Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-522886/2/Sch/Eg

Linz, 13.07.2011

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Schön über die Berufung des Herrn A.H., geb. x, Adresse, vertreten durch die Rechtsanwälte x, hinsichtlich der Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung und Verhängung eines Lenkverbotes für Motorfahrräder durch den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf an der Krems vom 3. Juni 2011, Zl. VerkR21-136-2011, zu Recht erkannt:

 

 

Die Berufung wird abgewiesen und der Bescheid im angefochtenen Umfang bestätigt.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 66 Abs.4 und 67a AVG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Die Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf an der Krems hat mit Bescheid vom 3. Juni 2011, VerkR21-136-2011, die Herrn A.H., geb. x, die für die Klasse B erteilte Lenkberechtigung für die Dauer von fünf Monaten, gerechnet ab Abnahme des Führerscheins (15.4.2011) bis einschließlich 15.9.2011 entzogen und ihm das Recht zum Gebrauch einer ausländischen Lenkberechtigung in Österreich aberkannt.

Gleichzeitig wurde den Berufungswerber das Lenken von Motorfahrrädern, vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen und Invalidenkraftfahrzeugen ab dem Datum der Zustellung des Bescheides vom 20.4.2011 (22.4.2011) bis einschließlich 15.9.2011 verboten und in diesem Bescheid angeordnet, dass diese Frist jedoch nicht vor Befolgung der im Punkt III. des Bescheides vom 20.4.2011 getroffenen Anordnung (Anordnung einer Nachschulung für alkoholauffällige Kraftfahrer und Verlängerung der Probezeit bis 2.9.2013) endet.

Als Rechtsgrundlagen werden die §§ 7 Abs. 1 und 3, 24 Abs. 1, 25 Abs. 1 und 3, 26 Abs. 1 Ziffer 1, 29 Abs. 4 und 32 Abs. 1 FSG genannt.

 

Ebenfalls wurde einer allfälligen Berufung die aufschiebende Wirkung nach § 64 Abs. 2 AVG aberkannt.

 

2. Gegen diesen Bescheid hat der Berufungswerber rechtzeitig Berufung im Hinblick auf die Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung sowie auf die Verhängung eines Lenkverbotes für Motorfahrräder erhoben. Vom Instrumentarium der Berufungsvorentscheidung hat die Erstbehörde nicht Gebrauch gemacht und die Berufung vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates gegeben.

 

Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung erwies sich als nicht erforderlich (§ 67d Abs.1 AVG).

 

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Folgendes erwogen:

 

In der Polizeianzeige vom 16. April 2011 finden sich folgende Ausführungen zum relevanten Sachverhalt:

 

"Am 15.04.2011 um 23:42 wurde der VU von Zeugen auf der PI Kirchdorf angezeigt. Dabei wurde angegeben, dass der Lenker eines silbernen 5er-BMW übertrieben schnell gefahren und um die Kurve beim "Bachhalm" gedriftet sei. Anschließend ist er gegen die Laterne direkt vor dem Rathaus in Kirchdorf geprallt. Durch den Unfall wurden eine Straßenlaterne, ein Mistkübel sowie ein Fahrradständer zum Nachteil der Stadtgemeinde Kirchdorf beschädigt.

Ohne auszusteigen, ist der Lenker dann von der Unfallstelle weg in Richtung Schiedermayerstraße gefahren.

Nach der Anzeigeerstattung fuhren die Beamten der Streife Kirchdorf Sektor 1 zur Unfallstelle, wo zahlreiche Spuren des verursachenden Wagens festgestellt wurden. Aufgrund der Zeugenaussagen wurde die Fahndung nach dem Wagen im Nahbereich durchgeführt. Der Wagen konnte schließlich gegen 23:50 Uhr vor dem Haus Xstraße Nr. X versperrt, schwer beschädigt und ohne Lenker festgestellt werden.

Nach kurzer örtlicher Fahndung konnte der flüchtige Lenker, A.H. im Bereich des Hintereinganges des Objektes Xstraße Nr. X aufgegriffen werden, wo er sich zu verstecken versuchte.

H. war den Beamten gegenüber zu keinerlei Auskunft bereit.

Ein durchgeführter Alkotest verlief positiv."

 

Auch sind in der Anzeige die Angaben des Berufungswerbers über den Grund seines Verhaltens angeführt, dort heißt es, er habe wegen privater Familienprobleme nicht alles unter Kontrolle gehabt.

 

Es wurde beim Berufungswerber um 00:25 Uhr eine Untersuchung der Atemluft auf Alkoholgehalt durchgeführt, welche einen Wert von 0,54 mg/l Atemluftalkoholgehalt ergeben hat.

 

4. Gemäß § 26 Abs. 1 Z. 2 FSG hat die Mindestdauer der Entziehung der Lenkberechtigung im Falle der Übertretung des § 99 Abs. 1b StVO 1960 durch den Lenker eines Kraftfahrzeuges drei Monate zu betragen, wenn der Lenker bei dieser Begehung einen Verkehrsunfall verschuldet hat.

 

Dieser Entziehungstatbestand trifft gegenständlich zu, zumal nach den unbestritten gebliebenen Angaben in der oben erwähnten Polizeianzeige kein Zweifel daran bestehen kann, dass der Berufungswerber offenkundig ganz vorsätzlich gefährliche Fahrmanöver gesetzt hat, die im Verein mit seiner Alkoholbeeinträchtigung nahezu zwangsläufig zu einem Verkehrsunfall führen mussten.

 

Der Berufungswerber vermeint, dass unbeschadet dessen mit einer Entziehungsdauer von drei Monaten gegenständlich das Auslangen hätte gefunden werden müssen.

 

Dieser Ansicht vermag sich aber die Berufungsbehörde nicht anzuschließen. Von der Erstbehörde wurden die Wertungskriterien des § 7 Abs. 4 FSG im Hinblick auf die Festsetzung der Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung zutreffend berücksichtigt und auf den vorliegenden Fall angewendet. In dieser Bestimmung heißt es, dass für die Wertung der relevanten bestimmten Tatsachen deren Verwerflichkeit, die Gefährlichkeit der Verhältnisse, unter denen sie begangen wurden, die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit maßgebend sind.

 

Im gegenständlichen Fall sind hinreichend Gründe vorhanden, es nicht bei gesetzlichen der Mindestdauer der Entziehung der Lenkberechtigung des Berufungswerbers zu belassen. Der Berufungswerber war zum Unfallszeitpunkt ohne Zweifel alkoholbeeinträchtigt im Sinne der Bestimmung des § 99 Abs. 1b StVO 1960, wobei anzufügen ist, dass die Alkomatuntersuchung erst ca. 45 Minuten nach dem Unfallszeitpunkt erfolgte. Geht man davon aus, dass kein Nachtrunk in dieser Zeit erfolgte, welcher auch nie behauptet wurde, kann angenommen werden, dass aufgrund des inzwischen erfolgten Alkoholabbaus der relevante Wert beim Berufungswerber noch höher war, als er ohnedies zum Untersuchungszeitpunkt noch festgestellt wurde. Hervorzuheben ist auch insbesondere das Fahrverhalten des Berufungswerbers in diesem alkoholisierten Zustand noch dazu. Er ist als Lenker eines PKW zur Nachtzeit im Zentrum von Kirchdorf mit offenkundig überhöhter Geschwindigkeit in eine Kurve gedriftet, dabei dürfte er die Kontrolle über das Fahrzeug verloren haben und prallte gegen eine Laterne, einen Mistkübel und einen Fahrradständer. Diese Tatsache beeindruckte ihn offenkundig nicht, er fuhr vielmehr von der Unfallstelle weg und versuchte sich vor Eintreffen der Polizei auch noch zu verstecken. Im Rechtsmittel gegen den Entziehungsbescheid rechtfertigt sich der Berufungswerber mit einem Schockzustand. Dem ist allerdings entgegen zu halten, dass ein sogenannter Unfallschock nur in besonders gelagerten Fällen und bei einer gravierenden psychischen Ausnahmesituation das Unterlassen eines pflichtgemäßen Verhaltens entschuldigen kann. Ein Schock im medizinischen Sinn ist zudem mit der Notwendigkeit einer ärztlichen Versorgung verbunden, da er einen lebensbedrohlichen Umstand darstellt. Im Regelfall, so auch gegenständlich, kann dem Berufungswerber höchstens ein "Unfallschreck" zugestanden werden. Einem Kraftfahrer, welcher die Risiken einer Teilnahme im Straßenverkehr auf sich nimmt, muss aber ein solches Maß an Charakter und Willensstärke abverlangt werden, dass er den Schock (Schreck) über den Unfall und die etwa drohenden Folgen zu überwinden vermag (VwGH 5.4.1989, 88/03/0260 uva.).

