Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-110792/36/Kl/Rd/Pe

Linz, 21.06.2011

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Dr. Ilse Klempt über die Berufung des x, vertreten durch Rechtsanwalt x, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 13.6.2007, VerkGe96-69-1-2007, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem Güterbeförderungsgesetz nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 9.4.2008, zu Recht erkannt:

 

I.       Der Berufung wird insofern Folge gegeben, als die verhängte Geldstrafe           auf 800 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 40 Stunden herabgesetzt           wird. Im Übrigen wird der Berufung keine Folge gegeben und das           angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

 

II.      Der Kostenbeitrag zum Verfahren erster Instanz ermäßigt sich auf           80 Euro. Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung eines Kostenbeitrages           zum Berufungsverfahren.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I: § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG iVm §§ 24, 5, 19, 20 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG.

zu II: §§ 64 Abs.1 und § 65 VStG.

 

Entscheidungsgründe:

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 13.6.2007, VerkGe96-69-1-2007, wurde über den Berufungswerber eine Geldstrafe von 1.453 Euro, Ersatzfreiheitsstrafe von 67 Stunden, wegen einer Verwaltungsüber­tretung gemäß § 23 Abs.1 Z8 GütbefG iVm Art.3 Abs.1 der Verordnung (EWG) Nr. 881/92 idFd Verordnung (EG) Nr. 484/2002 verhängt, weil er als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit gemäß § 9 Abs.1 VStG zur Vertretung nach außen Berufener der x GmbH (Unternehmer) mit dem Sitz in x, am 14.4.2007 gegen 10.10 Uhr auf der Innkreisautobahn A8 bei Strkm 75,300, Gemeindegebiet Suben, mit dem Sattelzugfahrzeug mit dem deutschen Kennzeichen x und dem Sattelanhänger mit dem deutschen Kennzeichen x, deren Summe der höchsten zulässigen Gesamtgewichte insgesamt 3.500 kg überstiegen hat, Zulassungsbesitzer des Zugfahrzeuges: x GmbH, x, Lenker: x, welcher Staatsangehöriger eines Drittstaats (Staatsbürgerschaft: Türkei) ist, eine gewerbsmäßige Beförderung von Gütern (10.039 kg Textilien) von der Türkei durch Österreich mit einem Zielort in Deutschland (grenzüberschreitender gewerblicher Güterkraftverkehr) durchgeführt hat, ohne dafür gesorgt zu haben, dass die gemäß der Verordnung (EWG) Nr. 881/92 erforderliche Fahrerbescheinigung mitgeführt wurde.

 

Der dagegen eingebrachten Berufung wurde mit Erkenntnis des Oö. Verwaltungssenates vom 22.4.2008, VwSen-110792/26/Kl/Rd/Sta, insofern Folge gegeben, als die verhängte Geldstrafe auf 800 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 40 Stunden herabgesetzt wurde.

 

2. Mit Erkenntnis vom 26.4.2011, Zl. 2008/03/0079-6, hat der Verwaltungsge­richts­hof den Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben. Begründend führt der Verwaltungsgerichtshof zur Behebung des in Beschwerde gezogenen Erkenntnisses des Oö. Verwaltungssenates Nachstehendes aus:

 

"Der Beschwerdeführer hatte bereits in der Berufung geltend gemacht, die verfahrensgegenständliche Güterbeförderung sei nicht unter Einsatz einer Gemeinschaftslizenz, sondern einer CEMT-Genehmigung durchgeführt worden, weshalb der ihm angelastete Tatvorwurf, er habe entgegen der Verordnung (EWG) Nr. 881/92 nicht dafür gesorgt, dass eine Fahrerbescheinigung mitgeführt werde, unberechtigt sei.

Diesem Vorbringen kam insofern Relevanz zu, als die Verpflichtung zum Mitführen einer Fahrerbescheinigung gemäß Art.3 Abs.1 der Verordnung (EWG) Nr. 881/92 nur bei Verwendung einer Gemeinschaftslizenz besteht. Wird hingegen – wie vom Beschwerdeführer vorgebracht – die Beförderung im Rahmen einer CEMT-Genehmigung durchgeführt (§ 7 Abs.1 Z2 GütbefG), trifft den Unternehmer zwar auch gemäß § 9 Abs.1 GütbefG die Verpflichtung, dafür zu sorgen, dass die Nachweise über die betreffende Berechtigung mitgeführt werden. Er hätte dann aber für das Mitführen eines Nachweises über die erteilte CEMT-Genehmigung zu sorgen; für eine Verpflichtung, für das Mitführen einer Gemeinschaftslizenz samt Fahrerbescheinigung zu sorgen (letzteres unterlassen zu haben, wurde dem Beschwerdeführer im Grunde des § 23 Abs.1 Z8 GütbefG vorgeworfen), besteht dann kein Raum (vgl. das hg Erkenntnis vom 1. Juli 2009, Ul 2007/03/0077).

Vor diesem Hintergrund wäre die belangte Behörde verpflichtet gewesen, zum entscheidenden Thema, auf Basis welcher der in § 7 Abs.1 Z1 bis Z4 GütbefG genannten, alternativ für die Zulässigkeit der gewerbsmäßigen Beförderung von Gütern über die Grenze geltenden Berechtigungen die verfahrensgegenständliche Beförderung durchgeführt wurde, klare und widerspruchsfreie Feststellungen zu treffen. Dem ist sie nicht nachgekommen:

Die belangte Behörde legt zwar – im Rahmen der rechtlichen Beurteilung – ihre Auffassung dar, der Beschwerdeführer habe die Güterbeförderung 'mittels einer Gemeinschaftslizenz durchführen lassen', geht aber gleichzeitig – im Rahmen ihrer Erwägungen zur Strafbemessung – davon aus, es sei 'die Beförderung an sich inhaltlich in Entsprechung der einschlägigen Bestimmungen durchgeführt worden'; nur sei dieser Umstand anlässlich der Kontrolle 'nicht hervorgetreten'. Dem entsprechen ihre Erwägungen im Rahmen der Beurteilung des vom Beschwerdeführer dargelegten Kontrollsystems, wo die belangte Behörde ausführt, der Lenker hätte offenbar den wesentlichen Unterschied zwischen Gemeinschaftslizenz und CEMT-Genehmigung nicht gekannt, da er ansonsten 'von sich aus die CEMT-Genehmigung samt Fahrtenberichtsheft und nicht die Gemeinschaftslizenz vorgezeigt' hätte. Auch diese Ausführungen machen deutlich, dass die belangte Behörde davon ausging, es sei ohnedies bei der verfahrensgegenständlichen Beförderung die CEMT-Genehmigung verwendet und mitgeführt worden.

Traf dies zu, ist der Vorwurf an den Beschwerdeführer, er habe nicht dafür gesorgt, dass eine Fahrerbescheinigung mitgeführt werde, wie auch die Nennung der Strafnorm des § 23 Abs.1 Z8 GütbefG verfehlt.

 

Klarzustellen ist in diesem Zusammenhang überdies Folgendes:

Das durch § 23 Abs.1 Z8 GütbefG pönalisierte Verhalten des Unternehmers, der eine Güterbeförderung durch Österreich veranlasst, besteht darin, nicht dafür zu sorgen, dass die erforderlichen Gemeinschaftslizenzen bzw Fahrerbescheini­gungen mitgeführt werden.

