Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-252902/3/Kü/Hue

Linz, 27.07.2011

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Thomas Kühberger über die auf das Strafausmaß eingeschränkte Berufung des Herrn X X, X, X, vertreten durch X & X Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesell­schaft mbH & Co KG, X, X, vom 22. Juni 2011 gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Steyr vom 6. Juni 2011, Zl. SV-6/11, wegen einer Übertretung des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG) zu Recht erkannt:

 

 

I.         Der Berufung wird insofern Folge gegeben, als die verhängte Geldstrafe auf 365 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 56 Stunden herabgesetzt wird.

 

II.     Der Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der Behörde erster Instanz verringert sich auf 36,50 Euro. Zum Berufungsverfahren ist kein Kostenbeitrag zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.:  § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 19, 20, 24, 51 und 51e Abs.3 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl.    Nr.52/1991 idgF

zu II.: §§ 64 und 65 VStG

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Steyr vom 6. Juni 2011, Zl. SV-6/11, wurde über den Berufungswerber (im Folgenden: Bw) wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 33 Abs.1 iVm § 111 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG) eine Geldstrafe von 750 Euro, im Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 96 Stunden verhängt.

Gleichzeitig wurde ein Verfahrenskostenbeitrag in Höhe von 75 Euro vorgeschrieben.

 

Dem Straferkenntnis liegt folgender Tatvorwurf zugrunde:

"Sie haben es als Gewerbeinhaber der Firma X X, in X, X, verwaltungsstrafrechtlich zu vertreten, dass die tschechische Staatsbürgerin X X, geb. am X, in der Zeit vom 18.10.2010 bis zum 27.10.2010 um 9.45 Uhr, von oa. Firma als Reinigungskraft als Dienstnehmerin beschäftigt wurde, ohne dass diese Dienstnehmerin vor Arbeitsantritt von oa. Firma als verantwortliche Dienstgeberin beim zuständigen Sozialversicherungsträger angemeldet wurde. Der Monatslohn von Fr. X X lag über der Geringfügigkeitsgrenze des § 5 (2) ASVG. Fr. X X arbeitete gemäß den Anweisungen und auf Rechnung oa. Firma. Sie war somit Dienstnehmerin.

Da die Dienstgeber jeden von ihnen beschäftigten vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden haben, stellt dies eine Übertretung der Bestimmungen des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG) dar."

 

Zur Strafbemessung finden sich in der Begründung des bekämpften Bescheides keine Ausführungen.

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig über den Vertreter eingebrachte Berufung vom 22. Juni 2011, in der im Wesentlichen vorgebracht wird, dass ein Vertreter des Unternehmens dem Vertreter des Bw fristgerecht die Anmeldung der Mitarbeiterin aufgetragen habe. Der Firma sei mitgeteilt worden, dass bis zur Klärung der offenen Honorare die Anmeldung durch den Vertreter des Bw nicht durchgeführt werde. Nachdem diese Fragen am 27. Oktober 2010 geklärt waren, sei Frau X rückwirkend per 18. Oktober 2010 angemeldet worden. Der Grund für die verspätete Anmeldung dürfte ein "kommunikatives Missverständnis" zwischen dem Unternehmen und dem Vertreter gewesen sein. Abschließend legt der Vertreter des Bw die Einkommensverhältnisse des Bw dar.

 

Beantragt wird, wegen der Erstmaligkeit der "Verfehlung" von der Festsetzung einer Strafe Abstand zu nehmen.

 

3. Der Magistrat Steyr hat die Berufung samt bezughabenden Verwaltungsstrafakt mit Schreiben vom 28. Juni 2011 vorgelegt.

 

Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der Unabhängige Verwaltungssenat zur Entscheidung durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Mitglied berufen (§ 51c VStG).

 

4. In einem Telefonat mit dem Oö. Verwaltungssenat am 11. Juli 2011 stellte der Vertreter des Bw klar, dass sich die Berufung lediglich gegen die Strafhöhe richte, da nicht wegzudiskutieren sei, dass die Arbeitskraft zu spät angemeldet worden sei. Beantragt wurde eine ao. Strafmilderung (§ 20 VStG).

 

Damit konnte von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung gem. § 51e Abs.3 Z2 VStG abgesehen werden, da sich die Berufung nur gegen die Höhe der verhängten Strafe richtet und von keiner Verfahrenspartei die Durchführung einer Berufungsverhandlung beantragt wurde.

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

5.1. Da sich die Berufung ausschließlich gegen das Strafausmaß des Straferkenntnisses richtet, ist der Schuldspruch in Rechtskraft erwachsen und es ist dem Oö. Verwaltungssenat verwehrt, sich inhaltlich mit der Entscheidung der Erstbehörde auseinander zu setzen.

 

5.2. Gem. § 111 Abs.1 ASVG handelt ordnungswidrig, wer als Dienstgeber oder sonstige nach § 36 meldepflichtige Person (Stelle) oder als bevollmächtigte Person nach § 35 Abs.3 entgegen den Vorschriften dieses Bundesgesetzes

         1. Meldungen oder Anzeigen nicht oder falsch oder nicht rechtzeitig

             erstattet oder

         2. Meldungsabschriften nicht oder nicht rechtzeitig weitergibt oder

         3. Auskünfte nicht oder falsch erteilt oder

         4. gehörig ausgewiesene Bedienstete der Versicherungsträger während der           Betriebszeiten nicht in Geschäftsbücher, Belege und sonstige

             Aufzeichnungen, die für das Versicherungsverhältnis bedeutsam sind,

             einsehen lässt.

 

Nach § 111 Abs.2 ASVG ist die Ordnungswidrigkeit nach Abs.1 von der Bezirksverwaltungsbehörde als Verwaltungsübertretung zu bestrafen, und zwar

-         mit Geldstrafe von 730 Euro bis zu 2.180 Euro, im Wiederholungsfall von 2.180 Euro bis zu 5.000 Euro,

-         bei Uneinbringlichkeit der Geldstrafe mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen,

sofern die Tat weder den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet noch nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist. Unbeschadet der §§ 20 und 21 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 kann die Bezirksverwaltungsbehörde bei erstmaligem ordnungswidrigen Handeln nach Abs.1 die Geldstrafe bis auf 365 Euro herabsetzen, wenn das Verschulden geringfügig und die Folgen unbedeutend sind.

 

Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, in wie weit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Nach § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu  nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechts sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermessensabwägung sind in der Begründung des Bescheides so weit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes erforderlich ist. § 19 Abs.1 VStG enthält somit jene objektiven Kriterien, die Grundlage für jede Strafbemessung sind. Darüber hinaus normiert Abs.2 für das ordentliche Verfahren eine Reihe weiterer subjektiver Umstände.

 

Gem. § 20 VStG kann die Mindeststrafe bis zur Hälfte unterschritten werden, wenn die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe beträchtlich überwiegen oder der Beschuldigte ein Jugendlicher ist.

 

Die Erstbehörde hat bei der Strafbemessung keine Aspekte des Falles strafmildernd oder straferschwerend gewertet. Auch fehlt eine Begründung dahingehend, weshalb eine Strafe, welche über der Mindeststrafe liegt, als ausreichend angesehen wurde.

 

Im gegenständlichen Verfahren sind jedoch mildernd die Unbescholtenheit des Bw und sein Tatsachengeständnis zu werten. Erschwerungsgründe sind nicht zutage getreten.

 

Für das beträchtliche Überwiegen der Milderungsgründe gegenüber den Erschwerungsgründen kommt es nicht auf die Zahl der Milderungs- und Erschwernisgründe, sondern ausschließlich auf deren Bedeutung – somit dem Gewicht nach – im Rahmen des konkret gegebenen Sachverhalts an und ist danach zu beurteilen (vgl. u.a. VwGH 92/02/0095 v. 27.2.1992).

 

Unter Zugrundelegung der vorgenannten Milderungsgründe und im Hinblick auf die Besonderheit des Falles (kommunikatives Missverständnis zwischen dem Bw und seinem Vertreter, welches glaubwürdig dargelegt wurde) sowie der Tatsache, dass die gegenständliche Verwaltungsübertretung erst durch die Nachmeldung der Beschäftigten durch den (Vertreter des) Bw aufgedeckt wurde, vertritt der Unabhängige Verwaltungssenat die Ansicht, dass die Anwendung des ao. Milderungsrechtes (§ 20 VStG) und eine Herabsetzung der Mindeststrafe auf die Hälfte gerechtfertigt ist, zumal auch Erschwerungsgründe im Verfahren nicht hervorgetreten sind.

 

Eine Anwendung des § 21 Abs.1 VStG scheidet aus, da die Tat im gegebenen Zusammenhang nicht hinter dem deliktstypischen Unrechts- und Schuldgehalt zurückbleibt und es daher an den kumulativen Voraussetzungen (unbedeutende Tatfolgen sowie geringfügigem Verschulden) mangelt: Der Bw als Unternehmer hat für eine rechtzeitige Anmeldung von Beschäftigten beim Sozialversicherungsträger bzw. für eine entsprechende Kontrolle des dafür Beauftragten (in gegenständlichen Fall: des beauftragten Steuerberatungsbüros)  Sorge zu tragen. Da der Bw dieser Verpflichtung nicht nachgekommen ist, ist damit geringfügiges Verschulden nicht gegeben.  

 

Die nunmehr verhängte Geldstrafe ist nach Ansicht des Oö. Verwaltungssenates ausreichend, um den Bw in Hinkunft von der Begehung gleichartiger Verwaltungsübertretungen abzuhalten.

 

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

 

6. Aufgrund des Umstandes, dass die verhängte Geldstrafe herabgesetzt wurde, war auch der Beitrag zu den Verfahrenskosten der ersten Instanz, welche gemäß § 64 VStG 10 % der verhängten Geldstrafe betragen, entsprechend herabzusetzen. Da die Berufung teilweise Erfolg hatte, waren die Kosten des Berufungsverfahrens gemäß § 65 VStG dem Bw nicht aufzuerlegen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

     

 

 

Mag. Thomas Kühberger

 

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum