Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-401118/11/AB/Sta

Linz, 18.07.2011

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Dr. Astrid Berger über die Beschwerde des B A, StA von Iran, derzeit angehalten im PAZ der Bundespolizeidirektion Wien - Hernals, im fremdenpolizeilichen Verfahren vertreten durch Rechtsanwalt Mag. Dr. H B, M, L, wegen Anhaltung in Schubhaft seit 7. Juni 2011 durch den Bezirkshauptmann des Bezirks Vöcklabruck, zu Recht erkannt:

 

I.          Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen; gleichzeitig wird festgestellt, dass die Voraussetzungen für die Anhaltung in Schubhaft weiterhin bestehen.

 

II.      Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Verfahrenspartei: Bezirkshauptmann des Bezirks Vöcklabruck) den Verfahrensaufwand in Höhe von 426,20 Euro binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 82 Abs. 1 und 83 Abs. 2 und 4 Fremdenpolizeigesetz – FPG (BGBl. I Nr. 100/2005) iVm §§ 67c und 79a Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG und der UVS-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 456.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit Bescheid des Bezirkshauptmannes des Bezirks Vöcklabruck vom 7. Juni 2011, Z  Sich40-2741-2010, wurde über den Beschwerdeführer (im Folgenden: Bf) auf der Basis des § 76 Abs. 2a Z. 5 iVm Abs. 2 Z 1 iVm § 80 Abs. 5 Fremdenpolizeigesetz 2005 – FPG iVm § 57 AVG zur Sicherung der Erlassung einer Ausweisung sowie zur Sicherung der Abschiebung die Schubhaft angeordnet und durch Überstellung in das PAZ St. Pölten vollzogen.

 

Begründend führt die belangte Behörde nach Darstellung der einschlägigen Rechtsgrundlagen im Wesentlichen zum Sachverhalt aus, dass der Bf, ein Staatsangehöriger vom Iran, am 22. Juni 2009 schlepperunterstützt illegal in das Bundesgebiet der Republik Österreich eingereist sei. Dabei sei dem Bf sein Reisedokument durch den Schlepper abgenommen worden. Aufgrund einer Fremdenkontrolle am 23. Juni 2009 sei daher der illegale Aufenthalt des mittellosen Bf festgestellt worden. Daraufhin habe der Bf einen Asylantrag gestellt, worauf ihm eine bundesbetreute bzw. landesbetreute Unterkunft für den Zeitraum des aufrechten Asylverfahrens zugewiesen worden sei. Über einen anderwärtigen ordentlichen Wohnsitz verfüge der Bf im Bundesgebiet der Republik Österreich nicht.

 

Im Asylverfahren habe der Bf angegeben, alleinstehend in Österreich zu sein; Ehefrau und Kind habe er im Heimatstaat zurückgelassen. Aus Furcht vor Verfolgung habe er den Iran schlepperunterstützt nach Österreich verlassen, wobei er den Schlepper eigentlich beauftragt hätte, ihn nach Holland zu bringen. Denn in den Niederlanden hätte der Bf seines Erachtens leichter Asyl bekommen; überdies hätte er schnell und einfach nach Großbritannien, wo sich sein Cousin als einzige Bezugsperson in der EU aufhalte (alle weiteren Familienangehörigen hielten sich im Iran auf), weiterreisen können.

 

Im Februar 2010 habe sich der Bf – dessen Identität aufgrund Vorlage eines Personalausweises und Führerscheines während des Asylverfahrens feststehe – von der katholischen Kirche taufen lassen und begründe die Rückkehr-Unmöglichkeit in seinen Heimatstaat seitdem mit dieser Konversion.

 

Mit Beschluss des Asylgerichtshofes vom 14. Oktober 2010 sei die gegen die bescheidförmige Abweisung des Asylbegehrens durch das BAA Linz erhobene Beschwerde abgewiesen, die Zulässigkeit der Abschiebung in den Iran festgestellt und der Bf rechtswirksam in den Iran ausgewiesen worden. Dabei sei betont worden, dass der Bf mit allen Mitteln versuche, einen relevanten Fluchtgrund herbeizuschaffen, um einer drohenden Rückführung in den Iran zu entgehen. Seit der Zustellung dieser Entscheidung am 21. Oktober 2010 halte sich der Bf als rechtskräftig ausgewiesener Fremder mit abgeschlossenem Asylverfahren illegal im Bundesgebiet auf. Am selben Tag sei der Bf im Auftrag der belangten Behörde festgenommen worden.

 

Im Rahmen der Identitätsprüfung habe der Bf jede Art der identitätsbezogenen Auskunftserteilung an das zuständige Konsulat verweigert, das Formblatt zur Beantragung eines Heimreisezertifikates habe er mit dem Vermerk, dass er unter keinen Umständen die Ausstellung eines Reisedokuments und die damit verbundene Bestätigung seiner Identität wolle, auszufüllen verweigert. Dabei habe er auch unmissverständlich bekundet, dass er nicht in den Iran zurückkehren werde.

 

Um einer drohenden Abschiebung zu entgehen, habe der Bf im Stand der Schubhaft am 29. Oktober 2010 einen Asyl-Folgeantrag eingebracht. Gegen die Schubhaft habe der Bf Beschwerde an den Oö. UVS eingebracht, der diese kostenpflichtig abgewiesen habe [VwSen-401093 vom 16. November 2010].

 

Parallel zu diesem Folgeantrag habe der Bf im Stande der Schubhaft Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof gegen die Entscheidung des Asylgerichtshofes eingebracht. Aufgrund der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung dieser Beschwerde sei der Bf am 16. November 2010 aus der Schubhaft entlassen worden; der Bf habe erklärt, an der Identitätsfeststellung nicht freiwillig mitzuwirken. Mit Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 15. Dezember 2010 sei die Behandlung der Beschwerde schließlich abgelehnt worden; dadurch sei die negative Asyl-Erstentscheidung rechtskräftig und durchführbar geworden.

