Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-252668/2/Gf/Mu

Linz, 25.07.2011

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mit­glied Dr. Grof über die Berufung des x gegen das Straferkenntnis des Bezirkshaupt­mannes von Gmunden vom 11. November 2010, Zl. SV96-158-2010, wegen einer Übertretung des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes zu Recht:

I. Der Berufung wird insoweit stattgegeben, als die verhängte Geldstrafe auf 500 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 77 Stunden
herabgesetzt wird; im Übrigen wird diese hingegen abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

II. Der Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde ermäßigt sich auf 50 Euro; bezüglich des Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat ist kein Kostenbeitrag zu leisten.

Rechtsgrundlage:

§ 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG; § 64 Abs. 1 und 2 VStG; § 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Gmunden vom 11. November 2010, Zl. SV96-158-2010, wurde gegen den Beschwerdeführer eine Geldstrafe in Höhe von 730 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 112 Stunden) verhängt, weil er es als Geschäftsführer einer Firma zu vertreten habe, dass er vom 25. bis zum 27. Juni und vom 16. bis zum 18. Juli 2010 in Pasching einen Dienstnehmer gegen Entgelt beschäftigt habe, ohne dass dieser zuvor beim zuständigen Sozialversicherungsträger angemeldet worden sei. Dadurch habe der Rechtsmittelwerber eine Übertretung des § 33 Abs. 1 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes, BGBl.Nr. 189/1955 in der im gegenständlichen Fall maßgeblichen Fassung BGBl.Nr. I 33/2009 (im Folgenden: ASVG), begangen, weshalb er nach § 111 Abs. 1 Z. 1 ASVG zu bestrafen gewesen sei.

Begründend wurde dazu im Wesentlichen ausgeführt, dass dieses dem
Beschwerdeführer angelastete deliktische Verhalten von Kontrollorganen des
Finanzamtes Linz festgestellt worden und daher als erwiesen anzusehen sei.

Im Zuge der Strafbemessung seien weder Milderungs- noch Erschwerungsgründe hervorgekommen; seine Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse seien mangels entsprechender Mitwirkung von Amts wegen zu schätzen gewesen.

1.2. Gegen dieses ihm am 17. November 2010 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 25. November 2010 – und damit rechtzeitig – per e‑mail eingebrachte  Berufung.

Darin wendet der Rechtsmittelwerber ein, dass die Aussage des bei der Kontrolle einvernommenen Beschäftigten insofern nicht zutreffen würde, als dieser nicht als sein Angestellter, sondern als eigenständige Unternehmer tätig geworden sei.

Daher wird – erschließbar – die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens beantragt.

2.1. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der BH Gmunden zu Zl. SV96-158-2010; da sich bereits aus diesem der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ, konnte im Übrigen gemäß § 51e VStG von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.

2.2. Im Rahmen dieser Beweisaufnahme wurde folgender entscheidungswesentlicher Sachverhalt festgestellt:

2.2.1. Am 18. Juli 2010 haben Aufsichtsorgane des Finanzamtes Linz im Zuge einer in der Parkgarage eines Einkaufszentrums in Pasching durchgeführten Kontrolle festgestellt, dass dort eine nicht zur Sozialversicherung angemeldete
Person anlässlich von Veranstaltungen am 27. Juni 2010 einerseits und zwischen dem 16. und dem 18. Juli 2010 andererseits jeweils für das Unternehmen des Rechtsmittelwerbers einen Wachdienst verrichtete und hierfür ein Entgelt von 140 Euro bzw. von 240 Euro erhalten hat.

2.2.2. Mit Schriftsatz vom 17. August 2010, Zl. 046/76077/2010, hat das
Finanzamt Linz eine entsprechende Anzeige erstattet und in dieser die Bestrafung des Rechtsmittelwerbers begehrt.

2.2.3. Auf die seitens der BH Gmunden ergangene Aufforderung zur Rechtfertigung vom 31. August 2010, Zl. SV96-158-2010, hin hat sich der Beschwerdeführer nicht geäußert.

 

2.3. Nach § 51c VStG hatte der Oö. Verwaltungssenat im gegenständlichen Fall – weil mit dem angefochtenen Straferkenntnis eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe nicht verhängt wurde – nicht durch eine Kammer, sondern durch ein Einzelmitglied zu entscheiden.

 

 

3. Über die vorliegende Beschwerde hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

 

3.1. Gemäß § 33 Abs. 1 ASVG haben die Dienstgeber jede von ihnen beschäftigte, nach dem ASVG in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person (Vollversicherte und Teilversicherte) vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden und binnen sieben Tagen nach dem Ende der Pflichtversicherung abzumelden.

 

Nach § 35 Abs. 1 ASVG gilt als Dienstgeber i.S.d. ASVG u.a. derjenige, für
dessen Rechnung jener Betrieb geführt wird, in dem der Dienstnehmer in einem Beschäftigungsverhältnis steht, auch wenn der Dienstgeber den Dienstnehmer durch Mittelspersonen in Dienst genommen hat oder ihn ganz oder teilweise auf Leistungen Dritter an Stelle des Entgeltes verweist. Dies gilt entsprechend auch für die gemäß § 4 Abs. 1 Z 3 pflichtversicherten, nicht als Dienstnehmer beschäftigten Personen.

 

Als Dienstnehmer i.S.d. ASVG ist nach § 4 Abs. 2 leg.cit. anzusehen, wer in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wird; hiezu gehören auch Personen, bei deren Beschäftigung die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegenüber den Merkmalen selbständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit überwiegen.

 

Gemäß § 4 Abs. 4 Z. 1 lit. a ASVG stehen den Dienstnehmern i.S.d. § 4 Abs. 2 ASVG u.a. Personen, die sich auf Grund freier Dienstverträge für einen Dienstgeber im Rahmen seines Geschäftsbetriebes auf bestimmte oder unbestimmte Zeit zur Erbringung von Dienstleistungen verpflichten, dann gleich, wenn sie aus dieser Tätigkeit ein Entgelt beziehen, die Dienstleistungen im wesentlichen persönlich erbringen und über keine wesentlichen eigenen Betriebsmittel verfügen, es sei denn, dass sie auf Grund dieser Tätigkeit bereits nach § 2 Abs. 1 Z 1 bis 3 GSVG versichert sind.

 

Gemäß § 111 Abs. 1 Z. 1 ASVG handelt u.a. derjenige ordnungswidrig, der als Dienstgeber entgegen den Vorschriften des ASVG Meldungen oder Anzeigen nicht oder falsch oder nicht rechtzeitig erstattet. Eine solche Ordnungswidrigkeit ist nach § 111 Abs. 2 ASVG von der Bezirksverwaltungsbehörde als Verwaltungsübertretung zu bestrafen, und zwar mit Geldstrafe von 730 Euro bis zu 2.180 Euro, im Wiederholungsfall von 2.180 Euro bis zu 5.000 Euro, bei Uneinbringlichkeit der Geldstrafe mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen, sofern die Tat weder den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet noch nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist.

 

In diesem Zusammenhang ist gemäß § 539a Abs. 1 ASVG für die Beurteilung von Sachverhalten nach diesem Bundesgesetz in wirtschaftlicher Betrachtungsweise der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes (zB Werkvertrag, Dienstvertrag) maßgebend.

 

3.2. Im gegenständlichen Fall wendet der Rechtsmittelwerber der Sache nach – bloß – ein, dass die bei der Kontrolle angetroffene Person "als selbständiger Einzelunternehmer einen Auftrag abgearbeitet" habe und daher weder ein Mitarbeiter oder Dienstnehmer des Beschwerdeführers noch von diesem in irgendeiner Weise abhängig gewesen sei.

 

Abgesehen davon, dass der damals Betretene im Zuge seiner niederschriftlichen Einvernahme am 18. Juli 2010 selbst in keiner Weise auch nur eine geringfügige Andeutung in diese Richtung anklingen ließ, wäre für den Beschwerdeführer aber auch selbst dann nichts gewonnen, wenn dieser Einwand zutreffen würde: Denn der Umstand, dass jemand ein selbständiger Unternehmer ist, schließt keineswegs von vornherein aus, dass er daneben hinsichtlich bestimmter - unternehmenstypischer oder "artfremder" – Tätigkeiten als Dienstnehmer für einen anderen Unternehmer fungiert, wenn und soweit diesbezüglich die Voraussetzungen des § 4 Abs. 2 ASVG erfüllt sind.

 

Anderes würde nur gelten, wenn die beschäftigte Person hinsichtlich der konkret von ihr erbrachten Dienstleistung bereits nach dem Gewerblichen Sozialversicherungsgesetz pflichtversichert gewesen wäre, weil insoweit die Ausnahmebestimmung des § 4 Abs. 4 Z. 1 lit. a ASVG zum Tragen käme, wonach gemäß GSVG pflichtversicherte Personen selbst dann, wenn sich diese auf Grund freier Dienstverträge für einen Dienstgeber im Rahmen seines Geschäftsbetriebes auf bestimmte oder unbestimmte Zeit zur Erbringung von Dienstleistungen verpflichten, schon ex lege nicht als Dienstnehmer i.S.d. § 4 Abs. 2 ASVG anzusehen sind.

 

Derartiges lag jedoch im gegenständlichen Fall – allseits unbestritten – nicht vor; vielmehr hat der bei der Kontrolle Betretene seine Leistung (Verrichtung eines Wachdienstes) über Vermittlung und Anweisung sowie gegen Entlohnung durch das Unternehmen des Beschwerdeführers und somit als dessen Dienstnehmer erbracht. 

3.3. Im Gegensatz zu dem mit h. Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. VwSen-252669, entschiedenen Fall ergibt sich aus der niederschriftlichen Aussage des Bediensteten vom 18. Juli 2010, dass er (ausschließlich) mit dem Rechtsmittelwerber – was von diesem auch gar nicht bestritten wird – in Kontakt und damit nach dem zuvor Ausgeführten in einer (Dienst-)Vertragsbeziehung (dass ein Werkvertrag bestanden hätte, wurde nämlich weder vorgebracht, geschweige denn eine entsprechende Vertragsurkunde vorgelegt – ganz abgesehen davon, dass die hier in Rede stehende Tätigkeit schon von vornherein nicht auf die
Herstellung eines spezifischer Fachkenntnisse bedürftigen Werkes gerichtet war) stand: vom ihm erhielt er sämtliche Anweisungen bezüglich Dienstzeit, Dienstort und Inhalt seiner Tätigkeit sowie auch die Entlohnung. Davon ausgehend, dass das Unternehmen des Beschwerdeführers zweifelsfrei nicht in Form einer juristischen Person geführt wird, ist es letztlich auch unerheblich, welche konkrete Funktion er in diesem bekleidet hat. Entscheidend ist letztlich nur, dass es – was auch der Rechtsmittelwerber gar nicht in Abrede stellt – offensichtlich zu seinen Befugnissen gehörte, im Bedarfsfall Dienstnehmer zu akquirieren und diese bezüglich ihrer konkreten Tätigkeit zu unterweisen sowie letztlich auch zu entlohnen.

Damit hat er aber tatbestandsmäßig im Sinne der Tatanlastung des Spruches des angefochtenen Straferkenntnisses und insoweit, als er es offensichtlich unterlassen hat, sich über die für einen Unternehmer bestehenden gesetzlichen Meldepflichten zu informieren, zumindest fahrlässig und damit schuldhaft gehandelt.

Seine Strafbarkeit ist daher gegeben.

3.4. Im Zuge der Strafbemessung hat die belangte Behörde einerseits nicht berücksichtigt, dass es sich gegenständlich i.S.d. § 111 Abs. 2 zweiter Satz ASVG um einen Erstfall handelt, und andererseits zu Unrecht die bisherige Unbescholtenheit des Rechtsmittelwerbers nicht als strafmildernd beurteilt. Dazu kommt, dass eine im Verhältnis zur geringen Komplexität des Falles überlange Verfahrensdauer nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte zwingend zu einer entsprechend deutlichen Herabsetzung des Strafausmaßes führen muss.

Davon ausgehend findet es der Oö. Verwaltungssenat daher unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des gegenständlichen Falles als in gleicher Weise tat- und schuldangemessen, die verhängte Geldstrafe auf 500 Euro sowie in Relation dazu gemäß § 16 Abs. 2 VStG die Ersatzfreiheitsstrafe auf 77 Stunden herabzusetzen.

3.5. Insoweit war der vorliegenden Berufung gemäß § 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG stattzugeben; im Übrigen war diese hingegen abzuweisen und das angefochtene Straferkenntnis zu bestätigen.

4. Bei diesem Verfahrensergebnis ermäßigt sich der Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde nach § 64 Abs. 1 und 2 VStG auf 50 Euro; für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat war dem Beschwerdeführer hingegen nach § 65 VStG kein Kostenbeitrag vorzuschreiben.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

Dr.  G r o f

 

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