Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-522867/11/Sch/Eg

Linz, 26.08.2011

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Schön über die Berufung der Frau T. L., geb. x, vertreten durch x, gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Linz  vom  5. Mai 2011, AZ. FE 481/2011, betreffend die Vorschreibung einer amtsärztlichen Untersuchung, zu Recht erkannt:

 

 

Die Berufung wird abgewiesen und der Bescheid mit der Maßgabe bestätigt, dass sich die Berufungswerberin binnen eines Monats ab Zustellung der Berufungsentscheidung unter Vorlage der erforderlichen fachärztlichen Befunde amtsärztlich untersuchen zu lassen hat.

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 66 Abs.4 und 67a AVG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Die Bundespolizeidirektion Linz hat mit Bescheid vom 5. Mai 2011, AZ. FE 481/2011, Frau T. L., geb. x, den vorangegangenen Mandatsbescheid vom 18.4.2011 bezüglich Aufforderung zur Feststellung der gesundheitlichen Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Klasse B gemäß § 8 und § 24 Abs. 4 FSG sich amtsärztlich untersuchen zu lassen und die zur Erstattung eines ärztlichen Gutachtens erforderlichen Befunde zu erbringen, bestätigt.

Weiters wurde gemäß § 64 Abs. 2 AVG einer Berufung die aufschiebende Wirkung aberkannt.

 

2. Gegen diesen Bescheid hat die Berufungswerberin rechtzeitig Berufung erhoben. Vom Instrumentarium der Berufungsvorentscheidung hat die Erstbehörde nicht Gebrauch gemacht und die Berufung vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates gegeben.

 

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Folgendes erwogen:

 

Im vorgelegten Verwaltungsakt der Bundespolizeidirektion Linz findet sich eine Meldung der Polizeiinspektion Kleinmünchen, datiert mit 9. April 2011, wonach Beamte dieser Dienststelle am 8. April 2011, gegen 20.50 Uhr, in der Wohnung der Berufungswerberin eine Amtshandlung durchzuführen gehabt hätten. Die Polizeibeamten waren von einem unbeteiligten Zeugen benachrichtigt worden, wonach ihm die Berufungswerberin "verwirrte SMS" geschickt habe, zuletzt mit der Mitteilung, dass "sie jetzt die Tabletten hinter sich gebracht habe". Anschließend sei der Kontakt abgebrochen. Es wurde in der Folge Nachschau in der Wohnung gehalten. Dabei wurde die Berufungswerberin im Schlafzimmer schlafend bzw. bewusstlos im Bett liegend angetroffen. Am Nachtkästchen standen Alkoholika, jedoch keine Tabletten udgl. Es wurde die Rettung alarmiert, auch die Polizeiärztin wurde herbeigerufen. Die polizeiärztliche Untersuchung habe eine psychische Erkrankung ergeben. In der Wohnung waren im Wohnzimmer mehrere Zettel auf die Möbel angeklebt, worin die Berufungswerberin handschriftlich angab, "nicht mehr zu wollen".

 

Anlässlich der Berufungsverhandlung vom 15. Juni 2011 wurde der Sachverhalt eingehend erörtert. Laut Angaben der Berufungswerberin sei der Eindruck, sie habe mit den erwähnten Zettelchen Selbstmordabsichten zum Ausdruck bringen wollen, nicht richtig gewesen wäre. Vielmehr habe es Probleme mit ihrem Lebensgefährten W. P. gegeben, der sich durch die Zettel in die Richtung auskennen sollte, dass sie für ihn und seine Kinder nicht mehr den "Deppen" spielen wolle. Außerdem sei sie zum Vorfallszeitpunkt alkoholisiert gewesen, irgendwelche Tabletten habe sie nicht eingenommen gehabt.

 

Von einer polizeiärztlichen Untersuchung in der Wohnung wisse sie nichts, sie sei allerdings ins Wagner-Jauregg-Krankenhaus eingeliefert worden.

Am nächsten Tag sei sie dann wieder entlassen worden.

 

Die Berufungswerberin hat zur Berufungsverhandlung den erwähnten Lebensgefährten W.P. stellig gemacht. Dieser ist zeugenschaftlich befragt worden, wobei er die Amtshandlung aus seiner Sicht schilderte. Hinsichtlich der erwähnten Zettel konnte oder wollte der Zeuge keine Angaben machen, er habe sie nicht gelesen. Zu den konsumierten Getränken seiner Lebensgefährtin meinte er, er habe in der Wohnung noch eine Flasche Rotwein vorgefunden, die großteils geleert war. Seine Lebensgefährtin nehme keine Tabletten, er habe auch keine bei ihr gesehen.

 

Im Anschluss an die Berufungsverhandlung wurde seitens des Oö. Verwaltungssenates die Krankengeschichte über den Aufenthalt der Berufungswerberin in der Nervenklinik Wagner-Jauregg Linz beigeschafft.

 

Demnach ist die Berufungswerberin am 8. April 2011 mit Polizei und Parere           zur Aufnahme gekommen. Grund der Aufnahme war eine Suizidankündigung der Patientin mittels SMS in alkoholisiertem Zustand bei bekanntem Alkoholabhängigkeitssyndrom. Bei der Aufnahme hatte die Patientin 1,62 %° Alkohol in der Atemluft. Als Diagnose bei der Entlassung wurde Folgendes angeführt: "Alkoholintoxikation, Suizidankündigung, Bek. Alkoholabhängigkeit, rez. depressive Störung". Seitens der Krankenanstalt wurden noch weitere Arztbriefe betreffend die Berufungswerberin für die Zeit vor dem gegenständlichen Vorfall beigelegt. Dort ist die Rede von einem stationärem Aufenthalt der Berufungswerberin vom 13. bis 20. September 2010, die Diagnose lautet ua. auf Alkoholabhängigkeitssyndrom und Zustand nach Tranquilizerabusus bei Angstzuständen. Angeführt ist die für notwendig erachtete Medikation, aber auch die Empfehlung zu strikter Alkoholkarenz und die Gefahr, dass bei der Berufungswerberin auch auf Tranquilizer mit Abhängigkeitssymptomatik reagiere. Ein weiterer Arztbrief, datiert mit 20. August 2010, enthält in etwa die gleiche Diagnose. Hier ist die Rede von einer Entziehungsbehandlung im Mai und im August 2010.

 

Der Vorfall, der zur Erlassung des angefochtenen Bescheides geführt hat, hat also eine entsprechende Vorgeschichte. Sie rechtfertigt im Sinne des § 24 Abs. 4 FSG Bedenken, dass bei der Berufungswerberin die Voraussetzung der gesundheitlichen Eignung nicht mehr gegeben sein könnten. Deshalb findet die Anordnung einer amtsärztlichen Untersuchung hier ihre Deckung. Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist Voraussetzung für die Erlassung eines Aufforderungsbescheides gemäß dieser Bestimmung das Vorliegen begründeter Bedenken in der Richtung, dass der Inhaber der Lenkberechtigung die gesundheitliche Eignung zum Lenken von KFZ nicht mehr besitzt. Hiebei geht es noch nicht darum, konkrete Umstände zu ermitteln, aus denen bereits mit Sicherheit auf das Fehlen einer Erteilungsvoraussetzung geschlossen werden kann, es müssen aber genügend begründete Bedenken in dieser Richtung bestehen, die die Prüfung des Vorliegens solcher Umstände geboten erscheinen lassen (VwGH 30.9.2002, 2002/11/0120 ua).

 

Nach der Diagnose in der erwähnten Arztbriefen besteht bei der Berufungswerberin ein Alkoholabhängigkeitssydrom. Daher ist es auch nachvollziehbar, wenn fachärztlicherseits eine absolute Alkoholabstinenz gefordert wird. Dazu dürfte die Berufungswerberin allerdings nicht in der Lage sein, wie der bei der Aufnahme der Berufungswerberin in der Nervenklinik gemessene Alkoholwert von 1,62 %° erkennen lässt. Auch im Hinblick auf die Suizidgefährdung der Berufungswerberin sind die Bedenken durch ihre Auslegung der erwähnten Zettelchen nicht ausgeräumt. Es kann natürlich nicht ausgeschlossen werden, dass die dort angebrachten Äußerungen, sie wolle nicht mehr, auch den Hintergrund gehabt haben könnten, bloß ihrem Lebensgefährten auszurichten, dass sie mit der Beziehung nicht zufrieden sei. Sie konnten aber auch durchaus den Eindruck erwecken, dass hier eine Suizidankündigung oder –erklärung damit gemeint war.

 

Damit steht für die Berufungsbehörde ausreichend begründbar fest, dass der Gesundheitszustand der Berufungswerberin insbesondere in psychischer Hinsicht abklärungsbedürftig ist.

 

Von der Berufungsbehörde war eine neue Frist zur Untersuchung festzusetzen, da die von der Erstbehörde festgelegte Frist bereits in der Vergangenheit liegt. Der Zeitraum von einem Monat, gerechnet ab Zustellung der Berufungsentscheidung, wird für ausreichend und angemessen angesehen.

 

Der Ausschluss der aufschiebenden Wirkung der Berufung durch die Erstbehörde ist in § 64 Abs. 2 AVG begründet.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweise:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

2. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 14,30 Euro angefallen.

 

 

 

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