Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-252802/2/Gf/Mu

Linz, 27.07.2011

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mit­glied Dr. Grof über die Berufung des x, vertreten durch RA x, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Wels-Land vom 4. April 2011, Zl. SV96-32-2010/La, wegen einer Übertretung des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes zu Recht:

I. Der Berufung wird insoweit stattgegeben, als von der Verhängung einer Geldstrafe abgesehen und stattdessen bloß eine Ermahnung erteilt wird; im Übrigen wird diese hingegen abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

II. Der Berufungswerber hat weder einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch einen Kostenbeitrag für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat zu leisten.

Rechtsgrundlage:

§ 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG; § 21 VStG; § 66 Abs. 1 VStG.

 

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Wels-Land vom 4. April 2011, Zl. SV96-32-2010/La, wurde gegen den Beschwerdeführer eine Geldstrafe in Höhe von 365 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 11 Stunden; Verfahrenskostenbeitrag: 36,50 Euro) verhängt, weil er es als unbeschränkt haftender Gesellschafter und damit als außenvertretungsbefugtes Organ einer KG zu vertreten habe, dass diese am 21. September 2009 zwei Personen auf einer Baustelle in Kematen beschäftigt habe, ohne dass jene zuvor beim zuständigen Sozialversicherungsträger angemeldet worden seien. Dadurch habe er eine Übertretung des § 33 Abs. 1 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes, BGBl.Nr. 189/1955 in der im
gegenständlichen Fall maßgeblichen Fassung BGBl.Nr. I 33/2009 (im Folgenden: ASVG), begangen, weshalb er nach § 111 Abs. 2 ASVG zu bestrafen gewesen sei.

Begründend wurde dazu im Wesentlichen ausgeführt, dass dem Rechtsmittelwerber angelastete deliktische Verhalten auf Grund der Wahrnehmungen der im Zuge einer Betriebskontrolle einschreitenden Organe des Finanzamtes Grieskirchen-Wels als erwiesen anzusehen sei.

Im Zuge der Strafbemessung sei die bisherige Unbescholtenheit des Beschwerdeführers als mildernd zu werten gewesen, während Erschwerungsgründe nicht hervorgekommen seien. Seine Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse seien mangels entsprechender Mitwirkung vom Amts wegen zu schätzen gewesen.

1.2. Gegen dieses ihm 7. April 2011 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 11. April 2011 – und damit rechtzeitig – per Telefax eingebrachte Berufung.

Darin führt der Rechtsmittelwerber aus, dass er mit den beiden auf der Baustelle angetroffenen Personen vereinbart habe, dass sich diese zunächst bloß über die von ihnen auszuführenden Arbeiten hätten kundig machen sollen und mit deren Ausführung keinesfalls ohne vorangehende Rücksprache mit ihm hätten beginnen dürfen. Außerdem sei insoweit Verjährung eingetreten, als die belangte Behörde seit Ende des Jahres 2009 keine Verfolgungshandlung mehr durchgeführt habe.

Daher wird die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens beantragt.

2.1. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der BH Wels-Land zu Zl. SV96-32-2010/La; da sich bereits aus diesem der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ, konnte im Übrigen gemäß § 51e VStG von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.

 

2.2. Nach § 51c VStG hatte der Oö. Verwaltungssenat im gegenständlichen Fall – weil mit dem angefochtenen Straferkenntnis eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe nicht verhängt wurde – nicht durch eine Kammer, sondern durch ein Einzelmitglied zu entscheiden.

 

 


3. Über die vorliegende Beschwerde hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

 

3.1. Gemäß § 33 Abs. 1 ASVG haben die Dienstgeber jede von ihnen beschäftigte, nach dem ASVG in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person (Vollversicherte und Teilversicherte) vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden und binnen sieben Tagen nach dem Ende der Pflichtversicherung abzumelden.

 

Nach § 35 Abs. 1 ASVG gilt als Dienstgeber u.a. derjenige, für des­sen Rechnung jener Betrieb geführt wird, in dem der Dienstnehmer in einem Beschäftigungsverhältnis steht, auch wenn der Dienstgeber den Dienstnehmer durch Mittelspersonen in Dienst genommen hat oder ihn ganz oder teilweise auf Leistungen Dritter an Stelle des Entgeltes verweist. Dies gilt entsprechend auch für die gemäß § 4 Abs. 1 Z 3 ASVG pflichtversicherten, nicht als Dienstnehmer beschäftigten Personen.

 

Als Dienstnehmer ist nach § 4 Abs. 2 ASVG anzusehen, wer in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wird; hiezu gehören auch Personen, bei deren Beschäftigung die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegenüber den Merkmalen selbständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit überwiegen.

 

Gemäß § 4 Abs. 4 Z. 1 lit. a ASVG stehen den Dienstnehmern i.S.d. § 4 Abs. 2 ASVG u.a. Personen, die sich auf Grund freier Dienstverträge für einen Dienstgeber im Rahmen seines Geschäftsbetriebes auf bestimmte oder unbestimmte Zeit zur Erbringung von Dienstleistungen verpflichten, dann gleich, wenn sie aus dieser Tätigkeit ein Entgelt beziehen, die Dienstleistungen im wesentlichen persönlich erbringen und über keine wesentlichen eigenen Betriebsmittel verfügen, es sei denn, dass sie auf Grund dieser Tätigkeit bereits nach § 2 Abs. 1 Z 1 bis 3 GSVG versichert sind.

 

Gemäß § 111 Abs. 1 Z. 1 ASVG handelt u.a. derjenige ordnungswidrig, der als Dienstgeber entgegen den Vorschriften des ASVG Meldungen oder Anzeigen nicht oder falsch oder nicht rechtzeitig erstattet. Eine solche Ordnungswidrigkeit ist nach § 111 Abs. 2 ASVG von der Bezirksverwaltungsbehörde als Verwaltungsübertretung zu bestrafen, und zwar mit Geldstrafe von 730 Euro bis zu 2.180 Euro, im Wiederholungsfall von 2.180 Euro bis zu 5.000 Euro, bei Uneinbringlichkeit der Geldstrafe mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen, sofern die Tat weder den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet noch nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist.

 

In diesem Zusammenhang ist gemäß § 539a Abs. 1 ASVG für die Beurteilung von Sachverhalten nach diesem Bundesgesetz in wirtschaftlicher Betrachtungsweise der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes (zB Werkvertrag, Dienstvertrag) maßgebend.

 

3.2. Bezüglich seines formalen Einwandes, dass im gegenständlichen Fall bereits deshalb Verjährung eingetreten sei, weil die belangte Behörde seit Ende des Jahres 2009 keine Verfolgungshandlung mehr durchgeführt habe, übersieht der Rechtsmittelwerber, dass die Verjährungsfrist des § 31 Abs. 2 VStG – die im Übrigen bezüglich Übertretungen des ASVG nicht bloß 6 Monate, sondern 1 Jahr beträgt (vgl. § 111 Abs. 3 ASVG) – bereits dann gehemmt wird, wenn die Behörde innerhalb derselben eine Verfolgungshandlung i.S.d. § 32 Abs. 2 VStG gesetzt hat. Da die ursprünglich zuständige Behörde im vorliegenden Fall dem Beschwerdeführer schon knapp 3 Wochen nach dem Tatzeitpunkt, nämlich am 14. Oktober 2009, eine dementsprechende "Aufforderung zur Rechtfertigung" zugestellt hat, wurde bereits dadurch der Eintritt der Verfolgungsverjährung
hintangehalten; dass im weiteren Verfahren der nächste nach außen hin – und damit auch für den Rechtsmittelwerber – erkennbare behördliche Akt erst ca. 11/2 Jahre später gesetzt wurde (nämlich in Gestalt der Erlassung des angefochtenen Straferkenntnisses), hat demgemäß keinen Einfluss auf die bereits eingetretene Hemmung der Verfolgungsverjährung (siehe zur überlangen Verfahrensdauer jedoch unten, 3.5.). 

 

3.3. Als i.S.d. § 9 VStG zur Vertretung nach außen befugtes Organ ist der Rechtsmittelwerber v.a. dazu verpflichtet, für jene Bereiche seines Unternehmens, bezüglich derer er nicht (ständig) persönlich vor Ort sein kann, ein derart effizientes Kontrollsystem einzurichten, das die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften mit gutem Grund erwarten lässt. Diesem Anspruch genügt insbesondere die Erteilung von Verhaltensvorschriften sowie deren allenfalls bloß stichprobenartige Kontrolle o.Ä. nicht.

 

Selbst wenn man daher die Verantwortung des Beschwerdeführers dahin, dass "niemals ..... vereinbart" gewesen sei, dass die beiden im Zuge der Kontrolle auf der Baustelle angetroffenen Dienstnehmer "ohne Rücksprache mit dem Beschuldigten am 21.09.2009 mit ihrer Arbeitstätigkeit beginnen sollten" (vgl. seine Rechtfertigung vom 4. Dezember 2009, S. 3), als zutreffend unterstellt, so ist damit für den Rechtsmittelwerber nichts gewonnen, weil das dementsprechende Zuwiderhandeln der beiden Arbeiter nur die faktische Ineffizienz seines Kontrollsystems belegen würde. Abgesehen davon, dass der Beschwerdeführer selbst gar nicht vorgebracht hat, dass in seinem Betrieb ein derartiges Kontrollsystem bestehen würde, soll dieses regelmäßig gerade sicherstellen, dass Untergebene den Anordnungen des Dienstgebers nicht eigenmächtig zuwiderhandeln. Derartiges liegt jedoch zweifelsfrei dann vor, wenn – wie hier – Dienstnehmer mit der Ausführung ihrer Arbeit beginnen, obwohl diesbezüglich ausbedungen war, dass dies erst nach vorangehender Rücksprache und Erlaubnis des Rechtsmittelwerbers zulässig ist.

 

3.4. Wenngleich dem Beschwerdeführer die ihm angelastete Tat sonach grundsätzlich verwaltungsstrafrechtlich zurechenbar ist, so ist sein Verschulden unter den hier konkret gegebenen Umständen deshalb äußerst gering geblieben, weil ihm lediglich ein Tatzeitraum von ca. 2 Stunden (vgl. die Niederschrift des Finanzamtes Grieskirchen-Wels vom 21. März 2009, S. 3: von 11:30 bis 13:15 Uhr) zur Last gelegt wurde und bei realitätsnaher Betrachtung auch ein an sich wirksames Kontrollsystem nicht zu gewährleisten vermag, dass selbst kurzfristige Zuwiderhandlungen kategorisch ausgeschlossen sind.

 

3.5. Davon ausgehend findet es der Oö. Verwaltungssenat unter zusätzlicher Berücksichtigung des Umstandes, dass es sich hier um einen Erstfall i.S.d. § 111 Abs. 2 zweiter Satz ASVG handelte und die bisherige Unbescholtenheit des Rechtsmittelwerbers ebenso sowie die angesichts geringer Komplexität insgesamt überlange Verfahrensdauer als strafmildernd zu berücksichtigen war, als in gleicher Weise tat- und schuldangemessen, anstelle der Verhängung einer Geldstrafe bloß eine Ermahnung zu erteilen (vgl. in diesem Sinne bereits VwSen-252773 vom 26. Juli 2011).

 

3.6. Insoweit war daher der gegenständlichen Berufung gemäß § 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG stattzugeben; im Übrigen war diese hingegen abzuweisen und das angefochtene Straferkenntnis zu bestätigen.

 

4. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Beschwerdeführer gemäß § 66 Abs. 1 VStG weder ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch ein Kostenbeitrag zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat vorzuschreiben.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

Dr.  G r o f

 

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