 

Weiters sei mit Bescheid des BAA Erstaufnahmestelle West vom 3. Dezember 2010 der Asyl-Folgeantrag wegen entschiedener Sache gemäß § 68 AVG durchsetzbar zurückgewiesen worden und der Bf neuerlich gemäß § 10 AsylG 2005 durchsetzbar in den Iran ausgewiesen worden. Trotz wiederholtem Hinweis habe der Bf beim iranischen Konsulat ein Reisedokument oder Ersatzdokument nicht beantragt. Dieser Bescheid sei vom Asylgerichtshof in der Folge behoben und zur neuerlichen Entscheidung an das BAA Erstaufnahmestelle West zurückverwiesen worden. Mit Bescheid des BAA Außenstelle Linz vom 1. Juni 2011 sei der Asyl-Folgeantrag neuerlich durchsetzbar gemäß § 68 AVG zurückgewiesen und der Bf abermals durchsetzbar gemäß § 10 AsylG 2005 aus dem Bundesgebiet in den Iran ausgewiesen worden. Mit Bescheid der BH Vöcklabruck vom selben Tag sei der Bf zur Identitätsklärung vorgeladen worden und sei ihm abermals eine Ausreiseverpflichtung und Verweis zu einer Rückkehrberatung gemäß § 67 Abs. 3 FPG zugestellt worden.

 

Am 7. Juni 2011 sei der Bf bei der BH Vöcklabruck erschienen. Dabei habe der Bf unter Zeugen erneut bekundet, das Formblatt nicht auszufüllen, da er weder mit dem Konsulat in Verbindung treten noch die Ausstellung eines Reisedokuments wollte. Auch habe der Bf unmissverständlich deklariert, unter absolut keinen Umständen in den Iran zurückzukehren und alles daran gesetzt, dies zu verhindern.

 

Nach Sicherstellung von Dokumenten (Personenstandsurkunde, Führerschein) sei davon auszugehen, dass der Bf die unmittelbare Gefahr einer möglichen Festnahme und Abschiebung nicht eingehen und sich daher auch selbst bei Anwendung gelinderer Mittel entziehen werde. Denn der Folgeantrag sei im finalen Stadium unmittelbar vor einer Durchführbarkeit und es sei auch aufgrund der sichergestellten Dokumente davon auszugehen, dass mit der Ausstellung eines Ersatzreisedokuments zu rechnen sei. Deshalb wisse der Bf, dass jederzeit mit einer Abschiebung in den Iran zu rechnen sei.

 

Die belangte Behörde sei davon ausgegangen, dass der Bf aufgrund zahlreicher Rechtsbelehrungen zwischenzeitlich anderer Einstellung gewesen sei und daher bei der Ausstellung des Ersatzdokuments mitwirken würde. Deshalb sei er auch nicht festgenommen, sondern vorgeladen worden. Nachdem er jedoch seine Haltung nicht geändert habe, ihm die unmittelbar bevorstehende Außerlandesbringung auch gegen seinen Willen klar geworden sei und er eine Ausreise aus der EU jedenfalls verhindern wolle, müsse die belangte Behörde davon ausgehen, dass sich der Bf dem Ausweisungsverfahren und der Außerlandesbringung durch Abtauchen in die Anonymität widersetzen werde. Am 7. Juni 2011 seien daher nach einem fast einstündigen Gespräch keine gelinderen Mittel angewendet sondern die Schubhaft verhängt worden.

 

Die belangte Behörde hält weiters fest, dass sich der Bf mangels Aufenthaltsrechtes und aufgrund der durchsetzbaren Ausweisung unberechtigt im Bundesgebiet aufhalte. Seine Identität sei durch das BAA bereits erhoben und durch vorliegende und sichergestellte Dokumente gesichert. Die Abschiebung sei demnach auch faktisch in Kürze durchführbar.

Wie vom Asylgerichtshof bestätigt, habe der Bf versucht, asylrelevante Fluchtgründe durch ein Handeln im Nachhinein herbeizuschaffen. Auch sei es bezeichnend, dass der Bf nach Holland habe reisen wollen, da dort höhere Aussichten auf Asyl bestünden und er im Falle einer negativen Entscheidung von dort aus schneller nach Großbritannien zu seiner einzigen Bezugsperson im europäischen Raum könnte. Es sei daher ab dem Zeitpunkt, ab dem der Bf kein Asylwerber mehr sei, er keinen Abschiebeschutz habe, ihm sein Aufenthaltsrecht und seine Unterkunft sowie Versorgung entzogen werde, davon auszugehen, dass der Bf seinen Aufenthalt im Bundesgebiet aufgeben und versuchen werde, seine Bezugsperson in Großbritannien zu erreichen.

 

Auch sei der Bf im Bundesgebiet in keiner Weise an eine Örtlichkeit gebunden, äußerst flexibel in seiner Lebensgestaltung und habe keine familiäre oder soziale Verpflichtung in Österreich zu erfüllen. Einer legalen Beschäftigung im Bundesgebiet gehe der Bf nicht nach und sei dazu mangels Arbeitsbewilligung auch nicht berechtigt. Eine freiwillige Beendigung seines illegalen Aufenthaltes habe er zu jedem Zeitpunkt abgelehnt. Der dem Bf für die Dauer des zweiten Asylverfahrens vorläufig zugesprochene Abschiebeschutz sei mit Erlassung der durchsetzbaren Zurückweisung faktisch aberkannt.

 

Neben der dem Bf im Rahmen des Asylverfahrens zur Verfügung gestellten betreuten Unterkunft habe er keinen ordentlichen Wohnsitz im Bundesgebiet.

 

Nachdem zu befürchten sei, dass sich der Bf auf freiem Fuß belassen dem weiteren Zugriff der Behörde entziehen und in die Anonymität abtauchen werde, sei zur Sicherung der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes sowie zur Sicherung der Abschiebung seine Anhaltung in der Schubhaft unbedingt erforderlich.

 

Ein gelinderes Mittel würde die Gefahr beinhalten, dass der Bf nach einem erneuten Abtauchen in die Anonymität dem österreichischen Staat mangels ausreichender Barmittel bzw. rechtmäßiger Beschäftigung wiederum finanziell zur Last fallen könnte. Da der Bf seinen Unterhalt im Bundesgebiet bestreiten müsste, sei die Gefahr sehr groß, dass er dies auf illegale Art und Weise bewerkstelligen würde.

 

Nach Auffassung der belangten Behörde sei die Verhängung der Schubhaft verhältnismäßig und die Anordnung gelinderer Mittel ausgeschlossen.

 

1.2. Gegen seine Anhaltung in Schubhaft erhob der Bf durch seinen ausgewiesenen Vertreter mit Schreiben vom 7. Juli 2011 (eingelangt am 11. Juli 2011) Schubhaftbeschwerde an den Oö. Verwaltungssenat und beantragte die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Schubhaft per 7. Juni 2011 sowie der seither andauernden Schubhaft unter Kostenersatz.

 

Nach der Feststellung, dass ein Folgeantrag verbunden mit einer durchsetzbaren Ausweisung zwar vorliege, geht der Bf davon aus, dass die Schubhaft dennoch nicht verhängt werden hätte dürfen. Insbesondere wird ausgeführt, dass sich der Bf weder im ersten Asylverfahren noch im Folgeverfahren dem Zugriff der zuständigen Behörden entzogen habe. Vielmehr sei er bis zu der Schubhaft in seiner länderbetreuten Unterkunft für sämtliche offiziellen Anfragen erreichbar gewesen, habe sämtliche behördliche Schriftstücke an dieser Adresse erhalten und sei auch allen behördlichen Ladungen nachgekommen. Ein Abtauchen in die Anonymität sei schon mangels notwendiger Mittel nicht möglich. Die Tatsache, dass der Bf den Behörden gegenüber immer seinen Cousin in Großbritannien erwähnt habe, zeuge von seiner Ehrlichkeit; würde er eine Flucht nach Großbritannien tatsächlich wagen, erzählte er der gängigen Logik entsprechend nicht von diesem Unterfangen. Der Bf habe nicht vor, sich im Schutze der Anonymität nach Großbritannien oder in einen anderen Staat abzusetzen.

 

Weiters wäre schon durch die Anwendung gelinderer Mittel der von der Behörde angestrebte Sicherungszweck erreichbar gewesen. Freunde, die er aus seinem Aufenthalt in Österreich gewinnen habe können, hätten den Bf gerne in ihrer Wohnung aufgenommen und wäre er auch an deren Adresse stets für offizielle Anfragen und weitere Einvernahmen zur Verfügung gestanden. Insofern wäre er dem österreichischen Staat nicht mehr zur Last gefallen.

 

Wenn es auch zutreffe, dass der Bf bei sämtlichen Einvernahmen gesagt habe, keinesfalls mehr in seinen Heimatstaat zurückzuwollen, so sei es doch unangemessen, aus diesen Aussagen eine Schubhaft zu begründen.

 

Die Verhängung der Schubhaft sei daher nicht verhältnismäßig gewesen.

 

2.1. Mit Schreiben vom 12. Juli 2011 (eingelangt beim Oö. UVS am 14. Juli 2011) übermittelte die belangte Behörde den bezughabenden Verwaltungsakt. In einer kurzen Gegenschrift führt die belangte Behörde im Wesentlichen aus, dass sie im Falle des Bf am 7. Juni 2011 zunächst nicht beabsichtigt habe, die Schubhaft zu verhängen; der Bf sei zur Identitätsprüfung geladen worden. Dabei sei er nachweislich in Kenntnis gesetzt worden, dass eine rechtskräftige Ausweisung und somit eine Ausreiseverpflichtung vorliege. Er habe sich daher an die Rückkehrberatung zu wenden und seine Rückkehr in den Herkunftsstaat zu betreiben; weiters habe er Angaben zur Erlangung eines Ersatzreisedokuments zu tätigen, nachdem er bisweilen seiner Verpflichtung nicht nachgekommen sei und kein Reisedokument zur Vorlage gebracht hätte. Der Bf habe aber jegliche Mitwirkung verweigert und habe darüber hinaus unter Beiziehung eines Dolmetschers der Sprache Farsi unmissverständlich bekanntgegeben, unter absolut keinen Umständen in den Irak [gemeint wohl: Iran] zurückzukehren; er werde weder ein Formblatt ausfüllen, noch beim Konsulat vorsprechen, noch selbst ein Dokument anfordern; das Konsulat dürfe nicht erfahren, dass er in Österreich sei; die Ausweisung aus Österreich werde er nicht befolgen.

 

Da der Bf in Kenntnis der beabsichtigten Abschiebung sei, habe bei objektiver Betrachtung aller Umstände keine Möglichkeit einer Sicherungsmaßnahme in Form eines gelinderen Mittels bestanden. Vielmehr sei zur Sicherung der Ausweisung und Sicherung der Abschiebung die Verhängung der Schubhaft notwendig gewesen.

 

Nach weiteren Erhebungen über die Fluggesellschaft sei schließlich bekannt geworden, dass eine Einreise in den Iran mit vorliegenden Dokumenten gewährleistet sei; daraufhin sei die erforderliche begleitete Rückführung nach Teheran (Iran) für den 19. Juli 2011 eingeleitet und beauftragt worden.

 

Weiters wird darauf hingewiesen, dass der Bf sich seit 7. Juni 2011 auf Verfügung der BH Vöcklabruck im PAZ der BPD St. Pölten in Schubhaft befinde.

 

Abschließend wird die kostenpflichtige Abweisung der in Rede stehenden Beschwerde beantragt.

 

Mit E-Mail vom 15. Juli 2011 wurde das zuständige Mitglied des Oö. Verwaltungssenates darüber verständigt, dass der Bf am 13. Juli 2011 – unmittelbar nachdem er über die bevorstehende Abschiebung in Kenntnis gesetzt worden sei – in den Hungerstreik getreten sei und am 14. Juli 2011 einen weiteren Asyl-Folgeantrag gestellt habe (laut Aktenlage wird als Grund für diesen neuerlichen Folgeantrag – so wie bereits im ersten Asyl-Folgeantrag [mit Bescheid des BAA vom 1. Juni 2011 gem. § 68 AVG zurückgewiesen; Ausweisung gem. § 10 Abs. 1 AsylG] – der Religionswechsel zum Christentum im Februar 2010 vorgebracht). Dies unterstreiche nach Auffassung der belangten Behörde, dass der Bf alles daran setze und keine Möglichkeit unversucht ließe, einer drohenden Abschiebung zu entgehen.

Weiters wurde das zuständige Mitglied des Oö. Verwaltungssenates am 15. Juli 2011 per E-Mail über die Überstellung des Bf in das PAZ der BPD Wien – Hernals in Kenntnis gesetzt.

 

2.2. Der Oö. Verwaltungssenat hat nach Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt festgestellt, dass der Sachverhalt bereits aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde hinreichend geklärt ist, weshalb von der – im Übrigen durch den rechtsfreundlich vertretenen Bf auch nicht ausdrücklich beantragten – Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung gemäß § 83 Abs. 2 FPG abgesehen werden konnte.

