Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-150855/7/Re/Hue

Linz, 27.07.2011

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Dr. Werner Reichenberger über die Be­rufung des R P, S, O, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. M B, S, S, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Wels vom 3. März 2011, Zl. BZ-BauR-7146-2010f Scho, wegen einer Übertretung des Bundesstraßen-Mautgesetzes 2002 zu Recht erkannt:

Das angefochtene Straferkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit (Rechtskraft der zu Grunde liegenden Strafverfügung) aufgehoben.

Rechtsgrundlagen:

§§ 24, 49 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm. § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG;

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde über den Berufungswerber (Bw) eine Geldstrafe von 300 Euro bzw. eine Ersatzfreiheitsstrafe von 30  Stunden verhängt, weil er am 4. Juni 2010 gegen 11.06 Uhr als Lenker des Kfz über 3,5 Tonnen und dem behördlichen Kennzeichen x die A25, Mautabschnitt ÖBB Terminal Wels – Wels Nord, bis zu km 14,580, gelenkt habe, ohne dass die für die Benützung von Autobahnen vorgeschriebene fahrleistungsabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet worden sei.

 

2. In der Berufung wurde mit ausführlicher Begründung die ersatzlose Behebung des Straferkenntnisses, in eventu die Belassung einer Verwarnung, in eventu die Zurückverweisung der Angelegenheit an die Erstinstanz, in eventu das Absehen von einer Strafe gem. § 21 VStG beantragt.

 

3. Wie aus dem erstbehördlichen Akt ersichtlich ist, wurde der Bw mittels Strafverfügung vom 5. Oktober 2010, Zl. BZ-BauR-7146-2010b Scho, wegen der gegenständlichen Verwaltungsübertretung bestraft, wobei diese Strafverfügung am 8. Oktober 2010 durch Hinterlegung zugestellt wurde. Damit begann die mit zwei Wochen vorgesehene Rechtsmittelfrist zu laufen und diese endete am 22. Oktober 2010.

 

Der Einspruch gegen diese Strafverfügung trägt die Datierung 2. November 2011 und ist bei der belangten Behörde am 8. November 2010 eingelangt.

 

Da die Frage der Rechtzeitigkeit des Rechtsmittels von der belangten Behörde nicht abgeklärt wurde, wurde dem Bw mit Schreiben des Oö. Verwaltungssenates vom 15. April 2011 Gelegenheit gegeben, zur möglichen Verspätung eine Stellungnahme abzugeben.

 

Der Vertreter des Bw brachte am 3. Mai 2011 vor, dass er den Bw nicht erreicht habe. Ihm sei aber aus anderen Akten bekannt, dass der Bw glaublich im Oktober 2010 in Südamerika gewesen sei, weshalb sich der Vertreter des Bw den verspäteten Einspruch nur mit Ortsabwesenheit des Bw erklären könne. Sobald der Rechtsvertreter den Bw erreicht habe, werde er dementsprechende Unterlagen vorlegen.

 

Daraufhin wurde der Vertreter des Bw mit Schreiben des Oö. Verwaltungssenates vom 29. Juni 2011 aufgefordert, die ergänzenden Unterlagen innerhalb Frist vorzulegen.

 

Eine Antwort auf dieses Schreiben ist  innerhalb offener Frist und bis zum heutigen Tage nicht erfolgt.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:

 

Gem. § 49 Abs.1 VStG kann der Beschuldigte gegen die Strafverfügung binnen zwei Wochen nach deren Zustellung Einspruch erheben und die seiner Verteidigung dienenden Beweismittel vorbringen.

 

Gem. § 17 Abs.3 ZustellG ist "das hinterlegte Dokument" mindestens zwei Wochen zur Abholung bereitzuhalten. Der Lauf dieser Frist beginnt mit dem Tag, an dem "das Dokument" erstmals zur Abholung bereitgehalten wird. Hinterlegte "Dokumente" gelten mit dem ersten Tag dieser Frist als zugestellt. Sie gelten nicht als zugestellt, wenn sich ergibt, dass der Empfänger oder dessen Vertreter im Sinne des § 13 Abs.3 wegen Abwesenheit von der Abgabenstelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung an dem der Rückkehr an die Abgabenstelle folgenden Tag innerhalb der Abholfrist wirksam, an dem "das hinterlegte Dokument" behoben werden könnte.

 

Das Vorbringen des Vertreters des Bw, der Bw sei "glaublich" zum Zeitpunkt der Hinterlegung der Strafverfügung ortsabwesend gewesen, ist nicht dazu geeignet, die rechtmäßige Zustellung durch Hinterlegung am 8. Oktober 2010 bzw. die Verspätung des Einspruchs in Zweifel zu ziehen. Zudem hat es der (Vertreter des) Bw – trotz zweimaliger Aufforderung durch den Oö. Verwaltungssenat – verabsäumt, seine Mutmaßung  über eine Abwesenheit des Bw in irgend einer Weise durch nähere Angaben oder Beweismittel zu untermauern. Der Unabhängige Verwaltungssenat hegt deshalb keinerlei Zweifel darüber, dass der Bw zum Zeitpunkt der Hinterlegung der Strafverfügung ortsanwesend gewesen ist.

 

Deshalb ist von einer rechtsgültigen Zustellung der Strafverfügung am 8. Oktober 2010 durch Hinterlegung, mit einem Ablauf der Rechtsmittelfrist am 22. Oktober 2010 und mit einem verspäteten Einspruch vom 2. November 2010 auszugehen und ist die Strafverfügung vom 5. Oktober 2010 in Rechtskraft erwachsen (nicht außer Kraft getreten) und gem. § 49 Abs.3 VStG zu vollstrecken. Das angefochtene Straferkenntnis vom 3. März 2011 wurde somit unzulässiger Weise erlassen. Es war deshalb spruchgemäß zu entscheiden.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Reichenberger

 

 

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