Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-420662/31/Gf/Mu

Linz, 18.07.2011

 

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mit­glied Dr. Grof über die Beschwerde des x wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt durch Organe des Polizei­direktors der Stadt Linz am 23. März 2011 nach der am 28. Juni und am 12. Juli 2011 durchgeführten öffentlichen Verhandlung zu Recht:

 

I. Die Anhaltung des Beschwerdeführers am 23. März 2011 von 4:00 Uhr bis 8:30 Uhr im Polizeianhaltezentrum Linz war rechts­widrig.

 

II. Der Bund hat dem Beschwerdeführer einen Kostenaufwand in
einer Höhe von insgesamt 761,60 Euro zu ersetzen.

 

Rechtsgrundlage:

§ 88 Abs. 2 und 4 SPG; § 67c Abs. 3 AVG; § 79a AVG; § 1 UVS-AufwandersatzVO.

Entscheidungsgründe:

1.1. In seiner am 4. April 2011 – und damit rechtzeitig – beim Oö. Verwaltungssenat eingebrachten, auf Art. 129a Abs. 1 Z. 2 B‑VG i.V.m. § 67a Abs. 1 Z. 2 AVG gestützten Beschwerde wendet sich der Rechtsmittelwerber gegen seine am 23. März 2011 von Organen der Polizeidirektors der Stadt Linz in seiner Wohnung in der x-Straße in Linz rechtsgrundlos erfolgte Festnahme.

 

Begründend wird dazu vorgebracht, dass seine Verlobte nach einer verbalen Auseinandersetzung und geringfügigen Handgreiflichkeiten die Polizei gerufen habe. Nach deren Eintreffen habe er bloß die zwei Beamten gebeten, die Angelegenheit auf dem Gang vor der Wohnung zu regeln. Obwohl er sich insbesondere keiner Amtshandlung widersetzt oder eine solche behindert habe, sei er festgenommen, in Handschellen abgeführt und zur BPD Linz verbracht worden. Dabei sei er am Hals genommen und gegen eine Glastüre gestoßen worden, sodass diese zu Bruch gegangen sei und er auch einige Verletzungen erlitten habe; außerdem sei ihm auch seine Jacke zerrissen worden. In der Folge habe man ihn auf der BPD Linz mehrere Stunden angehalten.

 

Daher sei er durch diese Vorgangsweise in seinen Rechten auf persönliche Freiheit und körperliche Unversehrtheit verletzt worden, weshalb die kostenpflichtige Feststellung der Rechtswidrigkeit dieser Maßnahme beantragt wird.

1.2. Der Polizeidirektor der Stadt Linz hat als belangte Behörde den Bezug habenden Verwaltungsakt zu Zl. E1/8418/2011 vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, mit der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

Begründend wird dazu im Wesentlichen vorgebracht, dass den einschreitenden Polizeibeamten von seiner Lebensgefährtin mitgeteilt worden sei, dass sie der Rechtsmittelwerber an den Haaren gepackt und mit dem Kopf mehrmals gegen das Bettgestell gestoßen sowie mit der Faust ins Gesicht geschlagen habe, wodurch sie Verletzungen am Körper erlitten habe. Der Beschwerdeführer habe dieser Darstellung ständig in einem sehr aufgebrachten Zustand und in sehr aggressiver Weise widersprochen und die einschreitenden Beamten angeherrscht, seine Wohnung zu verlassen. Trotz entsprechender Abmahnungen habe der Rechtsmittelwerber sein Verhalten nicht geändert, sodass auf Grund ständiger Beschimpfungen, wilden Gestikulierens und entsprechender Drohgebärden eine Klärung des Sachverhaltes nicht möglich gewesen sei. Daher sei der Beschwerdeführer gegen 2:30 Uhr festgenommen und mit am Rücken angelegten Handschellen zum Arrestantenwagen verbracht worden. Dies habe jedoch zu keiner Änderung seines Verhaltens geführt; vielmehr habe er im Stiegenhaus die Füllung einer Glastüre eingetreten. Nach seiner Überstellung in das PAZ Linz sei er einem Journalbeamten vorgeführt worden, der die Durchführung eines Atemalkoholgehaltes (Ergebnis: 0,87 mg/l = 1,74‰), einer amtsärztlichen Untersuchung und die Abgabe des Beschwerdeführers in den Arrest angeordnet habe.

Da aufgrund seines aggressiven Verhaltens sowohl das Betreten der Wohnung als auch die Festnahme des Rechtsmittelwerbers und das Anlegen der Handfesseln in gleicher Weise rechtmäßig gewesen sei wie dessen nachfolgende Anhaltung, wird somit die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

2. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Bezug habenden Akt der BPD Linz zu Zl. E1/2011 sowie im Wege der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung am 28. Juni und am 12. Juli 2011, zu der als Partei x als Vertreter der belangten Behörde und die Zeugen x und x (beide PI x) erschienen sind; die Zeugen x (Lebensgefährtin des Beschwerdeführers) und x (Vater des Beschwerdeführers) sind hingegen trotz jeweiliger ordnungsgemäßer Ladung zu beiden Verhandlungsterminen unentschuldigt nicht erschienen.

2.1. Im Zuge dieser Beweisaufnahme wurde folgender entscheidungswesent­licher Sachverhalt festgestellt:

2.1.1. Am 23. März 2011 hat die Lebensgefährtin des zu diesem Zeitpunkt deutlich alkoholisierten Beschwerdeführers gegen 2:20 Uhr die Polizei per Notruf davon verständigt, dass ihr der Rechtsmittelwerber in ihrer gemeinsamen Wohnung in der x-Straße in Linz einige Faustschläge ins Gesicht versetzt, sie an ihren Haaren gepackt und dann mit dem Kopf gegen das Bettgestellt gestoßen habe. Unmittelbar danach konnten die Beamten – darunter der erste Zeuge – bei ihrem Eintreffen in der Wohnung entsprechende Verletzungsmerkmale im Gesicht der Lebensgefährtin des Beschwerdeführers feststellen, wobei dieser versuchte, die Anzeigerin einzuschüchtern und den Polizisten gegenüber sehr aufgebracht und aggressiv agierte. Insbesondere gestikulierte und fuchtelte er wild mit seinen Händen herum, ballte seine Fäuste, herrschte die Beamten an, seine Wohnung zu verlassen und schrie dabei in einer Lautstärke, die auch die anderen Hausbewohner aufschreckte.

Dieses Verhalten änderte der Rechtsmittelwerber auch dann nicht, als der erste Zeuge mit ihm in das Stiegenhaus trat, um den Sichtkontakt zu seiner Lebensgefährtin zu unterbinden und den relevanten Sachverhalt ermitteln zu können. Daher wurde er vom ersten Zeugen mehrfach abgemahnt und – nachdem auch dies keinen Erfolg gezeigt hatte – zur Anzeige gebracht sowie schließlich gegen 2:30 Uhr als festgenommen erklärt. Bei der Durchsetzung der Festnahme wurde der erste Zeuge vom in der Zwischenzeit herbeigerufenen zweiten Zeugen unterstützt. Weil er auch zu diesem Zeitpunkt sein lautes Schreien und wildes Gestikulieren noch nicht eingestellt hatte, wurden ihm in der Folge auch noch Handfesseln angelegt. Dann wurde er von den beiden Zeugen zum Arrestantenwagen eskortiert, wobei er auf dem Weg dorthin versuchte, sich dem Griff der Beamten zu entwinden und im Stiegenhaus die Glasfüllung einer Tür eintrat.

Im Polizeianhaltezentrum in der Nietzschestraße mussten dem Beschwerdeführer vorerst weiter die Handfesseln belassen werden, weil er so aufgebracht und aggressiv war, dass eine Fremdgefährdung zu befürchten war. Der Journalbeamte der BPD Linz hat um 2:55 Uhr die Durchführung einer amtsärztlichen Untersuchung und die anschließende Abgabe des Rechtsmittelwerbers in das Polizeianhaltezentrum verfügt. Erst der Polizeiärztin gelang es schließlich, ihn gegen Ende der Untersuchung so weit zu beruhigen, dass gegen 3:20 Uhr die Handfesseln abgenommen werden konnten. Um 8:30 Uhr wurde die Anhaltung des Beschwerdeführers beendet.

 

 

2.1.2. Diese Sachverhaltsfeststellungen gründen sich auf den Inhalt des von der belangten Behörde vorgelegten Aktes zu Zl. E1/2011 (auf dessen Verlesung im Zuge der mündlichen Verhandlung verzichtet wurde) sowie auf die jeweils glaubwürdigen, in sich schlüssigen und – soweit entscheidungsrelevant – im Wesentlichen sowohl wechselseitig als auch mit den jeweils entsprechenden, bereits im Akt der belangten Behörde enthaltenen Niederschriften übereinstimmenden Aussagen der in der öffentlichen Verhandlung einvernommenen Zeugen.

 

Ergänzend werden schließlich die Protokolle über die Verhandlungen vor dem Oö. Verwaltungssenat (ONr. 17 und 26 des h. Aktes) zum integrierenden
Bestandteil der Begründung dieser Entscheidung erklärt.

 

2.2. Gemäß § 67a AVG hatte der Oö. Verwaltungssenat über die vorliegende
Beschwerde durch ein Einzelmitglied zu entscheiden.

 

 

 

3. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

 

 

3.1. Rechtsgrundlagen

 

3.1.1. Nach Art. 5 Abs. 1 lit. c EMRK darf einem Menschen die Freiheit u.a. nur dann und in der gesetzlich vorgeschriebenen Weise entzogen werden, wenn er zum Zweck der Vorführung vor die zuständige Gerichtsbehörde ("competent legal authority", "l' autorité judiciaire compétente") rechtmäßig festgenommen worden ist oder in Haft gehalten wird, sofern ein hinreichender Verdacht dafür besteht, dass er eine strafbare Handlung begangen hat oder begründeter Anlass zu der Annahme besteht, dass es notwendig ist, ihn an der Flucht nach einer solchen zu hindern.

 

Art. 1 Abs. 3 PersFrBVG ordnet darüber hinaus an, dass der Entzug der persönlichen Freiheit nur gesetzlich vorgesehen werden darf, wenn dies nach dem Zweck der Maßnahme notwendig ist, und eine Freiheitsentziehung im konkreten Fall stets nur dann erfolgen darf, wenn und soweit diese nicht zum Zweck der Maßnahme außer Verhältnis steht.

 

Gemäß Art. 1 Abs. 4  PersFrBVG ist derjenige, der festgenommen oder angehalten wird, unter Achtung der Menschenwürde und mit möglichster Schonung der Person zu behandeln; er darf nur solchen Beschränkungen unterworfen werden, die dem Zweck der Anhaltung angemessen oder zur Wahrung von Sicherheit und Ordnung am Ort seiner Anhaltung notwendig sind.

 

3.1.2. Nach § 82 Abs. 1 des Sicherheitspolizeigesetzes, BGBl.Nr. 566/1991, in der zum Vorfallszeitpunkt maßgeblichen Fassung BGBl.Nr. I 133/2009 (im Folgenden: SPG), begeht derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist hierfür mit einer Geldstrafe von 218 Euro (bei Vorliegen erschwerender Umstände mit einer Freiheitsstrafe bis zu einer Woche, im Wiederholungsfall mit einer Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen) zu bestrafen, der sich trotz vorausgegangener Abmahnung gegenüber einem Organ der öffentlichen Aufsicht, während dieses seine Aufgaben wahrnimmt, aggressiv verhält und dadurch eine Amtshandlung behindert.

 

Gemäß § 35 Z. 3 VStG dürfen die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes Personen, die auf frischer Tat betreten werden, zum Zweck ihrer Vorführung vor die Behörde u.a. dann festnehmen, wenn der Betretene trotz Abmahnung in der Fortsetzung der strafbaren Handlung verharrt.

 

 

3.2. Rechtliche Beurteilung

 

 

3.2.1. Nach § 5 Abs. 3 SPG zählt u.a. die erste allgemeine Hilfeleistungspflicht und die Gefahrenabwehr zu dem von den Sicherheitsbehörden zu besorgenden Exekutivdienst.

 

Im gegenständlichen Fall ist offenkundig, dass der erste Zeuge zunächst Ermittlungen wegen eines gerichtlich strafbaren Deliktes, nämlich wegen der von der Lebensgefährtin des Beschwerdeführers in dessen Wohnung stattgefundenen tätlichen Auseinandersetzung, i.S.d. § 18 i.V.m. § 91 der Strafprozessordnung, BGBl.Nr. 631/1975, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. I 43/2011 (im Folgenden: StPO), durchgeführt hat. Er hat daher eine Amtshandlung i.S.d. § 82 Abs. 1 SPG geführt, die sich von Anfang an in erster Linie gegen den Rechtsmittelwerber selbst gerichtet hat, wenngleich diese in der Folge hauptsächlich nur mehr wegen der verwaltungsbehördlich strafbaren Handlung des aggressiven Verhaltens, deretwegen der Beschwerdeführer letztlich festgenommen und angehalten wurde, vorgenommen wurde. Davon ausgehend lag sohin nicht nur eine Amtshandlung gemäß § 82 Abs. 1 SPG, sondern auch eine Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt i.S.d. Art. 129a Abs. 1 Z. 2 B-VG vor, weshalb sich die gegenständliche Beschwerde auch als zulässig erweist.

 

3.2.2. Hinsichtlich der Frage, ob sich der Rechtsmittelwerber tatsächlich aggressiv i.S.d. § 82 Abs. 1 SPG verhalten hat, ist auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, wonach schon das Anschreien eines Beamten und erst recht ein Heben der Hände und wildes Gestikulieren vor dem Gesicht eines Polizisten als ein solches zu qualifizieren ist (vgl. z.B. VwGH v. 12. September 1983, Zl. 81/10/0101; v. 27. November 1989, Zl. 88/10/0184; v. 25. Mai 2005, Zl. 2002/09/0081).

 

Dass Derartiges hier vorlag, ist schon deshalb nachvollziehbar, weil der Beschwerdeführer intendierte, das ursprünglich auslösende Ereignis (körperliche Übergriffe gegen seine Lebensgefährtin) im Hinblick auf die drohenden gravierenden Sanktionen weitestmöglich zu verharmlosen bzw. versuchte, seine Lebensgefährtin davon abzubringen, derart massive Anschuldigungen gegen ihn zu erheben. Zusätzlich ergibt sich dies auch aus den insoweit übereinstimmenden, sowohl untereinander als auch wechselseitig widerspruchsfreien und somit glaubhaften Aussagen des ersten und des zweiten Zeugen, die angegeben haben, dass der Rechtsmittelwerber "sehr aufgebracht" war, "wild mit seinen Händen herum gestikulierte und fuchtelte", die "Fäuste ballte" und "lautstark herumschrie" (vgl. S. 3 ff  des VH-Protokolles, ONr. 17 des h. Aktes), wobei in diesem Zusammenhang unter einem die damalige, mittels Alkomat auch objektiv festgestellte und zudem nicht unerhebliche Alkoholisierung des Beschwerdeführers, die nach der allgemeinen Lebenserfahrung zu gesteigerter Aggressivität führt, zu berücksichtigen ist.

 

3.2.3. Weiters steht für den Oö. Verwaltungssenat zum einen auch fest, dass vor der Festnahme des Beschwerdeführers seitens des ersten Zeugen tatsächlich jeweils mit unterschiedlichen verbalen Wendungen mehrere Abmahnungen dahin, das aggressive und damit im Lichte des § 82 Abs. 1 SPG strafwürdige Verhalten einzustellen, erfolgten – dies nicht nur deshalb, weil es sich insoweit um eine standard- bzw. schulmäßige Anordnung handelt, auf deren besondere Bedeutung Polizeibeamten im Zuge ihrer Ausbildung stets speziell hingewiesen werden, sondern auch, weil der erste und der zweite Zeuge dies glaubwürdig und detailliert beschrieben haben (vgl. S. 4 f  des VH-Protokolles, ONr. 17 des h. Aktes).

 

3.2.4. Da somit die Voraussetzungen des § 35 Z. 3 VStG i.V.m. § 82 Abs. 1 VStG vorlagen, war die Festnahme des Beschwerdeführers folglich auch rechtmäßig.

 

3.2.5. Angesichts der in der konkreten Situation gegebenen Umstände war die Festnahme aber auch nicht unverhältnismäßig.

 

3.2.5.1. Dass sich im Zusammenhang mit § 82 SPG – anders als in § 81 Abs. 2 SPG (Ordnungsstörung) und in § 84 Abs. 2 SPG (sonstige Polizeistrafdelikte) – keine gleichartige explizit-einfachgesetzliche Festlegung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes findet, bedeutet – entgegen der von der belangten Behörde vertretenen Rechtsauffassung – nicht, dass deshalb dieses Prinzip nicht zu beachten wäre, weil es sich insoweit nach Art. 1 Abs. 3 zweiter Halbsatz PersFrBVG um eine bereits verfassungsmäßig verankerte und damit höherrangige, im Sinne einer verfassungskonformen Interpretation sohin den von der belangten Behörde intendierten Umkehrschluss verbietende Determinante für das polizeiliche Vorgehen im Zusammenhang mit Eingriffen in das Grundrecht der persönlichen Freiheit handelt.

 

3.2.5.2. Da es der allgemeinen Lebenserfahrung entspricht, dass der Entzug der persönlichen Freiheit und die damit verbundenen Einschränkungen der persönlichen Dispositionsbefugnis in der Regel auch eine Verhaltensänderung des Betroffenen dahin, dass sich in der Folge eine bestehende Erregung des Gemütszustandes legen und er sich den ihm erteilten Anordnungen fügen wird, nach sich ziehen, war die Festnahme des Rechtsmittelwerbers sohin aus der Sicht der einschreitenden Beamten ein von vornherein grundsätzlich geeignetes Mittel, um die von ihnen beabsichtigte Beendigung seines aggressive Verhaltens zu erreichen.  

 

3.2.5.3. Im Zuge der darüber hinaus gebotenen Abwägung zwischen den öffentlichen Interessen an der Zweckerreichung und den privaten Interessen des Beschwerdeführers an der weitestmöglichen Schonung seines Rechts auf persönliche Freiheit ist zunächst darauf hinzuweisen, dass sich gelindere Mittel nicht als in gleicher Weise effektiv erwiesen haben. Insbesondere kam eine Wegweisung i.S.d. § 38a SPG schon deshalb nicht in Betracht, weil der Rechtsmittelwerber ständig – selbst noch mit Handschellen – versuchte, vom Stiegenhaus wieder in seine Wohnung zu gelangen (vgl. S. 4 f  des VH-Protokolles, ONr. 17 des h. Aktes).

 

Andere, der Wirksamkeit einer Festnahme adäquate Maßnahmen wurden weder vom Beschwerdeführer aufgezeigt noch haben sich solche im Zuge des Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat ergeben.

 

Unter Bedachtnahme darauf, dass es sich insoweit um eine in der Regel bloß kurzfristige, die Physis einer Person im Normalfall nur unmaßgeblich beeinträchtigende Beschränkung der subjektiven Freiheit handelt, resultierte damit unter den konkret gegebenen Umständen im Ergebnis ein Überwiegen des öffentlichen Interesses, sodass die Festnahme verhältnismäßig und damit auch rechtmäßig war.

 

3.2.6. Davon ausgehend, dass – wie sich dies aus den auch insoweit glaubwürdigen und widerspruchsfreien Aussagen des ersten und des zweiten Zeugen ergibt ("Er reagierte aber auch darauf nicht, sondern setzte sein aggressives Verhalten in der gleichen Weise wie bisher – lautes Schreien und wildes Gestikulieren – fort" bzw. "Im Gegenteil: Er schrie weiter laut herum und versuchte immer wieder, sich loszureißen und in seine Wohnung zu gelangen, weil sich in dieser seine ehemalige Lebensgefährtin und seine Kinder befanden" [vgl. S. 4 f des VH-Protokolles, ONr. 17 des h. Aktes]) – der Beschwerdeführer sein aggressives Verhalten auch nach seiner Festnahme tatsächlich noch immer nicht eingestellt, sondern bis zu seiner Überstellung zur Polizeiinspektion in der Nietzschestraße beibehalten hat, gilt im Ergebnis aus den unter 3.2.5. dargestellten Gründen Gleiches für die hinzutretende Maßnahme des Anlegens von Handfesseln, weil auch insoweit die öffentlichen Interessen überwogen haben: Denn auf Grund seines aggressiven Verhaltens war im Zuge seiner Verbringung zur und Anhaltung auf der Polizeiinspektion in der Nietzschestraße offenbar begründeterweise – schließlich ist (unabhängig davon, ob dies bewusst oder infolge einer Reflexwirkung geschah) die Glasfüllung der Stiegenhaustüre zu Bruch gegangen – auch eine Gefährdung der Beamten zu befürchten, sodass dieser notwendigerweise mit vergleichsweise gravierenderen physischen Beeinträchtigungen verbundene Eingriff auf Grund eines Überwiegens des öffentlichen Interesses nicht rechtswidrig war und somit vom Rechtsmittelwerber hingenommen werden musste. 

 

3.2.7. Anderes würde allenfalls gelten, wenn – unter Bedachtnahme auf spezifischen Umstände des hier vorliegenden Falles – der zweite Zeuge den Beschwerdeführer durch das Umklammern seines Halses zielgerichtet und gravierend verletzt hätte. Dies trifft jedoch nicht zu, weil – abgesehen davon, dass sich im Protokoll über die amtsärztliche Untersuchung lediglich der Vermerk "leichte Rötung Hals durch Fixierung während der Festnahme", aber kein Hinweis dafür findet, dass der Rechtsmittelwerber die Ärztin zumindest von sich aus darauf aufmerksam gemacht hätte, dass er deshalb, wie er in der Beschwerde vorbringt, "keine Luft mehr bekommen" hätte – Derartiges auch aus dem von ihm mit seiner Beschwerde vorgelegten Ambulanzblatt des Allgemeinen Krankenhauses der Stadt Linz vom 23. März 2011, Zl. 2201113519, nicht zweifelfrei hervorgeht, weil diesbezüglich nur eine allgemeine Kehlkopfprellung ("contusio laryngis") diagnostiziert wurde.

 

Dass der Oö. Verwaltungssenat insoweit und auch bezüglich des im Zusammenhang mit den unter 3.2.1. bis 3.2.5. behandelten Rechtsfragen jeweils maßgeblichen Sachverhalts eher der Darstellung des ersten und des zweiten Zeugen und nicht jener gegenteiligen des Beschwerdeführers gefolgt ist, liegt nicht nur daran, dass der Rechtsmittelwerber (abgesehen davon, dass er beispielsweise angegeben hat, dass sich sein Vater zum Zeitpunkt der Verhandlungen des Oö. Verwaltungssenates jeweils in der Türkei befunden hat [vgl. ONr. 29 des h. Aktes], während dieser die Ladung zur fortgesetzten Verhandlung – wie dessen Unterschrift auf dem Rückschein zeigt – persönlich übernommen hat [vgl. ONr. 25 des h. Aktes]) einerseits zum Vorfallszeitpunkt deutlich alkoholisiert und somit damals in seiner subjektiven Wahrnehmung entsprechend beeinträchtigt war, während seine nunmehrige, ein retrospektives Geschehen beurteilende Aussage, der zudem eine zwischenzeitlich erfolgte Beratung durch seinen (ehemaligen) Rechtsvertreter zu Grunde liegt, auf einen bestimmten Ausgang des Verfahrens abzielt; denn dieses Argument gilt in gleicher Weise vice versa auch für die beiden Zeugen.

 

Entscheidend ist andererseits vielmehr, dass nach der Rechtsprechung des Oö. Verwaltungssenates bezüglich Sachverhaltsfragen, hinsichtlich der objektiv besehen die Wahrheit offensichtlich in der Mitte zwischen den von den beiden Interessengruppen – nämlich: der Beschwerdeführer einerseits sowie die einschreitenden Sicherheitsorgane andererseits – diametral vertretenen Standpunkten liegt und bezüglich der sich die Frage, ob die Grenze zwischen dem "noch" einerseits bzw. dem "nicht mehr verhältnismäßigen Handeln" andererseits konkret überschritten wurde, anhand der vorliegenden Beweismittel – zusätzliche sind weder im amtswegigen Ermittlungsverfahren hervorgekommen noch wurden solche von den Parteien benannt oder beigebracht – nicht zweifelsfrei klären lässt, das prozessuale Risiko für den Nachweis des tatsächlichen Zutreffens der Rechtswidrigkeit der Amtshandlung beim Beschwerdeführer liegt (vgl. auch J. Hengstschläger – D. Leeb, Kommentar zum Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetz, Bd. 2, Wien 2005, RN 14 zu § 39 AVG, m.w.N.): Weil ein Maßnahmenbeschwerdeverfahren nach § 67c AVG erst über einen entsprechenden Parteienantrag hin einzuleiten ist, kann die angefochtene Amtshandlung stets dann nicht als rechtswidrig festgestellt werden, wenn auf Grund der von den Parteien beantragten sowie i.S.d. § 39 Abs. 2 AVG von Amts wegen erhobenen Beweise letztlich nicht mit der für ein kontradiktorisches Rechtmäßigkeitskontrollverfahren i.S.d. Art. 6 Abs. 1 EMRK erforderlichen Sicherheit davon ausgegangen werden kann, dass seitens der handelnden Behördenorgane tatsächlich eine Rechtsverletzung begangen wurde (vgl. zuletzt z.B. VwSen-420575 vom 7. Juli 2011; VwSen-420663 vom 14. Juli 2011).

 

3.2.8. Mangels tatsächlicher Erwiesenheit des Sachvorbringens wäre daher die gegenständliche Beschwerde abzuweisen gewesen.

 

3.3. Allerdings erweist sich diese im Ergebnis aus folgendem Grund als berechtigt:

 

3.3.1. Wie sich aus dem Gesetzestext zweifelsfrei ergibt, ist eine Festnahme, die – wie hier – auf § 35 lit. c VStG gestützt wurde, über die Notwendigkeit des Vorliegens eines konkreten Bezuges zu einer strafbaren Handlung hinaus auch noch insoweit zweckgebunden, als diese mit der Intention erfolgen muss, dass der Betroffene der Behörde vorgeführt wird. Danach hat die Behörde den Angehaltenen gemäß § 36 Abs. 1 dritter Satz VStG unverzüglich zu vernehmen.

 

Im Zusammenhang mit Art. 5 Abs. 1 lit. c EMEK kann unter einer "Behörde" im Sinne dieser Bestimmung zwar (sowohl ein Gericht als) auch eine – nicht notwendigerweise unabhängige – Verwaltungsbehörde verstanden werden (vgl. insbesondere die verba legalia des authentischen englischen und französischen Textes [s. oben, 3.1.1.]); eine bloße Dienststelle der Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes – und damit lediglich des Hilfsorganes einer Behörde (vgl. § 5 Abs. 1 SPG), wie Polizeiinspektionen eine solche verkörpern (vgl. § 8 Abs. 1 SPG) – erfüllt diesen Behördenbegriff jedoch nicht (vgl. dazu schon VfSlg 3108/1956 und 8146/1977). Soweit es um die Besorgung der Sicherheitsverwaltung geht, ist demnach (neben dem Bundesminister für Inneres und der Sicherheitsdirektion) nur die Bundespolizeidirektion selbst eine "Behörde", nicht jedoch auch die dieser gemäß § 8 Abs. 1 SPG unterstellten (Bezirks- oder Stadtpolizeikommanden und) Polizeiinspektionen.

 

Im gegenständlichen Fall hat sich in diesem Zusammenhang ergeben, dass der Beschwerdeführer zwar um 2:55 Uhr dem zuständigen Journalbeamten der Behörde vorgeführt wurde und dieser die Durchführung einer amtsärztlichen Untersuchung und die anschließende Abgabe des Rechtsmittelwerbers in das Polizeianhaltezentrum verfügt hat. Allerdings gelang es in der Folge der Polizeiärztin, den Beschwerdeführer zu beruhigen sodass ihm gegen Ende der Untersuchung um etwa 3:20 Uhr die Handfesseln abgenommen werden konnten (s.o., 2.1.1., sowie die dementsprechende Aussage des zweiten Zeugen, S. 6 des VH-Protokolles, ONr. 17 des h. Aktes). Ab diesem Zeitpunkt bzw. kurz danach war somit der Grund für die Festnahme des Rechtsmittelwerbers i.S.d. § 36 Abs. 1 erster Satz VStG weggefallen; tatsächlich wurde seine Anhaltung jedoch erst um 8:30 Uhr beendet.

 

Dass der Beschwerdeführer im vorliegenden Fall weiterhin, d.h. über 4:00 Uhr hinaus angehalten wurde, würde sich im Ergebnis aber nur dann als rechtmäßig erwiesen haben, wenn sich diese auf Art. 2 Abs. 1 Z. 3 PersFrBVG gegründete Anhaltung, hinsichtlich der Art. 4 Abs. 5 PersFrBVG zweifelsfrei im Wege einer ultima-ratio-Regelung eine äußerste Maximalfrist von 24 Stunden vorsieht, im konkreten Fall jeweils im Lichte des Art. 1 Abs. 3 zweiter Satz PersFrBVG als verhältnismäßig erweist oder wenn er freiwillig in den Amtsräumen der Polizeiinspektion Nietzschestraße bzw. des Polizeianhaltezentrums Linz verblieben wäre. Beides trifft jedoch hier nicht zu.

 

Denn zum einen ergibt sich weder aus dem von der belangten Behörde vorgelegten Akt noch aus deren Gegenschrift noch auch aus der Aussage der beiden Zeugen irgendein Hinweis darauf, welchem rechtmäßigen Zweck dieser lange Zeitraum der Anhaltung (41/2 Stunden) in rechtmäßiger Weise gedient haben könnte, sodass eine Prüfung dahin, ob es sich insoweit um ein geeignetes Mittel handelte, schon von vornherein verunmöglicht ist.

 

Und auch dafür, dass der Rechtsmittelwerber während dieses gesamten Zeitraumes freiwillig in den Räumlichkeiten der Polizeiinspektion Nietzschestraße verblieben wäre, finden sich keine Anhaltpunkte. Daran vermag insbesondere auch die Feststellung des zweiten Zeugen, dass es nach der Vorführung zum Journalbeamten "keine nennenswerten Vorkommnisse mehr gab" (vgl. S. 6 des VH-Protokolles, ONr. 17 des h. Aktes), selbst dann, wenn sich diese dahin deuten lässt, dass der Beschwerdeführer die an ihn gerichteten Anweisungen anstandslos befolgt, d.h. kooperativ mitgewirkt hat, nichts zu ändern, weil es in diesem Zusammenhang nicht bloß entsprechender Indizien, sondern einwandfreier, jegliche Zweifel an der tatsächlichen Freiwilligkeit völlig ausschließender Beweismittel bedarf (vgl. auch VwSen-420663 vom 14. Juli 2011).

 

Da solche hier jedoch fraglos nicht vorliegen, kann die bloß faktische Mitwirkung vor einem Hintergrund, wo ein anderes Interesse des Beschwerdeführers als jenes, seinen aus seiner Sicht ungewiss lange währenden Aufenthalt dadurch zeitlich weitestmöglich zu verkürzen, dass er sich den Anordnungen der Beamten fügt – was ja auch, wie zuvor dargestellt (vgl. oben, 3.2.5.2.), die ursprüngliche Intention und gleichzeitige Rechtfertigung für seine Festnahme und Anhaltung war – objektiv besehen schlechthin nicht erkennbar ist, folglich auch nicht als freiwillig qualifiziert werden. Dass einem derartigen Sich-Fügen in Konstellationen, in denen schon von vornherein – ihrerseits nicht zwangsbewehrte – Handlungsalternativen de facto gar nicht bestehen, objektiv besehen auch keine Freiwilligkeit innewohnen kann, hat auch der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 2. Juli 2009, B 1824/08, bereits hinreichend klargestellt.

3.3.2. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat der Unabhängige Verwaltungssenat im Verfahren über eine Maßnahmenbeschwerde einerseits ohne Bindung an die vom Rechtsmittelwerber gerügten Beschwerdepunkte – und somit nach jeder Richtung hin – zu untersuchen, ob der angefochtene Verwaltungsakt rechtmäßig oder rechtswidrig war (vgl. z.B. VwSlg 14729 A/1997 [verst. Sen.] sowie die umfangreichen Judikatur- und Literaturnachweise bei J. Hengstschläger – D. Leeb, Kommentar zum Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetz, Bd. 3, Wien 2007, RN 20 f zu § 67c, m.w.N.); ergibt sich in diesem Zusammenhang eine Rechtswidrigkeit, so hat sich der UVS andererseits auf den (bloßen) Ausspruch der Rechtswidrigkeit als solcher zu beschränken; insbesondere kommt es ihm dagegen nicht zu, im Zuge seiner Entscheidung darüber hinaus auch noch weitere bzw. sämtliche Rechtswidrigkeiten aufzuzeigen bzw. umgekehrt festzustellen, welche der behaupteten Rechtsverletzungen nicht vorliegen (vgl. J. Hengstschläger – D. Leeb, Kommentar zum Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetz, Bd. 3, Wien 2007, RN 29 zu § 67c, m.w.N.).

 

3.3.3. Davon ausgehend war daher im gegenständlichen Verfahren aus den zuvor unter 3.3.1. angeführten Gründen gemäß § 67c Abs. 3 AVG festzustellen, dass die bekämpfte Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt im Ergebnis insoweit rechtswidrig war, als der Beschwerdeführer am 23. März 2011 von 4:00 Uhr bis 8:30 Uhr im Polizeianhaltezentrum Linz gegen seinen Willen angehalten wurde.

4. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem gemäß § 79a Abs. 1 und Abs. 2 AVG als obsiegend anzusehenden Beschwerdeführer nach § 79a Abs. 4 Z. 1 und 3 AVG i.V.m. § 1 Z. 1 und 2 der UVS-Aufwandsersatzverordnung, BGBl.Nr. II 456/2008 (im Folgenden: UVS-AufwandersatzVO), antragsgemäß ein Kostenersatz in einer Höhe von insgesamt 761,60 Euro (Schriftsatzaufwand: 737,60 Euro; Gebühren: 24 Euro) zuzusprechen.

Ein Kostenersatz für den Verhandlungsaufwand war dem Rechtsmittelwerber hingegen deshalb nicht zuzusprechen, weil weder er noch sein Rechtsvertreter an einer der beiden Verhandlungen teilgenommen haben.

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweise:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

2. Im gegenständlichen Verfahren sind Gebühren in einer Höhe von 24 Euro entstanden; ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

Dr.  G r o f

 

VwSen-420662/31/Gf/Mu vom 18. Juli 2011, Erkenntnis

 

Rechtssatz 1

SPG §81 Abs2;

SPG §§82;

SPG §84 Abs2

PersFrBVG Art1;

VStG §35

Selbst wenn Derartiges in § 82 SPG nicht explizit angeführt ist, unterliegt auch eine Festnahme wegen des Verharrens in einem aggressiven Verhalten nach § 35 Z3 VStG den Beschränkungen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes, weil die Verfassungsbestimmung des Art 1 Abs3 zweiter Satz PersFrBVG insoweit einen Umkehrschluss aus § 81 Abs2 SPG und § 84 Abs2 SPG von vornherein verbietet

 

Rechtssatz 2

Die Festnahme und das Anlegen von Handfesseln ist nicht unverhältnismäßig, wenn der Betroffene trotz mehrfacher Abmahnung und selbst nach dem Ausspruch der Festnahme sein aggressives Verhalten nicht einstellt und auf Grund dieses Verhaltens eine Fremdgefährdung droht.

 

Rechtssatz 3

AVG §39 Abs2;

AVG §67c

Das prozessuale Risiko für den Nachweis dafür, dass die bekämpfte Amtshandlung tatsächlich rechtswidrig war, trägt deshalb, weil ein Maßnahmenbeschwerdeverfahren erst über einen entsprechenden Parteienantrag hin einzuleitenden ist, letztlich der Bf, und zwar insofern, als die angefochtene Amtshandlung dann nicht als rechtswidrig festgestellt werden kann, wenn auf Grund der von den Parteien beantragten sowie von Amts wegen erhobenen Beweise nicht mit der für ein kontradiktorisches Rechtmäßigkeitskontrollverfahren iSd Art 6 Abs1 EMRK erforderlichen Sicherheit davon ausgegangen werden, dass tatsächlich eine behördliche Rechtsverletzung vorlag.

 

Rechtssatz 4

Weitere Anhaltung des Festgenommenen nach Vorführung vor die Behörde durch diese im Polizeianhaltezentrum unzulässig, wenn der Grund für die Festnahme weggefallen ist und weder aus dem von der belangten Behörde vorgelegten Akt noch aus deren Gegenschrift noch auch aus der Aussage der Zeugen irgendein Hinweis darauf, welchem rechtmäßigen Zweck der lange Zeitraum der Anhaltung (41/2 Stunden) in rechtmäßiger Weise gedient haben könnte – sodass eine Prüfung dahin, ob es sich insoweit um ein geeignetes Mittel handelte, schon von vornherein verunmöglicht ist – erkennbar ist, noch im Wege einwandfreier, jegliche Zweifel an der tatsächlichen Freiwilligkeit völlig ausschließender Beweismittel zweifelsfrei – und nicht auf Grund bloßer Indizien – feststeht, dass der Betroffene freiwillig im Polizeianhaltezentrum verblieben ist.

 

Linz, ..1999

 

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mit­glied Dr. Grof über die Beschwerde des x wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt durch Organe des Polizei­direktors der Stadt Linz am 23. März 2011 nach der am 28. Juni und am 12. Juli 2011 durchgeführten öffentlichen Verhandlung zu Recht:

 

I. Die Anhaltung des Beschwerdeführers am 23. März 2011 von 4:00 Uhr bis 8:30 Uhr im Polizeianhaltezentrum Linz war rechts­widrig.

 

II. Der Bund hat dem Beschwerdeführer einen Kostenaufwand in
einer Höhe von insgesamt 761,60 Euro zu ersetzen.

 

Rechtsgrundlage:

§ 88 Abs. 2 und 4 SPG; § 67c Abs. 3 AVG; § 79a AVG; § 1 UVS-AufwandersatzVO.

Entscheidungsgründe:

1.1. In seiner am 4. April 2011 – und damit rechtzeitig – beim Oö. Verwaltungssenat eingebrachten, auf Art. 129a Abs. 1 Z. 2 B‑VG i.V.m. § 67a Abs. 1 Z. 2 AVG gestützten Beschwerde wendet sich der Rechtsmittelwerber gegen seine am 23. März 2011 von Organen der Polizeidirektors der Stadt Linz in seiner Wohnung in der x-Straße in Linz rechtsgrundlos erfolgte Festnahme.

 

Begründend wird dazu vorgebracht, dass seine Verlobte nach einer verbalen Auseinandersetzung und geringfügigen Handgreiflichkeiten die Polizei gerufen habe. Nach deren Eintreffen habe er bloß die zwei Beamten gebeten, die Angelegenheit auf dem Gang vor der Wohnung zu regeln. Obwohl er sich insbesondere keiner Amtshandlung widersetzt oder eine solche behindert habe, sei er festgenommen, in Handschellen abgeführt und zur BPD Linz verbracht worden. Dabei sei er am Hals genommen und gegen eine Glastüre gestoßen worden, sodass diese zu Bruch gegangen sei und er auch einige Verletzungen erlitten habe; außerdem sei ihm auch seine Jacke zerrissen worden. In der Folge habe man ihn auf der BPD Linz mehrere Stunden angehalten.

 

Daher sei er durch diese Vorgangsweise in seinen Rechten auf persönliche Freiheit und körperliche Unversehrtheit verletzt worden, weshalb die kostenpflichtige Feststellung der Rechtswidrigkeit dieser Maßnahme beantragt wird.

1.2. Der Polizeidirektor der Stadt Linz hat als belangte Behörde den Bezug habenden Verwaltungsakt zu Zl. E1/8418/2011 vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, mit der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

Begründend wird dazu im Wesentlichen vorgebracht, dass den einschreitenden Polizeibeamten von seiner Lebensgefährtin mitgeteilt worden sei, dass sie der Rechtsmittelwerber an den Haaren gepackt und mit dem Kopf mehrmals gegen das Bettgestell gestoßen sowie mit der Faust ins Gesicht geschlagen habe, wodurch sie Verletzungen am Körper erlitten habe. Der Beschwerdeführer habe dieser Darstellung ständig in einem sehr aufgebrachten Zustand und in sehr aggressiver Weise widersprochen und die einschreitenden Beamten angeherrscht, seine Wohnung zu verlassen. Trotz entsprechender Abmahnungen habe der Rechtsmittelwerber sein Verhalten nicht geändert, sodass auf Grund ständiger Beschimpfungen, wilden Gestikulierens und entsprechender Drohgebärden eine Klärung des Sachverhaltes nicht möglich gewesen sei. Daher sei der Beschwerdeführer gegen 2:30 Uhr festgenommen und mit am Rücken angelegten Handschellen zum Arrestantenwagen verbracht worden. Dies habe jedoch zu keiner Änderung seines Verhaltens geführt; vielmehr habe er im Stiegenhaus die Füllung einer Glastüre eingetreten. Nach seiner Überstellung in das PAZ Linz sei er einem Journalbeamten vorgeführt worden, der die Durchführung eines Atemalkoholgehaltes (Ergebnis: 0,87 mg/l = 1,74‰), einer amtsärztlichen Untersuchung und die Abgabe des Beschwerdeführers in den Arrest angeordnet habe.

Da aufgrund seines aggressiven Verhaltens sowohl das Betreten der Wohnung als auch die Festnahme des Rechtsmittelwerbers und das Anlegen der Handfesseln in gleicher Weise rechtmäßig gewesen sei wie dessen nachfolgende Anhaltung, wird somit die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

2. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Bezug habenden Akt der BPD Linz zu Zl. E1/2011 sowie im Wege der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung am 28. Juni und am 12. Juli 2011, zu der als Partei x als Vertreter der belangten Behörde und die Zeugen x und x (beide PI x) erschienen sind; die Zeugen x (Lebensgefährtin des Beschwerdeführers) und x (Vater des Beschwerdeführers) sind hingegen trotz jeweiliger ordnungsgemäßer Ladung zu beiden Verhandlungsterminen unentschuldigt nicht erschienen.

2.1. Im Zuge dieser Beweisaufnahme wurde folgender entscheidungswesent­licher Sachverhalt festgestellt:

2.1.1. Am 23. März 2011 hat die Lebensgefährtin des zu diesem Zeitpunkt deutlich alkoholisierten Beschwerdeführers gegen 2:20 Uhr die Polizei per Notruf davon verständigt, dass ihr der Rechtsmittelwerber in ihrer gemeinsamen Wohnung in der x-Straße in Linz einige Faustschläge ins Gesicht versetzt, sie an ihren Haaren gepackt und dann mit dem Kopf gegen das Bettgestellt gestoßen habe. Unmittelbar danach konnten die Beamten – darunter der erste Zeuge – bei ihrem Eintreffen in der Wohnung entsprechende Verletzungsmerkmale im Gesicht der Lebensgefährtin des Beschwerdeführers feststellen, wobei dieser versuchte, die Anzeigerin einzuschüchtern und den Polizisten gegenüber sehr aufgebracht und aggressiv agierte. Insbesondere gestikulierte und fuchtelte er wild mit seinen Händen herum, ballte seine Fäuste, herrschte die Beamten an, seine Wohnung zu verlassen und schrie dabei in einer Lautstärke, die auch die anderen Hausbewohner aufschreckte.

Dieses Verhalten änderte der Rechtsmittelwerber auch dann nicht, als der erste Zeuge mit ihm in das Stiegenhaus trat, um den Sichtkontakt zu seiner Lebensgefährtin zu unterbinden und den relevanten Sachverhalt ermitteln zu können. Daher wurde er vom ersten Zeugen mehrfach abgemahnt und – nachdem auch dies keinen Erfolg gezeigt hatte – zur Anzeige gebracht sowie schließlich gegen 2:30 Uhr als festgenommen erklärt. Bei der Durchsetzung der Festnahme wurde der erste Zeuge vom in der Zwischenzeit herbeigerufenen zweiten Zeugen unterstützt. Weil er auch zu diesem Zeitpunkt sein lautes Schreien und wildes Gestikulieren noch nicht eingestellt hatte, wurden ihm in der Folge auch noch Handfesseln angelegt. Dann wurde er von den beiden Zeugen zum Arrestantenwagen eskortiert, wobei er auf dem Weg dorthin versuchte, sich dem Griff der Beamten zu entwinden und im Stiegenhaus die Glasfüllung einer Tür eintrat.

Im Polizeianhaltezentrum in der Nietzschestraße mussten dem Beschwerdeführer vorerst weiter die Handfesseln belassen werden, weil er so aufgebracht und aggressiv war, dass eine Fremdgefährdung zu befürchten war. Der Journalbeamte der BPD Linz hat um 2:55 Uhr die Durchführung einer amtsärztlichen Untersuchung und die anschließende Abgabe des Rechtsmittelwerbers in das Polizeianhaltezentrum verfügt. Erst der Polizeiärztin gelang es schließlich, ihn gegen Ende der Untersuchung so weit zu beruhigen, dass gegen 3:20 Uhr die Handfesseln abgenommen werden konnten. Um 8:30 Uhr wurde die Anhaltung des Beschwerdeführers beendet.

 

 

2.1.2. Diese Sachverhaltsfeststellungen gründen sich auf den Inhalt des von der belangten Behörde vorgelegten Aktes zu Zl. E1/2011 (auf dessen Verlesung im Zuge der mündlichen Verhandlung verzichtet wurde) sowie auf die jeweils glaubwürdigen, in sich schlüssigen und – soweit entscheidungsrelevant – im Wesentlichen sowohl wechselseitig als auch mit den jeweils entsprechenden, bereits im Akt der belangten Behörde enthaltenen Niederschriften übereinstimmenden Aussagen der in der öffentlichen Verhandlung einvernommenen Zeugen.

 

Ergänzend werden schließlich die Protokolle über die Verhandlungen vor dem Oö. Verwaltungssenat (ONr. 17 und 26 des h. Aktes) zum integrierenden
Bestandteil der Begründung dieser Entscheidung erklärt.

 

2.2. Gemäß § 67a AVG hatte der Oö. Verwaltungssenat über die vorliegende
Beschwerde durch ein Einzelmitglied zu entscheiden.

 

 

 

3. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

 

 

3.1. Rechtsgrundlagen

 

3.1.1. Nach Art. 5 Abs. 1 lit. c EMRK darf einem Menschen die Freiheit u.a. nur dann und in der gesetzlich vorgeschriebenen Weise entzogen werden, wenn er zum Zweck der Vorführung vor die zuständige Gerichtsbehörde ("competent legal authority", "l' autorité judiciaire compétente") rechtmäßig festgenommen worden ist oder in Haft gehalten wird, sofern ein hinreichender Verdacht dafür besteht, dass er eine strafbare Handlung begangen hat oder begründeter Anlass zu der Annahme besteht, dass es notwendig ist, ihn an der Flucht nach einer solchen zu hindern.

 

Art. 1 Abs. 3 PersFrBVG ordnet darüber hinaus an, dass der Entzug der persönlichen Freiheit nur gesetzlich vorgesehen werden darf, wenn dies nach dem Zweck der Maßnahme notwendig ist, und eine Freiheitsentziehung im konkreten Fall stets nur dann erfolgen darf, wenn und soweit diese nicht zum Zweck der Maßnahme außer Verhältnis steht.

 

Gemäß Art. 1 Abs. 4  PersFrBVG ist derjenige, der festgenommen oder angehalten wird, unter Achtung der Menschenwürde und mit möglichster Schonung der Person zu behandeln; er darf nur solchen Beschränkungen unterworfen werden, die dem Zweck der Anhaltung angemessen oder zur Wahrung von Sicherheit und Ordnung am Ort seiner Anhaltung notwendig sind.

 

3.1.2. Nach § 82 Abs. 1 des Sicherheitspolizeigesetzes, BGBl.Nr. 566/1991, in der zum Vorfallszeitpunkt maßgeblichen Fassung BGBl.Nr. I 133/2009 (im Folgenden: SPG), begeht derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist hierfür mit einer Geldstrafe von 218 Euro (bei Vorliegen erschwerender Umstände mit einer Freiheitsstrafe bis zu einer Woche, im Wiederholungsfall mit einer Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen) zu bestrafen, der sich trotz vorausgegangener Abmahnung gegenüber einem Organ der öffentlichen Aufsicht, während dieses seine Aufgaben wahrnimmt, aggressiv verhält und dadurch eine Amtshandlung behindert.

 

Gemäß § 35 Z. 3 VStG dürfen die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes Personen, die auf frischer Tat betreten werden, zum Zweck ihrer Vorführung vor die Behörde u.a. dann festnehmen, wenn der Betretene trotz Abmahnung in der Fortsetzung der strafbaren Handlung verharrt.

 

 

3.2. Rechtliche Beurteilung

 

 

3.2.1. Nach § 5 Abs. 3 SPG zählt u.a. die erste allgemeine Hilfeleistungspflicht und die Gefahrenabwehr zu dem von den Sicherheitsbehörden zu besorgenden Exekutivdienst.

 

Im gegenständlichen Fall ist offenkundig, dass der erste Zeuge zunächst Ermittlungen wegen eines gerichtlich strafbaren Deliktes, nämlich wegen der von der Lebensgefährtin des Beschwerdeführers in dessen Wohnung stattgefundenen tätlichen Auseinandersetzung, i.S.d. § 18 i.V.m. § 91 der Strafprozessordnung, BGBl.Nr. 631/1975, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. I 43/2011 (im Folgenden: StPO), durchgeführt hat. Er hat daher eine Amtshandlung i.S.d. § 82 Abs. 1 SPG geführt, die sich von Anfang an in erster Linie gegen den Rechtsmittelwerber selbst gerichtet hat, wenngleich diese in der Folge hauptsächlich nur mehr wegen der verwaltungsbehördlich strafbaren Handlung des aggressiven Verhaltens, deretwegen der Beschwerdeführer letztlich festgenommen und angehalten wurde, vorgenommen wurde. Davon ausgehend lag sohin nicht nur eine Amtshandlung gemäß § 82 Abs. 1 SPG, sondern auch eine Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt i.S.d. Art. 129a Abs. 1 Z. 2 B-VG vor, weshalb sich die gegenständliche Beschwerde auch als zulässig erweist.

 

3.2.2. Hinsichtlich der Frage, ob sich der Rechtsmittelwerber tatsächlich aggressiv i.S.d. § 82 Abs. 1 SPG verhalten hat, ist auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, wonach schon das Anschreien eines Beamten und erst recht ein Heben der Hände und wildes Gestikulieren vor dem Gesicht eines Polizisten als ein solches zu qualifizieren ist (vgl. z.B. VwGH v. 12. September 1983, Zl. 81/10/0101; v. 27. November 1989, Zl. 88/10/0184; v. 25. Mai 2005, Zl. 2002/09/0081).

 

Dass Derartiges hier vorlag, ist schon deshalb nachvollziehbar, weil der Beschwerdeführer intendierte, das ursprünglich auslösende Ereignis (körperliche Übergriffe gegen seine Lebensgefährtin) im Hinblick auf die drohenden gravierenden Sanktionen weitestmöglich zu verharmlosen bzw. versuchte, seine Lebensgefährtin davon abzubringen, derart massive Anschuldigungen gegen ihn zu erheben. Zusätzlich ergibt sich dies auch aus den insoweit übereinstimmenden, sowohl untereinander als auch wechselseitig widerspruchsfreien und somit glaubhaften Aussagen des ersten und des zweiten Zeugen, die angegeben haben, dass der Rechtsmittelwerber "sehr aufgebracht" war, "wild mit seinen Händen herum gestikulierte und fuchtelte", die "Fäuste ballte" und "lautstark herumschrie" (vgl. S. 3 ff  des VH-Protokolles, ONr. 17 des h. Aktes), wobei in diesem Zusammenhang unter einem die damalige, mittels Alkomat auch objektiv festgestellte und zudem nicht unerhebliche Alkoholisierung des Beschwerdeführers, die nach der allgemeinen Lebenserfahrung zu gesteigerter Aggressivität führt, zu berücksichtigen ist.

 

3.2.3. Weiters steht für den Oö. Verwaltungssenat zum einen auch fest, dass vor der Festnahme des Beschwerdeführers seitens des ersten Zeugen tatsächlich jeweils mit unterschiedlichen verbalen Wendungen mehrere Abmahnungen dahin, das aggressive und damit im Lichte des § 82 Abs. 1 SPG strafwürdige Verhalten einzustellen, erfolgten – dies nicht nur deshalb, weil es sich insoweit um eine standard- bzw. schulmäßige Anordnung handelt, auf deren besondere Bedeutung Polizeibeamten im Zuge ihrer Ausbildung stets speziell hingewiesen werden, sondern auch, weil der erste und der zweite Zeuge dies glaubwürdig und detailliert beschrieben haben (vgl. S. 4 f  des VH-Protokolles, ONr. 17 des h. Aktes).

 

3.2.4. Da somit die Voraussetzungen des § 35 Z. 3 VStG i.V.m. § 82 Abs. 1 VStG vorlagen, war die Festnahme des Beschwerdeführers folglich auch rechtmäßig.

 

3.2.5. Angesichts der in der konkreten Situation gegebenen Umstände war die Festnahme aber auch nicht unverhältnismäßig.

 

3.2.5.1. Dass sich im Zusammenhang mit § 82 SPG – anders als in § 81 Abs. 2 SPG (Ordnungsstörung) und in § 84 Abs. 2 SPG (sonstige Polizeistrafdelikte) – keine gleichartige explizit-einfachgesetzliche Festlegung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes findet, bedeutet – entgegen der von der belangten Behörde vertretenen Rechtsauffassung – nicht, dass deshalb dieses Prinzip nicht zu beachten wäre, weil es sich insoweit nach Art. 1 Abs. 3 zweiter Halbsatz PersFrBVG um eine bereits verfassungsmäßig verankerte und damit höherrangige, im Sinne einer verfassungskonformen Interpretation sohin den von der belangten Behörde intendierten Umkehrschluss verbietende Determinante für das polizeiliche Vorgehen im Zusammenhang mit Eingriffen in das Grundrecht der persönlichen Freiheit handelt.

 

3.2.5.2. Da es der allgemeinen Lebenserfahrung entspricht, dass der Entzug der persönlichen Freiheit und die damit verbundenen Einschränkungen der persönlichen Dispositionsbefugnis in der Regel auch eine Verhaltensänderung des Betroffenen dahin, dass sich in der Folge eine bestehende Erregung des Gemütszustandes legen und er sich den ihm erteilten Anordnungen fügen wird, nach sich ziehen, war die Festnahme des Rechtsmittelwerbers sohin aus der Sicht der einschreitenden Beamten ein von vornherein grundsätzlich geeignetes Mittel, um die von ihnen beabsichtigte Beendigung seines aggressive Verhaltens zu erreichen.  

 

3.2.5.3. Im Zuge der darüber hinaus gebotenen Abwägung zwischen den öffentlichen Interessen an der Zweckerreichung und den privaten Interessen des Beschwerdeführers an der weitestmöglichen Schonung seines Rechts auf persönliche Freiheit ist zunächst darauf hinzuweisen, dass sich gelindere Mittel nicht als in gleicher Weise effektiv erwiesen haben. Insbesondere kam eine Wegweisung i.S.d. § 38a SPG schon deshalb nicht in Betracht, weil der Rechtsmittelwerber ständig – selbst noch mit Handschellen – versuchte, vom Stiegenhaus wieder in seine Wohnung zu gelangen (vgl. S. 4 f  des VH-Protokolles, ONr. 17 des h. Aktes).

 

Andere, der Wirksamkeit einer Festnahme adäquate Maßnahmen wurden weder vom Beschwerdeführer aufgezeigt noch haben sich solche im Zuge des Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat ergeben.

 

Unter Bedachtnahme darauf, dass es sich insoweit um eine in der Regel bloß kurzfristige, die Physis einer Person im Normalfall nur unmaßgeblich beeinträchtigende Beschränkung der subjektiven Freiheit handelt, resultierte damit unter den konkret gegebenen Umständen im Ergebnis ein Überwiegen des öffentlichen Interesses, sodass die Festnahme verhältnismäßig und damit auch rechtmäßig war.

 

3.2.6. Davon ausgehend, dass – wie sich dies aus den auch insoweit glaubwürdigen und widerspruchsfreien Aussagen des ersten und des zweiten Zeugen ergibt ("Er reagierte aber auch darauf nicht, sondern setzte sein aggressives Verhalten in der gleichen Weise wie bisher – lautes Schreien und wildes Gestikulieren – fort" bzw. "Im Gegenteil: Er schrie weiter laut herum und versuchte immer wieder, sich loszureißen und in seine Wohnung zu gelangen, weil sich in dieser seine ehemalige Lebensgefährtin und seine Kinder befanden" [vgl. S. 4 f des VH-Protokolles, ONr. 17 des h. Aktes]) – der Beschwerdeführer sein aggressives Verhalten auch nach seiner Festnahme tatsächlich noch immer nicht eingestellt, sondern bis zu seiner Überstellung zur Polizeiinspektion in der Nietzschestraße beibehalten hat, gilt im Ergebnis aus den unter 3.2.5. dargestellten Gründen Gleiches für die hinzutretende Maßnahme des Anlegens von Handfesseln, weil auch insoweit die öffentlichen Interessen überwogen haben: Denn auf Grund seines aggressiven Verhaltens war im Zuge seiner Verbringung zur und Anhaltung auf der Polizeiinspektion in der Nietzschestraße offenbar begründeterweise – schließlich ist (unabhängig davon, ob dies bewusst oder infolge einer Reflexwirkung geschah) die Glasfüllung der Stiegenhaustüre zu Bruch gegangen – auch eine Gefährdung der Beamten zu befürchten, sodass dieser notwendigerweise mit vergleichsweise gravierenderen physischen Beeinträchtigungen verbundene Eingriff auf Grund eines Überwiegens des öffentlichen Interesses nicht rechtswidrig war und somit vom Rechtsmittelwerber hingenommen werden musste. 

 

3.2.7. Anderes würde allenfalls gelten, wenn – unter Bedachtnahme auf spezifischen Umstände des hier vorliegenden Falles – der zweite Zeuge den Beschwerdeführer durch das Umklammern seines Halses zielgerichtet und gravierend verletzt hätte. Dies trifft jedoch nicht zu, weil – abgesehen davon, dass sich im Protokoll über die amtsärztliche Untersuchung lediglich der Vermerk "leichte Rötung Hals durch Fixierung während der Festnahme", aber kein Hinweis dafür findet, dass der Rechtsmittelwerber die Ärztin zumindest von sich aus darauf aufmerksam gemacht hätte, dass er deshalb, wie er in der Beschwerde vorbringt, "keine Luft mehr bekommen" hätte – Derartiges auch aus dem von ihm mit seiner Beschwerde vorgelegten Ambulanzblatt des Allgemeinen Krankenhauses der Stadt Linz vom 23. März 2011, Zl. 2201113519, nicht zweifelfrei hervorgeht, weil diesbezüglich nur eine allgemeine Kehlkopfprellung ("contusio laryngis") diagnostiziert wurde.

 

Dass der Oö. Verwaltungssenat insoweit und auch bezüglich des im Zusammenhang mit den unter 3.2.1. bis 3.2.5. behandelten Rechtsfragen jeweils maßgeblichen Sachverhalts eher der Darstellung des ersten und des zweiten Zeugen und nicht jener gegenteiligen des Beschwerdeführers gefolgt ist, liegt nicht nur daran, dass der Rechtsmittelwerber (abgesehen davon, dass er beispielsweise angegeben hat, dass sich sein Vater zum Zeitpunkt der Verhandlungen des Oö. Verwaltungssenates jeweils in der Türkei befunden hat [vgl. ONr. 29 des h. Aktes], während dieser die Ladung zur fortgesetzten Verhandlung – wie dessen Unterschrift auf dem Rückschein zeigt – persönlich übernommen hat [vgl. ONr. 25 des h. Aktes]) einerseits zum Vorfallszeitpunkt deutlich alkoholisiert und somit damals in seiner subjektiven Wahrnehmung entsprechend beeinträchtigt war, während seine nunmehrige, ein retrospektives Geschehen beurteilende Aussage, der zudem eine zwischenzeitlich erfolgte Beratung durch seinen (ehemaligen) Rechtsvertreter zu Grunde liegt, auf einen bestimmten Ausgang des Verfahrens abzielt; denn dieses Argument gilt in gleicher Weise vice versa auch für die beiden Zeugen.

 

Entscheidend ist andererseits vielmehr, dass nach der Rechtsprechung des Oö. Verwaltungssenates bezüglich Sachverhaltsfragen, hinsichtlich der objektiv besehen die Wahrheit offensichtlich in der Mitte zwischen den von den beiden Interessengruppen – nämlich: der Beschwerdeführer einerseits sowie die einschreitenden Sicherheitsorgane andererseits – diametral vertretenen Standpunkten liegt und bezüglich der sich die Frage, ob die Grenze zwischen dem "noch" einerseits bzw. dem "nicht mehr verhältnismäßigen Handeln" andererseits konkret überschritten wurde, anhand der vorliegenden Beweismittel – zusätzliche sind weder im amtswegigen Ermittlungsverfahren hervorgekommen noch wurden solche von den Parteien benannt oder beigebracht – nicht zweifelsfrei klären lässt, das prozessuale Risiko für den Nachweis des tatsächlichen Zutreffens der Rechtswidrigkeit der Amtshandlung beim Beschwerdeführer liegt (vgl. auch J. Hengstschläger – D. Leeb, Kommentar zum Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetz, Bd. 2, Wien 2005, RN 14 zu § 39 AVG, m.w.N.): Weil ein Maßnahmenbeschwerdeverfahren nach § 67c AVG erst über einen entsprechenden Parteienantrag hin einzuleiten ist, kann die angefochtene Amtshandlung stets dann nicht als rechtswidrig festgestellt werden, wenn auf Grund der von den Parteien beantragten sowie i.S.d. § 39 Abs. 2 AVG von Amts wegen erhobenen Beweise letztlich nicht mit der für ein kontradiktorisches Rechtmäßigkeitskontrollverfahren i.S.d. Art. 6 Abs. 1 EMRK erforderlichen Sicherheit davon ausgegangen werden kann, dass seitens der handelnden Behördenorgane tatsächlich eine Rechtsverletzung begangen wurde (vgl. zuletzt z.B. VwSen-420575 vom 7. Juli 2011; VwSen-420663 vom 14. Juli 2011).

 

3.2.8. Mangels tatsächlicher Erwiesenheit des Sachvorbringens wäre daher die gegenständliche Beschwerde abzuweisen gewesen.

 

3.3. Allerdings erweist sich diese im Ergebnis aus folgendem Grund als berechtigt:

 

3.3.1. Wie sich aus dem Gesetzestext zweifelsfrei ergibt, ist eine Festnahme, die – wie hier – auf § 35 lit. c VStG gestützt wurde, über die Notwendigkeit des Vorliegens eines konkreten Bezuges zu einer strafbaren Handlung hinaus auch noch insoweit zweckgebunden, als diese mit der Intention erfolgen muss, dass der Betroffene der Behörde vorgeführt wird. Danach hat die Behörde den Angehaltenen gemäß § 36 Abs. 1 dritter Satz VStG unverzüglich zu vernehmen.

 

Im Zusammenhang mit Art. 5 Abs. 1 lit. c EMEK kann unter einer "Behörde" im Sinne dieser Bestimmung zwar (sowohl ein Gericht als) auch eine – nicht notwendigerweise unabhängige – Verwaltungsbehörde verstanden werden (vgl. insbesondere die verba legalia des authentischen englischen und französischen Textes [s. oben, 3.1.1.]); eine bloße Dienststelle der Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes – und damit lediglich des Hilfsorganes einer Behörde (vgl. § 5 Abs. 1 SPG), wie Polizeiinspektionen eine solche verkörpern (vgl. § 8 Abs. 1 SPG) – erfüllt diesen Behördenbegriff jedoch nicht (vgl. dazu schon VfSlg 3108/1956 und 8146/1977). Soweit es um die Besorgung der Sicherheitsverwaltung geht, ist demnach (neben dem Bundesminister für Inneres und der Sicherheitsdirektion) nur die Bundespolizeidirektion selbst eine "Behörde", nicht jedoch auch die dieser gemäß § 8 Abs. 1 SPG unterstellten (Bezirks- oder Stadtpolizeikommanden und) Polizeiinspektionen.

 

Im gegenständlichen Fall hat sich in diesem Zusammenhang ergeben, dass der Beschwerdeführer zwar um 2:55 Uhr dem zuständigen Journalbeamten der Behörde vorgeführt wurde und dieser die Durchführung einer amtsärztlichen Untersuchung und die anschließende Abgabe des Rechtsmittelwerbers in das Polizeianhaltezentrum verfügt hat. Allerdings gelang es in der Folge der Polizeiärztin, den Beschwerdeführer zu beruhigen sodass ihm gegen Ende der Untersuchung um etwa 3:20 Uhr die Handfesseln abgenommen werden konnten (s.o., 2.1.1., sowie die dementsprechende Aussage des zweiten Zeugen, S. 6 des VH-Protokolles, ONr. 17 des h. Aktes). Ab diesem Zeitpunkt bzw. kurz danach war somit der Grund für die Festnahme des Rechtsmittelwerbers i.S.d. § 36 Abs. 1 erster Satz VStG weggefallen; tatsächlich wurde seine Anhaltung jedoch erst um 8:30 Uhr beendet.

 

Dass der Beschwerdeführer im vorliegenden Fall weiterhin, d.h. über 4:00 Uhr hinaus angehalten wurde, würde sich im Ergebnis aber nur dann als rechtmäßig erwiesen haben, wenn sich diese auf Art. 2 Abs. 1 Z. 3 PersFrBVG gegründete Anhaltung, hinsichtlich der Art. 4 Abs. 5 PersFrBVG zweifelsfrei im Wege einer ultima-ratio-Regelung eine äußerste Maximalfrist von 24 Stunden vorsieht, im konkreten Fall jeweils im Lichte des Art. 1 Abs. 3 zweiter Satz PersFrBVG als verhältnismäßig erweist oder wenn er freiwillig in den Amtsräumen der Polizeiinspektion Nietzschestraße bzw. des Polizeianhaltezentrums Linz verblieben wäre. Beides trifft jedoch hier nicht zu.

 

Denn zum einen ergibt sich weder aus dem von der belangten Behörde vorgelegten Akt noch aus deren Gegenschrift noch auch aus der Aussage der beiden Zeugen irgendein Hinweis darauf, welchem rechtmäßigen Zweck dieser lange Zeitraum der Anhaltung (41/2 Stunden) in rechtmäßiger Weise gedient haben könnte, sodass eine Prüfung dahin, ob es sich insoweit um ein geeignetes Mittel handelte, schon von vornherein verunmöglicht ist.

 

Und auch dafür, dass der Rechtsmittelwerber während dieses gesamten Zeitraumes freiwillig in den Räumlichkeiten der Polizeiinspektion Nietzschestraße verblieben wäre, finden sich keine Anhaltpunkte. Daran vermag insbesondere auch die Feststellung des zweiten Zeugen, dass es nach der Vorführung zum Journalbeamten "keine nennenswerten Vorkommnisse mehr gab" (vgl. S. 6 des VH-Protokolles, ONr. 17 des h. Aktes), selbst dann, wenn sich diese dahin deuten lässt, dass der Beschwerdeführer die an ihn gerichteten Anweisungen anstandslos befolgt, d.h. kooperativ mitgewirkt hat, nichts zu ändern, weil es in diesem Zusammenhang nicht bloß entsprechender Indizien, sondern einwandfreier, jegliche Zweifel an der tatsächlichen Freiwilligkeit völlig ausschließender Beweismittel bedarf (vgl. auch VwSen-420663 vom 14. Juli 2011).

 

Da solche hier jedoch fraglos nicht vorliegen, kann die bloß faktische Mitwirkung vor einem Hintergrund, wo ein anderes Interesse des Beschwerdeführers als jenes, seinen aus seiner Sicht ungewiss lange währenden Aufenthalt dadurch zeitlich weitestmöglich zu verkürzen, dass er sich den Anordnungen der Beamten fügt – was ja auch, wie zuvor dargestellt (vgl. oben, 3.2.5.2.), die ursprüngliche Intention und gleichzeitige Rechtfertigung für seine Festnahme und Anhaltung war – objektiv besehen schlechthin nicht erkennbar ist, folglich auch nicht als freiwillig qualifiziert werden. Dass einem derartigen Sich-Fügen in Konstellationen, in denen schon von vornherein – ihrerseits nicht zwangsbewehrte – Handlungsalternativen de facto gar nicht bestehen, objektiv besehen auch keine Freiwilligkeit innewohnen kann, hat auch der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 2. Juli 2009, B 1824/08, bereits hinreichend klargestellt.

3.3.2. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat der Unabhängige Verwaltungssenat im Verfahren über eine Maßnahmenbeschwerde einerseits ohne Bindung an die vom Rechtsmittelwerber gerügten Beschwerdepunkte – und somit nach jeder Richtung hin – zu untersuchen, ob der angefochtene Verwaltungsakt rechtmäßig oder rechtswidrig war (vgl. z.B. VwSlg 14729 A/1997 [verst. Sen.] sowie die umfangreichen Judikatur- und Literaturnachweise bei J. Hengstschläger – D. Leeb, Kommentar zum Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetz, Bd. 3, Wien 2007, RN 20 f zu § 67c, m.w.N.); ergibt sich in diesem Zusammenhang eine Rechtswidrigkeit, so hat sich der UVS andererseits auf den (bloßen) Ausspruch der Rechtswidrigkeit als solcher zu beschränken; insbesondere kommt es ihm dagegen nicht zu, im Zuge seiner Entscheidung darüber hinaus auch noch weitere bzw. sämtliche Rechtswidrigkeiten aufzuzeigen bzw. umgekehrt festzustellen, welche der behaupteten Rechtsverletzungen nicht vorliegen (vgl. J. Hengstschläger – D. Leeb, Kommentar zum Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetz, Bd. 3, Wien 2007, RN 29 zu § 67c, m.w.N.).

 

3.3.3. Davon ausgehend war daher im gegenständlichen Verfahren aus den zuvor unter 3.3.1. angeführten Gründen gemäß § 67c Abs. 3 AVG festzustellen, dass die bekämpfte Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt im Ergebnis insoweit rechtswidrig war, als der Beschwerdeführer am 23. März 2011 von 4:00 Uhr bis 8:30 Uhr im Polizeianhaltezentrum Linz gegen seinen Willen angehalten wurde.

4. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem gemäß § 79a Abs. 1 und Abs. 2 AVG als obsiegend anzusehenden Beschwerdeführer nach § 79a Abs. 4 Z. 1 und 3 AVG i.V.m. § 1 Z. 1 und 2 der UVS-Aufwandsersatzverordnung, BGBl.Nr. II 456/2008 (im Folgenden: UVS-AufwandersatzVO), antragsgemäß ein Kostenersatz in einer Höhe von insgesamt 761,60 Euro (Schriftsatzaufwand: 737,60 Euro; Gebühren: 24 Euro) zuzusprechen.

Ein Kostenersatz für den Verhandlungsaufwand war dem Rechtsmittelwerber hingegen deshalb nicht zuzusprechen, weil weder er noch sein Rechtsvertreter an einer der beiden Verhandlungen teilgenommen haben.

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweise:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

2. Im gegenständlichen Verfahren sind Gebühren in einer Höhe von 24 Euro entstanden; ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

Dr.  G r o f

 

VwSen-420662/31/Gf/Mu vom 18. Juli 2011, Erkenntnis

 

Rechtssatz 1

SPG §81 Abs2;

SPG §§82;

SPG §84 Abs2

PersFrBVG Art1;

VStG §35

Selbst wenn Derartiges in § 82 SPG nicht explizit angeführt ist, unterliegt auch eine Festnahme wegen des Verharrens in einem aggressiven Verhalten nach § 35 Z3 VStG den Beschränkungen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes, weil die Verfassungsbestimmung des Art 1 Abs3 zweiter Satz PersFrBVG insoweit einen Umkehrschluss aus § 81 Abs2 SPG und § 84 Abs2 SPG von vornherein verbietet

 

Rechtssatz 2

Die Festnahme und das Anlegen von Handfesseln ist nicht unverhältnismäßig, wenn der Betroffene trotz mehrfacher Abmahnung und selbst nach dem Ausspruch der Festnahme sein aggressives Verhalten nicht einstellt und auf Grund dieses Verhaltens eine Fremdgefährdung droht.

 

Rechtssatz 3

AVG §39 Abs2;

AVG §67c

Das prozessuale Risiko für den Nachweis dafür, dass die bekämpfte Amtshandlung tatsächlich rechtswidrig war, trägt deshalb, weil ein Maßnahmenbeschwerdeverfahren erst über einen entsprechenden Parteienantrag hin einzuleitenden ist, letztlich der Bf, und zwar insofern, als die angefochtene Amtshandlung dann nicht als rechtswidrig festgestellt werden kann, wenn auf Grund der von den Parteien beantragten sowie von Amts wegen erhobenen Beweise nicht mit der für ein kontradiktorisches Rechtmäßigkeitskontrollverfahren iSd Art 6 Abs1 EMRK erforderlichen Sicherheit davon ausgegangen werden, dass tatsächlich eine behördliche Rechtsverletzung vorlag.

 

Rechtssatz 4

Weitere Anhaltung des Festgenommenen nach Vorführung vor die Behörde durch diese im Polizeianhaltezentrum unzulässig, wenn der Grund für die Festnahme weggefallen ist und weder aus dem von der belangten Behörde vorgelegten Akt noch aus deren Gegenschrift noch auch aus der Aussage der Zeugen irgendein Hinweis darauf, welchem rechtmäßigen Zweck der lange Zeitraum der Anhaltung (41/2 Stunden) in rechtmäßiger Weise gedient haben könnte – sodass eine Prüfung dahin, ob es sich insoweit um ein geeignetes Mittel handelte, schon von vornherein verunmöglicht ist – erkennbar ist, noch im Wege einwandfreier, jegliche Zweifel an der tatsächlichen Freiwilligkeit völlig ausschließender Beweismittel zweifelsfrei – und nicht auf Grund bloßer Indizien – feststeht, dass der Betroffene freiwillig im Polizeianhaltezentrum verblieben ist.

 

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