Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-730250/2/BP/Ga

Linz, 04.08.2011

 

Mitglied, Berichter/in, Bearbeiter/in:                                                                                                                               Zimmer, Rückfragen:

Mag. Dr. Bernhard Pree                                                                                      4A13, Tel. Kl. 15685

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Dr. Bernhard Pree über die Berufung des X, staatenlos, vertreten durch X, gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes des Bezirks Vöcklabruck vom 5. November 2009, GZ.: Sich40-21869/2002, mit dem ein Antrag des Berufungswerbers auf Aufhebung eines Aufenthaltsverbotes zurückgewiesen wurde, zu Recht erkannt:

 

 

 

Der Berufung wird stattgegeben und der bekämpfte Bescheid aufgehoben.

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs. 4 iVm. § 67a Abs. 1 Z 1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG

 


Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit Bescheid des Bezirkshauptmannes des Bezirks Vöcklabruck vom
5. November 2009, GZ.: Sich40-21869/2002, wurde ein Antrag des Berufungswerbers (im Folgenden: Bw) vom 1. September 2009 auf Aufhebung eines gegen den Bw verhängten Aufenthaltsverbotes gemäß § 13 Abs. 3 AVG zurückgewiesen.

 

Begründend führt die belangte Behörde aus, dass im Zuge des Verfahrens betreffend den Antrag auf Aufhebung des in Rede stehenden Aufenthaltsverbotes vom 1. September 2009 festgestellt worden sei, dass wesentliche Urkunden bzw. Dokumente noch fehlen würden.

 

Mit Verbesserungsauftrag vom 1. September 2009 sei der Bw in Kenntnis gesetzt worden, dass folgende Unterlagen bzw. Dokumente binnen zwei Wochen nach Erhalt beizubringen seien:

1. Geburtsurkunde,

2. Zusicherung des Erwerbes der österreichischen Staatsbürgerschaft und

3. Nachweis über den Aufenthalt hier in Österreich,

4. falls vorhanden, Beschäftigungsbewilligung bzw. die letzten drei Lohnzetteln oder

5. den Bescheid über den Bezug von Arbeitslosenunterstützung.

 

Dem Verbesserungsauftrag sei nur insoweit fristgerecht entsprochen worden, als festgestellt worden sei, dass die Zusicherung des Erwerbes der österreichischen Staatsbürgerschaft fehle. Weiters sei aus dem Schreiben nicht ersichtlich, ob der Bw eine Beschäftigungsbewilligung besitze, ob er über eigenes Einkommen verfüge oder, ob er Arbeitslosengeld beziehe. 

 

Mit Bescheid des Polizeidirektors von Linz vom 13. März 2006,
AZ: Fr-86.415, wurde über den Berufungswerber (im Folgenden Bw) ein unbefristetes Aufenthaltsverbot erlassen, das mit 1. April 2006 in Rechtskraft erwuchs und am 26. November 2007 durchsetzbar wurde.

 

1.2. Gegen diesen Bescheid erhob der Bw durch seine rechtsfreundliche Vertretung eine rechtzeitige Berufung mit Schriftsatz vom 23. November 2009.

 

Begründend wird ua. ausgeführt, dass sich die Befugnis zur Antragszurückweisung nur auf jene gesetzliche Voraussetzungen beziehe, welche die Zulässigkeit des Antrages beträfen. Die Zurückweisung eines Antrages aufgrund nicht vorgelegter Urkunden sei daher nur dann möglich, wenn das Gesetz für die Zulässigkeit dieses Antrages die Vorlage von bestimmten Urkunden bzw. den Nachweis bestimmter Umstände fordere. Urkunden, welche lediglich die Erfolgsaussichten des Antragstellers beeinträchtigen würden, die also nur einer inhaltlich positiven Erledigung entgegenständen, könnten daher keinesfalls zur Zurückweisung eines Antrags führen. Im konkreten Fall liege kein Mangel des schriftlichen Anbringens im Sinne des § 13 Abs. 3 AVG vor.

 

Die auf die Erfüllung des zu unrecht ergangenen Mängelbehebungsauftrages gestützte Zurückweisung des in Rede stehenden Antrags erweise sich daher als inhaltlich rechtswidrig (vgl. VwGH vom 5. November 2000, Zl. 99/06/152 ua.).

 

Das Ausscheiden aus dem X Staatsverband sei nicht grundlegende Voraussetzung für die Aufhebung des Aufenthaltsverbotes. Dieser Umstand sei auch im in Rede stehenden Antrag nicht derart gewichtet worden. Der Bw habe die ersten beiden Lebensjahre und die gesamte Lebensdauer seit seinem achten Lebensjahr und somit rund 20 Jahre in Österreich verbracht, sei mit einer österreichischen Staatsangehörigen verheiratet, mit der er auch gemeinsam ein Kind habe, weshalb jedenfalls die Voraussetzungen für die Aufhebung des in Rede stehenden Aufenthaltsverbotes gemäß § 65 FPG wie auch im Sinne des Art. 8 EMRK gegeben seien. Der Bw habe sich überdies seit sieben Jahren in Österreich nichts mehr zu schulden kommen lassen.

 

Abschließend wird der Antrag gestellt, den ggst. Bescheid aufzuheben und zur neuerlichen Entscheidung an die belangte Behörde zurückzuverweisen;

in eventu

den bekämpften Bescheid aufzuheben und in der Sache selbst zu entscheiden, indem dem Antrag auf Aufhebung Folge gegeben werde.

 

 

2.1. Die belangte Behörde legte zunächst den in Rede stehenden Verwaltungsakt der Sicherheitsdirektion für Oberösterreich vor.

 

Mit 1. Juli 2011 trat das Fremdenrechtsänderungsgesetz, BGBl. I Nr. 38/2011 in wesentlichen Teilen in Kraft. Aus § 9 Abs. 1a FPG in der nunmehr geltenden Fassung ergibt sich, dass der Unabhängige Verwaltungssenat zur Entscheidung über die Berufung zuständig ist, weshalb der in Rede stehende Verwaltungsakt von der Sicherheitsdirektion – nach In-Krafttreten der Novelle am 1. Juli 2011 – dem Oö. Verwaltungssenat übermittelt wurde.

 

2.2. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt der belangten Behörde.

 

Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte abgesehen werden, weil eine solche nicht erforderlich war, nachdem sich der entscheidungswesentliche Sachverhalt zweifelsfrei aus der Aktenlage ergibt.

 

2.3. Der Oö. Verwaltungssenat geht bei seiner Entscheidung von dem unter dem Punkt 1.1. dieses Erkenntnisses dargestellten völlig unbestrittenen Sachverhalt aus.

 

2.4. Der Unabhängige Verwaltungssenat ist zur Entscheidung durch eines seiner Mitglieder berufen (vgl. § 67a Abs. 1 Z 1 AVG).

 

 

3. In der Sache hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

3.1. Gemäß § 13 Abs. 3 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes ermächtigen Mängel schriftlicher Anbringen die Behörde nicht zur Zurückweisung. Die Behörde hat vielmehr von Amts wegen unverzüglich deren Behebung zu veranlassen und kann dem Einschreiter die Behebung des Mangels innerhalb einer angemessenen Frist mit der Wirkung auftragen, dass das Anbringen nach fruchtlosem Ablauf dieser Frist zurückgewiesen wird. Wird der Mangel rechtzeitig behoben, so gilt das Anbringen als ursprünglich richtig eingebracht.

3.2. Im vorliegenden Fall ist strittig, ob überhaupt ein Mangel im Sinne des § 13 Abs. 3 vorliegt, indem der Bw die mittels Verbesserungsauftrag urgierten Urkunden nicht vorlegen konnte.

Der Begriff des Mangels ist im Bereich der Verwaltungsgesetze grundsätzlich weit auszulegen. Zu den nach § 13 Abs. 3 AVG zu behebenden Mängeln zählen neben den Formgebrechen eines Anbringens etwa das Fehlen einer Vollmacht (vgl. VwGH vom 29. Dezember 1960, Slg 5434 A), eine fehlende Begründung im Sinne des § 63 AVG, aber auch das Fehlen von Belegen eines Antrages ganz allgemein, wie Pläne, Grundbuchsauszüge usw., wenn die Partei aufgrund des Gesetzes erkennen konnte, welche Unterlagen erforderlich sind (vgl. Hauer-Leukhauf, 6. Auflage Rn 10 zu § 13 Abs. 3 AVG).

In diesem Sinn wird deutlich, dass zwar das Nicht-Beibringen einer Urkunde ein Mangel sein kann, jedoch nur dann, wenn diese Vorlage schon gesetzlich vorgesehen ist.

3.3. Für den vorliegenden Fall bedeutet dies aber, dass der von der belangten Behörde urgierte Nachweis (die Zusicherung der österreichischen Staatsbürgerschaft) zwar für den entscheidungswesentlichen Sachverhalt durchaus von Bedeutung ist, um eine Prüfung des Antrages auf Aufhebung eines Aufenthaltsverbotes durchzuführen; allerdings war ein derartiger Nachweis nicht gesetzlich vorgesehen und ist sogar dem damaligen § 65 FPG auch nicht primär mittelbar zu entnehmen, zumal der Wegfall etwa des Gefährdungspotentials, das nachträgliche Wohlverhalten, familiäre bzw. private Umstände zumindest genau so vordringlich bei der Beurteilung zu berücksichtigen sind.

3.4. Es war daher der Berufung stattzugeben und der angefochtene Bescheid aufzuheben. Nachdem Gegenstand des Berufungsverfahrens die Zurückweisungsentscheidung der belangten Behörde war, ist eine materiellrechtliche Prüfung des Antrages dem Oö. Verwaltungssenat verwehrt (vgl. Hengstschläger / Leeb, AVG § 13 Rz. 30 am Ende). 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

 

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

2. Im Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 14,30 Euro (Eingabegebühr) angefallen; ein Zahlschein liegt bei.

 

Bernhard Pree

 

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