Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-281280/8/Re/Sta

Linz, 22.07.2011

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine VII. Kammer (Vorsitzender: Dr. Ewald Langeder, Berichter: Dr. Werner Reichenberger, Beisitzer: Dr. Leopold Wimmer) über die Berufung des Herrn G P, S, L, eingelangt bei der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck am 9. November 2010, somit innerhalb offener Frist,  gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck  vom 25. Oktober 2010, Ge96-2505-2010, wegen einer Verwaltungsübertretung nach den Vorschriften des Arbeitsinspektionsgesetzes (ArbIG) zu Recht erkannt:

 

 

I.       Der Berufung wird Folge gegeben, das Straferkenntnis vom 25. Oktober 2010, Ge96-2505-2010, behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II.     Es entfällt die Vorschreibung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu  I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) iVm §§ 9, 24, 45 Abs.1 Z2 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG).

zu II.: § 66 Abs.1  VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.  Mit dem Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 25. Oktober 2010, Ge96-2505-2010, wurde über den Berufungswerber eine Geldstrafe in der Höhe von 2.100 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit derselben eine Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 150 Stunden verhängt, weil er es als Inhaber einer Gewerbeberechtigung für das "Gastgewerbe gemäß § 111 Abs.1 Z2 GewO 1994 in der Betriebsart Bar" – vom 4. August 2009 bis zum 2. Dezember 2009 am Standort S, I, als Betreiber des Lokals "B Bar" nicht dafür Sorge getragen hat, dass die Vorschriften des Arbeitsinspektiongesetzes (ArbIG) eingehalten wurden.

Er sei mit Schreiben des Arbeitsinspektorates Vöcklabruck vom 23. November 2009, Zl. 011-520/1-18/09, aufgefordert worden, von allen im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmern Arbeitsaufzeichnungen (Unterlagen) für den Zeitraum vom 1. September 2009 bis 31. Oktober 2009, einen Nachweis (Prüfprotokoll auf des § 3 Abs.1 der Elektroschutzverordnung iVm § 12.1.6. ÖVE-E 5, Teil 1/1989) über eine entsprechende Überprüfung der elektrischen Anlagen bzw. der Blitzschutzanlage in der gesamten Arbeitsstätte sowie die Aufzeichnungen über die durchgeführten Überprüfungen der Lüftungsanlage (gemäß § 13 Arbeitsstättenverordnung) bis zum 18. Dezember 2009 dem Arbeitsinspektorat Vöcklabruck zu übermitteln. Die Frist sei ohne Einlangen der geforderten Unterlagen bzw. einer Antwort beim Arbeitsinspektorat verstrichen. Mit Schreiben vom 20. Jänner 2010 (Zl. 011-520/2-18/09) sei der Betrieb mittels Erinnerungsschreiben neuerlich an die Übermittlung bzw. an eine Rückmeldung erinnert und eine Fristverlängerung bis zum 5. Februar 2010 festgelegt worden. Auch innerhalb der gesetzten Nachfrist seien keine Unterlagen, Ablichtungen oder Auszüge dem Arbeitsinspektorat übermittelt worden.

Es sei dadurch § 8 Abs.3 iVm § 24 Abs.1 Z1 lit. d Arbeitsinspektionsgesetz 1993 (ArbIG) BGBl. Nr. 27/1993, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 159/2001, verletzt worden, wonach Arbeitgeber/innen dem Arbeitsinspektorat auf Verlangen die im Abs.1 genannten Unterlagen oder Ablichtungen, Abschriften sowie Auszüge dieser Unterlagen zu übermitteln haben. Gleichzeitig wurde für den Fall der Uneinbringlichkeit derselben eine Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 150 Stunden verhängt.

Schließlich wurde der Berufungswerber verpflichtet, gemäß § 64 VStG 10 % der Strafe als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu bezahlen.

Dies im Wesentlichen mit der Begründung, laut Anzeige des Arbeitsinspektorates sei er vom 4. August 2009 bis zum 2. Dezember 2009 Inhaber einer Gewerbeberechtigung für "Gastgewerbe gemäß § 111 Abs.1 Z2 GewO 1994 in der Betriebsart Bar" am Standort  S, I, gewesen. An diesem Standort sei die so genannte "B Bar" betrieben worden. Der Berufungswerber sei mit Schreiben vom 23. November 2009 aufgefordert worden, die im Spruch angeführten Unterlagen dem Arbeitsinspektorat Vöcklabruck bis zum 18. Dezember 2009 zu übersenden. Mit Schreiben vom 20. Jänner 2010 sei er mittels Erinnerungsschreiben neuerlich auf die erforderliche Übermittlung hingewiesen und eine Fristverlängerung bis zum 5.2.2010 gewährt worden. Beide Fristen seien ohne Vorlage von geforderten Unterlagen verstrichen. Während des Zeitraumes der vorzulegenden Arbeitsaufzeichnungen vom 1. September 2009 bis 31. Oktober 2009 sei er als Inhaber der entsprechenden Gewerbeberechtigung auch für die Einhaltung der Vorschriften des Arbeitsinspektionsgesetzes verantwortlich gewesen. Die Angaben des Berufungswerbers seien nicht geeignet, ihn vor der strafrechtlichen Verantwortung zu befreien; insbesondere sei unklar geblieben, warum er als Gewerbeinhaber keine Einsicht in die Unterlagen gehabt haben solle. Strafmildernd sei die verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit, straferschwerend der Umstand zu werten, dass durch Nichtvorlage der angeführten Unterlagen mögliche Anzeigen bzw. die Verfolgung von Übertretungen nach dem Arbeitszeitgesetz bzw. der Elektroschutzverordnung und der Arbeitsstättenverordnung vereitelt worden seien. Angaben zu den Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnissen seien nicht gemacht worden, weshalb von einer Schätzung von einem monatlichen Nettoeinkommen von 1.700 Euro, keinem Vermögen und keinen Sorgepflichten ausgegangen worden sei.

 

2. Gegen dieses Straferkenntnis hat der Bestrafte fristgerecht Berufung eingebracht. In diesem als Einspruch bezeichneten Rechtsmittel zu GZ. Ge96-2505-2010, bringt der Berufungswerber im Wesentlichen vor, dass er die Unterlagen nicht erbringen habe können, da er offiziell nicht Chef oder Besitzer der "B Bar" gewesen sei. Dies könne er mit Schreiben von Gebietskrankenkasse, Finanzamt usw. auch beweisen. Auch sei er nur bis zum 30. November 2009 Gewerbeinhaber gewesen. Auch wenn er es früher gewusst hätte, hätte er nichts machen können, da ihm die Herren W und S keinerlei Unterlagen und auch die Schlüsseln nicht gegeben hätten. Demzufolge seien diese Beiden zur Strafe heranzuziehen. Nachdem er auch mit der B Bar in Konkurs sei und dafür 7 Jahre zahlen müsse und darüber hinaus von Dezember bis März arbeitslos sei, könne er sich die Strafe nicht leisten.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt. Zum Berufungsvorbringen wurden von der belangten Behörde keine Äußerungen abgegeben.

 

Die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates ergibt sich aus § 51 VStG.

 

Gemäß § 51e Abs.2 Z1 VStG entfällt die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung.

 

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

 

Gemäß § 8 Abs.3 ArbIG haben Arbeitgeber/innen dem Arbeitsinspektorat auf Verlangen die in Abs.1 genannten Unterlagen oder Ablichtungen, Abschriften sowie Auszüge dieser Unterlagen zu übermitteln.  Für die Ablichtung und Übermittlung gebührt kein Ersatz der Aufwendungen.

 

Gemäß § 24 Abs.1 Z1 lit. d ArbIG begeht, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden starfbaren Handlung bildet,  eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde mit Geldstrafe von 36 Euro bis 3.600 Euro, im Wiederholungsfall mit Geldstrafe von 42 Euro bis 3.600 Euro zu bestrafen, wer als Arbeitgeber/in entgegen § 8 Abs.3 Unterlagen, Ablichtungen, Abschriften oder Auszüge nicht übermittelt.

 

Aus dem Verfahrensakt geht zweifelsfrei hervor, dass der Berufungswerber Gewerbeinhaber des Gastgewerbes gemäß § 111 Abs.1 Z2 GewO 1994 in der Betriebsart Bar im Standort S., I, S, war. Laut Auszug aus dem zentralen Gewerberegister vom 9. August 2010 ist die Gewerbeberechtigung am 4. August 2009 entstanden und hat am 2.12.2009 durch Zurücklegung der Gewerbeberechtigung geendet (Löschung).

Wie dem Verfahrensakt weiters zu entnehmen ist, wurde der Berufungswerber als Betriebsinhaber und somit Arbeitgeber zunächst mit Schreiben vom 23. November 2009 unter Bezugnahme auf eine am 13. November 2009 durchgeführte Besichtigung der Arbeitsstätte aufgefordert, auf Grund der Bestimmung des § 8 ArbIG 1993 drei detailliert aufgezählte Unterlagen dem Arbeitsinspektorat Vöcklabruck zur Einsichtnahme bis zum 18. Dezember 2009 zu übermitteln.

 

Offensichtlich auf Grund der Tatsache, dass diese Frist ungenützt abgelaufen ist, wurde der Berufungswerber in der Folge mit Schreiben vom 20. Jänner 2010 (Zl. 011-520/2-18/09) an die erforderliche Übermittlung erinnert und erfolgte eine Fristverlängerung bis zum 5. Februar 2010.

In der in der Folge mit Schreiben vom 2. April 2009 (richtig wohl: 2. April 2010) an die Bezirkshauptmannschaft gerichteten Anzeige nach § 8 Abs.3 ArbIG wird  vom anzeigenden Arbeitsinspektorat darauf hingewiesen, dass auch diese mittels Erinnerungsschreiben und nachweisbar zugestellter Aufforderung innerhalb offener Frist nicht beantwortet wurde, weshalb eine Übertretung des § 8 Abs.3 ArbIG vorliege und eine Bestrafung in der Höhe von 2.100 Euro beantragt werde.

 

Bei der rechtlichen Beurteilung des vorliegenden Sachverhaltes ist zunächst  auf die zu § 8 Abs.3 ArbIG ergangene Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, wonach im Falle einer nicht erfüllten Aufforderung, näher umschriebene Arbeitsaufzeichnungen zB. "bis spätestens 15. April" eines bestimmten Jahres vorzulegen, die Strafbarkeit des der mitbeteiligten Partei vorgeworfenen Verhaltens erst mit Ablauf des "15. April" beginnt, dieser Termin somit den Beginn des vom Straferkenntnis umfassten Zeitraumes im Sinne des § 44a Z1 VStG noch hinreichend konkretisiert.

 

Bezogen auf den vorliegenden Sachverhalt bedeutet dies, dass das strafbare Verhalten in Zusammenhang mit der Nichtvorlage der oben zitierten Unterlagen über Aufforderung des Arbeitsinspektorates vom 23. November 2009 frühestens mit 18. Dezember 2009, nämlich mit fruchtlosem Ablauf der  zunächst gewährten Frist zur Vorlage der Unterlagen, begann. Zu diesem Zeitpunkt war jedoch auf Grund der oben zitierten Zurücklegung und Löschung die Gewerbeberechtigung  des Bw mit 2. Dezember 2009 bereits beendet und der Berufungswerber somit nicht mehr Gewerbetreibender und Arbeitgeber im Sinne des Arbeitsinspektionsgesetzes.

 

Nicht zu würdigen war in diesem Zusammenhang die Tatsache, dass mit 18. Dezember 2009 das Arbeitsinspektorat Vöcklabruck den Sachverhalt noch nicht zur Anzeige gebracht hat, sondern den zunächst bis zu diesem Termin befristeten Auftrag zur Vorlage von Unterlagen in der Folge mit Schreiben vom 20. Jänner 2010 bis 5. Februar 2010 weiter  verlängert, die Nichtvorlage daher auch bis dahin noch nicht pönalisiert  hat.

 

Da das inkriminierte Verhalten des Berufungswerbers mit frühestens 18. Dezember 2009 festzulegen ist, der Berufungswerber jedoch zu diesem Zeitpunkt nicht mehr Gewerbetreibender und somit auch nicht mehr Arbeitgeber war, durfte somit der sich an den Arbeitgeber oder die von diesem beauftragte Person gerichtete Vorwurf des Nichtübermittelns von Unterlagen nicht mehr an den Berufungswerber richten.

 

Aus diesem Grunde war somit auf Grund der dargestellten Sach- und Rechtslage das Straferkenntnis aufzuheben und das anhängige Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

 

Auf Grund dieses Ergebnisses des Berufungsverfahrens entfiel darüber hinaus die Vorschreibung jeglicher Beiträge zu den Kosten des durchgeführten Verwaltungsstrafverfahrens.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro  zu entrichten.

 

 

Dr. Langeder

 

 

 

 

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum