Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-252757/2/Kü/Hue

Linz, 20.07.2011

 

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Thomas Kühberger über die Berufung des Herrn X X, X, X, vom 8. März 2011 gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Wels vom 28. Februar 2011, Zl. BZ-Pol-77073-2010, wegen Übertretung des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG) zu Recht erkannt:

 

 

I.               Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.  

 

II.           Der Berufungswerber hat keinen Kostenbeitrag zu leisten.  

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 24, 45 Abs.1 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr.52/1991 idgF.

zu II.: § 66 VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Wels vom 28. Februar 2011, Zl. BZ-Pol-77073-2010, wurden über den Berufungswerber (im Folgenden: Bw) wegen Verwaltungsübertretungen nach § 33 Abs.2 iVm § 111 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG) Geldstrafen in Höhe von insgesamt 1.730 Euro, im Fall der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafen von insgesamt 266 Stunden verhängt.

 

Dem Straferkenntnis liegt folgender Tatvorwurf zugrunde:

"Sie haben als Gewerbeinhaber und Betreiber der ´X Cafe Bar`, X, X, welcher für die Erfüllung der sozialversicherungsrechtlichen Meldepflicht keinen Bevollmächtigten bestellt hat, folgende Verwaltungsübertretung zu verantworten:

 

1. Sie haben als Dienstgeber im Sinne des § 35 Abs. 1 ASVG, am 30.03.2010

 

X X geb. X als Dienstnehmer, in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt, im Lokal X Cafe Bar, X, X (Bodenschleifarbeiten im Gastgarten), in der Zeit von 11 Uhr bis zumindest 13:27 Uhr (Zeitpunkt der Kontrolle) beschäftigt. Für die Behörde war im vorliegenden Fall von einem Arbeitsverhältnis in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt auszugehen, da Unentgeltlichkeit nicht ausdrücklich vereinbart wurde und somit ein angemessenes Entgelt gem. § 1152 ABGB als bedungen gilt. Der in Rede stehende Beschäftigte war der Firma organisatorisch sowie hinsichtlich des Arbeitsortes und der Arbeitszeit maßgeblich unterworfen. Auch bestand eine persönliche Arbeitsverpflichtung und Weisungsgebundenheit. Die Höhe des Entgelts lag nicht über der Geringfügigkeitsgrenze des § 5 Abs. 2 ASVG. Obwohl dieser Dienstnehmer daher von der Vollversicherung im Sinne des § 5 ASVG ausgenommen und als geringfügig Beschäftigter in der Unfallversicherung teilversichert ist, wurde hierüber eine, zumindest mit den Mindestangaben ausgestattete, Meldung, bei der OÖ. Gebietskrankenkasse, 4020 Linz, Gruberstraße 77, als zuständiger Sozialversicherungsträger, nicht vor Aufnahme der Tätigkeit, erstattet.

 

X X, geb. X, als Dienstnehmer, in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt (Sachbezug Essen und Trinken), im Lokal X Cafe Bar, X, X, in der Zeit von 10 Uhr bis zumindest 13:27 Uhr (Zeitpunkt der Kontrolle) beschäftigt. Der in Rede stehende Beschäftigte war der Firma organisatorisch sowie hinsichtlich des Arbeitsortes und der Arbeitszeit maßgeblich unterworfen. Auch bestand eine persönliche Arbeitsverpflichtung und Weisungsgebundenheit. Die Höhe des Entgelts lag nicht über der Geringfügigkeitsgrenze des § 5 Abs. 2 ASVG. Obwohl dieser Dienstnehmer daher von der Vollversicherung im Sinne des § 5 ASVG ausgenommen und als geringfügig Beschäftigter in der Unfallversicherung teilversichert ist, wurde hierüber eine, zumindest mit den Mindestangaben ausgestattete, Meldung, bei der OÖ. Gebietskrankenkasse, 4020 Linz, Gruberstraße 77, als zuständiger Sozialversicherungsträger, nicht vor Aufnahme der Tätigkeit, erstattet.

