Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-166119/4/Zo/Gr

Linz, 14.09.2011

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Mag. Gottfried Zöbl über die Berufung des Herrn X vom 8. Juni 2011 gegen das Straferkenntnis des Polizeidirektors von Linz vom 19. Mai 2011, Zahl: S-4943/11 wegen einer Übertretung der StVO zu Recht erkannt:

 

I. Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II. Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I: §§ 66 Abs.4 AVG iVm § 24, 51 Abs.1 und 45 Abs.1 Z.2 VStG

zu II: § 64 ff VStG

Entscheidungsgründe:

Die BPD Linz hat dem Berufungswerber im angefochtenen Straferkenntnis vorgeworfen, dass er am 15. Dezember 2010 in der Zeit von 19:45 Uhr bis 20:20 Uhr in Linz, Hafnerstraße 29, das KFZ mit dem Kennzeichen X vor einer Grundstückseinfahrt zum Parken abgestellt hatte, sodass ein anderer Verkehrsteilnehmer am Zufahren zur Haus- und Grundstückseinfahrt des Objekts Hafnerstraße 29 gehindert war. Er habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 24 Abs.3 lit.b StVO 1960 begangen, weshalb über ihn gemäß § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 eine Geldstrafe in Höhe von 36 Euro (EFS 16 Stunden) verhängt wurde. Weiters wurde er zur Zahlung eines Verfahrenskostenbeitrages in Höhe von 3,60 Euro verpflichtet.

 

2. In der dagegen rechtzeitig eingebrachten Berufung führte der Berufungswerber vorerst aus, dass die Annahme der Behörde, er habe das Fahrzeug selbst an dieser Stelle abgestellt, unzulässig sei. Er sei als Zulassungsbesitzer erst zu einem Zeitpunkt aufgefordert worden, den Lenker bekanntzugeben, als er wegen der zuvor ergangenen Strafverfügung bereits Beschuldigter war. Die von ihm erteilte Lenkerauskunft hätte daher nicht mehr berücksichtigt werden dürfen. In weiterer Folge ergänzte er seine Berufung dahingehend, dass das Fahrzeug nicht vor der gegenständlichen Grundstückseinfahrt sondern auf der gegenüberliegenden Straßenseite abgestellt war.

 

3. Der Polizeidirektor von Linz hat den Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates, wobei dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat        (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt. Bereits aus diesem ergibt sich, dass das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben war, weshalb eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung nicht erforderlich war.

 

4.1. Folgender Sachverhalt steht fest:

 

Entsprechend der Anzeige des Stadtpolizeikommandos Linz war der PKW mit dem Kennzeichen X am 15. Dezember 2010 von 19:45 Uhr bis 20:20 Uhr in Linz auf Höhe des Objektes Hafnerstraße 29 am gegenüberliegenden Fahrbahnrand abstellt. Aufgrund dieses gegenüber der Grundstückseinfahrt befindlichen PKW war ein anderer Fahrzeuglenker am Zufahren zur Grundstückseinfahrt gehindert. Am Abstellort des PKW vor dem Haus Hafnerstraße Nr. 26 befindet sich ein beschildertes Halte- und Parkverbot.

 

Der Berufungswerber ist Zulassungsbesitzer des angeführten PKW. Die BPD Linz erließ gegen ihn eine Strafverfügung, mit welcher sie ihm vorwarf, das Fahrzeug in Linz, vor dem Objekt Hafnerstraße 29 im Bereich einer Grundstückseinfahrt zum Parken abgestellt zu haben. Nach einem rechtzeitig eingebrachten Einspruch wurde der Berufungswerber aufgefordert, den Lenker bekanntzugeben. Dazu teilte er mit, dass er das Fahrzeug selbst abgestellt hatte.

 

Auch in allen anderen Verfolgungshandlungen lautete der Tatvorwurf gleich wie in der Strafverfügung.

 

5. Darüber hat der UVS des Landes Oberösterreich in rechtlicher Hinsicht folgendes erwogen:

 

Gemäß § 24 Abs.1 lit.a StVO 1960 ist im Bereich des Vorschriftszeichens "Halten und Parken verboten" nach Maßgabe der Bestimmungen des § 52 Z.13b das Halten und Parken verboten.

 

Gemäß § 24 Abs.3 lit.b StVO 1960 ist das Parken außer in dem in Abs.1 angeführten Fällen vor Haus und Grundstückseinfahrten verboten.

 

Gemäß § 44 a VStG hat der Spruch, wenn er nicht auf Einstellung lautet, zu enthalten:

1. die als erwiesen angenommene Tat;

2. die Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist;

..............

 

Gemäß § 66 Abs.4 AVG hat außer dem in Abs.2 erwähnten Fall die Berufungsbehörde, sofern die Berufung nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung ihre Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern.

 

5.2.1. Bereits aus der Polizeianzeige ergibt sich, dass der PKW nicht unmittelbar vor der Grundstückseinfahrt des Objektes Hafnerstraße Nr.29, sondern auf der gegenüberliegenden Straßenseite vor dem Haus Hafnerstraße Nr. 26 in einem beschilderten Halte- u. Parkverbot abgestellt war. Dennoch wurde dem Berufungswerber im gesamten Verfahren das Parken des PKW vor der Grundstückseinfahrt des Objektes Hafnerstraße Nr. 29 vorgeworfen. Der Berufungswerber hat seinen PKW zwar vorschriftswidrig abgestellt, die ihm konkret vorgeworfene Übertretung hat er jedoch nicht begangen.

 

Zu berücksichtigen ist noch, dass nach der ständigen Rechtssprechung des Verwaltungsgerichtshofes der UVS im Berufungsverfahren die verletzte Verwaltungsvorschrift richtig zu stellen hat, wenn diese von der Erstinstanz falsch vorgeworfen wurde. Dieser Korrektur ist auch nach Ablauf der Verfolgungsverjährungsfrist möglich, weil bezüglich der verletzten Verwaltungsvorschrift Verfolgungsverjährung nicht eintreten kann (vgl. dazu Hauer/Leukauf, Anmerkung 8 zu § 44a VStG und die dort zitierte Judikatur).

 

 

Wenn also dem Beschuldigten innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist der zutreffende Sachverhalt vollständig (i.S.d. § 44a Z. 1 VStG) vorgeworfen wurde und die Behörde diesen rechtlich falsch beurteilt hat, so hat der UVS im Berufungsverfahren die verletzte Rechtsvorschrift richtig zu stellen. Im vorliegenden Fall hat jedoch die Erstinstanz dem Beschuldigten einen falschen Sachverhalt, nämlich das Parken vor dem Objekt Hafnerstraße Nr. 29, vorgeworfen. I.S.d. § 66 Abs. 4 AVG ist "Sache" des Berufungsverfahrens daher (nur) die Frage, ob der Beschuldigte diese Tat begangen hat. Ist dies nicht der Fall, so hat der UVS das Straferkenntnis aufzuheben. Da gegen den Beschuldigten wegen der "richtigen" Übertretung keine Verfolgungsverhandlung gesetzt wurde, war das Verfahren einzustellen.

 

5.2.2. Selbst wenn die Erstinstanz in einer sonstigen rechtzeitigen Verfolgungshandlung den Beschuldigten mit dem richtigen Tatvorwurf konfrontiert hätte, nämlich mit dem Parken gegenüber dem Objekt Hafnerstraße Nr. 29, so würde dennoch die "Sache" des Berufungsverfahrens durch den Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses bestimmt. Dieser spricht ausdrücklich nur vom Parken vor dem Objekt Hafnerstraße Nr. 29. Auch in diesem Fall müsste der UVS das Straferkenntnis aufheben und dürfte nicht – gleichsam an Stelle der Erstinstanz – für den richtigen Tatvorwurf erstmals eine Strafe verhängen. Dies würde nämlich zu einer Auswechslung der Tat – und damit zu einem Überschreiten der "Sache" des Berufungsverfahrens - durch den UVS führen (VwGH v. 16.12.1998, 98/03/0211). Eine rechtzeitige und richtige Verfolgungshandlung würde lediglich die Verfolgungsverjährung hemmen, weshalb in diesem Fall das Verwaltungsstrafverfahren nicht eingestellt werden dürfte.

 

In diesem Sinne ist auch die Judikatur des VwGH zu verstehen, wonach der UVS berechtigt und verpflichtet ist, auch wesentliche Sachverhaltselemente im Spruch eines Straferkenntnisses richtig zu stellen, sofern diese von einer rechtzeitigen Verfolgungshandlung umfasst sind (VwGH v. 16.9.2010, 2010/09/0155). Die Grenze für diese Abänderungsverpflichtung des UVS ist jedenfalls dann erreicht, wenn der abgeänderte Spruch ein anderes Delikt ergeben würde als dem Beschuldigten im angefochtenen Straferkenntnis vorgeworfen wurde (VwGH v. 24.3.2011, 2010/09/0213).

 

5.2.3. Zusammengefasst ist nochmals festzuhalten, dass der Berufungswerber die ihm vorgeworfene Übertretung nicht begangen hat (§ 45 Abs. 1 Z.2 VStG) und bzgl. der von ihm tatsächlich begangenen Übertretung bereits Verfolgungs- verjährung eingetreten ist, weshalb das Verfahren einzustellen war.

 

 

Zu II:

 

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

 

Mag. Gottfried Zöbl

 

 

 

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