 

Die Verantwortung des Berufungswerbers muss also als Schutzbehauptung abgetan werden.

 

Zum vermeintlichen Rechtfertigungsgrund, er habe familiäre Probleme gehabt, bleibt nur die Anmerkung, dass das ein schon als aggressiv zu bezeichnendes Lenkverhalten eines Führerscheinbesitzers in Verbindung mit einer Alkoholbeeinträchtigung unter Verursachung von Sachschäden samt anschließender Fahrerflucht keine Bewältigungsstrategie für solche Probleme darstellen können. Dazu kommt noch, dass der Berufungswerber offenkundig nicht in der Lage oder willens ist, den übermäßigen Konsum von Alkohol und die Teilnahme als Lenker eines Kraftfahrzeuges im Straßenverkehr zu trennen. Deshalb scheint eine Verwaltungsstrafvormerkung wegen Übertretung des § 14 Abs. 8 FSG auf. Eine solche Übertretung stellt zwar keine bestimmte Tatsache im Deliktskatalog des § 7 Abs. 3 FSG dar, sie darf aber bei der umfassenden Betrachtung einer Persönlichkeit im Hinblick auf die für die Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung notwendigen Zukunftsprognose nicht außer Acht gelassen werden.

 

Der Erstbehörde kann daher nicht entgegen getreten werden, wenn sie davon ausgeht, dass der Berufungswerber nicht vor Ablauf einer Entziehungsdauer von fünf Monaten seine Verkehrszuverlässigkeit zurück erlangen werde.

 

 

 

 

5. Zur Frage des Lenkverbotes für Motorfahrräder:

Die Berufungsbehörde kann den theoretischen Ausführungen in der Berufungsschrift durchaus beitreten, sie treffen bloß auf den gegenständlichen Fall nicht zu.

Der Berufungswerber ist nicht (lediglich) im Rahmen einer Verkehrskontrolle aufgefallen, sondern hat massive Verkehrsverstöße begangen. Es gebietet daher das Erfordernis der Verkehrssicherheit, dem Berufungswerber auch das Lenken von Motorfahrrädern unter Anwendung der Bestimmung des § 32 Abs. 1 Z. 1 FSG zu verbieten. Beim Berufungswerber ist die Prognose nicht von der Hand zu weisen, dass er auch als Lenker eines Motorfahrrades eine Gefahr für die Verkehrssicherheit darstellen werde. Diese Ausführungen zum gegenständlichen Fall ändern aber nichts daran, dass der Oö. Verwaltungssenat bei der Betrachtung der Frage eines Lenkverbotes auch für Motorfahrräder eine differenzierte Sichtweise für gerechtfertigt erachtet. Die Fälle, in denen von einem Lenkverbot Abstand genommen werden kann, müssen aber besonders gelagert sein, um nicht im Widerspruch zur einschlägigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu stehen, der die Verkehrszuverlässigkeit grundsätzlich als nicht teilbar ansieht.

 

Der Berufung konnte sohin in keinem der angezogenen Punkte Erfolg beschieden sein.

 

6. Der Ausschluss der aufschiebenden Wirkung einer Berufung ist in § 64 Abs.2 AVG und der dazu ergangenen ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes im Falle der Verkehrsunzuverlässigkeit eines Inhabers einer Lenkberechtigung begründet.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweise:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

2. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 13,20 Euro angefallen.

 

 

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