Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-100798/15/Br/La

Linz, 01.05.1996

VwSen - 100798/15/Br/La Linz, am . Mai 1996 DVR.0690392 - &

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr.Bleier über die Berufung des Herrn Fritz HAMMINGER, wh. in Unterbach Nr. 7, 5522 St.Martin/Tgb. vom 12. 8. 1992, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf a.d. Krems vom 21. Juli 1992, VerkR-96/1882/1991/Bi/St, wegen Übertretung der zu 1. § 102 Abs.1 des Kraftfahrgesetzes 1967 - KFG iVm. § 4 Abs.4 Kraftfahrgesetz-Durchführungsverordnung 1967 KDV, 2. u. 3. § 102 Abs .1 KFG und 4. § 102 Abs.2 KFG alle iVm. § 134 KFG, zu Recht:

I. Der Berufung wird insoweit Folge gegeben, als die verhängte Strafe zu 1. auf 700 S, zu 2. auf 300 S, zu 3. auf 300 S herabgesetzt wird und zu 4. 200 S bestätigt werden; für den Fall der Nichteinbringlichkeit wird die Ersatzfreiheitsstrafe zu 1. mit 16 Stunden, zu 2. und 3. mit jeweils 9 Stunden festgesetzt und zu 4. wird die Ersatzfreiheitsstrafe auf 6 Stunden herabgesetzt; die erstinstanzlichen Verfahrenskosten reduzieren sich demzufolge zu 1. auf 70 S, 2. und 3. auf je 30 S; gesamt sohin 150 S (10% der verhängten Geldstrafe).

II. Gemäß § 65 VStG entfällt ein Kostenbeitrag für das Berufungsverfahren.

Rechtsgrundlage: § 102 Abs.1 und § 102 Abs.2 iVm. § 134 Abs.1 des Kraftfahrgesetzes 1967, BGBl.Nr. 267/1967 idF. BGBl.Nr.695/1991 - KFG iVm. § 4 Abs.4 der Kraftfahrgesetz-Durchführungsverordnung 1967 idF. BGBl.Nr. 399/1967 - KDV, § 63 Abs.3 und § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl.Nr. 51/1991 - AVG iVm. § 24, § 51 Abs.1 und § 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52/1991 - VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf a.d. Krems hat mit Straferkenntnis vom 12. August 1992 über den Berufungswerber wegen der vom 21. Juli 1992, VerkR-96/1882/1991/Bi/St, wider den Berufungswerber wegen Übertretung der § 102 Abs.1 KFG iVm. § 4 Abs.4 KDV, sowie § 102 Abs.1 KFG, 102 Abs.2 KFG alle iVm. § 134 KFG, Geldstrafen von 1.) 2.000 S, 2.) 1.000 S, 3.) 800 S und 4.) 200 S und für den Fall der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafen von 1.) 2 Tagen, 2.) 1 Tag, 3.) 1 Tag und 4.) 12 Stunden, verhängt, weil er es als am 21.3.1991 um 16.15 Uhr den Kraftwagenzug, Kennzeichen GM-365 I, den Anhänger Kennzeichen GM-855 I, nächst dem Hause Haratzmüllerstraße Nr. 98 im Ortsgebiet von Steyr in Richtung stadtauswärts gelenkt habe, wobei er sich vor Antritt der Fahrt, obwohl ihm dies zumutbar gewesen wäre, nicht davon überzeugt hätte, daß das Kraftfahrzeug und der Anhänger, sowie deren Beladung den kraftfahrrechtlichen Vorschriften entsprochen hätten, weil 1. am Kraftwagen der linke hintere äußere sowie der rechte hintere innere Zwillingsreifen die erforderliche Mindestprofiltiefe von 2 mm nicht mehr aufgewiesen habe, 2. der Kraftwagen folgende Mängel aufgewiesen hätte: Streuglas des linken vorderen Fahrtrichtungsanzeigers, sowie der linke hintere Rückstrahler zerbrochen gewesen wäre, der linke seitliche Rückstrahler, sowie die Kennzeichenleuchte gefehlt hätten und das Abblendlicht defekt gewesen wäre, die Luftdruckbremsanlage undicht (Ölverlust beim Luftpresser) der linke Scheibenwischer und die Scheibenwaschanlage nicht vorhanden gewesen wären~ und der linke Führerhausträger abgerissen gewesen wäre; 3. der Anhänger noch folgende Mängel aufgewiesen hätte: die linke Begrenzungsleuchte sowie die Kennzeichenleuchte defekt gewesen wären und der seitliche linke Rückstrahler gefehlt hätte, die Feststellbremse defekt gewesen wäre, der Lastkraftregler falsch eingestellt gewesen wäre; 4. hätte der Berufungswerber als Lenker des vorangeführten Kraftfahrzeuges nicht dafür gesorgt, daß das Kennzeichen des Anhängers vollständig lesbar gewesen wäre, indem es verschmutzt gewesen sei.

1.1. Begründend führte die Erstbehörde aus, die Verwaltungsübertretungen seien durch die dienstliche Wahrnehmung zweier Organe der Bundespolizeidirektion Steyr als erwiesen anzusehen. Im übrigen habe der Berufungswerber die ihm zur Last gelegten Übetretungen nicht bestritten, sodaß sich eine weitere Begründung des Straferkenntnisses erübrige. Die Überschreitung des höchstzulässigen Gesamtgewichtes von 38 t sei gemäß § 45 Abs.1 VStG einzustellen gewesen, weil im konkreten Fall nur die Überladung des Zugfahrzeuges festgestellt worden sei. Die Strafe sei im Ausmaß des Verschuldens, unter Berücksichtigung des § 19 VStG unter Bedachtnahme auf den Umstand der Unbescholtenheit und eines Einkommens von ca. 15.000 S und keinem Vermögen festgesetzt worden, wobei die Einkommens- und Vermögenssituation geschätzt worden sei. Für die zur Bekanntgabe dieser Daten habe der Berufungswerber die ihm gesetzte Frist unbeantwortet gelassen.

2. Dagegen bringt der Berufungswerber in seiner Berufungsschrift im wesentlichen vor, als ehemaliger Fernfahrer habe er sich sehr wohl vor Fahrtantritt durch einen Rundgang ums Fahrzeug um etwaige augenfällige Mängel umgeschaut. Diese wären wenn möglich vor Ort behoben worden. Ferner habe er sich auch angewohnt gehabt, während der Fahrt auf Fahrverhalten, Geräuschentwicklungen, Luftdruck und Öldrücke zu achten. Ebenfalls sei auch wiederum nach der Fahrt ein gleich motivierter Rundgang gemacht worden. Auch bei den Fahrzeugen der Fa. Wolf Systembau habe er diese Kontrollen ständig gemacht. Augenscheinliche Mängel seien immer umgehend dem Disponenten Herrn Raffelsberger Karl, welchen jedoch die Anliegen des Berufungswerbers nie interessiert hätten, mitgeitelt worden. Auch dem Betriebsleiter Stadler und wöchtenlich auch dem Fahrzeughalter Herrn Johann Wolf sei von bestehenden Mängeln berichtet worden. Er (der Berufungswerber) sei leider immer darauf verwiesen worden, daß die Ersatzteile zur Reparatur schon bestellt seien und die 2 Mechaniker leider 70 Fahrzeuge zu betreuen hätten. Auf Grund seines laufenden diesbezüglichen Drängens sei er als lästiger Mitarbeiter bezeichnet worden und das Arbeitsverhältnis mit ihm gelöst worden. Er habe auch noch Lohnforderungen von der Fa. Wolf offen. Die Mängel hinsichtlich der Punkte 1. 2. und 3. würde er zurückweisen. Richtig sei, daß die Typenschilder mit der Fahrgestellnummer an der Deichsel und mit den Gewichtsangaben gefehlt hatte. Der Lastkraftregler habe zum Zeitpunkt der Anhaltung überhaupt nicht funktioniert. Er sehe nicht ein für einen Fahrzeughalter bestraft zu werden, welcher in seinem Betrieb Fahrzeuge verwenden läßt, die nicht den Vorschriften entsprächen. Er sei zwar bereit eine Strafe für die "gezwungenermaßen" Inbetriebnahme des LKW-Zuges, nicht jedoch für die Sicherheitsmängel des Fahrzeuges, welche trotz oftmaliger bei der Fa. Wolf erfolgte Bemängelung des Zustandes des Fahrzeuges durch ihn, nicht behoben worden seien. Es sei ihm schließlich nicht zuzumuten gewesen, die Mängel aus den eigenen Ersparnissen beheben zu lassen.

3. Die Erstbehörde hat nach Erlassung einer Strafverfügung am 20.6.1991 und zahlreichen zwischenzeitig erfolgten Abtretungsversuchen an die Bundespolizeidirektion Steyr und die Bezirkshauptmannschaft St.Johann i.Pongau, ihre Zuständigkeit letztlich wahrgenommen und das ordentliche Verwaltungsstrafverfahren durchgeführt. Mit 27.8.1992 wurde auf Grund der Berufung der Verwaltungsstrafakt an den unabhängigen Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt. Da die verhängte Strafe unter 10.000 S liegt, hat dieser durch eines seiner Mitglieder in der Sache zu entscheiden. Gemäß § 51e Abs.1 VStG war eine öffentliche mündliche Verhandlung anzuberaumen.

4. Gegenstand der Prüfung war für den unabhängigen Verwaltungssenat daher in welcher Weise die Überprüfung(en) stattgefunden hat (haben), die Mängel bestanden haben und ob bzw. inwieweit der Berufungswerber durch Hinweis auf die Mängel gegenüber den Verantwortlichen bei der Beurteilung des Schuldgehaltes exkulpierbar ist.

4.1. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis aufgenommen durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf a.d. Krems, VerkR-96/1882/1991, sowie durch Beweisaufnahme in der gemäß § 51e Z.1 VStG anberaumten öffentlichen mündlichen Verhandlung durch die Vernehmung des Berufungswerbers und des Karl Raffelsberger als Zeugen. Die ebenfalls geladenen Zeugen Johann Stadler und Johann Wolf hatten sich mit Schreiben vom 5.10.1992 wegen geschäftlicher Ortsabwesenheit entschuldigt.

5. Zur Sache selbst hat der unabhängige Verwaltungssenat festgestellt:

5.1. Der Berufungswerber räumt im Zuge seiner Vernehmung vor dem Einzelmitglied des unabhängigen Verwaltungssenates ein, die ihm zur Last liegenden Übertretungen begangen zu haben. Wie in seinem bisherigen Vorbringen betonte er jedoch, daß er immer wieder auf bestehende Mängel am Fahrzeug aufmerksam gemacht habe. Vor verfahrensgegenständlicher Fahrt habe er den Zeugen Raffelsberger auf die Notwendigkeit diverser Mängelbehebungen, welche letztlich Gegenstand dieser Anzeige geworden sind, noch aufmerksam gemacht gehabt. Trotzdem habe die Reparatur nicht vorgenommen werden können, und sei er so verhalten gewesen zu fahren. Durch die Aussage des Zeugen Raffelsberger konnte die Rechtfertigung des Berufungswerbers untermauert werden. Der Zeuge räumt ein, daß es immerhin möglich gewesen sein mag, daß der Berufungswerber unter Druck gestanden ist, das Fahrzeug trotz diverser Mängel in Betrieb zu nehmen. Die Verantwortung des Berufungswerbers ist angesichts der Aussage des Zeugen Raffelsberger durchaus glaubwürdig und den Denkgesetzen entsprechend nachvollziehbar. Es steht sohin fest, daß beim Berufungswerber eine Pflichtenkollision vorliegend war. Einerseits war er verbunden die ihm vom Arbeitgeber übertragenen Aufgaben zu erfüllen, andererseits war ihm aber bekannt, daß er bei der Inbetriebnahme des ihm überantworteten Fahrzeuges sich der Übertretung kraftfahrrechtlicher Bestimmungen schuldig macht. Dies hat er schließlich auch in Kauf genommen.

6. Rechtlich ist auszuführen, daß ein Fahrzeuglenker im Sinne des § 102 KFG ein Fahrzeug erst dann in Betrieb nehmen darf, wenn er sich, soweit ihm dies zumutbar ist, davon überzeugt hat, daß das von ihm zu lenkende Kraftfahrzeug und ein mit diesem zu ziehender Anhänger den gesetzlichen Vorschriften entspricht. Im Sinne dieser Bestimmung hätte das Fahrzeug, trotz Vorliegens der für den Berufungswerber bestehenden Pflichtenkollision, nicht in Betrieb genommen werden dürfen. Ein Notstand im Sinne des § 6 VStG liegt diesbezüglich nicht vor. Wirtschaftliche Nachteile - welche der Berufungswerber im Falle der Weigerung das Fahrzeug in Betrieb zu nehmen glaubhaft annehmen durfte - begründen im Sinne der Rechtsprechung des VwGH (Erk. v. 26.5.1987, 86/17/0016) erst dann eine Notstandssituation, wenn diese Nachteile die Lebensmöglichkeit selbst unmittelbar zu bedrohen geeignet waren. So weitgehende Nachteile konnten in dieser Fallgestaltung jedoch nicht befürchtet werden.

6.1. Sehr wohl waren diese widrigen Umstände jedoch bei der Schuldzumessung im Sinne der analog anzuwendenden Bestimmung des § 34 StGB zu berücksichtigen. Demzufolge liegen "achtenswerte Gründe" dann vor, die auch einem rechtstreuen Menschen die Begehung einer Übertretung nahelegen. Gleichsam bei einem Handeln im (zumindest teilweisen) Einklang mit rechtlich anerkannten Werten. Ein solcher Wert ist konkret eben in der Erfüllung der Pflicht gegenüber dem eigenen Arbeitgeber zu erblicken (Wiener Kommentar zum Strafgesetzbuch, Foregger - Nowakowski, Manzsche Verlags- und Universitätsbuchhandlung, Wien 1986).

6.2. Zur Strafzumessung ist anzumerken, daß die von der Erstbehörde verhängte Strafe an sich keinesfalls zu hoch bemessen wurde, dennoch waren auf Grund der zuletzt angeführten Umstände die Strafsätze noch weiter zu reduzieren. Zu berücksichtigen waren noch bei wohl als durchschnittlich anzusehendem Einkommen, jedoch liegen zwischenzeitig ungünstigere Vermögens- und auch andere Familienverhältnisse vor, sodaß die Strafe noch weiter zu reduzieren gewesen ist. Als mildernd war auch noch die verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit zu werten.

Im übrigen ist bei der Strafzumessung gemäß § 19 VStG Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe (siehe 6.1.), soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 35 StGB (Strafgesetzbuch) sinngemäß anzuwenden.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof oder beim Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Ergeht an: 1. Herrn HAMMINGER, Unterbach Nr.7, 5522 St. Martin/Tbg.

2. Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf a.d.Krems unter Rückschluß des Aktes VerkR-96/1882/1991 vom 27.8.1992 mit dem Ersuchen um nachweisliche Zustellung des Originalerkenntnisses an den Berufungswerber.

Beilagen Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. B l e i e r 6

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