Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-522933/2/Ki/Kr

Linz, 22.08.2011

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Mag. Alfred Kisch über die Berufung des Herrn X, vom 1. August 2011 gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Linz vom 19. Juli 2011, FE-800/2011, wegen Entziehung der Lenkberechtigung und weiterer Verbote und Anordnungen zu Recht erkannt:

 

Der Berufung wird Folge gegeben, der angefochtene Bescheid wird behoben.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 7 und 24 FSG iVm § 66 Abs.4 AVG


Entscheidungsgründe:

1.1. Mit Bescheid vom 19. Juli 2011, FE-800/2011, hat die Bundespolizeidirektion Linz dem Berufungswerber die Lenkberechtigung für die Klasse B wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit für die Dauer von 3 Monaten ab Rechtskraft des Bescheides entzogen, ihm ausdrücklich das Lenken eines Motorfahrrades, vierrädrigen Leichtkraftfahrzeuges oder Invalidenkraftfahrzeuges für die Dauer von
3 Monaten ab Rechtskraft des Bescheides verboten, ihm das Recht aberkannt, von einer allfällig bestehenden ausländischen Lenkberechtigung für die Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung in Österreich Gebrauch zu machen und weiters angeordnet, der Führerschein sei unverzüglich nach Rechtskraft bei der Behörde abzuliefern.

 

In der Begründung des angefochtenen Bescheides wurde unter anderem ausgeführt, dass nicht verkehrszuverlässige Lenker von Kraftfahrzeugen eine Gefahr für andere Verkehrsteilnehmer darstellen und diese daher sofort von der Teilnahme am Straßenverkehr als Fahrzeuglenker auszuschließen sind. Insofern bestehe Gefahr im Verzug und sei daher einer Berufung die aufschiebende Wirkung zu versagen. Im Spruch des angefochtenen Bescheides findet sich jedoch kein entsprechender Punkt.

 

Als bestimmte Tatsache legte die Bundespolizeidirektion Linz zu Grunde, dass der Berufungswerber eine sonstige vorgeschriebene Auflage (nämlich Tragen einer Brille beim Lenken des Kraftfahrzeuges) als Lenker eines Kraftfahrzeuges wiederholt nicht eingehalten habe.

 

1.2. Dagegen richtet sich die vorliegende Berufung vom 1. August 2011. Der Berufungswerber führt im Wesentlichen aus, dass er noch nie eine Sehunschärfe gehabt habe und somit jederzeit ohne Brille berechtigt gewesen sei, ein Kraftfahrzeug zu lenken. Warum der damalige Amtsarzt von 1991 dies in den Führerschein eintragen ließ, sei ihm leider nicht bekannt.

 

Er "erwarte" nun die Einstellung des Verfahrens.

 

2.1. Die Bundespolizeidirektion Linz hat die Berufung ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich mit Schreiben vom 3. August 2011 vorgelegt.

 

2.2. Die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich ist gemäß § 35 Abs.1 FSG gegeben. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hatte durch das laut Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden.

2.3. Die Berufung wurde innerhalb der zweiwöchigen Rechtsmittelfrist bei der Bundespolizeidirektion Linz eingebracht und sie ist daher rechtzeitig.

 

2.4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt. Aus diesem ergibt sich der für die Entscheidung wesentliche Sachverhalt zur Gänze, weshalb die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung nicht erforderlich war. Im Übrigen wurde eine solche auch von keiner Verfahrenspartei beantragt.

 

2.5. Aus dem vorliegenden Akt ergibt sich für den Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich folgender Sachverhalt, der der Entscheidung zu Grunde liegt:

 

Laut Anzeige der Verkehrsinspektion des Stadtpolizeikommandos Linz vom
25. Juni 2011 lenkte der Berufungswerber an diesem Tage um 17:30 Uhr in Linz einen PKW und es wurde im Rahmen einer Verkehrskontrolle festgestellt, dass er beim Lenken des Kraftfahrzeuges die vorgeschriebene Brille nicht verwendet hat. Das Verwenden einer Brille (Code 01.01) wurde als Auflage für seine Lenkberechtigung festgelegt.

 

Aus dem vorliegenden Verfahrensunterlagen ergibt sich weiters, dass der Berufungswerber bereits im Jahr 2009 diese Auflage nicht befolgt hat.

 

3. In der Sache selbst hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich wie folgt erwogen:

 

Gemäß § 3 Abs.1 Z.2 FSG darf eine Lenkberechtigung nur Personen erteilt werden, die verkehrszuverlässig sind.

 

Gemäß § 7 Abs.1 FSG gilt als verkehrszuverlässig eine Person, wenn nicht auf Grund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs.3) und ihrer Wertung (Abs.4) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen

 

1. die Verkehrssicherheit insbesondere durch rücksichtloses Verhalten im Straßenverkehr oder durch Trunkenheit oder einen durch Suchtmittel oder durch Medikamente beeinträchtigten Zustand gefährden wird, oder

 

2. sich wegen der erleichternden Umstände, die beim Lenken von Kraftfahrzeugen gegeben sind, sonstige schwerer strafbarer Handlungen schuldig machen wird.

 

Gemäß § 7 Abs.3 Z.13 FSG gilt als bestimmte Tatsache im Sinne des Abs.1 das wiederholte Nichteinhalten sonstiger vorgeschriebener Auflagen als Lenker eines Kraftfahrzeuges.

 

Gemäß § 7 Abs.4 FSG sind für die Wertung der in Abs.1 genannten und in Abs.3 beispielsweise angeführten Tatsachen deren Verwerflichkeit, die Gefährlichkeit der Verhältnisse, unter denen sie begangen wurden, die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit maßgebend, wobei bei den in Abs.3 Z.14 und 15 genannten bestimmten Tatsachen die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit nicht zu berücksichtigen ist.

 

Gemäß § 24 Abs.1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit die Lenkberechtigung zu entziehen.

 

Gemäß § 30 Abs.1 FSG kann Besitzern von ausländischen Lenkberechtigungen das Recht von ihrem Führerschein in Österreich Gebrauch zu machen, aberkannt werden, wenn Gründe für die Entziehung der Lenkberechtigung vorliegen.

 

Gemäß § 32 Abs.1 FSG ist Personen, die nicht im Sinne des § 7 FSG verkehrszuverlässig oder nicht gesundheitlich geeignet sind ein Motorfahrrad, ein vierrädriges Leichtkraftfahrzeug oder ein Invalidenkraftfahrzeug zu lenken, unter Anwendung der §§ 24 Abs.3 und 4, 25, 26 und 29 FSG entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit das Lenken eines derartigen Kraftfahrzeuges ausdrücklich zu verbieten.

 

Gemäß § 25 Abs.3 FSG ist bei einer Entziehung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit eine Entziehungsdauer von mindestens 3 Monaten festzusetzen.

 

Der Berufungswerber hat die verfahrensgegenständliche bestimmte Tatsache am 25. Juni 2011 verwirklicht. Die Bundespolizeidirektion Linz kam zur Auffassung, dass in diesem Falle mit einer Mindestentziehungsdauer im Sinne des § 25 Abs.3 FSG im Ausmaß von 3 Monaten das Auslangen gefunden werden könnte bzw. angenommen werden kann, dass der Berufungswerber nach Ablauf dieser Dauer wiederum verkehrszuverlässig ist. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich schließt sich dieser Auffassung an.

 

Festgestellt wird, dass die Entziehung der Lenkberechtigung bzw. die weiteren Anordnungen entgegen der in der Begründung angeführten Argumentation hinsichtlich Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Berufung spruchgemäß erst ab Rechtskraft des Bescheides ausgesprochen wurde. Nachdem der angefochtene Bescheid noch nicht in Rechtskraft erwachsen ist, ist auch die Lenkberechtigung des Berufungswerbers nach wie vor aufrecht bzw. sind die weiteren Anordnungen noch nicht rechtswirksam.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner Rechtssprechung zu § 25 Abs.3 FSG ausgesprochen, dass eine Entziehungsdauer von weniger als 3 Monaten nicht festgesetzt werden darf. Trifft daher die Annahme, der Betroffene werde für einen Zeitraum mindestens 3 Monaten verkehrsunzuverlässig sein, nicht mehr zu, so darf eine Entziehung der Lenkberechtigung nicht ausgesprochen bzw. von der Berufungsbehörde nicht bestätigt werden. Unzutreffend sei die Auffassung, § 25 Abs.3 FSG sehe eine Mindestentziehungsdauer in dem Sinne vor, dass schon die Verwirklichung einer bestimmten Tatsache im Sinne des § 7 Abs.3 FSG zu einer Entziehung der Lenkberechtigung für diese bestimmte Dauer führen müsse (VwGH 2009/11/0207 v. 26.01.2010 ua.).

 

Nachdem, wie bereits dargelegt wurde, eine Wertung des konkreten Verhaltens des Berufungswerbers ergeben hat, dass die Verkehrsunzuverlässigkeit nicht mehr als 3 Monate andauern wird und diese Verkehrsunzuverlässigkeit ab dem Zeitpunkt der Verwirklichung der bestimmten Tatsache zu rechnen ist, kann zum nunmehrigen Zeitpunkt von einer noch 3 Monate andauernden Verkehrsunzuverlässigkeit im Sinne der zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nicht mehr ausgegangen werden, aus diesem Grunde konnte der Berufung Folge gegeben und der angefochtene Bescheid behoben werden.

 

Es war daher wie im Spruch zu entscheiden.    

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

2. In diesem Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 14,30 Euro angefallen.

 

 

Mag. Alfred Kisch

 

 

 

VwSen-522933/2/Ki/Kr vom 22. August 2011, Erkenntnis

 

FSG §25 Abs3

 

Der Rsp des VwGH zufolge darf in den Fällen des § 25 Abs3 FSG eine Entziehungsdauer von weniger als 3 Monaten nicht festgesetzt werden. Trifft daher die Annahme, der Betroffene werde für einen Zeitraum von mindestens 3 Monaten verkehrsunzuverlässig sein, nicht mehr zu, so darf eine Entziehung der Lenkberechtigung nicht ausgesprochen bzw von der Berufungsbehörde nicht bestätigt werden.

 

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