (Abs.4) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen sich wegen der erleichternden Umstände, die beim Lenken von Kraftfahrzeugen gegeben sind, sonstiger schwerer strafbarer Handlungen schuldig machen wird.

 

Gemäß § 7 Abs. 3 Z.9 FSG hat als bestimmte Tatsache iSd Abs.1 zu gelten, wenn jemand eine strafbare Handlung gegen Leib und Leben gemäß § 87 StGB begangen hat.

 

Gemäß § 7 Abs.4 FSG sind für die Wertung der in Abs.3 leg.cit. beispielsweise angeführten Tatsachen deren Verwerflichkeit, die Gefährlichkeit der Verhältnisse unter denen sie begangen wurden, die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit maßgebend.

 

Auf Grund der Rechtskraft des Gerichtsurteiles hat die Bw – wie dargelegt – eine bestimmte Tatsache nach § 7 Abs.3 Z.9 FSG verwirklicht.

 

Die Verneinung der Verkehrszuverlässigkeit der Bw setzt allerdings eine fehlerfreie Wertung dieser bestimmten Tatsache im Sinne des § 7 Abs.4 FSG voraus;

VwGH vom 14. September 2004, 2004/11/0119 mit Vorjudikatur.

 

Das Strafgericht  

o hat die verhängte Freiheitsstrafe von 6 Monaten zur Gänze bedingt nachgesehen bzw.

o hielt die Verurteilung zu einer unbedingten Freiheitsstrafe nicht für geboten.

siehe dazu ebenfalls VwGH vom 14. September 2004, 2004/11/0119 mwH.

 

Die Bw war bislang unbescholten.

 

Die Bw hat in der Berufung zutreffend darauf hingewiesen, dass die von ihr begangene Straftat in keinem wie immer gearteten Zusammenhang mit dem Lenken von Kraftfahrzeugen stand.

 

Die Wertung nach § 7 Abs.4 FSG ergibt somit,

dass bei der Bw die Verkehrszuverlässigkeit nach wie vor gegeben ist.

 

Es war daher

·         der Berufung stattzugeben,

·         der erstinstanzliche Bescheid aufzuheben und

·         spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder Verwaltungsgerichtshof erhoben werden;   diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen -
jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren von 13,20 Euro angefallen.

 

Mag. Josef Kofler

 

Beschlagwortung:

 

§ 7 Abs.4 FSG – bestimmte Tatsachen - Wertung

 

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