Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-590293/3/Gf/Mu

Linz, 19.08.2011

 

 

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch seine 11. Kammer (Vorsitzender: Dr. Weiß; Berichter: Dr. Grof; Beisitzerin: Dr. Berger) über die Berufung der x GmbH, vertreten durch x, gegen den aus Anlass der Vorschreibung von betrieb­lichen Maßnahmen und Vorkehrungen nach dem Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetz ergangenen Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 21. Juli 2011, Zl. Ges-170092/8-2011-Hau, zu Recht:

 

 

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt.

 

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs. 4 AVG.

 

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit dem auf § 39 Abs. 1 des Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetzes, BGBl.Nr. I 13/2006, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. I 95/2010 (im Folgenden: LMSVG), gestützten Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 21. Juli 2011, Zl. Ges-170092/8-2011-Hau, wurde der Beschwerdeführerin einerseits aufgetragen, das Handwaschbecken des Personal-WC's mit einer Kalt- und Warmwasserzufuhr sowie mit einer berührungslosen Armatur auszustatten und andererseits in ihrem Betrieb zum Reinigen der Arbeitsgeräte und Ausrüstungen ein Doppelspülbecken oder einen entsprechenden Gewerbespüler zu installieren.

 

Begründend wurde dazu im Wesentlichen ausgeführt, dass der Rechtsmittelwerberin diese auf Grund der EG-Verordnung 852/2004 erforderlichen Maßnahmen bereits im Zuge einer Routinekontrolle am 21. Oktober 2011, und zwar mit Fristsetzung bis zum 31. Jänner 2011, vorgeschrieben, tatsächlich jedoch bis dato nicht durchgeführt worden seien. Da es sich insoweit um – zudem bloß einen geringfügigen Kostenaufwand verursachende – Mindestanforderungen handle, könne dem Ersuchen der Beschwerdeführerin um Fristerstreckung zur Umsetzung dieser – objektiv jedenfalls als verhältnismäßig zu qualifizierenden – Maßnahmen bis Jänner 2012 nicht entsprochen werden.

 

1.2. Gegen diesen ihr am 26. Juli 2011 zugestellten Bescheid richtet sich die vorliegende, am 3. August 2011 – und damit rechtzeitig – zur Post gegebene Berufung.

 

Begründend wird darin vorgebracht, dass beabsichtigt sei, die Betriebsstätte im Jänner 2012 an einen anderen Standort zu verlegen, wobei die entsprechende gewerberechtliche Genehmigung bereits vorliege und die für den 23. August 2011 terminisierte  Bauverhandlung ebenfalls keinerlei Probleme erwarten lasse, da es sich bloß um den Innenausbau eines bereits bestehenden Gewerbeobjektes handle. Darüber hinaus habe der Oö. Verwaltungssenat in seiner Entscheidung vom 30. Juni 2011, Zl. VwSen-240826, bereits festgestellt, dass den von der
belangten Behörde herangezogenen EU-Vorschriften lediglich empfehlender Charakter zukomme. Davon abgesehen sei das Handwaschbecken im Personal-WC mittlerweile bereits ohnehin mit einer Warmwasserzufuhr ausgestattet worden, wobei der vom Kontrollorgan vorgeschlagene Einbau eines Untertischboilers als eine zweckmäßige Maßnahme akzeptiert werde. Dem gegenüber erweise sich
jedoch die zusätzliche Verpflichtung zum Einbau eines Doppelwaschbeckens deshalb als unverhältnismäßig, weil die dafür vorhandenen Wasseranschlüsse völlig veraltet seien.

 

Da jedoch die Verlegung einer neuen Wasserversorgung einen – zudem bereits ab Jänner 2012 wieder verlorenen – Investitionsaufwand von 10.000 Euro erfordere, wird die Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt.

 

2.1. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt des Amtes der Oö. Landesregierung zu Zl. Ges-170092-2011; da sich bereits aus diesem der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ und mit der gegenständlichen Berufung lediglich eine unrichtige rechtliche Beurteilung durch die belangte Behörde geltend gemacht wird, konnte im Übrigen gemäß § 67d AVG von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.

 

2.2. Nach § 39 Abs. 5 LMSVG entscheiden u.a. über Berufungen gegen nach § 39 Abs. 1 LMSVG ergangene Bescheide des Landeshauptmannes die Unabhängigen Verwaltungssenate, und zwar – wie sich aus § 67a AVG ergibt – durch eine aus drei Mitgliedern bestehende Kammer.

 

 

3. Über die vorliegende, entsprechend dem eigenständigen Vorbringen der Rechtsmittelwerberin auf Spruchpunkt 2. des angefochtenen Bescheides eingeschränkte Berufung hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

 

3.1. Gemäß § 39 Abs. 1 LMSVG hat der Landeshauptmann bei Wahrnehmung von Verstößen gegen lebensmittelrechtliche Vorschriften mit Bescheid, gegebenenfalls unter einer gleichzeitig zu setzenden angemessenen Frist und unter Ausspruch der notwendigen Bedingungen oder Auflagen, die nach Art des Verstoßes und unter Berücksichtigung des Prinzips der Verhältnismäßigkeit erforderlichen Maßnahmen zur Mängelbehebung oder Risikominderung – wie insbesondere die Durchführung baulicher, anlagentechnischer und ausstattungsmäßiger Verbesserungen (Z. 13) – anzuordnen.

 

Nach Art. 3 der Verordnung (EG) Nr. 852/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 über Lebensmittelhygiene, ABl.Nr. 139/2004 i.d.F. ABl.Nr. 109/2009 (im Folgenden: LMHV-EG), haben Lebensmittelunternehmer, die im Bereich der Primärproduktion bzw. im Bereich der dieser folgenden Produktions-, Verarbeitungs- oder Vertriebsstufen (Sekundärstufe) tätig sind, generell sicherzustellen, dass auf allen ihrer Kontrolle unterstehenden Produktions-, Verarbeitungs- und Vertriebsstufen von Lebensmitteln die jeweils einschlägigen Hygienevorschriften der LMHV-EG erfüllt sind.

 

Gemäß Art. 4 Abs. 2 LMHV-EG müssen Lebensmittelunternehmer, die im Bereich einer Sekundärstufe tätig sind, die den Arbeitsgängen der Primärproduktion nachgeordnet ist, die allgemeinen Hygienevorschriften gemäß Anhang II LMHV-EG sowie etwaige spezielle Hygieneanforderungen der LMHV-EG erfüllen.

 

Nach Anhang II Kapitel II Z. 2 LMHV-EG müssen in Räumen, in denen Lebensmittel zubereitet, behandelt oder verarbeitet werden, geeignete Vorrichtungen zum Reinigen, Desinfizieren und Lagern von Arbeitsgeräten und Ausrüstungen vorhanden sein; diese Vorrichtungen müssen aus korrosionsfreien Materialien hergestellt und leicht zu reinigen sein sowie über eine angemessene Warm- und Kaltwasserzufuhr verfügen.

 

Mit Spruchpunkt 2. des nunmehr angefochtenen Bescheides des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 21. Juli 2011, Zl. Ges-170092/8-2011-Hau, wurde angeordnet, dass im Betrieb der Beschwerdeführerin "zum Reinigen von Arbeitsgeräten und Ausrüstungen ..... ein Doppelspülbecken oder ein entsprechender Gewerbespüler zu installieren" ist.

 

3.2. Es trifft zwar zu, dass der Oö. Verwaltungssenat mit h. Erkenntnis vom 30. Juni 2011, Zl. VwSen-240826, festgestellt hat, dass Art. 3, Art. 4 und Anh. II Kap. II Z. 2 LMHV-EG insgesamt keine ausreichende Grundlage dafür bilden, dass speziell das Nichtvorhandensein eines Doppelspülbeckens in einem Lebensmittelunternehmen – allein gestützt auf diese Normen – verwaltungsstrafrechtlich sanktioniert werden könnte; vielmehr bedarf es in jenen Fällen, in denen das innerstaatlich unmittelbar anwendbare Unionsrecht den Anforderungen an das strafrechtliche Legalitätsprinzip nicht genügt, des Dazwischentretens eines Bescheides – wie dies in § 39 Abs. 1 LMSVG entsprechend vorgesehen ist –, mit dem die generellen Anordnungen (hier: des Art. 3, des Art. 4 und des Anh. II Kap. II Z. 2 LMHV-EG) im Wege der Vorschreibung spezifischer Maßnahmen entsprechend konkretisiert werden, sodass in der Folge deren Nichtumsetzung dann gemäß § 90 Abs. 4 Z. 3 LMSVG verwaltungsstrafrechtlich geahndet werden kann.

 

Vor dem Hintergrund einer derartigen rechtssystematischen Konstruktion kann daher der Einwand der Beschwerdeführerin, dass die unionsrechtlichen Bestimmungen aus verwaltungsstrafrechtlicher Sicht per se noch keine ausreichende rechtliche Verpflichtung begründen, naturgemäß schon von vornherein kein Argument gegen deren Konkretisierung im Wege spezifischer administrativrechtlicher Maßnahmen, die dann ihrerseits die Grundlage für eine Bestrafung im Falle ihrer Nichtumsetzung darstellen, bilden.

 

3.3. Bezüglich der Frage, ob die bescheidmäßig konkret angeordneten Hygienemaßnahmen der – alternativen – Installation eines Doppelspülbeckens bzw. eines Gewerbespülers dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit i.S.d. § 39 Abs. 1 LMSVG entsprechen, vermag der Einwand der Rechtsmittelwerberin, dass diese jeweils hohe, im Hinblick auf die im nächsten Halbjahr geplante Betriebsstättenverlegung gleichsam von vornherein frustrierte Investitionen erfordern würden, nicht zu überzeugen:

 

Wie nämlich bereits das Lebensmittelaufsichtsorgan in seiner Stellungnahme vom 10. Juni 2011 an die belangte Behörde dargetan hat, ist jede der beiden Maßnahmen nicht nur erforderlich, "um eine entsprechende Mindestausstattung für die verbleibenden Betriebszeiten am jetzigen Betriebsstandort zu erreichen", sondern a priori "auch zur weiteren Verwendung am neuen Betriebsstandort geeignet".

Dem gegenüber ist nicht ersichtlich, weshalb dann, wenn – wie die Beschwerdeführerin vorbringt – die vorhandenen Anschlüsse "völlig veraltet" sind, beispielsweise für die Installierung eines Gewerbespülers ein bloßer Austausch derselben nicht hinreichen sollte, sondern (auch hierfür) "eine neue Kaltwasserversorgung ..... eingeleitet werden" müsste, die "in den alten Gemäuern einen erheblichen Stemmaufwand" erfordert, "der eine mehrtägige Betriebsunterbrechung bedeutet und obendrein mit Investitionen von EUR 10.000.-" zu beziffern ist.

 

Mangels sonstiger konkreter gegenteiliger Belege kann daher der Einschätzung des sachverständigen Aufsichtsorganes – das die konkret vorgeschriebenen Alternativen zudem erst nach Durchführung mehrerer Ortsaugenscheine, in deren Zuge sich dieses jeweils von der technisch und finanziell optimalen Realisierbarkeit persönlich überzeugen konnte, festgelegt hat – dahin, dass diese konkreten Anordnungen unter den gegebenen Umständen jeweils auch dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entsprechen, nicht entgegengetreten werden.

 

3.4. Im Spruch des angefochtenen Bescheides wurde schließlich auch festgelegt, dass "die Umsetzung der unter den Punkten 1. und 2. angeführten Maßnahmen ..... innerhalb von 2 Monaten ab Erlassung des Bescheides zu erfolgen" hat.

 

Da der gegenständlichen Berufung mangels eines entsprechenden expliziten Ausschlusses gemäß § 64 Abs. 2 AVG eine aufschiebende Wirkung zukam und die vorliegende, auf § 66 Abs. 4 AVG fußende Entscheidung nunmehr an die Stelle des erstinstanzlichen Bescheides tritt (vgl. J. Hengstschläger – D. Leeb, Kommentar zum Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetz, Bd. 3, Wien 2007, RN 93 ff, m.w.N.), ist diese Anordnung nunmehr so zu verstehen, dass diese Zweimonatsfrist erst ab dem Zeitpunkt der Zustellung dieser Berufungsentscheidung zu laufen beginnt und sich damit insgesamt besehen ebenfalls als verhältnismäßig erweist.

 

3.5. Aus allen diesen Gründen war daher die vorliegende Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG abzuweisen und der angefochtene Bescheid zu bestätigen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

1.   Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

2.   Im gegenständlichen Verfahren sind Gebühren in Höhe von 14,30 Euro entstanden; ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

 

 

 

Dr.  W e i ß

 

 

VwSen-590293/3/Gf/Mu vom 19. August 2011, Erkenntnis

 

Rechtssatz 1

VO 852/2004-EG Art3;

VO 852/2004-EG Art4;

VO 852/2004-EG Anhang II Kapitel II Z 2;

LMSVG §39 Abs1

In jenen Fällen, in denen das innerstaatlich unmittelbar anwendbare Unionsrecht den Anforderungen an das strafrechtliche Legalitätsprinzip nicht genügt, bedarf es des Dazwischentretens eines Bescheides – wie dies in § 39 Abs1 LMSVG entsprechend vorgesehen ist –, mit dem die generellen Anordnungen (hier: des Art 3, des Art 4 und des Anh II Kap II Z 2 LMHV-EG) im Wege der Vorschreibung spezifischer Maßnahmen entsprechend konkretisiert werden, sodass in der Folge deren Nichtumsetzung gemäß § 90 Abs4 Z3 LMSVG verwaltungsstrafrechtlich geahndet werden kann.

 

Rechtssatz 2

VO 852/2004-EG Art3;

VO 852/2004-EG Art4;

VO 852/2004-EG Anhang II Kapitel II Z 2;

LMSVG §39 Abs1;

AVG §64 Abs2;

AVG §66 Abs4

Die im Spruch des angefochtenen Bescheides enthaltene Festlegung, dass die Umsetzung der gemäß § 39 Abs1 LMSVG vorgeschriebenen Maßnahmen "innerhalb von 2 Monaten ab Erlassung des Bescheides zu erfolgen" hat, ist – wenn und weil der Berufung mangels eines entsprechenden expliziten Ausschlusses gemäß § 64 Abs2 AVG eine aufschiebende Wirkung zukam und die vorliegende, auf § 66 Abs4 AVG fußende Entscheidung nunmehr an die Stelle des erstinstanzlichen Bescheides tritt (vgl Hengstschläger/Leeb, Kommentar zum AVG III § 66 Rz 93 ff mwN) – nunmehr so zu verstehen, dass diese Zweimonatsfrist erst ab dem Zeitpunkt der Zustellung der Berufungsentscheidung zu laufen beginnt.

 

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