Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-100821/12/Fra/Ka

Linz, 16.04.1993

VwSen - 100821/12/Fra/Ka Linz, am 16. April 1993 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Dr.Fragner über die Berufung des Mag. O K, vertreten durch die Rechtsanwälte S-B & Partner, F, L, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Urfahr vom 24. August 1992, VerkR96/6044/1991-Stei/S, betreffend Übertretungen der StVO 1960, nach der am 23. März 1993 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung, zu Recht erkannt:

I.: Die Berufung wird hinsichtlich des Faktums 1 (§ 38 Abs.5 StVO 1960) dem Grunde nach als unbegründet abgewiesen. Die verletzte Rechtsvorschrift hat "§ 38 Abs.5 iVm § 38 Abs.1 lit.c StVO 1960" zu lauten. Die verhängte Geldstrafe wird auf 800 S, die Ersatzfreiheitsstrafe auf 12 Stunden herabgesetzt. Der Antrag auf Anwendung des § 21 VStG wird abgewiesen.

Der Berufung wird hinsichtlich des Faktums 2 (§ 17 Abs.4 StVO 1960) stattgegeben. Das angefochtene Straferkenntnis wird diesbezüglich behoben und das Verfahren eingestellt.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 19, 24, 44a Z2, 45 Abs.1 Z2 und 51 VStG.

II.: Hinsichtlich des Faktums 1 (§ 38 Abs.5 StVO 1960) entfällt die Verpflichtung zur Leistung eines Kostenbeitrages zum Berufungsverfahren. Der Kostenbeitrag für das Strafverfahren erster Instanz ermäßigt sich auf 80 S. Hinsichtlich des Faktums 2 (§ 17 Abs.4 StVO 1960) entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Strafkostenbeiträge.

Rechtsgrundlage: § 64 Abs.1 und 2 VStG sowie § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

I.1. Die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung hat mit Straferkenntnis vom 24. August 1992, VerkR96/6044/1991-Stei/S, über den Beschuldigten wegen der Verwaltungsübertretungen nach 1.) § 38 Abs.5 StVO 1960 eine Geldstrafe in Höhe von 1.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe 24 Stunden) und nach 2.) § 17 Abs.4 StVO 1960 eine Geldstrafe in Höhe von 300 S (Ersatzfreiheitsstrafe 12 Stunden) verhängt, weil er am 13. Oktober 1991 um ca. 18.20 Uhr den PKW, Kennzeichen, auf der B von L Richtung H gelenkt und dabei bei der Kreuzung mit dem Güterweg W 1.) trotz Rotlichtes der Verkehrslichtsignalanlage nicht vor der Kreuzung angehalten hat und 2.) an hintereinander fahrenden Fahrzeugen, deren Lenker angehalten hatten, vorbeigefahren ist, obwohl nicht wenigstens zwei Fahrstreifen für die betreffende Fahrtrichtung vorhanden waren und dabei auf Fahrbahnen mit Gegenverkehr die Fahrbahnmitte überfahren wurde.

Ferner wurde der Beschuldigte gemäß § 64 VStG zur Leistung eines Kostenbeitrages in Höhe von jeweils 10% der verhängten Strafen verpflichtet.

I.2. Gegen das unter Z1 angeführte Straferkenntnis wurde rechtzeitig Berufung erhoben. Vom Rechtsinstitut der Berufungsvorentscheidung hat die Erstbehörde nicht Gebrauch gemacht. Sie hat das Rechtsmittel samt Akt dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt, der dadurch im Grunde des § 51 Abs.1 VStG zuständig wurde. Dieser entscheidet, weil jeweils 10.000 S übersteigende Geldstrafen nicht verhängt wurden, durch eines seiner Mitglieder.

Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsstrafakt, durch Beischaffung des Beschwerdeaktes des Landesgendarmeriekommandos für Oberösterreich betreffend Gr.Insp. B sowie durch Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 23. März 1993.

I.3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

Zum Faktum 1 (§ 38 Abs.5 StVO 1960):

I.3.1. Der Berufungswerber behauptet, daß die Situation auf keinen Fall so war, wie auf Aufnahme 1 der Fotobeilage. Daraus ist nämlich zu entnehmen, daß es sich bei der Ampelanlage um eine mobile Anlage gehandelt hat, die je nach Bedarf an verschiedenen Stellen aufgestellt werden kann. Die Ampel sei tatsächlich so weit vorne gestanden, daß kein Grund vorlag, nicht nach links in den Güterweg Wildberg abzubiegen. Die Behörde rekonstruiere den Sachverhalt ausschließlich und alleine aufgrund der Angabe des Meldungslegers. Es sei jedoch zwischen Gr.Insp. Blaschek und ihm aufgrund der Anhaltung zu einer Auseinandersetzung gekommen. Aufgrund der persönlichen Differenz zwischen ihm und Gr.Insp. B können die Angaben des Meldungslegers nicht uneingeschränkt für wahr gehalten werden und hätte die Behörde bei richtiger Beweiswürdigung zu dem Schluß kommen müssen, daß deswegen die Angaben des Meldungslegers Blaschek zumindest anzuzweifeln wären. Unter dem Gesichtspunkt der Rechtswidrigkeit infolge Mangelhaftigkeit des Verfahrens bringt der Beschuldigte vor, daß es zur genauen Klärung des tatsächlichen Sachverhaltes notwendig gewesen wäre, an Ort und Stelle einen Augenschein durchzuführen. Daraus hätte sich ergeben, daß vom Standpunkt des Gr.Insp. B aus keine ausreichende Sicht auf den fraglichen Bereich gegeben gewesen war. Unter dem Gesichtspunkt der unrichtigen rechtlichen Beurteilung bringt der Berufungswerber vor, daß die Fluchtlinie der Ampelanlage bereits hinter dem Güterweg gelegen sei. Das bedeute wiederum, daß die Ampelregelung wohl nur für jene Verkehrsteilnehmer gelten konnte, die diesen Bereich auch passieren mußten. Da er jedoch den Baustellenbereich nicht zu passieren hatte, habe er auch nicht vor der Ampelanlage anhalten müssen.

I.3.2. Dem gegenüber brachte der Meldungsleger Gr.Insp. Blaschek anläßlich seiner zeugenschaftlichen Einvernahme vor dem unabhängigen Verwaltungssenat im wesentlichen vor, daß die Verkehrslichtsignalanlage zur Tatzeit so aufgestellt war, wie dies aus dem im Akt erliegenden Lichtbild ersichtlich sei. Die Ampelanlage sei zwar tatsächlich während der Bauarbeiten nicht immer dort gestanden wie zum Tatzeitpunkt. Der Meldungsleger räumte ein, daß diese Ampelanlage weiter vorne in Fahrtrichtung B gestanden ist. Aufgrund der dort vorhandenen Engstelle sei es jedoch immer wieder zu Problemen bezüglich breiterer Fahrzeuge gekommen. Sein Standort habe sich etwa 20 m bis 25 m auf der linken Fahrbahnseite des Güterweges W vom Kreuzungsbereich der B mit dem Güterweg W entfernt befunden. Er blickte in Richtung der Kreuzung. Zur Tatzeit sei es bereits dunkel gewesen. Von diesem Standort konnte man die Verkehrslichtsignalanlage nur von hinten sehen. Er habe jedoch eindeutig erkennen können und zwar aufgrund des Blendeffektes mit der Böschung, ob die VLSA Rot- oder Grünlicht ausgestrahlt hatte. Im gegenständlichen Fall strahlte die Ampel Rotlicht aus und der Beschuldigte war der erste von mehreren Fahrzeuglenkern, welche dieses Rotlicht mißachteten. Alle Fahrzeuglenker seien angehalten worden. Die Räumphase betrug ca. 40 bis 50 Sekunden. Es seien bereits Fahrzeuge auf der B 126 in Richtung Linz an der Baustelle vorbeigefahren. Sie haben jedoch die gegenständliche Verkehrslichtsignalanlage noch nicht erreicht gehabt.

Bei der öffentlichen mündlichen Verhandlung wurde auch Insp. K über Antrag des Beschuldigtenvertreters zeugenschaftlich vernommen. Dieser vertrat die Auffassung, daß der Standort der gegenständlichen Ampelanlage nicht verändert worden war, er konnte sich nicht mehr daran erinnern, ob das Fahrzeug des Beschuldigten das erste Fahrzeug war, welches während der Rotlichtphase in den Güterweg W eingebogen war.

I.3.3. Insoferne nun die Behauptungen des Beschuldigten konträr zu den Feststellungen des Meldungslegers sind, folgt der unabhängige Verwaltungssenat den Angaben des Gr.Insp. B. Es wird davon ausgegangen, daß die Verkehrslichtsignalanlage tatsächlich zur Tatzeit an der Stelle gestanden ist, wie dies aus der im Akt erliegenden Lichtbildbeilage zu entnehmen ist. Es handelt sich beim Meldungsleger um ein im Straßenverkehr stehendes geschultes Organ, dem zugemutet werden muß, für den Verkehr relevante Tatsachen und Sachverhalte objektiv festzustellen. Hiezu zählt aufgrund der gegebenen Umstände im gegenständlichen Fall auch die Tatsache festzustellen, wo die Verkehrslichtsignalanlage aufgestellt war und welches Licht sie ausgestrahlt hat. Wenngleich zu bedenken ist, daß aufgrund der bereits vorhandenen Dunkelheit die Fahrzeuglenker bereits Licht eingeschaltet hatten, so ist doch davon auszugehen, daß aufgrund des anderen Farbspektrums der Verkehrslichtsignalanlage und einer gewissen Blendwirkung auch von der Böschung aus dem Meldungsleger das Erkennen des Rotlichtes möglich war. Hinzu kommt, daß sich auf Höhe der Baustelle bereits Fahrzeuge in Richtung L fahrend befanden. Dies ist ein weiteres Indiz dafür, daß die Ampel bereits einige Zeit Rotlicht ausgestrahlt hatte. Auch dieser Umstand stimmt mit dem weiteren Umstand überein, daß das Fahrzeug des Beschuldigten nicht das erste Fahrzeug vor der VLSA, sondern erst ein weiteres Fahrzeug nach einer bereits vor der Ampel angehaltenen Kolonne war.

Wenngleich zu bedenken ist, daß die gegenständliche Amtshandlung mit dem Beschuldigten offenbar nicht in ruhiger und sachlicher Atmosphäre verlief, sondern sich emotionell aufgeschaukelt hat (dies ist aufgrund des beigeschafften Beschwerdeaktes des Landesgendarmeriekommandos zu folgern) ist doch davon auszugehen, was den gegenständlichen Straftatbestand betrifft, daß diesbezüglich der Meldungsleger die Wahrheit gesagt hat. Es ist zu bedenken, daß der Meldungsleger bei Verletzung der Wahrheitspflicht mit straf- und dienstrechtlichen Sanktionen zu rechnen hätte. Auch der Beschuldigte hat in seiner Eingabe vom 21. November 1991 und in seiner Beschwerde an das Landesgendarmeriekommando für Oberösterreich vom 14. Oktober 1991 eingeräumt, daß die Baustellenampel auf Rot umgeschaltet hatte, als er nach links in Richtung W eingebogen ist.

Diesen Tatbestand nimmt daher der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich als erwiesen an, weshalb die Berufung als unbegründet abzuweisen war.

Da dem Beschuldigten vorgeworfen wird, trotz Rotlichtes der VLSA "nicht vor der Kreuzung angehalten zu haben", war im Sinne des § 44a Z2 VStG die verletzte Norm mit der Anführung des "§ 38 Abs.1 lit.c StVO 1960" zu ergänzen.

I.3.4. Zur Strafbemessung ist auszuführen, daß seitens des Beschuldigten das Rotlicht bewußt mißachtet wurde. Die Auffassung des Berufungswerbers, daß dieses Rotlicht nur dazu gedient habe, den Verkehr auf der Baustelle der bezogenen Verengung auf einen Fahrstreifen zu regeln und kein Gegenverkehr in Sicht war, vermag das Verschulden nicht als gering zu qualifizieren. Es scheidet daher bereits aus diesem Grunde die Anwendung des § 21 VStG aus, der ua. als Voraussetzung das Vorliegen geringfügigen Verschuldens fordert. Die belangte Behörde hat bei der Bemessung des Strafausmaßes überdies die persönliche und finanzielle Situation des Berufungswerbers berücksichtigt. Sie hat weiters konstatiert, daß im Verfahren weder mildernde noch erschwerende Umstände zutage getreten sind. Die Erstbehörde hat daher der Bemessung des Strafausmaßes die Kriterien des § 19 VStG - wie dies erforderlich ist zugrundegelegt. Wenn sie eine Strafe, welche 10 % des gesetzlich vorgegebenen Strafrahmens beträgt, verhängt hat, kann ihr vom Aspekt des Unrechts- und Schuldgehaltes der Übertretung sowie vom Aspekt der persönlichen und wirtschaftlichen Situation des Beschuldigten nicht entgegengetreten werden. Dem Akt ist jedoch nicht zu entnehmen, daß der Beschuldigte Verwaltungsvorstrafen aufweist. Es ist daher davon auszugehen, daß dieser verwaltungsstrafrechtlich unbescholten ist, was als mildernder Umstand zu werten ist. Dies führte zu einer schuldangemessenen Strafreduzierung.

Zum Faktum 2 (§ 17 Abs.4 StVO 1960):

Gemäß § 17 Abs.4 StVO 1960 darf an Fahrzeugen, die gemäß § 18 Abs.3 anhalten, nur vorbeigefahren werden, wenn wenigstens zwei Fahrstreifen für die betreffende Fahrtrichtung vorhanden sind, auf Fahrbahnen mit Gegenverkehr die Fahrbahnmitte oder eine zur Trennung der Fahrtrichtung angebrachte Sperrlinie nicht überfahren wird und für den weiteren Fahrstreifen nicht auch schon die Voraussetzungen des § 18 Abs.3 gegeben sind. Dieses Vorbeifahrverbot gilt daher nur an Fahrzeugen, die gemäß § 18 Abs.3 StVO 1960 angehalten haben. § 18 Abs.3 StVO 1960 bestimmt, daß, wenn die Lenker hintereinanderfahrender Fahrzeuge anhalten müssen und die Reihe der anhaltenden Fahrzeuge auf dem betreffenden Fahrstreifen bis zu einer Querstraße oder einer die Fahrbahn querenden Gleisanlage zurückreicht, die Lenker weiterer auf demselben Fahrstreifen herannahender Fahrzeuge so anzuhalten haben, daß der Verkehr auf der Querstraße der Gleisanlage nicht behindert wird.

Im gegenständlichen Fall hat nun die Reihe der anhaltenden Fahrzeuge, an welcher der Berufungswerber mit seinem Fahrzeug vorbeigefahren ist, nicht bis zu einer Querstraße oder einer die Fahrbahn querenden Gleisanlage zurückgereicht, weshalb die inkriminierte Tat nicht geeignet ist, das von der Behörde herangezogene Tatbild zu verwirklichen. Das Verhalten des Beschuldigten hätte nach hs. Erachten allenfalls unter die Bestimmung des § 17 Abs.1 StVO 1960 subsumiert werden können.

Da somit die dem Beschuldigten zur Last gelegte Übertretung nicht vorliegt, war im Sinne des § 45 Abs.1 Z2 von der weiteren Fortführung des Strafverfahrens abzusehen und diesbezüglich spruchgemäß zu entscheiden.

zu II. Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen. Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. F r a g n e r

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