 

2. und am 29.03.2010 von 11 Uhr bis 12 Uhr und am 30.03.2010 von 10 Uhr bis zumindest 13.27 Uhr (Zeitpunkt der Kontrolle) X X, geb. X als Dienstnehmer in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt (Sachbezug Essen und Trinken), im Lokal X Cafe Bar, X, X, in der Zeit von 10 Uhr bis zumindest 13:27 Uhr (Zeitpunkt der Kontrolle) beschäftigt. Der in Rede stehende Beschäftigte war der Firma organisatorisch sowie hinsichtlich des Arbeitsortes und der Arbeitszeit maßgeblich unterworfen. Auch bestand eine persönliche Arbeitsverpflichtung und Weisungsgebundenheit. Die Höhe des Entgelts lag nicht über der Geringfügigkeitsgrenze des § 5 Abs. 2 ASVG. Obwohl dieser Dienstnehmer daher von der Vollversicherung im Sinne des § 5 ASVG ausgenommen und als geringfügig Beschäftigter in der Unfallversicherung teilversichert ist, wurde hierüber eine, zumindest mit den Mindestangaben ausgestattete, Meldung, bei der OÖ. Gebietskrankenkasse, 4020 Linz, Gruberstraße 77, als zuständiger Sozialversicherungsträger, nicht vor Aufnahme der Tätigkeit, erstattet."

 

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung, datiert mit 8. November 2011, welche am 8. März 2011 persönlich bei der belangten Behörde abgegeben wurde, folgenden Wortlauts: "Ich berufe gegen das Straferkenntnis vom 28.02.2011 und lege dazu ein Mail von Fr. X, Oö. GKK vor, in welchen der Freundschaftsdienst und die Unentgeltlichkeit der Personen anerkannt wird".

 

Die der Berufung beiliegende E-Mail der Oö. Gebietskrankenkasse vom 24. Juni 2010 lautet folgendermaßen: "In Bezug auf Ihre Stellungnahme teile ich Ihnen mit, dass der von Ihnen angeführte Freundschaftsdienst und die Unentgeltlichkeit der betreffenden Personen unsererseits anerkannt wird und der Strafantrag nicht weiter verfolgt wird" und war die Beantwortung folgenden Antrags des Steuerberaters des Bw: "Die Herren X X, X X, X X sind langjährige Freunde von Herrn X. Herr X hat sie gebeten ihm bei der Aufstellung einer Gartenhütte zu helfen, d.h. nicht im Gastgewerbe zu arbeiten. Diese kurze Mithilfe taten sie freiwillig und ohne Entgelt, also aus Gefälligkeit. Alle drei Personen sind langjährig in Österreich wohnhaft und traten Herrn X gegenüber immer als Personen mit Arbeitsverhältnis auf. Für die Mithilfe aus Gefälligkeit verweise ich auf Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes: VwGH 98/09/0199, VwGH 2004/09/0217 und VwGH 2007/09/0376. In Anbetracht der Umstände ersuchen wir von einer Pflichtanmeldung und eines Beitragszuschlages abzusehen".

 

3. Der Magistrat Wels hat mit Schreiben vom 17. März 2011 die Berufung samt bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates gegeben.

 

Da keine 2.000 Euro übersteigenden Geldstrafen verhängt wurden, ist der Unabhängige Verwaltungssenat zur Entscheidung durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Einzelmitglied berufen (§ 51c VStG).

 

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme. Eine öffentliche mündliche Verhandlung konnte gem. § 51e Abs.2 VStG entfallen, da bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass der mit der Berufung angefochtene Bescheid aufzuheben ist.

 

 

5. In einem Telefonat vom 1. Juli 2011 teilte die Oö. Gebietskrankenkasse dem Oö. Verwaltungssenat auf Anfrage mit, dass zur Weiterführung des Beitragszuschlagsverfahrens die Erhebungen der KIAB hinsichtlich des Vorliegens eines Beschäftigungsverhältnisses nicht ausreichend und zudem die Rechtfertigung des (Steuerberaters des) Bw glaubwürdig seien.

 

 

6. Folgender Sachverhalt steht fest:

Am 30. März 2010 wurden anlässlich einer Kontrolle durch die KIAB im Gastgartenbereich des Lokales "X Cafe Bar" in X die Herren X, X und X bei Arbeiten an der Überdachung eines Teiles des Gastgartens angetroffen. In seiner Einvernahme sagte der Bw im Wesentlichen aus, dass die Herren X und X unter seiner Anweisung bei der Montage von Holzstehern und Herr X beim Bodenschleifen geholfen hätten. Letzterer sei des Öfteren Gast im Lokal des Bw gewesen und habe zudem seinen Holzbodenschleifer angeboten. Betreffend der Entlohnung sei mit Herrn X noch keine Vereinbarung getroffen worden, der Bw erwarte aber, dass er die Arbeiten gratis mache. Die Herren X und X hätten als Entlohnung Essen und Getränke zur Verfügung gestellt erhalten.

 

Weitere Einvernahmen oder Erhebungen wurden nicht durchgeführt.

