Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-252773/2/Gf/Mu

Linz, 26.07.2011

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mit­glied Dr. Grof über die Berufung des x, vertreten durch die RAe x, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Steyr vom 11. März 2011, Zl. SV-33/10, wegen einer Übertretung des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes zu Recht:

I. Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

II. Der Berufungswerber hat weder einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch einen Kostenbeitrag für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat zu leisten.

Rechtsgrundlage:

§ 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG; § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG; § 66 Abs. 1 VStG.

 

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Steyr vom 11. März 2011, Zl. SV-33/10, wurde gegen den Beschwerdeführer eine Geldstrafe in Höhe von 750 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 96 Stunden; Verfahrenskostenbeitrag: 75 Euro) verhängt, weil er es als handelsrechtlicher Geschäftsführer einer GmbH zu vertreten habe, dass diese am 4. März 2010 einen Dienstnehmer mit dem Verlegen von Steinböden gegen Entgelt beschäftigt habe, ohne diesen zuvor beim zuständigen Sozialversicherungsträger angemeldet zu haben. Dadurch habe der Rechtsmittelwerber eine Übertretung des § 33 Abs. 1 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes, BGBl.Nr. 189/1955 in der im gegenständlichen Fall maßgeblichen Fassung BGBl.Nr. I 150/2009 (im Folgenden: ASVG), begangen, weshalb er nach § 111 Abs. 1 Z. 1 ASVG zu bestrafen gewesen sei.

Begründend wurde dazu im Wesentlichen ausgeführt, dass dieses dem
Beschwerdeführer angelastete deliktische Verhalten von Kontrollorganen des
Finanzamtes Grieskirchen-Wels festgestellt worden und daher als erwiesen anzusehen sei.

Im Zuge der Strafbemessung sei die bisherige Unbescholtenheit des Rechtsmittelwerbers als mildernd zu werten gewesen, während Erschwerungsgründe nicht hervorgekommen seien; seine Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse seien mangels entsprechender Mitwirkung von Amts wegen zu schätzen gewesen.

1.2. Gegen dieses ihm am 15. März 2011 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 24. März 2011 – und damit rechtzeitig – per Telefax eingebrachte  Berufung.

Darin wendet der Rechtsmittelwerber ein, dass jene zum Tatzeitpunkt angetroffene Person von einem anderen Dienstnehmer der GmbH ohne Wissen des
Beschwerdeführers mitgebracht und von ihm keinesfalls entlohnt worden sei. Daher treffe ihn hinsichtlich der ihm angelasteten Übertretung auch keinerlei Verschulden, zumal diesbezüglich jegliche nachvollziehbare Beweiswürdigung fehle. Schließlich liege objektiv besehen auch kein Nachweis dafür vor, dass die Betretene für seine am Kontrolltag durchgeführten Arbeiten eine über der
Geringfügigkeitsgrenze liegende Gegenleistung erhalten habe.

Daher wird die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens beantragt.

2.1. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt des Magistrates der Stadt Steyr zu Zl. SV-33/10; da sich bereits aus diesem der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ, konnte im Übrigen gemäß § 51e VStG von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.

 

2.2. Nach § 51c VStG hatte der Oö. Verwaltungssenat im gegenständlichen Fall – weil mit dem angefochtenen Straferkenntnis eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe nicht verhängt wurde – nicht durch eine Kammer, sondern durch ein Einzelmitglied zu entscheiden.

 

 

3. Über die vorliegende Beschwerde hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

 

3.1. Gemäß § 33 Abs. 1 ASVG haben die Dienstgeber jede von ihnen beschäftigte, nach dem ASVG in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person (Vollversicherte und Teilversicherte) vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden und binnen sieben Tagen nach dem Ende der Pflichtversicherung abzumelden.

 

Nach § 35 Abs. 1 ASVG gilt als Dienstgeber i.S. dieses Gesetzes u.a. derjenige, für dessen Rechnung jener Betrieb geführt wird, in dem der Dienstnehmer in
einem Beschäftigungsverhältnis steht, auch wenn der Dienstgeber den Dienstnehmer durch Mittelspersonen in Dienst genommen hat oder ihn ganz oder teilweise auf Leistungen Dritter an Stelle des Entgeltes verweist. Dies gilt entsprechend auch für die gemäß § 4 Abs. 1 Z 3 ASVG pflichtversicherten, nicht als Dienstnehmer beschäftigten Personen.

 

Als Dienstnehmer ist nach § 4 Abs. 2 ASVG anzusehen, wer in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wird; hiezu gehören auch Personen, bei deren Beschäftigung die Merkmale persön­licher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegenüber den Merkmalen selbständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit überwiegen.

 

Gemäß § 4 Abs. 4 Z. 1 lit. a ASVG stehen den Dienstnehmern i.S.d. § 4 Abs. 2 ASVG u.a. Personen, die sich auf Grund freier Dienstverträge für einen Dienst­geber im Rahmen seines Geschäftsbetriebes auf bestimmte oder unbestimmte Zeit zur Erbringung von Dienstleistungen verpflichten, dann gleich, wenn sie aus dieser Tätigkeit ein Entgelt beziehen, die Dienstleistungen im wesentlichen
persönlich erbringen und über keine wesentlichen eigenen Betriebsmittel ver­fügen, es sei denn, dass sie auf Grund dieser Tätigkeit bereits nach § 2 Abs. 1 Z 1 bis 3 GSVG versichert sind.

 

Gemäß § 111 Abs. 1 Z. 1 ASVG handelt u.a. derjenige ordnungswidrig, der als Dienstgeber entgegen den Vorschriften des ASVG Meldungen oder Anzeigen nicht oder falsch oder nicht rechtzeitig erstattet. Eine solche Ordnungswidrigkeit ist nach § 111 Abs. 2 ASVG von der Bezirksverwaltungsbehörde als Verwaltungsübertretung zu bestrafen, und zwar mit Geldstrafe von 730 Euro bis zu 2.180 Euro, im Wiederholungsfall von 2.180 Euro bis zu 5.000 Euro, bei Uneinbringlichkeit der Geldstrafe mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen, sofern die Tat weder den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden straf­baren Handlung bildet noch nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist.

 

In diesem Zusammenhang ist gemäß § 539a Abs. 1 ASVG für die Beurteilung von Sachverhalten nach diesem Bundesgesetz in wirtschaftlicher Betrachtungsweise der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes (zB Werkvertrag, Dienstvertrag) maßgebend.

 

3.2. Im gegenständlichen Fall geht aus der Anzeige des Finanzamtes Gries­kirchen-Wels vom 15. April 2010, Zl. 054/74074/2010, hervor, dass am 4. März 2010 um 15:55 Uhr ein Firmenbus der GmbH des Beschwerdeführers "im Zuge von KFZ-Anhaltungen von der PI Grieskirchen angehalten" und in der Folge von Organen der KIAB eine Kontrolle durchgeführt wurde. In deren Zuge habe die im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses angeführte Person angegeben, seit 6:00 Uhr früh "für die ..... GmbH tätig zu sein" und mit zwei anderen Dienst­nehmern dieser GmbH "in der Nähe von Ort im Innkreis bis ca. 15:55 Uhr Steinboden verlegt zu haben".

 

Dem gegenüber ist im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses nicht diese Baustelle, sondern der Ort der Betretung durch die Kontrollorgane der Polizei­inspektion bzw. der KIAB – nämlich: "B 137 im Bereich von Schlüßlberg" – als Tatort angeführt. Auch in der Begründung des Straferkenntnisses wird der tatsächliche Beschäftigungsort (Ort im Innkreis) nicht genannt, sodass dieses schon insoweit an einem wegen zwischenzeitlich eingetretener Verfolgungsverjährung unheilbaren Mangel i.S.d. § 44a Z. 1 VStG leidet.

 

3.3. Davon abgesehen trifft es zwar zu, dass der handelsrechtliche Geschäftsführer einer GmbH gemäß § 9 VStG auch insofern verwaltungsstrafrechtlich verantwortlich ist, als er durch ein entsprechend effizientes Kontrollsystem sicherzustellen hat, dass gerade Übertretungen des ASVG dadurch, dass seine Dienstnehmer ohne sein Wissen auch nicht zur Sozialversicherung angemeldete unternehmensfremde Personen dazu veranlassen, entsprechende Arbeiten auf einer Baustelle der GmbH durchzuführen, hintangehalten werden.

 

Wenngleich dem Beschwerdeführer die ihm angelastete Tat sonach grundsätzlich verwaltungsstrafrechtlich zurechenbar wäre, so ist sein Verschulden unter den hier konkret gegebenen Umständen deshalb äußerst gering geblieben, weil ihm lediglich ein Tatzeitraum von ca. 9 Stunden zur Last gelegt wurde und bei realitätsnaher Betrachtung auch ein an sich wirksames Kontrollsystem nicht zu
gewährleisten vermag, dass auch kurzfristige Zuwiderhandlungen kategorisch ausgeschlossen sind.

 

Davon ausgehend wäre unter zusätzlicher Berücksichtigung des Umstandes, dass es sich hier um einen Erstfall i.S.d. § 111 Abs. 2 zweiter Satz ASVG handelte und die bisherige Unbescholtenheit des Rechtsmittelwerbers sowie die angesichts geringer Komplexität insgesamt überlange Verfahrensdauer als strafmildernd zu berücksichtigen gewesen wären, ohnehin anstelle der Verhängung einer Geldstrafe eher die Erteilung einer bloßen Ermahnung angezeigt gewesen.

 

3.4. Ungeachtet dessen war der vorliegenden Berufung jedenfalls aus dem unter 3.2. angeführten Grund gemäß § 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG stattzugeben, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG einzustellen.

4. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Berufungs­werber nach § 66 Abs. 1 VStG weder ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch ein Kostenbeitrag für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat vorzuschreiben.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

Dr.  G r o f

 

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