Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-281332/2/Kl/Sta

Linz, 14.07.2011

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mit­glied Dr. Ilse Klempt über die Berufung des Arbeitsinspektorates x, gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Stadt Linz vom 3.6.2011, GZ. 13944/2011, mit welchem das Verwaltungsstrafverfahren gegen Herrn x wegen Verwaltungsübertretungen nach dem ArbeitnehmerInnenschutzgesetz eingestellt wurde, zu Recht erkannt:

 

Die Berufung wird abgewiesen.

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs. 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG iVm §§ 24, 9 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG.

 

Entscheidungsgründe:

1. Mit Bescheid des Bürgermeisters der Stadt Linz vom 3.6.2011, GZ. x, wurde das gegen Herrn x, wohnhaft x, eingeleitete Verwaltungsstrafverfahren eingestellt. Es wurde ihm folgende Tat zur Last gelegt:

"Sie haben folgende Verwaltungsübertretung als verwaltungsstrafrechtlich verantwortlicher handelsrechtlicher Geschäftsführer der Bauunternehmen x Gesellschaft m.b.H. mit dem Sitz in x, welche Partnerfirma der Arbeitsgemeinschaft x ist, zu vertreten:

1.     Am 26.1.2011 wurde auf der von der Arbeitsgemeinschaft x betriebenen Baustelle in x, ein großflächiges Schalungselement (375 x 150 cm) im Bauteil A1 auf der Decke über dem Kellergeschoß (zukünftiger Schwimmbadboden; Achse A01 – A05) nicht standsicher aufgestellt. Das großflächige Schalungselement wurde nicht an beiden seitlichen Enden oberhalb seines Schwerpunktes abgestützt. Das Schalungselement wurde vom Anschlagmittel des Hebezeuges (Kran) abgehängt, obwohl keine wirksame Abstützungen vorhanden waren.

2.     Am 26.1.2011 war der Arbeitnehmer Herrn x auf der von der Arbeitsgemeinschaft x betriebenen Baustelle in x, mit Bauarbeiten im Bauteil A1 im Bereich der Achse A01 – A05 auf der Deckenschalung (Decke über Kellergeschoß) mit Bauarbeiten beschäftigt. Obwohl Absturzgefahr von der Deckenschalung (Höhe 3 m) in das Kellergeschoß bestand, waren keine geeigneten Absturzsicherungen, Abgrenzungen oder Schutzeinrichtungen angebracht. Der Arbeitnehmer war auch nicht mittels persönlicher Schutzausrüstung gegen Absturz (Sicherheitsgeschirr) sicher angeseilt."

 

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung vom Arbeitsinspektorat x eingebracht und unrichtige rechtliche Beurteilung geltend gemacht. Begründend wurde ausgeführt, dass eine ARGE als Gesellschaft bürgerlichen Rechts keine eigene Rechtspersönlichkeit habe und daher auch nicht Arbeitgeberin sein könne. Daher sei eine ARGE als solche auch nicht zur Einhaltung der Arbeitnehmerschutzvorschriften verpflichtet. ArbeitgeberInnen sind vielmehr die einzelnen in der ARGE zusammengeschlossenen Gesellschaften. Für Verwaltungsübertretungen seien daher grundsätzlich die Organe dieser einzelnen Gesellschaften verwaltungsstrafrechtlich verantwortlich. Somit sind auch nur diese in der Lage, ihre Verantwortung an verantwortliche Beauftragte zu übertragen. Die ARGE als solche könne keinen verantwortlichen Beauftragten, der für die ARGE als Ganzes haftet, bestellen. Weiters wurden Mängel dahingehend aufgezeigt, dass lediglich das Mitteilungsschreiben an die Behörde vorlag, nicht jedoch die Bestellungsurkunde mit den erforderlichen Unterschriften. Sollte hingegen eine rechtswirksame Bestellung vorliegen, so liegt aus Sicht des Arbeitsinspektorates allenfalls für das Bauunternehmen x GmbH eine Doppelbestellung von verantwortlichen Beauftragten vor, zumal vom letztgenannten Bauunternehmen her Herr Baumeister x zum verantwortlichen Beauftragten mit dem räumlichen Zuständigkeitsbereich Wien, Niederösterreich und Burgenland bestellt wurde. Es liege daher für die Bauunternehmung x GmbH keine rechtswirksame Bestellung vor.

 

3. Der Magistrat der Stadt  Linz hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme. Weil der Sachverhalt ausreichend geklärt ist und im Übrigen in der Berufung nur eine unrichtige rechtliche Beurteilung behauptet wird, entfällt eine öffentliche mündliche Verhandlung gemäß § 51e Abs.3 Z1 VStG.

 

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

Gemäß § 9 VStG ist für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen oder eingetragene Personengesellschaften, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen und soweit nicht verantwortliche Beauftragte (Abs.2) bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist. Die zur Vertretung nach außen Berufenen sind berechtigt, und soweit es sich zur Sicherstellung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit als erforderlich erweist, auf Verlangen der Behörde verpflichtet, aus ihrem Kreis eine oder mehrere Personen als verantwortliche Beauftragte zu bestellen, denen für das ganze Unternehmen oder für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens die Verantwortung für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften obliegt. Für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens können aber auch andere Personen zu verantwortlichen Beauftragten bestellt werden.

Arbeitsgemeinschaften sind Gesellschaften bürgerlichen Rechts, denen die Rechtspersönlichkeit fehlt. Mangels Rechtsfähigkeit kann eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts nicht Dienstgeber sein. Diese Eigenschaft kommt vielmehr den einzelnen Gesellschaftern der Gesellschaft bürgerlichen Rechts zu. Arbeitgeber der für die Arbeitsgemeinschaft tätigen Arbeitnehmer sind alle Mitglieder dieser Gemeinschaft. Sie (ihre zur Vertretung nach außen Berufenen im Sinne des § 9 Abs.1 VStG) sind in erster Linie Adressaten der Strafbestimmungen des ASchG und demnach auch zur Einhaltung der auf Grund des § 24 ASchG erlassenen AAV verpflichtet. (Hauer/Leukauf, Handbuch des Österr. Verwaltungsverfahrens, 6. Auflage, Seite 1292, E11b mit Judikaturnachweisen).

 

Aus der Bestimmung des § 9 Abs.1 VStG iVm der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ergibt sich daher, dass die ARGE x keine eingetragene Personengesellschaft und auch keine juristische Person darstellt, also keine Rechtspersönlichkeit besitzt, und daher durch ihre Geschäftsführung bzw. nach außen Vertretungsbefugten keine Bestellung zum verantwortlichen Beauftragten gemäß § 9 Abs.2 VStG erfolgen kann. Vielmehr hätten nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes die nach außen vertretungsbefugten Organe der jeweiligen Mitgliedergesellschaften der ARGE eine Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten durchzuführen. Eine diesbezügliche Bestellungsurkunde liegt im Akt nicht vor. Der Bestellung ist lediglich eine Unterschrift der x GmbH & Co KG angefügt. Eine Unterzeichnung durch die Partnergesellschaft der A, nämlich durch die x GmbH fehlt. Es kann daher nicht von einer rechtswirksamen Bestellung eines gemeinsamen verantwortlichen Beauftragten durch sämtliche Gesellschaften der A gesprochen werden.

 

Zur Verantwortlichkeit der Partnergesellschaften x GmbH & Co KG und Ing. x GmbH ist jedoch auszuführen, dass aus dem Abschlussbericht der Stadtpolizei x an die Staatsanwaltschaft x vom 27.1.2011 eindeutig hervorgeht, dass der verunfallte Arbeitnehmer x ein Arbeitnehmer der Firma x GesmbH mit Sitz in x, war. Dazu wurde näher ausgeführt und ist auch den angeschlossenen Zeugenvernehmungen zu entnehmen, dass die Baustelle ein Ausmaß hatte, welche nicht nur von der Firma x GesmbH bzw. x GmbH alleine erledigt werden kann. Es wurden mehrere Subfirmen beauftragt. So auch die Firma x, welche bereits seit September 2010 auf der Baustelle tätig war. Sie war mit den Schalungsarbeiten beauftragt, nämlich die Schalungen für die Betonfüllungen aufzustellen bzw. wieder abzubauen (Vernehmungsprotokolle vom 26.1.2011 der Zeugen x, x, x und x).

 

Gemäß § 2 Abs.1 ArbeitnehmerInnenschutzgesetz – ASchG, BGBl. Nr. 450/1994 idF BGBl. II Nr. 221/2010, ist Arbeitgeber im Sinne dieses Bundesgesetzes  jede natürliche oder juristische Person, Personengesellschaft des Handelsrechts oder eingetragene Erwerbsgesellschaft, die als Vertragspartei des Beschäftigungs- oder Ausbildungsverhältnisses mit dem Arbeitnehmer die Verantwortung für das Unternehmen oder den Betrieb trägt.

Gemäß § 3 Abs.1 ASchG sind Arbeitgeber verpflichtet, für Sicherheit und Gesundheitsschutz der Arbeitnehmer in Bezug auf alle Aspekte, die die Arbeit betreffen, zu sorgen.

Die genannten Bestimmungen bringen daher zum Ausdruck, dass jeder Arbeitgeber, also jene Rechtsperson, mit welcher der Arbeitsvertrag abgeschlossen wurde, für seine Arbeitnehmer zur Einhaltung der Arbeitnehmerschutzbestimmungen verpflichtet ist. Es ist daher im vorliegenden Fall für den Arbeitnehmer x die Firma x GesmbH als Arbeitgeber zur Einhaltung des Arbeitnehmerschutzes verantwortlich. Es sind daher die zur Vertretung nach außen Berufenen dieser Gesellschaft zur verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortung heranzuziehen. Eine verwaltungsstrafrechtliche Verantwortung der x GmbH bzw. deren nach außen vertretungsbefugten Organe oder eines verantwortlichen Beauftragten ergibt sich daher nicht, da gemäß der Anzeige eindeutig Schalungsarbeiten vorgeworfen wurden.

 

Im Grunde dieser Ausführungen war daher die Berufung abzuweisen und der angefochtene Bescheid des Bürgermeisters der Stadt Linz zu bestätigen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Ilse Klempt

 

 

 

 

Beschlagwortung:

keine Strafbarkeit einer A; kein verantwortlicher Beauftragter; Verantwortung des jeweiligen Arbeitgebers

 

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