Dem gegenüber richtet sich die Strafbestimmung des § 23 Abs.2 GütbefG an den Lenker, der '§ 9 Abs.2 zuwider handelt' (Z2) bzw 'eine gemäß der Verordnung (EWG) Nr. 881/92 erforderliche Gemeinschaftslizenz und Fahrerbescheinigung nicht mitführt oder auf Verlangen der Kontrollorgane nicht vorweist' (Z4). Wird der erforderliche Nachweis zwar im Kraftfahrzeug mitgeführt, den Aufsichts­organen auf Verlangen aber nicht ausgehändigt, verantwortet zwar der Lenker einen Verstoß gegen § 23 Abs.2 Z2 oder 4 GütbefG, nicht aber der Unternehmer einen Verstoß gegen § 23 Abs.1 Z8 GütbefG (vgl. das hg Erkenntnis vom 27. Mai 2010, Zl. 2008/03/0056)." 

 

3. Der Oö. Verwaltungssenat hat – gestützt auf die Beweisaufnahme im ersten Rechtsgang, insbesondere auf die öffentliche mündliche Verhandlung am 9.4.2008, an der der Rechtsvertreter des Bw teilgenommen hat und der Meldungsleger als Zeuge einvernommen wurde – auch im zweiten Rechtsgang nachstehenden Sachverhalt als erwiesen seiner Entscheidung zugrunde gelegt:

 

Am 14.4.2007 wurde eine grenzüberschreitende gewerbsmäßige Güterbeförde­rung, und zwar von der Türkei durch Österreich mit einem Zielort in Deutschland, durch den Lenker x für die x GmbH mit Sitz in x, deren handelsrechtlicher Geschäftsführer der Berufungswerber ist, durchgeführt. Bei der Amtshandlung gegen 10.00 Uhr des obigen Tattages wies der Lenker eine auf die Firma x GmbH ausgestellte gültige Gemeinschaftslizenz x vor. Eine Fahrerbescheinigung sowie eine CEMT-Genehmigung wurden nicht vorgewiesen. Anlässlich der Amtshandlung äußerte sich der Lenker den Kontrollbeamten gegenüber, dass er keine Fahrerbescheinigung mitführe; vermutlich befinde sich diese zu Hause bei seiner Firma. Diese Äußerung bestätigte der Lenker auch in seiner schriftlichen Stellungnahme vom 12.9.2007.

Für den genannten Lenker bestand eine gültige Fahrerbescheinigung vom 16.11.2006, gültig bis 31.5.2007. Die im Zuge des Strafverfahrens vom Berufungswerber vorgelegte CEMT-Genehmigung mit der Nr. x, gültig vom 1.1.2007 bis 31.12.2007, wurde zum Zeitpunkt der Kontrolle am 14.4.2007 nicht vorgewiesen. Diese wurde – ersichtlich aus einer im Verfahren vorgelegten Kopie des Fahrtenbuches – für die Fahrt vom 10.4. bis 16.4.2007 von Gorlu nach Nürnberg, abgestempelt am 10.4.2007 in Kapikule, verwendet. Auch das Fahrtenbuch wurde nicht vorgewiesen.

Vom Rechtsvertreter wurden die persönlichen Vermögensverhältnisse des Berufungswerbers unter Vorlage entsprechender Unterlagen dahingehend dargelegt, dass der Berufungswerber über ein Einkommen von 500 Euro (Entschädigung als Liquidator) aufgrund der Auflösung der Gesellschaft verfüge.     

 

3.1. Diese Feststellungen gründen sich auf die glaubwürdigen Aussagen des zeugenschaftlich einvernommenen Meldungslegers, welcher angab, dass er bei Kontrollen grundsätzlich alle Papiere, zB Führerschein, Schaublätter, Genehmigungen usw verlange. Bei der gegenständlichen Kontrolle seien ihm Frachtpapiere und die EU-Lizenz vorgelegt worden, von denen auch Kopien angefertigt worden seien. Er habe den Lenker nach einer CEMT-Genehmigung gefragt. Der Lenker konnte jedoch keine vorweisen. Wäre eine CEMT-Genehmigung vorgewiesen worden, unabhängig davon, ob diese gültig oder ungültig gewesen sei, wäre vom Meldungsleger eine Kopie angefertigt und der Anzeige angeschlossen worden. Die bei der Verhandlung vorgewiesene CEMT-Genehmigung sei  dem Meldungsleger nicht vorgelegt worden. Der Lenker habe auch keine Rücksprache mit seiner Firma gehalten. Der Lenker habe auch nicht ausdrücklich darauf hingewiesen, dass er den gegenständlichen Gütertransport mittels CEMT-Genehmigung durchführe. Dieser Umstand wäre vom Meldungsleger auch in der Anzeige vermerkt worden. Der Meldungsleger führte weiters aus, dass es in der Praxis sehr selten bzw so gut wie gar nicht vorkomme, dass eine CEMT-Genehmigung, die für Österreich gültig ist, vorliege, wenn eine Gemeinschaftslizenz mitgeführt werde.

Bei Anhaltungen werde immer nach der CEMT-Genehmigung gefragt, da eine solche die Fahrerbescheinigung ersetzen und es in der Folge zu keiner Anzeige kommen würde. Bei Verständigungsproblemen werden den Lenkern Farbkopien der vorzulegenden Urkunden gezeigt, um etwaige Unklarheiten auszuräumen. Der Lenker habe beim Meldungsleger auch nicht den Eindruck erweckt, dass ihm nicht klar gewesen sei, was er genau vorzuweisen habe. Diese Vorgehensweise unterstützt die Glaubwürdigkeit der Aussagen des Meldungslegers.

Der als Zeuge geladene Lenker ist zur Verhandlung nicht erschienen. Eine Vollstreckung in das Ausland ist nicht möglich.

 

4. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

4.1. Gemäß § 7 Abs.1 GütbefG ist die gewerbsmäßige Beförderung von Gütern mit Kraftfahrzeugen von Orten, die außerhalb des Bundesgebietes liegen, in das Bundesgebiet oder durch das Bundesgebiet hindurch, oder von innerhalb des Bundesgebietes liegenden Orten in das Ausland außer Inhabern von Konzessionen nach § 2 auch Unternehmern gestattet, die nach den im Staat des Standortes ihres Unternehmens geltenden Vorschriften zur Beförderung von Gütern mit Kraftfahrzeugen befugt sind und Inhaber einer der folgenden Berechtigungen sind:

1)       Gemeinschaftslizenz gemäß der Verordnung (EWG) Nr. 881/92,

2)       Genehmigung aufgrund der Resolution des Rates der Europäischen           Konferenz der Verkehrsminister (CEMT) vom 14.6.1973,

3)       Bewilligung des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie           für den Verkehr nach, durch oder aus Österreich,

4)       aufgrund zwischenstaatlicher Abkommen vergebene Genehmigung des           Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie.

 

Gemäß § 25 Abs.2 GütbefG ist, soweit in diesem Bundesgesetz auf die Verordnung (EWG) Nr. 881/92 verwiesen wird, die Verordnung (EWG) Nr. 881/92 des Rates vom 26.3.1992 über den Zugang zum Güterkraftver­kehrsmarkt in der Gemeinschaft für Beförderungen aus oder nach einem Mitgliedstaat oder durch einen oder mehrere Mitgliedstaaten, ABl L95 vom 9.4.1992, S.1, geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 484/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 1.3.2002, ABl. L76 vom 19.3.2002, S.1., … anzuwenden.

 

Gemäß Art.3 Abs.1 der Verordnung (EWG) Nr. 881/92 idFd Verordnung (EG) Nr. 484/2002 unterliegt der grenzüberschreitende Verkehr einer Gemeinschaftslizenz in Verbindung – sofern der Fahrer Staatsangehöriger eines Drittstaates ist – mit einer Fahrerbescheinigung.

