Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-252832/8/Kü/Sta

Linz, 27.07.2011

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Thomas Kühberger über die auf das Strafausmaß eingeschränkte Berufung des Herrn X X, vertreten durch Mag. X X, Dr. X X Rechtsanwälte, X, X, vom 28. April 2011, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen vom 12. April 2011, SV96-137-2010, wegen Übertretung des Ausländer­beschäftigungsgesetzes nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 29. Juni 2011, zu Recht erkannt:

 

I.                  Der Berufung wird insofern Folge gegeben, als die verhängten Geldstrafen auf jeweils 1.000 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafen auf jeweils 17 Stunden herabgesetzt werden. Im Übrigen wird der Berufung keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

 

II.              Der Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der Behörde erster Instanz wird auf 400 Euro herabgesetzt. Der Berufungs­werber hat keinen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.:     § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 24, 19, 20 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr.52/1991 idgF.

zu II.:    §§ 64 und 65 VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen vom 12. April 2011, SV96-137-2010, wurden über den Berufungswerber (im Folgenden: Bw) wegen Verwaltungsübertretungen nach § 28 Abs.1 Z1 lit. b iVm § 18 Abs.1 Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) in Anwendung der außerordentlichen Strafmilderung gemäß § 20 VStG vier Geldstrafen in Höhe von jeweils 1.500 Euro, im Fall der Uneinbringlichkeit derselben Ersatzfreiheitsstrafen in der Dauer von jeweils 50 Stunden verhängt.

 

Dem Straferkenntnis liegt folgender Tatvorwurf zu Grunde:

"Sie haben, wie im Zuge einer Kontrolle durch Organe des Finanzamtes Grieskirchen Wels am 10.11.2010 festgestellt worden ist, entgegen § 18 AuslBG die Arbeitsleistungen der polnischen Staatsangehörigen

1. B J L, geb. X, am 10.11.2010,

2. L J J, geb. X, am 9.11.2010 und 10.11.2010,

3. P P, geb. X, am 9.11.2010 und 10.11.2010,

4. P M M, geb. X, am 9.11.2010 und 10.11.2010,

 

die von einem ausländischen Arbeitgeber ohne einen im Bundesgebiet vorhandenen Betriebssitz im Inland, uzw. der "X-X X, Inhaber X X" mit Sitz in X, X, Polen, beschäftigt werden und zur Erfüllung deren vertraglichen Verpflichtung gegenüber Ihnen als inländischen Auftraggeber nach Österreich entsandt wurden, unbefugt in Anspruch genommen, indem diese Ausländer an den angeführten Beschäftigungstagen mit Innenausbauarbeiten (Montieren und Verspachteln von Rigipsplatten) in Ihrem Wohnhaus in X, X, beschäftigt wurden, ohne dass für diese Ausländer für die erbrachten Tätigkeiten, welche dem beschränkten Dienstleistungssektor "sonstiges Baugewerbe" (NACE-Code 45.1 – 4) gem. Art. 49 EG-V und § 32a Abs.6 AuslBG unterliegen, die vom Arbeitsmarktservice erforderlichen Beschäftigungs­bewilligungen erteilt worden sind."

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig vom Rechtsvertreter des Bw eingebrachte Berufung. Begründend wurde unter anderem festgehalten, dass die Behörde nicht überzeugend darstellen hätte können, dass dem Bw tatsächlich eine Prüfpflicht dahingehend obliege, sich beim Werkvertragspartner über die Umstände einer Arbeitsbewilligung seiner Dienstnehmer und dergleichen zu vergewissern. Nach Ansicht des Bw liege die für die Strafbarkeit erforderliche Fahrlässigkeit nicht vor, da der Bw die Bestimmungen des AuslBG, insbesondere die hier angewendeten § 18 Abs.1 iVm § 28 Abs.1 Z1 lit. b als rechtlicher Laie nicht kennen müsse, ebenso wenig die Erkenntnisse des VwGH, auf die sich die Behörde beziehe. Dem Bw seien also trotz Anwendung der nach seinen Verhältnissen erforderlichen Sorgfalt die erwähnten Bestimmungen des AuslBG und die dazu ergangene Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes unbekannt geblieben.

 

Die Behörde I. Instanz habe bereits die Anwendung der außerordentlichen Strafmilderung gemäß § 20 VStG für vertretbar gehalten. Allerdings könne gemäß § 20 VStG bei beträchtlichem Überwiegen der Milderungsgründe die Mindeststrafe bis zur Hälfte unterschritten werden, sodass eine Strafbemessung in Höhe von 1.000 Euro pro Arbeiter möglich gewesen wäre. Eine solche Bemessung wäre auch gerechtfertigt gewesen, weil die Voraussetzungen des § 20 VStG zweifellos vorliegen würden. Wie die Behörde richtig ausführe, bestehe absolute Unbescholtenheit. Erschwerende Umstände seien überhaupt nicht bekannt. Unzutreffend sei der behördliche Standpunkt, wonach die volle Ausschöpfung des Strafrahmens nicht in Betracht komme, weil der Bw als selbstständiger Unternehmer einem höheren Sorgfaltsmaßstab bei der Auftragsvergabe an ausländische Firmen anlegen müsse, als ein privater rechtskundiger Häuslbauer. Dazu sei auszuführen, dass der Bw nicht als Unternehmer gehandelt habe, sondern als Privater, nämlich als Hälfteeigentümer einer privaten Liegenschaft. Der mit dem Unternehmer abgeschlossene Werkvertrag sei mit dem Geschäftsbetrieb des Bw nicht in Zusammenhang zu bringen.

 

Vor diesem Hintergrund erscheine ein Ausschluss des § 21 VStG (Absehen von der Strafe) nicht gerechtfertigt. Auch hier erscheine der Hinweis der Behörde auf die Eigenschaft des Bw als eines "im Wirtschaftleben Tätigen" verfehlt, weil das hier verfahrensgegenständliche Auftragsverhältnis zwischen ihm als Privaten und einem anderen Unternehmer bestanden habe. Selbst wenn man eine Strafbarkeit, welche die Behörde in einer verletzten Verpflichtung des Bw sich über die rechtlichen Verhältnisse kundig zu machen erkenne, bejahe, so sei ein Absehen von derartigen Erkundigungen jedenfalls als lediglich außerordentlich geringfügiges Verschulden zu werten. Es sei im geschäftlichen Verkehr völlig unüblich, Erkundigungen beim Arbeitsmarktservice anzustellen und wäre, wenn man schon eine derartige Verpflichtung erkenne, das Absehen von einer solchen Erkundigung als Verschulden zu werten, welches in seiner Bedeutung völlig in den Hintergrund trete und als außerordentlich geringfügig anzusehen sei. Auch die Folgen einer allfälligen Verwaltungsübertretung seien als unbedeutend zu betrachten, insbesondere vor dem von der Behörde richtig aufgezeigten Hintergrund, dass die Beschränkungen für Arbeitnehmer aus den neuen Beitrittsländern der EU nur mehr bis 30. April 2011 gelten würden und die volle Freizügigkeit von Arbeitnehmern ab 1. Mai 2011, also auch für polnische Arbeitskräfte, bestehe. So gesehen seien die Folgen einer allenfalls bestehenden Verwaltungsübertretung völlig vernachlässigbar, zumal weder aus general- noch spezialpräventiven Gründen eine Bestrafung erforderlich erscheine.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen hat mit Schreiben vom 2. Mai 2011 die Berufung samt bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates gegeben.

 

Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der Unabhängige Verwaltungssenat zur Entscheidung durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Mitglied berufen (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 29. Juni 2011, an welcher der Bw und sein Rechtsvertreter sowie ein Vertreter der Finanzverwaltung teilgenommen haben.

 

In der mündlichen Verhandlung wurde vom Bw die vorliegende Berufung auf das Strafausmaß eingeschränkt und beantragt, im Sinne des § 21 VStG von der Verhängung einer Strafe abzusehen und eine Ermahnung auszusprechen, in eventu den Strafrahmen des § 20 VStG zur Gänze auszuschöpfen.

 

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

5.1. Auf Grund des Umstandes, dass vom Bw die vorliegende Berufung auf das Strafausmaß eingeschränkt wurde, ist der Spruch des erstinstanzlichen Straferkenntnisses in Rechtskraft erwachsen und hat der Unabhängige Verwaltungssenat darüber keine Entscheidung zu finden.

 

5.2. Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, in wie weit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Nach § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu  nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechts sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermessensabwägung sind in der Begründung des Bescheides so weit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes erforderlich ist. § 19 Abs.1 VStG enthält somit jene objektiven Kriterien, die Grundlage für jede Strafbemessung sind. Darüber hinaus normiert Abs.2 für das ordentliche Verfahren eine Reihe weiterer subjektiver Umstände.

 

Gemäß § 20 VStG kann die Mindeststrafe bis zur Hälfte unterschritten werden, wenn die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe beträchtlich überwiegen oder der Beschuldigte ein Jugendlicher ist.

 

Gemäß § 21 Abs.1 VStG kann die Behörde ohne weiteres Verfahren von der Verhängung einer Strafe absehen, wenn das Verschulden des Beschuldigten geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind. Sie kann den Beschuldigten jedoch gleichzeitig unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid ermahnen, sofern dies erforderlich ist, um den Beschuldigten von weiteren strafbaren Handlungen gleicher Art abzuhalten.

 

Bereits von der Erstinstanz wurde im gegenständlichen Fall die außerordentliche Strafmilderung des § 20 VStG angewendet und die gesetzlich vorgesehene Mindeststrafe von 2.000 Euro unterschritten. Die unterlassene völlige Ausschöpfung der außerordentlichen Strafmilderung bis zur Hälfte der gesetzlich vorgesehene Mindeststrafe wurde von der Erstinstanz damit begründet, dass den Bw als selbstständigen Unternehmer ein höherer Sorgfaltsmaßstab bei der Auftragsvergabe an ausländische Firmen treffe als dies bei einem privaten rechtskundigen Häuslbauer der Fall sei. Im Zuge des Berufungsverfahrens hat sich der Bw nunmehr einsichtig gezeigt und die vorliegende Berufung auf das Strafausmaß eingeschränkt. In Berücksichtigung dieses Umstandes, sowie der bereits vom Bw zutreffend festgehaltenen Tatsache, dass ab 1.5.2011 eine gänzliche Öffnung des Arbeitsmarktes für Bürger der neuen EU-Staaten eingetreten ist, vertritt der Unabhängige Verwaltungssenat die Ansicht, dass im gegenständlichen Fall die Milderungsgründe beträchtlich überwiegen, zumal keine Erschwerungsgründe vorliegen. Dies rechtfertigt die Anwendung des § 20 VStG in vollem Umfang, sodass die von der Erstinstanz verhängten Geldstrafen zu reduzieren gewesen sind.

 

Im gegenständlichen Fall kann allerdings – nicht zuletzt auch auf Grund der beruflichen Position des Bw – von keinem atypischen Schuldgehalt gesprochen werden. Der Bw führt im Zuge der mündlichen Verhandlung selbst aus, dass ihm die Vorschriften des Ausländerbeschäftigungsgesetzes bekannt sind und er davon Kenntnis hat, dass Ausländer nur mit Beschäftigungsbewilligung in Österreich beschäftigt werden dürfen. Beim Einsatz einer ausländischen Firma, die nach Wissen des Bw auch mit ausländischen Arbeitskräften die beauftragten Arbeiten durchführt, wäre es demnach dem Bw zumutbar gewesen, sich nicht nur auf Aussagen seines Vertragspartners zu verlassen, sondern sehr wohl die Vorlage von Papieren zu verlangen. Nachdem der Bw eigenen Angaben zufolge dies aber unterlassen hat, kann jedenfalls nicht von einem geringfügigen Verschulden im Sinne des § 21 VStG ausgegangen werden. Im gegenständlichen Fall sind nicht jene atypischen Verhältnisse hervorgekommen, die in der Verschuldensfrage einen erheblichen Unterschied zu sonstigen Übertretungen des Ausländer­beschäftigungsgesetzes bedeuten würde. Da somit die erste Voraussetzung für die Anwendung des § 21 VStG nicht erfüllt ist, war die Frage des Vorliegens unbedeutender Folgen der Tat, nicht mehr zu beurteilen.

 

Es war somit wie im Spruch zu entscheiden.

 

 

6. Aufgrund des Umstandes, dass die verhängte Geldstrafe herabgesetzt wurde, war auch der Beitrag zu den Verfahrenskosten der ersten Instanz, welcher gemäß § 64 VStG 10 % der verhängten Geldstrafe beträgt, entsprechend herab zu setzen. Da die Berufung teilweise Erfolg hatte, waren die Kosten des Berufungsverfahrens gemäß § 65 VStG dem Bw nicht aufzuerlegen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

Mag. Thomas Kühberger

 

Beachte:

Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde abgelehnt.

VwGH vom 25.06.2013, Zl.: 2011/09/0162-6 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum