Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-590290/12/Gf/Mu

Linz, 23.08.2011

 

 

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Grof über die Berufung des x, vertreten durch die RAe x, gegen den die Zurücknahme einer Bewilligung nach dem Apothekengesetz verfügenden
Bescheid des Bezirkshauptmannes von Braunau am Inn vom 16. Juni 2011, Zl. SanRB01-2-2011 (mitbeteiligte Partei: x, vertreten durch RA x), zu Recht:

 

 

Der Berufung wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid aufgehoben.

 

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs. 4 AVG.

 

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit Bescheid des Bezirkshauptmannes von Braunau am Inn vom 16. Juni 2011, Zl. SanRB01-2-2011, wurde über Antrag der mitbeteiligten Partei die dem Rechtsmittelwerber zuvor mit Bescheid dieser Behörde vom 11. Februar 2005, Zl. SanRB01-2-1-2005, erteilte Hausapothekenbewilligung mit Wirkung vom 20. Juni 2011 wieder zurückgenommen.

 

Begründend wurde dazu ausgeführt, dass nach § 29 Abs. 3 des Apothekengesetzes in der im gegenständlichen Fall maßgeblichen Fassung BGBl.Nr. I 1/2006 die Bewilligung zur Haltung einer ärztlichen Hausapotheke bei der Neuerrichtung einer öffentlichen Apotheke schon dann zurückzunehmen sei, wenn die Weg­strecke zwischen dem Berufssitz eines Arztes und der Betriebsstätte der Neu­apotheke vier Straßenkilometer nicht überschreitet. Da diese Voraussetzung hier gegeben sei, sei die dem Beschwerdeführer erteilte Hausapothekenbewilligung sohin zu widerrufen gewesen.

 

1.2. Gegen diesen ihm am 17. Juni 2011 zugestellten Bescheid richtet sich die vorliegende, am 30. Juni 2011 – und damit rechtzeitig – zur Post gegebene Berufung.

 

Begründend wird darin im Wesentlichen vorgebracht, dass die Standortgemeinde der Apotheke der mitbeteiligten Partei kein Versorgungspotential von 5.500 Personen aufweise; ein entsprechender Bedarf habe sich vielmehr erst auf Grund der Übergangsbestimmung des § 62a Abs. 4 des Apothekengesetzes ergeben, weil damals im Umkreis von vier Kilometern noch zwei praktische Ärzte ordiniert hätten. Da der Rechtsmittelwerber gegenwärtig aber der einzige Arzt in dieser Gemeinde sei, müsse die Bestimmung des § 62a Abs. 2 des Apothekengesetzes aus gleichheitsrechtlichen Erwägungen heraus so ausgelegt werden, dass im
Falle einer Einarztgemeinde diesem die Hausapothekenbewilligung auch dann nicht entzogen werden darf, wenn die Neuerrichtung einer öffentlichen Apotheke gemäß § 62a Abs. 4 des Apothekengesetzes bewilligt wurde.

 

Daher wird die Aufhebung des angefochtenen Bescheides und die Abweisung des Antrages der mitbeteiligten Partei beantragt.

 

2.1. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt des Bezirkshauptmannes von Braunau zu Zl. SanRB01-2-2011; da sich
bereits aus diesem der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ, dieser zwischen den Verfahrensparteien auch nicht strittig ist und der Beschwerde­führer, der mit der gegenständlichen Berufung lediglich eine unrichtige rechtliche Beurteilung durch die belangte Behörde geltend macht, überdies darauf
ver­zichtet hat, konnte im Übrigen von der Durchführung einer öffentlichen
Verhandlung abgesehen werden.

 

2.2. Nach § 53 i.V.m. § 51 Abs. 3 des Apothekengesetzes, RGBl.Nr. 5/1907, in der hier nach der Übergangsvorschrift des § 62a Abs. 2 des Apothekengesetzes maßgeblichen Fassung BGBl.Nr. I 16/2001 (im Folgenden: ApG; siehe dazu auch unten, 3.1.), entscheiden u.a. über Berufungen gegen Bescheide der Bezirksverwaltungsbehörde, mit denen die Bewilligung zur Haltung einer ärztlichen Hausapotheke zurückgenommen wurde, die Unabhängigen Verwaltungssenate, und zwar – wie sich aus § 67a AVG ergibt – durch ein Einzelmitglied.

 

 

3. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

 

3.1. Nach § 62a Abs. 2 ApG i.d.g.F. gilt hinsichtlich der Rücknahme der Bewilligung zur Haltung einer ärztlichen Hausapotheke u.a. dann, wenn eine Konzes­sion für eine öffentliche Apotheke – wie im gegenständlichen Fall – gemäß § 62a Abs. 4 ApG rechtskräftig erteilt wurde, "die Rechtslage vor dem In-Kraft-Treten dieses Bundesgesetzes in der Fassung BGBl. I Nr. 41/2006 weiter".

 

Da die – n.b.: auf einem Initiativantrag beruhende (!) – ApG-Novelle BGBl.Nr. I 41/2006 nach Art. 49 Abs. 1 B-VG mangels einer dementsprechenden Sonder­regelung grundsätzlich (d.h.: von konkreten Übergangsvorschriften wie § 62a Abs. 2 bzw. Abs. 4 ApG abgesehen) am Tag nach ihrer Kundmachung im Bundesgesetzblatt, also am 29. März 2006, in Kraft getreten ist, bezieht sich die vorzitierte, in der Übergangsbestimmung des § 62a Abs. 2 ApG enthaltene Wendung sohin auf die am 28. März 2006 maßgebliche Rechtslage, d.i., soweit es die gegenständlich maßgeblichen Bestimmungen der §§ 10 und 29 des Apothekengesetzes betrifft, das ApG i.d.F. BGBl.Nr. I 16/2001und nicht, wie die belangte Behörde fälschlich angenommen hat, i.d.F. BGBl.Nr. I 1/2006, da die Aufhebung einer (auf ein Versorgungspotential von 5.500 Personen abstellenden) Wortfolge in § 29 Abs. 4 ApG durch das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 14. Oktober 2005, G 13/05 u.a., nach dessen Spruchpunkt II. erst am 1. November 2006 in Kraft getreten ist und somit der am 28. März 2006 maßgeblichen Rechtslage i.S.d. § 62a Abs. 2 ApG (noch) nicht angehörte.

 

Nach § 29 Abs. 4 ApG in der bis einschließlich 28. März 2006 maßgeblichen Fassung BGBl.Nr. I 16/2001 war die Bewilligung zur Haltung einer ärztlichen Hausapotheke bei Neuerrichtung einer öffentlichen Apotheke dann zurückzunehmen, wenn die materiellen Voraussetzungen dieser Bestimmung kumulativ vorlagen, d.h., dass einerseits die Wegstrecke zwischen dem Berufssitz des Arztes und der Betriebsstätte der neu errichteten öffentlichen Apotheke vier Straßenkilometer nicht überschritten hat und andererseits im rechtskräftigen Bescheid zur Konzessionierung der neuen öffentlichen Apotheke ein Versorgungspotential im Sinne des § 10 ApG von zumindest 5.500 Personen für die neue
öffentliche Apotheke festgestellt worden war.

 

3.2. Im gegenständlichen Fall ist allseits unbestritten, dass sich in der Standortgemeinde der Betriebsstätte der Neuapotheke zum Zeitpunkt der Antragstellung der mitbeteiligten Partei – nämlich am 1. März 2005 – bereits zwei ärztliche Hausapotheken befanden, aber auch, dass dort zwei Allgemeinmediziner mit Kassenarztverträgen niedergelassen waren. Weil daher die kumulativen Negativvoraussetzungen des § 62a Abs. 4 ApG nicht erfüllt waren, war sohin vom Vorliegen eines entsprechenden Bedarfes i.S.d. § 10 Abs. 2 Z. 1 ApG auszugehen und der mitbeteiligten Partei – gestützt auf die erstgenannte Bestimmung – die beantragte Konzession zu erteilen (vgl. VwSen-590140/5/SR/Ri u.a. vom 7. Dezember 2006). 

 

Davon ausgehend, dass hier also eine Konzessionserteilung gemäß § 62a Abs. 4 ApG erfolgte, ist somit hinsichtlich der Rücknahme der Hausapothekenbewilligung nach § 62a Abs. 4 dritte Alternative ApG explizit die Rechtslage nach dem ApG i.d.F. BGBl.Nr. I 16/2001 maßgeblich (s.o., 3.1.).

 

3.2.1. Im vorliegenden Fall wird i.S.d. § 29 Abs. 4 ApG i.d.F. BGBl.Nr. I 16/2001 zwar weder vom Rechtsmittelwerber selbst in Abrede gestellt noch sind im Verfahren sonst gegenteilige Anhaltspunkte dafür hervorgekommen, dass der Berufssitz des Beschwerdeführers weniger als vier Straßenkilometer vom Betriebssitz der Neuapotheke der mitbeteiligten Partei entfernt ist.

 

3.2.2. Allerdings wurde in dem Bescheid, mit dem Letzterer die Konzession zum Betrieb einer neuen öffentlichen Apotheke rechtskräftig erteilt wurde – d.i. das Erkenntnis des Oö. Verwaltungssenates vom 7. Dezember 2006, Zlen. VwSen-590140/5/SR/Ri u.a. – nicht festgestellt, dass dieser Neuapotheke ein Versorgungspotential von zumindest 5.500 Personen zukommen wird (und zwar deshalb nicht, weil für dieses Konzessionserteilungsverfahren die Kundmachung BGBl.Nr. 1/2006, mit der u.a. die Aufhebung des § 10 Abs. 2 Z. 1 ApG, der ein Versorgungspotential von 5.500 Personen gefordert hatte, [sowie die ApG-Novelle BGBl.Nr. I 90/2006] bereits maßgeblich war[en]).

 

In Ermangelung dieser Feststellung liegt aber damit im Ergebnis eine essentielle Voraussetzung des § 29 Abs. 4 ApG i.d.F. BGBl.Nr. I 16/2001 nicht vor, sodass sich die Zurücknahme der Hausapothekenbewilligung des Rechtsmittelwerbers – insbesondere auch im Hinblick auf die Intention des Gesetzgebers, wonach die Übergangsbestimmung des § 62a Abs. 2 ApG dem Vertrauensschutz dient (vgl. zur Begründung des Initiativantrages, der zur Novelle BGBl.Nr. I 46/2006 geführt hat, näher StenProtNR, 22. GP, 139. Sitzung, S. 247), als rechtswidrig erweist.

 

3.3. Der vorliegenden Berufung war daher gemäß § 66 Abs. 4 AVG stattzugeben und der angefochtene Bescheid aufzuheben.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

1.   Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

2.   Im gegenständlichen Verfahren sind betreffend Gebühren in Höhe von 14,30 Euro entstanden; ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

 

 

 

 

Dr.  G r o f

 

VwSen-590290/12/Gf/Mu vom 23. August 2011, Erkenntnis

 

B-GV Art49 Abs1;

ApG §29 Abs4;

ApG §62a Abs2;

ApG §62a Abs4

 

Nach § 62a Abs 2 ApG gilt hinsichtlich der Rücknahme der Bewilligung zur Haltung einer ärztlichen Hausapotheke ua dann, wenn eine Konzession für eine öffentliche Apotheke gemäß § 62a Abs 4 ApG rechtskräftig erteilt wurde, "die Rechtslage vor dem In-Kraft-Treten dieses Bundesgesetzes in der Fassung BGBl. I Nr. 41/2006 weiter". Da die ApG-Novelle BGBl I 41/2006 nach Art 49 Abs 1 B-VG mangels einer dementsprechenden Sonderregelung grundsätzlich (dh: von spezifischen Übergangsvorschriften wie § 62a Abs 2 bzw 4 ApG abgesehen) am Tag nach ihrer Kundmachung im Bundesgesetzblatt, also am 29. März 2006, in Kraft getreten ist, bezieht sich die in der Übergangsbestimmung des § 62a Abs 2 ApG enthaltene Wendung sohin auf die am 28. März 2006 maßgebliche Rechtslage, di, soweit es die gegenständlich maßgeblichen Bestimmungen der §§ 10 und 29 ApG betrifft, das ApG idF BGBl I 16/2001 – und nicht, wie die belangte Behörde fälschlich angenommen hat, idF BGBl I 1/2006, da die Aufhebung einer (auf ein Versorgungspotential von 5.500 Personen abstellenden) Wortfolge in § 29 Abs 4 ApG durch das Erkenntnis des VfGH vom 14. Oktober 2005, G 13/05 ua, nach dessen Spruchpunkt II. erst am 1. November 2006 in Kraft getreten ist und somit der am 28. März 2006 maßgeblichen Rechtslage iSd § 62a Abs 2 ApG (noch) nicht angehörte.

Wenn die Konzessionserteilung nach § 62a Abs 4 ApG erfolgte, dann kann im Interesse des Vertrauensschutzes (vgl StenProtNR, 22. GP 139. Sitzung 247) eine bestehende Hausapothekenbewilligung ungeachtet des Umstandes, dass im Konzessionserteilungsverfahren die Kundmachung BGBl I 1/2006 (mit der § 10 Abs 2 Z 1 ApG, der noch ein Versorgungspotential von 5.500 Personen gefordert hatte, aufgehoben wurde) bereits maßgeblich war, nur dann wieder zurückgenommen werden, wenn die Voraussetzungen des § 29 Abs 4 ApG idF BGBl I 16/2001 kumulativ – also insbesondere auch die  Feststellung im Apothekenkonzessionsbescheid, dass die Neuapotheke über ein Versorgungspotential von zumindest 5.500 Personen verfügt – vorliegen.

 

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