 

Gemäß Art.3 Abs.3 der obzit. Verordnung wird die Fahrerbescheinigung von einem Mitgliedstaat gemäß Art.6 jedem Verkehrsunternehmer ausgestellt, der Inhaber einer Gemeinschaftslizenz ist und der in diesem Mitgliedstaat Fahrer, die Staatsangehörige eines Drittlandes sind, rechtmäßig beschäftigt oder Fahrer rechtmäßig einsetzt, die Staatsangehörige eines Drittstaates sind und ihm als Arbeitskraft gemäß den Bestimmungen zur Verfügung gestellt werden, die in diesem Mitgliedstaat für die Beschäftigung und die Berufsausbildung von Fahrern durch Rechts- und Verwaltungsvorschriften und gegebenenfalls Tarifverträge nach den in diesem Mitgliedstaat geltenden Vorschriften festgelegt wurden.

 

Gemäß § 23 Abs.1 Z8 GütbefG begeht, abgesehen von gemäß dem V. Hauptstück der GewO 1994 zu ahndenden Verwaltungsübertretungen, eine Verwaltungsübertretung, die mit einer Geldstrafe bis zu 7.267 Euro zu ahnden ist, wer als Unternehmer nicht dafür sorgt, dass die gemäß der Verordnung (EWG) Nr. 881/92 erforderlichen Gemeinschaftslizenzen oder Fahrerbescheini­gungen mitgeführt werden.

 

Strafbar nach Abs.1 Z3, Z6, Z8 oder Z11 ist ein Unternehmer auch dann, wenn er die in §§ 7 bis 9 genannten Verpflichtungen oder die in der Verordnung (EWG) Nr. 881/92 normierten Gebote und Verbote im Ausland verletzt. Örtlich zuständig ist diesfalls jene Behörde, in deren Sprengel der Lenker im Zuge einer Straßenkontrolle betreten wird, sonst jene Behörde, in deren Sprengel der Grenzübertritt in das Bundesgebiet erfolgt (§ 23 Abs.3 leg.cit.).

 

Gemäß § 23 Abs.4 leg.cit. hat bei Verwaltungsübertretungen gemäß Abs.1 Z3 und Z8 bis Z11 sowie bei Verwaltungsübertretungen gemäß § 366 Abs.1 Z1 der GewO 1994 die Geldstrafe mindestens 1.453 Euro zu betragen.

 

4.2.1. Aufgrund der Feststellungen hat der Berufungswerber als handels­rechtlicher Geschäftsführer der x GmbH mit dem Sitz in x, am 14.4.2007 gegen 10.10 Uhr mit dem Sattel­zugfahrzeug, Kz: x (D), Anhänger, Kz: x (D), eine gewerbs­mäßige grenzüberschreitende Güterbeförderung von der Türkei durch Österreich mit einem Zielort in Deutschland durch den türkischen Lenker x mittels einer Gemeinschaftslizenz – diese wurde im Zuge der Kontrolle dem Meldungsleger vom Lenker vorgewiesen - durchführen lassen, ohne dafür Sorge getragen zu haben, dass eine Fahrerbescheinigung mitgeführt wurde.

Es hat der Berufungswerber sohin den objektiven Tatbestand der ihm zur Last gelegten Verwaltungsübertretung begangen und ihn auch zu verantworten.

Konkrete Nachfragen oder Kontrollen wurden vom Bw nicht behauptet.

 

4.2.2. Der Berufungswerber hat die Tat aber auch in subjektiver Hinsicht zu verantworten.

Gemäß § 5 Abs.1 VStG genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Auch die gegenständliche Verwal­tungsübertretung gehört zu den Ungehorsamsdelikten und war Fahrlässigkeit zu vermuten. Einen Entlastungsnachweis hat der Berufungswerber nicht erbracht.

 

Der Berufungswerber rechtfertigte sich sowohl in der Stellungnahme zur Aufforderung zur Rechtfertigung als auch im Berufungsverfahren dahingehend, dass die gegenständliche Güterbeförderung – entgegen dem Tatvorwurf der belangten Behörde – mittels CEMT-Genehmigung und nicht mittels Gemein­schafts­lizenz durchgeführt worden sei. Als Beweis hiefür wurden im Verwaltungs­strafverfahren Ablichtungen der CEMT-Genehmigung sowie des entsprechenden Auszuges aus dem Fahrtenberichtsheft vorgelegt. Aus letzterem sind nach­stehen­de Eintragungen ersichtlich, und zwar scheint als Abfahrts-/Ankunftsdatum der 10.4.2007/16.4.2007 auf, weiters wurde Gorlu als Beladeort und Nürnberg als Entladeort bezeichnet und wurde das amtliche Kennzeichen des Fahrzeuges x, x, angeführt. Die handschriftlichen Aufzeich­nungen im Fahrtenberichtsheft decken sich mit den Eckdaten der von der belangten Behörde zur Last gelegten Güterbeförderung. Dennoch war für den Berufungswerber nichts zu gewinnen, zumal am Kontrolltag vom Lenker weder die im Nachhinein vorgelegte CEMT-Genehmigung noch das Fahrtenberichtsheft, sondern lediglich die Gemeinschaftslizenz vorgelegt werden konnte. Zudem gab der Lenker anlässlich der Anhaltung gegenüber dem Meldungsleger an, dass er eine Fahrerbescheinigung nicht mitführe. Diese befinde sich vermutlich zu Hause bei seiner Firma. Er komme jetzt aus der Türkei und sei im Transitverkehr durch Österreich unterwegs nach Deutschland. Überdies bestand für den Lenker zum Tatzeitpunkt eine bis 31.5.2007 gültige Fahrerbescheinigung. Dies geht aus einer Anfrage der belangten Behörde an die Stadt Essen, Amt für Verkehrs- und Baustellenmanagement, hervor. Es decken sich sohin die Angaben des Fahrers anlässlich der Anhaltung mit den mitgeführten Papieren und seinen Angaben an den Meldungsleger, dass er seine Fahrerbescheinigung in der Firma vergessen habe bzw nicht mitführe, sohin im Besitz einer gültigen Fahrerbescheinigung war.

 

Bei Vorlage der Gemeinschaftslizenz anlässlich der Anhaltung hätte der Beru­fungs­werber somit Sorge tragen müssen, dass vom Fahrer eine Fahrerbe­scheinigung mitgeführt wird. Dies ist durch konkrete Maßnahmen und ein taugliches Kontrollsystem vom Berufungswerber sicherzustellen, welches er auch durch ein konkretes Vorbringen darzulegen hat.

Das Fehlverhalten des Lenkers – nämlich das "Vergessen" der  Fahrerbe­scheinigung im Unternehmen – muss sich der Berufungswerber anlasten lassen, da es ganz offenkundig an einem tauglichen Kontrollsystem im Unternehmen fehlt.

 

Wenn vom Berufungswerber eingewendet wird, dass in seinem Unternehmen ein Kontrollsystem eingerichtet sei, so kann ihn dieses Vorbringen nicht entlasten. Er führt zwar aus, dass die in seinem Betrieb beschäftigten Fahrer hinsichtlich der für einen grenzüberschreitenden Gütertransport notwendigen Unterlagen/Doku­mente eingewiesen und eingeschult werden, die Anweisungen der Berufungs­werber direkt an die Fahrer erteilen würde und durch das interne System jedenfalls gewährleistet sei, dass die Fahrer die Weisungen nicht nur erhalten, sondern auch verstehen, welche Unterlagen vorzulegen und welche Informa­tionen den Behörden auf deren Verlangen zu geben seien. Auch würden Fahrer, die den Anweisungen und Einschulungen zuwiderhandeln, nicht mehr weiter beschäftigt werden, zudem sei der Berufungswerber mit seinen Fahrern in ständigem Kontakt und könne daher auch mit den Fahrern bei Problemen entsprechend kommunizieren. Der Berufungswerber setze sich mit den Fahrern auch regelmäßig in Verbindung und, sollten Probleme, insbesondere bei der Vorlage von Bescheinigungen, auftreten, sei er für sie erreichbar und könne bei Bedarf entsprechend vermitteln. Dass aber konkret ein Kontakt oder eine Nachfrage bei dem Fahrer stattgefunden hätte oder der Bw vor Fahrtantritt eine Kontrolle durchgeführt hätte, wurde von ihm nicht einmal behauptet.

 

Hinsichtlich der Einrichtung eines effektiven und effizienten Kontrollsystems hat der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung ausgeführt, dass bei der  Annahme einer grundsätzlichen Verantwortung des Arbeitgebers für die im Zusammenhang mit dem Betrieb stehenden Verwaltungsübertretungen nicht übersehen werden darf, dass die im heutigen Wirtschaftsleben notwendige Arbeitsteilung es nicht zulässt, dass sich der Unternehmer aller Belange und Angelegenheiten selbst persönlich annimmt. Auf diese Problematik wurde auch anlässlich der öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung vom Rechtsver­treter hingewiesen. Die rechtliche Konsequenz, die aus dieser Tatsache zu ziehen ist, besteht darin, dass dem Unternehmer zugebilligt werden muss, die Besorgung einzelner Angelegenheiten anderen Personen selbstverantwortlich zu überlassen und die eigene Tätigkeit in diesen Belangen auf eine angemessene Kontrolle zu beschränken. Ob der Unternehmer dann persönlich von der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortung befreit ist, hängt im Einzelfall davon ab, ob er den Nachweis zu erbringen vermag, dass er Maßnahmen getroffen hat, die unter den vorhersehbaren Verhältnissen die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften mit gutem Grund erwarten lassen (vgl. VwGH vom 13.12.1990, 90/09/0141 ua). Im Sinne dieser Judikatur reicht also die bloße Erteilung von Weisungen – wie dies vom Berufungswerber behauptet wurde – nicht aus; entscheidend ist, ob auch eine wirksame Kontrolle der vom Verantwortlichen erteilten Weisung erfolgte (VwGH 30.3.1982, 81/11/0087).

 

So spricht der Verwaltungsgerichtshof (vgl. VwGH vom 12.6.2003, 2001/03/0214) weiters aus, dass ein Kontrollsystem den Güterbeförderungs­unter­nehmer nur dann von seiner Verantwortung befreien vermag, wenn er konkret darlegt, welche Maßnahmen von ihm getroffen wurden, um einen derartigen Verstoß wie den angelasteten zu vermeiden. Insbesondere wäre vom Berufungswerber von sich aus darzulegen gewesen, wie oft und auf welche Weise Kontrollen des Angewiesenen vorgenommen wurden.

 

Der Beschuldigte hat initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht. Bloßes Leugnen oder allgemein gehaltene Behauptungen reichen für eine Glaubhaftmachung nicht aus (vgl. VwGH 24.2.1993, 92/03/0011, 20.9.2000, 2000/03/0181). Der Berufungswerber führt in seiner Stellungnahme vom 3.4.2008 erstmals aus, dass die Fahrer von ihm selbst bezüglich sämtlicher Unterlagen, die für die Durchführung der grenzüberschreitenden Transporte notwendig sind, eingewiesen und geschult werden. Ob Kontrollen hinsichtlich der Einhaltung der Weisungen durchgeführt werden und durch wen diese allenfalls noch stattfinden, wurde vom Berufungswerber nicht näher ausgeführt. Auch der Verweis auf ein internes System – ohne dies näher zu definieren – reicht nicht aus, ein Kontrollsystem im Sinne der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes glaubhaft zu machen.

 

Ein taugliches Kontrollsystem hätte bewirken müssen, dass der Lenker bei einer Kontrolle zur Aushändigung der zutreffenden Dokumente in der Lage ist, insbesondere dadurch, dass sie auch mitgeführt werden.

 

Es hat daher der Berufungswerber die vorgeworfene Verwaltungsübertretung in objektiver und subjektiver Hinsicht begangen und war daher das Straferkenntnis auch hinsichtlich der Schuld zu bestätigen.

 

4.3. Zur Strafbemessung ist zu bemerken:

Gemäß § 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interes­sen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat (Abs.1).

Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechts sind die §§ 32 bis 35 des StGB sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Über den Berufungswerber wurde im angefochtenen Straferkenntnis eine Geldstrafe von 1.453 Euro, sohin die gesetzliche Mindeststrafe verhängt. Weiters hat die belangte Behörde auf den besonderen Unrechtsgehalt der Verwal­tungsübertretung hingewiesen, insbesondere auch auf die mangelnde Kontroll­möglichkeit bei grenzüberschreitenden Transporten. Strafmildernd wurde die bisherige Unbescholtenheit gewertet. Sie ist zudem von einem monatlichen Nettoeinkommen von 1.500 Euro, keinem Vermögen und keinen Sorgepflichten ausgegangen. Diese Angaben wurden im Zuge der öffentlichen mündlichen  Berufungsverhandlung unter Vorlage entsprechender Unterlagen nunmehr dahingehend revidiert, als dem Berufungswerber lediglich 500 Euro als Ent­schädigung als Liquidator zur Verfügung stehen und die Gesellschaft mit 13.3.2008 aufgelöst wurde.

 

Gemäß § 20 VStG kann die Mindeststrafe bis zur Hälfte unterschritten werden, wenn die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe beträchtlich überwiegen.           

         

Dem Berufungswerber kommt zum einen der sehr wesentliche Milderungsgrund der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit zugute. Zum anderen war auch die überlange Verfahrensdauer (zwischen dem Tatzeitpunkt 14.4.2007 und der gegenständlichen Berufungsentscheidung ist unter Bedachtnahme auf die Dauer des Verfahrens vor dem Verwaltungsgerichtshofes im Ausmaß von etwa drei Jahren ein Zeitraum von mehr als vier Jahren verstrichen) im Sinne des § 34 Abs.2 StGB iVm § 19 Abs.2 VStG als mildernd zu werten.

Dem gegenüber lagen Erschwerungsgründe nicht vor. Der Vollständigkeit halber ist hier auch noch zu erwähnen, dass die Gesellschaft des Berufungswerbers mit 13.3.2008 aufgelöst wurde und daher – zumindest aus heutiger Sicht – davon auszugehen ist, dass der Berufungswerber künftighin keine Verwaltungsübertre­tung wie die angelastete mehr begehen dürfte.

 

Der Oö. Verwaltungssenat vertritt daher die Ansicht, dass gegenständlich ein Anwendungsfall des § 20 VStG gegeben ist. Ausgehend von dem sich dadurch ergebenden unteren Strafrahmen von 726,50 Euro war die Geldstrafe mit 800 Euro festzusetzen, zumal eine Straffestsetzung gänzlich an der Untergrenze den obigen Erwägungen zum Unrechts- und Schuldgehalt der Tat nicht mehr Rechnung tragen würde.

Mit der Herabsetzung der Geldstrafe war auch die Ersatzfreiheitsstrafe entspre­chend zu reduzieren.  

 

5. Weil die Berufung teilweise Erfolg hatte, ermäßigt sich der Kostenbeitrag im erstinstanzlichen Verfahren auf 80 Euro; ein Kostenbeitrag zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat entfällt gemäß § 65 VStG.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsge­richtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Ilse Klempt

 

Beachte:

Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurd abgewiesen;

VwGH vom 21.10.2011, Zl. 2011/03/0171-3

 

 

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum