Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-222479/7/Bm/Sta

Linz, 22.07.2011

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Michaela Bismaier über die auf das Strafausmaß beschränkte Berufung des Herrn W H, vertreten durch Rechtsanwalt M M, , gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 9.2.2011, UR96-8-4-2010, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 22. Juni 2011, zu Recht erkannt:

 

I.             Der Berufung wird insofern Folge gegeben, als die verhängte Geldstrafe auf 750 Euro herabgesetzt wird; die Ersatzfreiheitsstrafe im Ausmaß von 40 Stunden wird bestätigt.

 

II.         Der Kostenbeitrag zum Verfahren I. Instanz ermäßigt sich auf 75 Euro, für das Berufungsverfahren ist kein Verfahrenskostenbeitrag zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 idgF (AVG) iVm §§ 24, 5, 19 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 idgF (VStG).

zu II.: §§ 64 und 65 VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 9.2.2011, UR96-84-2010, wurde über den Berufungswerber (in der Folge: Bw) eine Geldstrafe von 1.000 Euro, Ersatzfreiheitsstrafe von 40 Stunden, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 366 Abs. 1 Z3 iVm § 74 Abs.2 Z1 und 2 GewO 1994 iVm den rechtskräftigen Feststellungsbescheiden der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung, Ge20-14-4-2004, Ge20-48-2004 sowie Ge20-40-9-2006, verhängt.

 

Dem Schuldspruch liegt folgender Tatvorwurf zu Grunde:

"Sie haben als gewerberechtlicher Geschäftsführer der Firma H F in B L, , welche im Besitz des Fleischergewerbes ist, folgende Verwaltungsübertretung zu verantworten:

 

Die H F GmbH betreibt im Standort B L, auf den Grundstücken Nr. und, alle KG L, eine gewerbliche Betriebsanlage. Die Behörde hat zuletzt mit Bescheid vom 8. Jänner 2010, Ge20-95-2007, eine Änderung dieser Betriebsanlage gewerbebehördlich genehmigt.

 

Die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung hat mit Bescheid vom 3. Mai 2004, Ge20-48-4-2004-Hd, die Errichtung und den Betrieb von Nachreiferäumen im Standort  B L, K, gewerbebehördlich genehmigt. In den Projektsunterlagen ist die Errichtung einer EAL-Anlage (erweiterte automatische Löschhilfeanlage) vorgesehen. In Punkt 6 der Anlagenbeschreibung der EAL wird ausgeführt: "Die Sprinkleranlage wird nach der Richtlinie TRVB 122, erweiterte automatische Löschhilfeanlagen,; herausgegeben vom Österreichischen Bundesfeuerwehrverband sowie den Österreichischen Brandverhütungsstellen, geplant." Im Punkt 7 "Schutzumfang" wird angegeben: "Manipulation, Rauch-, Kühl-, Lager- und zugehörige Nebenräume." Weiters ist den Projektsunterlagen unter Anderem ein hydraulisches Schema über die erweiterte automatische Löschhilfeanlage angeschlossen. Unter Punkt 12 "Funktion der Anlage" des Bescheides aus dem Jahr 2004 wird ausgeführt: "Im Alarmfall - bei Öffnen eines oder mehrerer Sprinkler - fällt der Druck im Rohrnetz ab und durch die Druckschalter startet die Pumpe automatisch. Mit dem Öffnen einer Alarmventilstation tritt die hydraulische Alarmglocke und die Alarmanzeige an der Brandmeldezentrale in Funktion. Die gestartete Sprinklerpumpe kann nur händisch abgeschaltet werden. Für die Überwachung der wesentlichen Teile der Sprinkleranlage, die eine Funktionsuntüchtigkeit bewirken können, ist eine selbsttätige Meldung auf die Sprinklerüberwachungszentrale und als Summenmeldung auf die Brandmeldezentrale installiert. Ein Brandschutzbeauftragter muss über die Bedienung der Anlage eingewiesen werden."

 

Weiters hat die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung mit Bescheid vom 18. August 2006, Ge20-40-9-2006-Hd, über Antrag der H F GmbH die Änderung der bestehenden Betriebsanlage: im Standort  B L, K, auf den Grundstücken Nr. und, KG  L, durch die Vergrößerung der Reifehalle gewerbebehördlich genehmigt, diesem Bescheid liegt eine Allgemeine Betriebsbeschreibung zu Grunde, der unter Anderem eine Technische Beschreibung einer Kleinsprinkleranlage (EAL) angeschlossen ist. Gemäß Punkt 1 "Vorschriften" der Technischen Beschreibung wird die Kleinsprinkleranlage (EAL) nach den Vorschriften für die Errichtung von erweiterten automatischen Löschhilfeanlagen TRVB 122 geplant. Die Dimensionierung der Sprinklerpumpe, der Wirkflächen und der Rohrnetze erfolgt jedoch nach TRVB 127. Im Punkt 3 "Schutzumfang" wird ausgeführt: "Die Sprinkleranlage für den Zubau wird als Vollschutz geplant, ausgenommen sind nur die zulässigen Ausnahmen laut TRVB". Im Punkt 7 wird zu Aufgabe und Funktion der Sprinkleranlage ausgeführt: "Die Sprinkleranlage ist eine selbsttätige Brandschutzeinrichtung. Sie hat die Aufgabe einen Entstehungsbrand rasch zu erkennen und unter Kontrolle zu halten. Die Sprinkleranlage kann daher weder Löschkräfte noch sonstige Maßnahmen zur Brandbekämpfung ersetzen. Sie schafft die Voraussetzung, dass die Brandbekämpfung auch in schwierigen Situationen mit Erfolg durchgeführt werden kann. Die Sprinkler sind im Bereitschaftszustand der Sprinkleranlage ständig geschlossen und öffnen sich erst, wenn sie auf ihre Öffnungstemperatur von 68 erwärmt sind. Im Brandfalle öffnen daher nicht alle Sprinkler, sondern nur jene, welche im Bereich des Brandherdes die Auslösetemperatur erreicht haben. Im Alarmfall - bei Öffnen eines oder mehrerer Sprinkler - fällt der Druck im Rohrnetz ab. Die Sprinklerpumpe wird gestartet und mit dem Öffnen der Alarmventilstation tritt die hydraulische Alarmglocke und die Alarmanzeige an der Brandmeldezentrale in Funktion. Der Beginn des Löschvorganges erfolgt mit dem Wasseraustritt an den geöffneten Sprinklern. Der Löschvorgang wird erst durch manuelles Schließen des Absperrschiebers und Abschalten der Sprinklerpumpe beendet. Ein Brandschutzbeauftragter wird in die Bedienung der Sprinkleranlage eingewiesen." Der Betriebsbeschreibung ist ein hydraulisches Schema über die Sprinkleranlage angeschlossen.

Bei einer gewerbebehördlichen Verhandlung am 27. November 2008 wurde festgestellt, dass die in den Bescheiden vom 3. Mai 2004 sowie vom 18. August 2006 vorgesehene EAL-Anlage nicht errichtet wurde. Der anlagentechnische Amtssachverständige führte dazu aus: "Durch das Fehlen der entsprechenden, in den Bescheiden geforderten EAL-Anlage und den im Brandschutzkonzept dargelegten Fluchtweglängen (OG ca. 60 m) kann im Zuge eines — Brandfalles jedoch nicht ausgeschlossen werden, dass Fluchtwegbereiche durch Rauch wesentlich beeinträchtigt werden. Durch diese Verrauchung der Fluchtwege ist einerseits eine Vergiftungsgefahr für die Mitarbeiter und andererseits für die Einsatzkräfte nicht auszuschließen."

 

In der Verhandlung am 29. Oktober 2009 wurde festgestellt, dass mit der Errichtung der EAL-Anlage bereits begonnen wurde. Augenscheinlich waren die einzelnen Rohrleitungen im Erd- und Obergeschoß schon ersichtlich. Die ausführende Firma arbeitete mit Hochdruck an der Fertigstellung der Anlage. Der Umstand, dass die EAL-Anlage nicht errichtet wurde, stellt eine wesentliche Änderung, der Betriebsanlage dar. Durch die angeführten Änderungen bzw. das Betreiben der Betriebsanlage ohne die Errichtung der EAL-Anlage ist die abgeänderte Betriebsanlage geeignet, das Leben oder die Gesundheit des Gewerbetreibenden, der nicht den Bestimmungen des Arbeitnehmerinnen­schutzgesetzes unterliegenden mittätigen Familienan­gehörigen, der Nachbarn oder der Kunden, die die Betriebsanlage der Art des Betriebes gemäß aufsuchen, zu gefährden sowie die Nachbarn durch Lärm und Geruch zu belästigen. Dies schon allein deshalb, weil im Zuge eines Brandfalles nicht ausgeschlossen werden kann, dass Fluchtwegbereiche durch Rauch wesentlich beeinträchtigt werden. Für den Betrieb der Anlage ohne EAL Anlage wäre daher eine Betriebsanlagengenehmigung erforderlich gewesen. Eine solche Genehmigung lag nicht vor.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Sie mit - im Berufungsverfahren ergangenem - Erkenntnis vom 15. April 2010, VwSen-222374/7/Bm/Sta, rechtskräftig bestraft, weil Sie die Betriebsanlage in der Zeit von 27. November 2008 bis 29. Oktober 2009 ohne der EAL-Anlage betrieben haben. Herr Ing. R hat uns am 20. April 2010 mitgeteilt, dass die Anlage spätestens Ende Mai 2010 fertig gestellt ist und hat dazu mehrere Auftragsbestätigungen vorgelegt.

Die Betriebsanlage wurde daher jedenfalls am 11. Mai 2010 ohne die in den Bescheiden vom 3.;Mai 2004 und: 18. August -2006 genehmigte  EAL-Anlage betrieben. Es wurde daher am 11. Mai 2010 die bescheidmäßig genehmigte Betriebsanlage ohne die erforderliche Betriebsanlagengenehmigung nach einer Änderung betrieben."

 

 

2. Gegen dieses Straferkenntnis hat der Bw durch seinen anwaltlichen Vertreter fristgerecht Berufung erhoben und diese im Wesentlichen damit begründet, der Beschuldigte habe die ihm vorgeworfene Verwaltungsübertretung jedenfalls in subjektiver Hinsicht nicht begangen. Es fehle jegliches Verschulden, da er die Aufträge zur Fertigstellung der EAL-Anlage schon längst erteilt und auf den Abschluss der Arbeiten keinen Einfluss gehabt habe. Der Berufungswerber habe immer wieder darauf gedrängt, dass die Arbeiten abgeschlossen werden. Der Beschuldigte habe daher die Nichtfertigstellung zum vorgeworfenen Tatzeitpunkt nicht einmal fahrlässig zu verantworten, weil sei außerhalb seines Einflussbereiches liege. Die Strafhöhe ist für den Fall, dass doch leichte Fahrlässigkeit vorliegen sollte, jedenfalls nicht schuld- und tatangemessen. Darüber hinaus würden die Voraussetzungen des § 21 VStG vorliegen.

Es werden daher die Anträge gestellt,

1. eine mündliche Berufungsverhandlung vor dem UVS anzuberaumen und

2. der Berufung Folge zu geben und das angefochtene Straferkenntnis dahingehend abzuändern, dass das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt wird, in eventu von der Verhängung einer Strafe nach § 21 VStG abgesehen wird, in eventu die verhängte Geldstrafe herabgesetzt wird.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung  hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt.

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsstrafakt sowie Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 22.6.2011, zu welcher der anwaltliche Vertreter des Bw erschienen ist.

Im Zuge der mündlichen Verhandlung wurde die Berufung auf die Strafhöhe eingeschränkt.

 

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 366 Abs.1 Z3 GewO 1994 begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu 3.600 Euro zu bestrafen ist, wer eine genehmigte Betriebsanlage ohne die erforderliche Genehmigung ändert oder nach der Änderung betreibt.

 

Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermessensabwägung sind in der Begründung des Bescheides soweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes erforderlich ist.

 

Im angefochtenen Straferkenntnis wurde über den Bw eine Geldstrafe von 1.000 Euro verhängt. Die belangte Behörde ist bei der Strafbemessung von einem monatlichen Nettoeinkommen von 2.000 Euro, keinem Vermögen und keinen Sorgepflichten ausgegangen.

Milderungsgründe wurden nicht angenommen, straferschwerend wurde eine einschlägige Vorstrafe gewertet.

Wenngleich der Bw tatbestandsmäßig gehandelt hat, ist ihm jedoch zuzubilligen, dass die Nichterrichtung der EAL-Anlage nicht ausschließlich auf in seiner Person gelegene Umstände zurückzuführen ist, der Bw trotz allem bemüht war, einen konsensgemäßen Zustand herzustellen und die Nichterrichtung der Anlage auch nicht in wirtschaftlichen Gründen gelegen war. Unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des Falles konnte mit der im  nunmehrigen Ausmaß verhängten Geldstrafe das Auslangen gefunden werden.

 

II. Da der Berufung zumindest teilweise stattgegeben wurde, entfällt die Vorschreibung eines Beitrages zu den Kosten des Berufungsverfahrens.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Mag. Michaela Bismaier

 

 

 

 

 

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