 

 

7. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

7.1. Gem. § 33 Abs.1 ASVG haben die Dienstgeber jede von ihnen beschäftigte, nach diesem Bundesgesetz in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person (Vollversicherte und Teilversicherte) vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden und binnen sieben Tagen nach dem Ende der Pflichtversicherung abzumelden. Die An(Ab)meldung durch den Dienstgeber wirkt auch für den Bereich der Unfall- und Pensionsversicherung, soweit die beschäftigte Person in diesen Versicherungen pflichtversichert ist.

 

§ 33 Abs.2 ASVG lautet:

Abs. 1 gilt für die nur in der Unfall- und Pensionsversicherung sowie für die nur in der Unfallversicherung nach § 7 Z 3 lit. a Pflichtversicherten mit der Maßgabe, dass die Meldungen beim Träger der Krankenversicherung, der beim Bestehen einer Krankenversicherung nach diesem Bundesgesetz für sie sachlich und örtlich zuständig wäre, zu erstatten sind.

 

Gem. § 111 Abs.1 ASVG handelt ordnungswidrig, wer als Dienstgeber oder sonstige nach § 36 meldepflichtige Person (Stelle) oder als bevollmächtigte Person nach § 35 Abs.3 entgegen den Vorschriften dieses Bundesgesetzes

1.    Meldungen oder Anzeigen nicht oder falsch oder nicht rechtzeitig erstattet oder

2.    Meldungsabschriften nicht oder nicht rechtzeitig weitergibt oder

3.    Auskünfte nicht oder falsch erteilt oder

4.    gehörig ausgewiesene Bedienstete der Versicherungsträger während der Betriebszeiten nicht in Geschäftsbücher, Belege und sonstige Aufzeichnungen, die für das Versicherungsverhältnis bedeutsam sind, einsehen lässt.

 

§ 111 Abs.2 ASVG besagt: Die Ordnungswidrigkeit nach Abs.1 ist von der Bezirksverwaltungsbehörde als Verwaltungsübertretung zu bestrafen, und zwar

-        mit Geldstrafe von 730 Euro bis zu 2.180 Euro, im Wiederholungsfall von 2.180 Euro bis zu 5.000 Euro,

-        bei Uneinbringlichkeit der Geldstrafe mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen,

sofern die Tat weder den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet noch nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist. Unbeschadet der §§ 20 und 21 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 kann die Bezirksverwaltungsbehörde bei erstmaligem ordnungswidrigen Handeln nach Abs.1 die Geldstrafe bis auf 365 Euro herabsetzen, wenn das Verschulden geringfügig und die Folgen unbedeutend sind.

 

7.2. Im vorliegenden Fall steht unbestritten fest, dass die Herren X, X und X bei Arbeiten an der Überdachung eines Teiles des Gastgartens der "X Cafe Bar" in X mitgewirkt haben. Laut Auskunft des Bw hat es sich dabei um einen unentgeltlichen Freundschaftsdienst (Gefälligkeit) der drei Herren gehandelt. Eine Entlohnung war mit den Herren X und X nicht vereinbart, Essen und Getränke sind zur Verfügung gestellt worden. Eine Entlohnung von Herrn X ist nicht in Aussicht gestellt worden, da der Bw von der unentgeltlichen Hilfe seines Bekannten (Stammgastes) ausgegangen ist.

 

Dem Unabhängigen Verwaltungssenat erscheinen diese Angaben des Bw schlüssig. Gegenteilige Feststellungen hat die KIAB im Zuge der Kontrolle nicht getroffen. Der Oö. Verwaltungssenat teilt deshalb die Ansicht der Oö. Gebietskrankenkasse in ihrer Stellungnahme vom 24. Juni 2010 und geht – im Zweifel – von der Richtigkeit der Angaben des Bw aus, wonach eine Beschäftigung der Herren X, X und X nicht vorgelegen ist, zumal gem. § 49 Abs. 3 Z12 und 13 ASVG freie oder verbilligte Mahlzeiten und Getränke nicht als Entgelt anzusehen sind. Da es sich somit nur um einen Gefälligkeitsdienst und nicht um eine Beschäftigung gehandelt hat, war der Bw sohin auch nicht dazu verpflichtet, die Herren beim zuständigen Sozialversicherungsträger anzumelden.

 

Da sohin kein tatbestandsmäßiges Verhalten iSd § 111 iVm § 33 Abs. 2 ASVG vorlag, war der vorliegenden Berufung gem. § 24 VStG iVm § 66 Abs. 4 AVG stattzugeben, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs. 1 VStG einzustellen.

 

 

8. Aufgrund der Einstellung des Strafverfahrens entfällt gem. § 66 Abs. 1 VStG auch die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

 

Mag. Thomas Kühberger

 

 

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