 

2.3. Der Oö. Verwaltungssenat geht von dem unter Punkt 1.1. und 2.1. dieses Erkenntnisses dargestellten entscheidungswesentlichen Sachverhalt aus, der im Übrigen auch vom Bf nicht bestritten wird.

 

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

 

3.1. Gemäß § 82 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 – FPG, BGBl. I Nr. 100, hat der Fremde das Recht, den unabhängigen Verwaltungssenat mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen,

1.    wenn er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist;

2.    wenn er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz oder das Asylgesetz 2005 angehalten wird oder wurde, oder

3.    wenn gegen ihn die Schubhaft angeordnet wurde.

 

Gemäß § 83 Abs. 4 leg.cit. hat der unabhängige Verwaltungssenat, sofern die Anhaltung noch andauert, jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen. Im Übrigen hat er im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte zu entscheiden.

 

3.2. Es ist unbestritten, dass der Bf aufgrund des Bescheides des Bezirkshauptmannes des Bezirks Vöcklabruck vom 7. Juni 2011, Z Sich40-2741-2010, seit 7. Juni 2011 bis dato in Schubhaft angehalten wird, weshalb der Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung berufen ist.

 

Nachdem sich der Bf zur Zeit der Entscheidung des Oö. Verwaltungssenates noch in Schubhaft befindet, ist gemäß § 83 Abs. 4 FPG eine umfassende Prüfung der Anhaltung vorzunehmen.

 

3.3. Gemäß § 76 Abs. 1 FPG, sowohl in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 100/2005 als auch in der Fassung des Fremdenrechtsänderungsgesetzes 2011 (FrÄG 2011) BGBl. I Nr. 38/2011, können Fremde festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern dies notwendig ist, um das Verfahren zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes oder einer Ausweisung/einer Rückkehrentscheidung, einer Ausweisung oder eines Aufenthaltsverbotes [geändert durch das FrÄG 2011 BGBl. I Nr. 38/2011] bis zum Eintritt ihrer Durchsetzbarkeit oder um die Abschiebung, die Zurückschiebung oder die Durchbeförderung zu sichern. Über Fremde, die sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten, darf Schubhaft verhängt werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, sie würden sich dem Verfahren entziehen.

 

Gemäß § 76 Abs. 2 FPG, sowohl in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 100/2005 als auch in der Fassung des Fremdenrechtsänderungsgesetzes 2011 (FrÄG 2011) BGBl. I Nr. 38/2011, kann die örtlich zuständige Fremdenpolizeibehörde über einen Asylwerber oder einen Fremden, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, Schubhaft zum Zwecke der Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung gemäß § 10 AsylG 2005 oder zur Sicherung der Abschiebung anordnen, wenn

 

1. gegen ihn eine durchsetzbare - wenn auch nicht rechtskräftige - Ausweisung (§ 10 AsylG 2005) erlassen wurde;

2. gegen ihn nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 2005 ein Ausweisungsverfahren eingeleitet wurde;

3. gegen ihn vor Stellung des Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare Ausweisung (§§ 53 oder 54) oder ein durchsetzbares Aufenthaltsverbot (§ 60) verhängt worden ist/eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung, durchsetzbare Ausweisung oder ein durchsetzbares Aufenthaltsverbot erlassen worden ist [geändert durch das FrÄG 2011 BGBl. I Nr. 38/2011]

4. auf Grund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung und der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass der Antrag des Fremden auf internationalen Schutz mangels Zuständigkeit Österreichs zur Prüfung zurückgewiesen werden wird.

 

Gemäß § 76 Abs. 2a FPG, sowohl in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 122/2009 als auch in der Fassung des FrÄG 2011 BGBl. I Nr. 38/2011, hat die örtlich zuständige Fremdenpolizeibehörde über einen Asylwerber Schubhaft anzuordnen, wenn

1. gegen den Asylwerber eine mit einer zurückweisenden Entscheidung gemäß § 5 AsylG 2005 verbundene durchsetzbare Ausweisung erlassen wurde oder ihm gemäß § 12a Abs. 1 AsylG 2005 ein faktischer Abschiebeschutz nicht zukommt;

2. eine Mitteilung gemäß § 29 Abs. 3 Z 4 bis 6 AsylG 2005 erfolgt ist und der Asylwerber die Gebietsbeschränkung gemäß § 12 Abs. 2 AsylG 2005 verletzt hat;

3. der Asylwerber die Meldeverpflichtung gemäß § 15a AsylG 2005 mehr als einmal verletzt hat;

4. der Asylwerber, gegen den nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 2005 ein Ausweisungsverfahren eingeleitet wurde, der Mitwirkungsverpflichtung gemäß § 15 Abs. 1 Z 4 vorletzter Satz AsylG 2005 nicht nachgekommen ist, oder

5. der Asylwerber einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) gestellt hat und der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 aufgehoben wurde, oder

6. sich der Asylwerber gemäß § 24 Abs. 4 AsylG 2005 ungerechtfertigt aus der Erstaufnahmestelle entfernt hat, soweit eine der Voraussetzungen des Abs. 2 Z. 1 bis 4 vorliegt," [eingefügt durch FrÄG 2011 BGBl. I Nr. 38/2011]

und die Schubhaft für die Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung gemäß § 10 AsylG 2005 oder zur Sicherung der Abschiebung notwendig ist, es sei denn, dass besondere Umstände in der Person des Asylwerbers der Schubhaft entgegenstehen.

 

Die Schubhaft ist nach § 76 Abs. 3 FPG, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 100/2005, grundsätzlich mit Mandatsbescheid gemäß § 57 AVG anzuordnen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zur Erlassung des Bescheides aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft.

 

Gemäß § 76 Abs.6 FPG kann die Schubhaft aufrecht erhalten werden, wenn ein Fremder während der Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz stellt. Liegen die Voraussetzungen des § 76 Abs. 2 FPG/§76 Abs. 2a FPG [geändert durch das FrÄG 2011 BGBl. I Nr. 38/2011] vor, gilt die Schubhaft als nach dieser Gesetzesstelle verhängt.

 

Gemäß § 77 Abs. 1 FPG, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 100/2005, kann die Behörde von der Anordnung der Schubhaft Abstand nehmen, wenn sie Grund zur Annahme hat, dass deren Zweck durch Anwendung gelinderer Mittel erreicht werden kann.

Mit dem FrÄG 2011 BGBl. I Nr. 38/2011 wurde diese Bestimmung insofern geändert, als die Behörde bei Vorliegen der in § 76 genannten Gründe gelindere Mittel anzuordnen hat, wenn sie Grund zur Annahme hat, dass der Zweck der Schubhaft durch Anwendung des gelinderen Mittels erreicht werden kann.

 

Gemäß § 80 Abs. 1 bzw. 2 FPG, sowohl in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 122/2009 als auch in der Fassung des FrÄG 2011 BGBl. I Nr. 38/2011, ist die Behörde verpflichtet, darauf hinzuwirken, dass die Schubhaft so kurz wie möglich dauert; sie darf so lange aufrechterhalten werden, bis der Grund für ihre Anordnung weggefallen ist oder ihr Ziel nicht mehr erreicht werden kann.

Gemäß § 80 Abs. 2 FPG, in der Fassung des FrÄG 2011 BGBl. I Nr. 38/2011, darf die Schubhaftdauer nunmehr grundsätzlich

1.    zwei Monate nicht überschreiten, wenn die Schubhaft gegen einen mündigen Minderjährigen verhängt wird;

2.     vier Monate nicht überschreiten, wenn die Schubhaft gegen einen Fremden, der das 18. Lebensjahr vollendet hat, verhängt wird und kein Fall der Abs. 3 und 4 vorliegt.

 

Gemäß § 126 Abs. 9 FPG, in der Fassung des FrÄG 2011 BGBl. I Nr. 38/2011 (ausgegeben am 23. Mai 2011), treten ua. die Bestimmungen des § 76, § 77 Abs. 1, 3, 6 und 7 sowie § 80 in der Fassung des genannten Bundesgesetzes (BGBl. I Nr. 38/2011) mit 1. Juli 2011 in Kraft.

 

Aufgrund des Inkrafttretens in § 126 Abs. 9 FPG in der Fassung des FrÄG 2011 BGBl. I Nr. 38/2011 näher bezeichneter Bestimmungen des FrÄG 2011 BGBl. I Nr. 38/2011 mit 1. Juli 2011 (und mangels diesbezüglich normierter Übergangsbestimmungen) ist hinsichtlich der auf die vorliegende Schubhaft (Verhängung und Anhaltung) anzuwendenden Rechtslage auf Folgendes hinzuweisen:

Der Bf wurde am 7. Juni 2011 in Schubhaft genommen, die bis dato ununterbrochen aufrecht ist. Da gewisse unter 3.3. zitierte einschlägige Bestimmungen des FrÄG 2011 BGBl. I Nr. 38/2011 gem. § 126 Abs. 9 FPG erst mit 1. Juli 2011 in Kraft getreten sind, sind auf die bescheidförmige Verhängung der Schubhaft am 7. Juni 2011 und die Anhaltung des Bf. in Schubhaft bis 1. Juli 2011 die vor Inkrafttreten des FrÄG 2011 BGBl. I Nr. 38/2011 geltenden hier einschlägigen Bestimmungen des FPG 2005 anzuwenden. Für die Anhaltung in Schubhaft ab diesem Zeitpunkt bis dato gelten demgegenüber die durch das FrÄG 2011 BGBl. I Nr. 38/2011 geänderten hier einschlägigen näher bezeichneten Bestimmungen. Bezüglich der inhaltlichen Prüfung insbesondere hinsichtlich Schubhaftgrund, Sicherungsbedarf, Anwendbarkeit eines gelinderen Mittels und Verhältnismäßigkeit (3.4. – 3.8.) ergeben sich daraus bei der vorliegenden Fallkonstellation allerdings keine erheblichen Änderungen.

 

3.4. Zu den Schubhaftgründen:

Im vorliegenden Fall steht unbestritten fest, dass der Bf. im Juni 2009 schlepperunterstützt in das österreichische Bundesgebiet eingereist ist; sein Antrag auf internationalen Schutz/subsidiären Schutz vom 23. Juni 2009 wurde abgewiesen und der Bf gem. § 10 Abs. 1 AsylG 2005 aus dem Bundesgebiet in den Iran ausgewiesen. Mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 7. Oktober 2010, zugestellt am 21. Oktober 2010, wies dieser die diesbezügliche Beschwerde als unbegründet ab.

Am 29. Oktober 2010 stellte der Bf. einen zweiten Antrag (Asyl-Folgeantrag); dieser wurde schließlich mit Bescheid des BAA Außenstelle Linz vom 1. Juni 2011 wegen entschiedener Sache gem. § 68 AVG zurückgewiesen und der Bf gem. § 10 Abs. 1 AsylG 2005 aus dem Bundesgebiet in den Iran ausgewiesen. Dagegen erhob der Bf Beschwerde an den Asylgerichtshof; die diesbezügliche negative Entscheidung des Asylgerichtshofes vom 22. Juni 2011 wurde (nach Auskunft des Asylgerichtshofes) am 27. Juni 2011 zugestellt.

Am 14. Juni 2011 stellte der Bf im Stande der Schubhaft schließlich einen weiteren Asyl-Folgeantrag.

 

3.4.1. Die belangte Behörde legte nach Auffassung des erkennenden Mitglieds des Oö. UVS dem angefochtenen Schubhaftbescheid vom 7. Juni 2011 zu Recht
§ 76 Abs. 2 Z. 1 FPG zugrunde. Nach dieser Bestimmung kann die zuständige Fremdenpolizeibehörde ua. über einen Asylwerber zum Zwecke der Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung oder zur Sicherung der Abschiebung Schubhaft anordnen, wenn gegen ihn eine durchsetzbare – wenn auch nicht rechtskräftige – Ausweisung (§ 10 AsylG 2005) erlassen wurde.

 

Im Zeitpunkt der Schubhaftverhängung (7. Juni 2011), lag gegen den Bf – dem zu diesem Zeitpunkt der Status eines Asylwerbers iSd § 2 Abs. 1 Z. 14 AsylG 2005 zukam – aufgrund des Bescheides des BAA Außenstelle Linz vom 1. Juni 2011 (Entscheidung über den ersten Asyl-Folgeantrag) eine durchsetzbare, wenn auch nicht rechtskräftige Ausweisung vor.

 

Es kann dabei dahinstehen, ob der von der belangten Behörde zusätzlich ausgeführte Schubhaftgrund des § 76 Abs. 2a Z. 5 FPG ebenfalls vorliegt, da es im Lichte der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes lediglich eines Schubhaftgrundes bedarf (vgl. VwGH 14.9.2001, 2000/02/0319). Dies wird im Übrigen auch in der Beschwerde in keiner Weise in Frage gestellt.

 

3.4.2. Aus fremdenrechtlicher Sicht durfte die belangte Behörde die am 7. Juni 2011 verhängte Schubhaft daher auf § 76 Abs. 2 Z 1 FPG stützen, zumal damals gegen den Bf eine durchsetzbare - wenn auch nicht rechtskräftige - Ausweisung nach § 10 AsylG 2005 erlassen worden war. Erst durch Zustellung der diesbezüglichen Entscheidung des Asylgerichtshofes am 27. Juni 2011 erwuchs diese in Rechtskraft.

 

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichthofs führt in einem Fall der "Verdichtung" der chronologisch fortschreitenden Schubhaftgründe nach dem § 76 Abs. 2 FPG der Wegfall des bisherigen Schubhafttatbestandes per se zu dessen Ersetzung durch einen auf höherer Ebene liegenden Schubhafttatbestand derselben Norm. Dasselbe gilt auch für den Fall der Erlassung einer rechtskräftigen asylrechtlichen Ausweisung und dem damit verbundenen Wechsel vom Regime des § 76 Abs. 2 FPG in jenes des § 76 Abs. 1 FPG, weil auch hier nur eine "Verdichtung" in Bezug auf den bisherigen Schubhafttatbestand eintritt (vgl VwGH 18.12.2008, Zl. 2008/21/0582 unter Hinweis auf Vorjudikatur).

 

Im vorliegenden Fall war demnach mit Rechtskraft der asylrechtlichen Ausweisung durch den Asylgerichtshof zunächst von einem in der Natur der Sache liegenden Wechsel des Schubhaftgrundes in das Regime des § 76 Abs. 1 FPG auszugehen, da dem Bf ab diesem Zeitpunk weder der für eine Anwendbarkeit des § 76 Abs. 2 leg.cit. vorausgesetzte Status eines Asylwerbers noch eines Fremden, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, mehr zukam.

 

3.4.3. Da der Bf in weiterer Folge am 14. Juli 2011 erneut einen Asyl-Folgeantrag im Stande der Schubhaft einbrachte, kann die Schubhaft gem. § 76 Abs. 6 FPG seit diesem Zeitpunkt – ihre unter 3.5. bis 3.8. noch eingehend zu prüfende Rechtmäßigkeit vorausgesetzt – grundsätzlich aufrecht erhalten werden. § 76 Abs. 6 leg.cit. sieht hinsichtlich des Schubhaftgrundes vor, dass für den Fall des Vorliegens der Voraussetzungen des Abs. 2 leg.cit. die Schubhaft als nach eben dieser Bestimmung des Abs. 2 leg.cit. verhängt gilt.

Gegen den Bf, der mit Stellung seines zweiten Asyl-Folgeantrages am 14. Juli 2011 wieder als Asylwerber iSd § 2 Abs. 1 Z. 14 AsylG 2005 gilt, lag zum Zeitpunkt dieser Antragstellung eine durchsetzbare – wenn auch nicht rechtskräftige – Ausweisung (§ 10 AsylG 2005) vor: So kommt dem Bf. aufgrund dieses zweiten Asyl-Folgeantrages vom 14. Juli 2011 ,dh unmittelbar vor dem bereits festgelegten und dem Bf. nachweislich am 13. Juli 2011 zur Kenntnis gebrachten Abschiebetermin (19. Juli 2011), gemäß § 12a Abs. 3 AsylG 2005 kein faktischer Abschiebeschutz zu (vgl. so auch die diesbezügliche fremdenpolizeiliche Information des BAA EAST West vom 15. Juli 2011). Damit kommt seit der Stellung des zweiten Asyl-Folgeantrages am 14. Juli 2011 wieder der Schubhaftgrund des § 76 Abs. 2 Z. 1 FPG zum Tragen.

 

Es liegen bzw. lagen somit grundsätzlich die Voraussetzungen des § 76 Abs. 2 Z. 1 bzw. § 76 Abs. 1 FPG vor.

 

3.5. Aus der "Kann-Bestimmung" sowohl des § 76 Abs. 1 als auch des Abs. 2 FPG wird deutlich, dass es sich bei der Verhängung der Schubhaft um eine Ermessensentscheidung handelt. Es müssen daher im konkreten Fall Umstände in der Person des Bf gelegen sein, die erwarten ließen, dass sich der Bf dem Verfahren bzw. der Abschiebung iSd § 76 Abs. 1 und Abs. 2 FPG entziehen würde. Dabei sind diese Umstände nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs nicht isoliert voneinander, sondern in Zusammenschau und unter Erstellung einer Einzelfallprüfung zu betrachten.

 

Vorweg ist anzumerken, dass die belangte Behörde eine hinreichend fundierte einzelfallbezogene Prüfung des Sicherungsbedarfes des Bf durchgeführt hat, der aus Sicht des erkennenden Mitglieds des Oö. Verwaltungssenates durchaus zu folgen ist.

 

Der Bf, der im Juni 2009 schlepperunterstützt ins Bundesgebiet eingereist ist, ist mittellos, verfügt in Österreich über keinen Wohnsitz (letzter gemeldeter Wohnsitz war laut ZMR-Abfrage ein Flüchtlingsheim) und ist in Österreich weder sozial noch sonstig in besonderem Maß integriert; dies geht nicht zuletzt auch aus seiner Einvernahme vom 1. Juni 2011 hervor (vgl. EDV-Zahl 10 10.128 im Verwaltungsakt), wo der Bf auf Frage angibt, mit niemandem in Österreich zusammenzuleben und keiner Arbeit nachzugehen; seine "missionarische" Tätigkeit beschränkt sich nach seinen eigenen Angaben darauf, mit "neuen" Iranern, die nach Vöcklabruck kommen, über die christliche Schrift zu reden. Selbst bei Wahrunterstellung ergibt sich daraus jedenfalls keine besonders bemerkenswerte Integration. Auch halten sich – wie schon der Asylgerichtshof in seiner Entscheidung E2412558-1/2010/4E vom 14. Oktober 2010 konstatierte – keine Familiengehörigen des Bf in Österreich auf; diesbezüglich ist im bisherigen Verfahren auch nichts anderes hervorgekommen. Wenn der Bf in seiner Beschwerde vorbringt, dass er von "Freunden" in deren Wohnung aufgenommen werden könnte, so handelt es sich diesbezüglich um eine allgemein gehaltene, unsubstantiierte Behauptung; welche "Freunde" das sein sollten, bleibt im Dunkeln.

Besonders ist in diesem Zusammenhang zu würdigen, dass der Bf offensichtlich keinesfalls dazu bereit ist, in seine Heimat Iran zurückzukehren. Wie aus dem Akt ersichtlich ist und auch von der belangten Behörde zutreffend festgestellt wird, will der Bf unter keinen Umständen in den Iran zurück und verweigerte nicht nur mehrmals die Mitwirkung an der Erlangung eines Ersatzreisedokuments, sondern bestand sogar darauf, dass die Botschaft nicht von seinem Aufenthalt in Österreich erfahren darf (vgl. etwa AV der belangten Behörde vom 7. Juni 2011).

Dass es ihm dabei nicht um die Erlangung von Schutz vor politischer Verfolgung geht, sondern um ein klares wirtschaftliches und persönliches Kalkül, dokumentieren die bereits abgeschlossenen Asylverfahren. Das Motiv ist klar: Der Bf will auf diese Weise einer Abschiebung in sein Heimatland entgehen. Dies indiziert nicht zuletzt auch sein Glaubenswechsel zum Christentum, der bereits nach Auffassung des Asylgerichtshofes in seiner Entscheidung vom 14. Oktober 2010 rein asyltaktische Hintergründe hatte. Nach Auffassung des erkennenden Mitglieds des Oö. Verwaltungssenates ist auch im weiteren Verfahren nichts hervorgekommen, was eine diesbezüglich abweichende Auffassung rechtfertigen könnte. Durch diesen bloß asyltaktisch motivierten Religionswechsel allein schon gibt der Bf ein Beispiel dafür, dass er alles daran setzt, einer Abschiebung in sein Heimatland zu entgehen.

Wenn in der Beschwerde vorgebracht wird, der Bf hätte sich in Österreich vor der In-Schubhaftnahme nie dem behördlichen Verfahren entzogen, ist dies zwar richtig. Allerdings wurde ihm auch erst mit 7. Juni 2011 – dh am Tag seiner In-Schubhaftnahme – vollinhaltlich bewusst, dass seine Außerlandesschaffung unmittelbar bevorsteht. Dass er nun auch aus dem Stande der Schubhaft heraus nichts unversucht lässt, um seiner für 19. Juli 2011 geplanten und somit unmittelbar bevorstehenden Abschiebung zu entgehen, zeigt nicht zuletzt auch die umgehende Stellung eines weiteren Asyl-Folgeantrages am 14. Juli 2011 – der sich im Übrigen auf dasselbe Vorbringen wie schon der erste vom Asylgerichtshof bereits rechtskräftig entschiedene Asyl-Folgeantrag beschränkt (Religionswechsel zum Christentum) –, kaum dass er am 13. Juli 2011 vom bevorstehenden Abschiebungstermin (19. Juli 2011) Kenntnis erlangt hatte. Weiters zeichnet auch ein mit demselben Tag (13. Juli 2011) begonnener Hungerstreik ein diesbezüglich klares Bild der Intentionen des Bf.

 

Die Bitte des Bf etwa im Rahmen seiner Einvernahme vor dem BAA am 8. November 2011, in ein anderes Land gehen zu dürfen, um dort unterstützt zu werden, legt für sich allein betrachtet freilich noch keinen hinreichenden Sicherungsbedarf dar. Allerdings indiziert dies in Zusammenschau mit der vom Bf selbst in seiner Beschwerde bekräftigten Existenz eines Cousins in Großbritannien und vor dem Hintergrund der Absicht des Bf, eigentlich anstatt nach Österreich in die Niederlande gewollt zu haben, da dort seines Erachtens Asyl leichter zu bekommen gewesen wäre und auch eine schnellere und einfachere Möglichkeit einer Weiterreise nach Großbritannien zu seinem Cousin als einziger Bezugsperson in der EU bestanden hätte, sehr wohl die Absicht des Bf, auf freiem Fuß belassen schnellstmöglich in die Anonymität abzutauchen um aus dem Bundesgebiet ausreisen zu können. Dass die Niederlande bzw. Großbritannien das eigentliche Ziel darstellte, erhärtet auch die Annahme der Fluchtgefahr. Die Behauptung in der Beschwerde, dass ein Abtauchen des Bf schon allein mangels notwendiger Mittel nicht möglich sei, bestärkt dabei zusätzlich noch die vorliegende Fluchtgefahr: So ist davon auszugehen, dass der Bf schon allein deswegen auf freiem Fuß belassen möglichst rasch den Weg zu seiner Bezugsperson in Großbritannien suchen würde.

 

Wenn auch – wie in der Beschwerde zu Recht behauptet – eine fehlende Ausreisewilligkeit für sich allein nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die Verhängung der Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung nicht rechtfertigen kann, so ergibt sich im Rahmen einer Gesamtschau des konkreten Einzelfalles doch eindeutig, dass – der belangten Behörde folgend – im vorliegenden Fall von einem besonders hohen Sicherungsbedarf auszugehen ist. Der Bf hätte sich – auf freiem Fuß belassen – ab dem Zeitpunkt, in dem er über die beabsichtigte Abschiebung in sein Heimatland informiert wurde bzw. ihm die unmittelbar bevorstehende Außerlandesschaffung bewusst geworden ist, fraglos dem Zugriff der Behörde entzogen um in Richtung Großbritannien abzutauchen. Dabei ist zu bemerken, dass je weiter dieses Verfahren fortschritt, desto höher war und ist auch die Fluchtgefahr anzusetzen; insbesondere ist auch die rechtskräftige negative Entscheidung des Asylgerichtshofes vom 22. Juni 2011 und die damit durchsetzbare Ausweisung von erheblicher Bedeutung für die Beurteilung des weiterhin bestehenden ausgeprägten Sicherungsbedarf, der allerdings zweifellos auch schon zum Zeitpunkt der Verhängung der Maßnahme in entsprechendem Ausmaß bestand.

 

Ein erheblicher Sicherungsbedarf war und ist daher seit Verhängung der Schubhaft am 7. Juni 2011 bis dato jedenfalls zu bejahen.

 

3.6. Damit scheidet auch im hier zu beurteilenden Zeitraum die Anwendung gelinderer Mittel über den Bf gemäß § 77 FPG konsequenter Weise grundsätzlich aus. Eine allfällige tägliche Meldepflicht würde das Ziel der Schubhaft aufgrund der erheblichen Gefahr, dass der Bf auf freiem Fuß belassen untertaucht um in weiterer Folge das Bundesgebiet zu verlassen, nicht gewährleisten können. Daran vermag auch die Behauptung in der Beschwerde, der Bf hätte sich vor der In-Schubhaftnahme nie dem behördlichen Verfahren entzogen, nichts zu ändern; wie bereits unter 3.5. ausgeführt, ist dem Bf die Tragweite seines Verfahrensstandes – nämlich die unmittelbar drohende Außerlandesschaffung – erst am 7. Juli 2011 bewusst geworden. Vor diesem Hintergrund gewährleistet auch die – im Übrigen unsubstantiierte und allgemein gehaltene – Behauptung in der Beschwerde, der Bf könnte bei Freunden in deren Wohnung unterkommen, selbst im Fall einer Wahrunterstellung keinesfalls, dass er sich dem Zugriff der Fremdenpolizeibehörden zur Verfügung halten würde.

 

3.7. Die Verhängung der Schubhaft ist demnach zweifellos weiterhin verhältnismäßig, denn dem Recht des Bf auf Schutz der persönlichen Freiheit steht das dieses überwiegende Interesse des Staates an einem geordneten Fremdenwesen und damit am Schutz und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit gegenüber. Um diese Ziele zu gewährleisten, war der Eingriff in das Recht des Bf auf den Schutz der persönlichen Freiheit notwendig.

 

Auch geht aus dem vorliegenden Verwaltungsakt eindeutig hervor, dass die belangte Behörde regelmäßig bemüht war, die Festlegung eines konkreten Abschiebetermins voranzutreiben (vlg. etwa die im Akt einliegende E-Mail-Anfrage vom 14. Juni 2011 betreffend Einreisemöglichkeit des Bf in den Iran mit bestimmten Dokumenten).

 

Der Schutz des Privat- und Familienlebens gemäß Art. 8 EMRK kann im vorliegenden Fall ebenfalls weiterhin nicht schlagend in Anwendung gebracht werden, zumal der Bf in Österreich keinerlei familiäre Bezugspunkte hat.

 

3.8. Gemäß § 76 Abs. 6 FPG kann die Schubhaft – wie bereits unter 3.4.3. ausgeführt – auch nach Stellung des zweiten Asyl-Folgeantrages des Bf am 14. Juli 2011 grundsätzlich weiterhin aufrecht erhalten werden.

§ 80 Abs. 1 und Abs. 2 FPG normieren, dass die Schubhaft so lange aufrechterhalten werden kann, bis der Grund für ihre Anhaltung weggefallen ist oder ihr Ziel nicht mehr erreicht werden kann. Grundsätzlich wird hier nun seit 1. Juli 2011 (vgl. FrÄG 2011) eine viermonatige Höchstgrenze festgelegt. Der Bf wird gegenwärtig seit 7. Juni 2011 in Schubhaft angehalten, weshalb die gesetzlich normierte viermonatige Frist noch nicht ausgeschöpft ist.

 

Auch ist das Ziel der Schubhaft, die Abschiebung in den Iran, zum Entscheidungszeitpunkt durchaus zeitnah erreichbar, da keine Umstände bekannt sind, die gegen die Durchführbarkeit der Rückführung des Bf sprechen, und eine Abschiebung (geplant: 19. Juli 2011) unmittelbar bevorsteht. Daran ändert auch der – vom Bf selbst und nicht von der Behörde zu vertretende – Umstand nichts, dass aufgrund des kurzfristig eingetretenen Hungerstreiks seitens des Bf und seiner erneuten Asyl-Folgeantragsstellung der Abschiebetermin gegebenenfalls um eine Woche verschoben werden müsste (‑ die tatsächliche Notwendigkeit eines terminlichen Aufschubs stand im Entscheidungszeitpunkt noch nicht fest).

Auf das regelmäßige Bemühen der belangten Behörde, einen raschen Abschiebetermin zu erwirken, wurde im Übrigen bereits unter 3.8. hingewiesen.

 

3.9. Derzeit sind zudem keinerlei Umstände bekannt, die einer weiteren Anhaltung des Bf in Schubhaft entgegenstehen würden. Insbesondere geht aus dem vorliegenden Verwaltungsakt hervor und wurde seitens des zuständigen Amtsarztes im PAZ der BPD Wien – Hernals bestätigt, dass der Bf aufgrund des von ihm am 13. Juli 2011 angetretenen Hungerstreiks regelmäßig einer entsprechenden ärztlichen Beobachtung unterzogen ist; Haftunfähigkeit liegt nach Rücksprache mit dem zuständigen Amtsarzt im Entscheidungszeitpunkt nicht vor; nach ärztlicher Auskunft ist der Bf bester gesundheitlicher Verfassung. Wie bereits unter 3.4.3. dargelegt, kommt dem Bf aufgrund der erneuten Stellung eines Asyl-Folgeantrags am 14. Juli 2011 kein faktischer Abschiebeschutz zu und kann die Schubhaft gem. § 76 Abs. 6 FPG weiterhin aufrecht erhalten werden. Daher war die Beschwerde vom 7. Juni 2011 (eingelangt beim Oö. UVS am 11. Juli 2011) als unbegründet abzuweisen und gleichzeitig auszusprechen, dass auch die Voraussetzungen für die Anhaltung in Schubhaft im Entscheidungszeitpunkt weiterhin vorliegen.

 

4. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Bund als Rechtsträger, für den die belangte Behörde eingeschritten ist, nach § 79a Abs. 1, Abs. 3 und Abs. 4 Z 3 AVG iVm § 1 Z 3 und 4 der UVS-Aufwandersatzverordnung (BGBl. II Nr. 456/2008) ein Aufwandersatz in Höhe von insgesamt 426,20 Euro (Vorlageaufwand: 57,40 Euro, Schriftsatzaufwand: 368,80 Euro) zuzusprechen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Hinweis: Im gegenständlichen Verfahren sind Gebühren in Höhe von 26,- Euro angefallen. Ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

 

Astrid Berger

 

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