Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-100852/5/Bi/Fb

Linz, 04.11.1992

VwSen - 100852/5/Bi/Fb Linz, am 4. November 1992 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung der P D, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. A U, vom 23. September 1992 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau/Inn vom 11. September 1992, VerkR96/5757/1992+1/Li, zu Recht:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verfahren diesbezüglich eingestellt.

II. Die Verpflichtung zur Leistung von Verfahrenskostenbeiträgen entfällt.

Rechtsgrundlage: zu I.: § 66 Abs.4 AVG i.V.m. §§ 24, 51 und 45 Abs.1 Z.1 VStG, § 16 Abs.2 lit.c i.V.m. § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960.

zu II.: § 66 VStG.

Entscheidungsgründe:

zu I. 1. Die Bezirkshauptmannschaft Braunau/Inn hat mit Straferkenntnis vom 11. September 1992, VerkR96/5757/1992+1/Li, über Frau P D wegen der Verwaltungsübertretung nach § 16 Abs.2 lit.c gemäß § 99 Abs.3 lit.a eine Geldstrafe von 1.000 S und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 48 Stunden verhängt, weil sie am 19. Dezember 1991 um ca. 11.50 Uhr den PKW auf der M Landesstraße von M Richtung P gelenkt und auf der nicht geregelten Kreuzung M Landesstraße - E Bezirksstraße bei km 9,220, Gemeinde L, ein mehrspuriges Fahrzeug links überholt hat, obwohl sie sich nicht auf einer Vorrangstraße befunden hat.

Gleichzeitig wurde sie zur Leistung eines Verfahrenskostenbeitrages von 100 S verpflichtet.

2. Dagegen hat die Rechtsmittelwerberin rechtzeitig Berufung erhoben, die von der Erstbehörde samt Verfahrensakt dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Dieser ist damit zur Berufungsentscheidung zuständig geworden, wobei diese, da keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch ein Einzelmitglied zu erfolgen hat. Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung war nicht notwendig, weil bereits aus der Aktenlage ersichtlich war, daß der angefochtene Bescheid aufzuheben war (§ 51e Abs.1 VStG).

3. Die Rechtsmittelwerberin macht im wesentlichen geltend, ein Überholen auf der Kreuzung sei nicht vorgesehen gewesen und auch nicht erfolgt, wobei der klare Wortlaut des Gesetzes das Überholverbot auf die Kreuzung beschränke, sodaß nicht auch der unmittelbar vor oder nach der Kreuzung liegende Raum der Fahrbahn umfaßt sei. Ein überholtes mehrspuriges Fahrzeug wäre zwangsläufig in den Verkehrsunfall mitverwickelt worden. Die Behörde hätte bei ordnungsgemäßer Durchführung des Verfahrens zu dem Ergebnis kommen müssen, daß es nicht erwiesen sei, daß sie auf der Kreuzung ein Überholmanöver durchgeführt habe. Dazu wäre ein Ortsaugenschein unter Beiziehung eines KFZ-Sachverständigen erforderlich gewesen. Sie beantrage daher, das Strafverfahren einzustellen.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

Weder aus dem Verwaltungsstrafakt der Erstbehörde noch aus dem Gerichtsakt U45/92 des Bezirksgerichtes M ergeben sich Hinweise darauf, daß die Rechtsmittelwerberin tatsächlich im genannten Kreuzungsbereich einen Überholvorgang durchgeführt hätte. Einziger Anhaltspunkt für diese Annahme war ihre Aussage gegenüber dem Meldungsleger bei den Unfallserhebungen, obwohl sie überholt habe, sei der LKW herausgefahren, und sie sei dann gegen den LKW gestoßen. Weder der Unfallgegner J A noch der hinter diesem mit dem Traktor fahrende, unbeteiligte Zeuge J W haben angegeben, daß sich im Kreuzungsbereich noch ein Fahrzeug befunden hätte oder ihnen später ein Fahrzeug aufgefallen wäre. Auch aus dem Gerichtsakt ergibt sich diesbezüglich kein Anhaltspunkt für eine solche Annahme, wobei dort - aufgrund des Rechtsmittelverzichts - lediglich das Gutachten des kraftfahrzeugtechnischen Sachverständigen in Reinschrift übertragen wurde. Daraus ergibt sich zweifelsfrei, daß der Zeuge A vom vorletzten Stopp bis zur späteren Kollision eine Wegstrecke von ca. 1 m zurückgelegt hat, und daß die Rechtsmittelwerberin weder die Geschwindigkeit überschritten, die Fahrlinie verfehlt oder verspätet reagiert hätte. Aus der Anzeige ergibt sich lediglich, daß der Unfallgegener sowie der Zeuge W ausgesagt haben, das Fahrzeug der Rechtsmittelwerberin sei ziemlich weit links dahergekommen, obwohl Aigner nur ein kurzes Stück in die M Straße eingefahren sei und sofort angehalten habe.

Nach Auffassung des unabhängigen Verwaltungssenates ist nicht auszuschließen, daß die Rechtsmittelwerberin nicht ein anderes Fahrzeug überholt hat, sondern aufgrund des Fahrbahnverlaufs der M Landesstraße Richtung P, die im weiteren Verlauf eine leichte Linkskurve beschreibt, möglicherweise die Kurve "geschnitten" hat, was auch aufgrund des gerichtlichen Sachverständigengutachtens nicht auszuschließen ist, da der Sachverständige lediglich eine Schleuderbewegung des PKW ausgeschlossen hat. Dahingehend ist aber kein verwaltungsstrafrechtlicher Tatvorwurf erfolgt.

Für eine Verwirklichung des der Rechtsmittelwerberin vorgeworfenen Tatbestandes liegen aber keine Anhaltspunkte vor, sodaß im Zweifel spruchgemäß zu entscheiden war.

zu II.: Der Ausspruch über den Entfall der Verfahrenskosten stützt sich auf die zitierte Gesetzesbestimmung.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Mag. Bissenberger

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