Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-222450/6/Bm/Sta

Linz, 16.08.2011

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Michaela Bismaier über die Berufung des Herrn H P, vertreten durch S C & P, E, W,  gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 1.7.2010, Ge96-23-2010, wegen einer Verwaltungsübertretung nach der GewO 1994 nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 10.12.2010 zu Recht erkannt:

 

 

 

I.             Der Berufung wird keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, dass

-          im ersten Satz des Spruches die Wortfolge "gemäß § 9 Verwaltungsstrafgesetz 1991 zur Vertretung nach außen befugter" sowie die unter der verletzten Rechtsvorschrift erfolgte Zitierung "iVm § 9 Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 1991/52 idgF" zu entfallen haben sowie

-          der letzte Satz des Spruches zu lauten hat: "Sie haben damit die gewerbebehördlich genehmigte Betriebsanlage (Mühlenbetrieb) nach genehmigungspflichtiger Änderung ohne die hiefür erforderliche gewerbebehördliche Genehmigung betrieben. Der Betrieb der Stromerzeugungsanlage ist geeignet, die Nachbarn durch Lärm zu belästigen."

 

II.         Der Berufungswerber hat zusätzlich zum Verfahrenskostenbeitrag erster Instanz einen Kostenbeitrag zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat in der Höhe von 20 % der verhängten Strafe, das sind 140 Euro, zu leisten.

 

 

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 19, 24, und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr. 52/1991 idgF.

zu II.: § 64 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 1.7.2010, Ge96-23-2010,  wurde über den Berufungswerber (in der Folge: Bw) eine Geldstrafe in der Höhe von 700 Euro, Ersatzfreiheitsstrafe von 80 Stunden, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 366 Abs.1 Z3 iVm § 81 Abs.1 und § 74 Abs.2 der Gewerbeordnung 1994 (GewO 1994) verhängt.

Dem Schuldspruch liegt folgender Tatvorwurf zu Grunde:

 

"Sie haben es als gemäß § 9 Verwaltungsstrafgesetz 1991 zur Vertretung nach außen befugter gewerberechtlicher Geschäftsführer der P B GmbH, P, H, zu verantworten, dass im Zeitraum vom 18. März 2010 bis 31. März 2010, in der gewerbebehördlich genehmigten Betriebsanlage (Mühlenbetrieb) im Standort  P, H, auf Gst. Nr., KG. P, eine Stromerzeugungsanlage, bestehend aus einem Elin-Synchron-Generator mit der Seriennummer 693876, Baujahr 1981, der über Riemenbetrieb von der mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 30.1.1982, Wa-146-1981, wasserrechtlich bewilligten Rohrturbine Kössler mit der Fabrikat Nr. 80137, Baujahr 1981, angetrieben wird, betrieben wurde und damit elektrische Energie großteils zum Antrieb der gewerblichen Betriebsanlagen auf dem Betriebsareal erzeugt wurde. Sie haben damit eine gewerbebehördlich genehmigungspflichtige Betriebsanlage errichtet und haben sie betrieben, ohne die entsprechende gewerbebehördliche Genehmigung dafür erwirkt zu haben, obwohl es sich  bei der Errichtung und beim Betrieb der Änderung der Betriebsanlage um eine genehmigungspflichtige Änderung der Betriebsanlage im Sinn des § 81 Abs.1 der  Gewerbeordnung 1994 handelt, da die Änderung der Betriebsanlage dazu geeignet ist, die im § 74 Abs.2 der Gewerbeordnung 1994 umschriebenen Interessen zu beeinträchtigen, insbesondere Nachbarn durch Lärm zu belästigen."

 

2. Gegen dieses Straferkenntnis hat der Bw durch seinen anwaltlichen Vertreter innerhalb offener Frist Berufung eingebracht und darin im Wesentlichen ausgeführt, der Tatvorwurf sei unrichtig bzw. sei das gegenständliche Straferkenntnis rechtswidrig.

Die verfahrensgegenständliche Stromerzeugungsanlage bzw. Wasserkraftanlage sei im Rahmen eines von der Gewerbebehörde am 18.3.2010 durchgeführten Ortsaugenschein unter Beiziehung des Amtssachverständigen DI B überprüft worden. Im Zuge dessen sei von der Gewerbebehörde zutreffend festgestellt worden,

a) dass die Wasserkraftanlage mit Bescheid der BH Freistadt vom 30.11.1982 (Wa-146-1981) aufrecht wasserrechtlich bewilligt ist und

b) es sich bei dieser Anlage um eine Eigenanlage iSd § 2 Abs.2 und 3 Oö. Elektri­zitätsgesetz 1982 handelt, welche entsprechend angezeigt wurde. Die im Jahr 1982 im Regime des Oö. Elektrizitätsgesetzes 1982 errichtet Stromerzeugungs-/Wasserkraftanlage der P B GmbH bzw. dessen Rechtsvorgänger habe damals auf Grund der geltenden Bestimmungen des § 22 Abs.3
Oö. Elektrizitätsgesetz 1982 keiner elektrizitätsrechtlichen Bewilligung bedurft. Später sei diese durch die Übergangsbestimmungen in das Regime des
Oö. ElWOG, in weitere Folge in das Regime des Oö. ElWOG 2001 und in das Regime Oö. ElWOG 2006 übergeleitet worden. Auf Grundlage der zitierten Übergangsbestimmungen gelte somit die Stromerzeugungsanlage bis dato zumindest in elektrizitätsrechtlicher Hinsicht als im bisherigen Umfang als elektrizitätsrechtlich bewilligt.

Die verfahrensgegenständliche Stromerzeugungsanlage sei somit in elektrizitäts- sowie wasserrechtlicher Hinsicht bewilligt/genehmigt; was so auch von der Behörde in der Niederschrift der BH Freistadt vom 18.3.2010 richtig festgestellt worden sei.

Die Behörde gehe darüber hinaus von einer gewerbebehördlichen Genehmigungspflicht iSd §§ 74 ff GewO der gegenständlichen Stromerzeugungsanlage der P B GmbH aus, da laut Niederschrift vom 18.3.2010 "(...) es sich bei dieser Wasserkraftanlage um eine Eigenanlage handelt". Darüber hinausgehende Ermittlung dazu gebe es augenscheinlich nicht. Abgesehen davon sei die gegenständliche Stromerzeugungsanlage der P B GmbH – entgegen der Auffassung der Behörde – aus nachstehenden Gründen eine gewerberechtlich bewilligungspflichtige Betriebsanlage.

Die Gewerbeordnung 1994 sehe hinsichtlich Elektrizitätsunternehmen einen Ausnahmetatbestand in § 2 Abs.1 Z20 vor und nehme explizit den Betrieb von Elektrizitätsunternehmen iSd § 7 Z8 ElWOG vom Anwendungsbereich der GewO aus. § 7 Z8 ElWOG definiert das Elektrizitätsunternehmen als "eine natürliche oder juristische Person oder eine Erwerbsgesellschaft, die in Gewinnabsicht von den Funktionen der Erzeugung, der Übertragung, der Verteilung der Lieferung oder des Kaufs von elektrischer Energie mindestens eine wahrnimmt und die kommerzielle, technische oder wartungsbezogene Aufgabe in Zusammenhang mit diesen Funktionen wahrnimmt, mit Ausnahme der Endverbraucher". 

Sobald ein Gewerbetreibender Elektrizitätseigenerzeuger einen allfälligen Produktionsüberschuss aus seiner Eigenerzeugungsanlage mit Gewinnabsicht weiterveräußert, begründe dies nach dem Wortlaut vom § 7 Z8 ElWOG iVm § 2 Abs.1 Z20 GewO 1994 insofern – bei im Übrigen gleichbleibender Endverbrauchereigenschaft – die Elektrizitätsunternehmerschaft (Hauer, Stromerzeugungsanlagen zwischen Elektrizitäts- und Gewerberecht, RdU-UT 2007/5; VwGH 2005/04/0168). Auf den Hauptzweck des Unternehmens komme es gemäß § 7 Z8 ElWOG nicht an. Es liege bereits dann ein Elektrizitätsunternehmen vor, sobald – neben den im letzten Halbsatz dieser Bestimmung genannten Tätigkeiten – die Funktionen der Elektrizitätserzeugung ausgeübt werde.

Wie der beiliegenden Bestätigung der L GmbH (Netzbetreiber) vom 18.2.2010 entnommen werden könne, speise die P B GmbH den aus der verfahrensgegenständlichen Anlage gewonnen überschüssigen Strom in das öffentliche Verteilernetz der L ein. Ebenso werde in der Niederschrift vom 18.3.2010 darauf hingewiesen, dass auf Grund der Konzeption der Stromerzeugungs-/Wasserkraftanlage die Möglichkeit bestehe, Überschussenergie in das Verteilernetz der L über die 30 kV-Betriebstrafostation einzuspeisen.

Da somit festgestellt als auch bestätigt worden sei, dass ein Produktionsüberschuss aus der Stromerzeugungs-/Wasserkraftanlage in das Verteilernetz (öffentliche Netz) der L eingespeist werde, habe der Bw iSd Ausnahmetatbestandes des § 2 Abs.2 Z20 GewO zu Recht davon ausgehend dürfen, dass eine gesonderte gewerberechtliche Genehmigung nicht notwendig sei.

Selbst wenn die Ansicht der Behörde zutreffend sein sollte und hinsichtlich der Stromerzeugungsanlage eine Genehmigungspflicht nach der GewO bestehen sollte, hätte sie bei Durchführung eines Ermittlungsverfahrens feststellen bzw. erkennen müssen, dass gemäß § 74 Abs. 6 GewO 1994 Anlagen, welche nach anderen als bergrechtlichen Vorschriften genehmigt oder bewilligt worden seien, jedoch nicht mehr den Charakter einer solchen vom Geltungsbereich der GewO ausgenommenen Anlage, sondern den Charakter einer gewerblichen Betriebsanlage iSd § 74 Abs.2 GewO aufweisen würden, keiner gesonderten gewerbebehördlichen Genehmigung bedürften. Die P B GmbH hat mit der gegenständlichen Stromerzeugungs-/Wasserkraftanlage seit jeher Strom zur Einspeisung in das öffentliche Netz produziert, was auch daraus erhellt bzw. evident sei, dass diese mittels Kleinwasserkraftwerkzertifikat behördlich als Ökostromanlage anerkannt worden sei.

Selbst wenn nachträglich nicht mehr der gesamte erzeugte Strom in das öffentliche Netz eingespeist worden sein sollte – wovon die Behörde offensichtlich ausgehen dürfte, obwohl es keinerlei diesbezügliche Feststellungen gebe – bedeute das nicht automatisch eine (nachträgliche) gewerberechtliche Bewilligungspflicht sondern greife eben § 74 Abs.6 GewO und gelte die Anlage ex lege als nach § 74 GewO als genehmigt. Der Vorwurf der Behörde, wonach die Stromerzeugungsanlage im Zeitraum vom 18.3.2010 bis 31.3.2010 ohne entsprechende gewerbebehördliche Genehmigung betrieben worden wäre, gehe damit ins Leere.

Selbst wenn entgegen obigen Ausführungen tatsächlich eine gewerbebehördliche Genehmigungspflicht hinsichtlich der Stromerzeugungsanlage bestehen sollte, könne dem Bw allenfalls vorgeworfen werden, dass dieser dies infolge der unklaren bzw. diffizilen Rechtslage verkannt habe – wie auch die Behörden selbst über einen Zeitraum von mehreren Jahren. Infolge der auch für Juristen mitunter schwierig zu beurteilenden Abgrenzungsfragen zu der Genehmigungspflicht bei doppelfunktionalen Stromerzeugungsanlagen könne dem Bw als rechtlichen Laien dahingehend ein allfälliger Rechtsirrtum keinesfalls vorgeworfen werden, der jedoch die Strafbarkeit ausschließe. Jedenfalls liege kein Verschulden gemäß § 5 VStG vor und fehle damit die Voraussetzung für die Bestrafung, selbst ein allfälliges Verschulden wäre nur als geringfügig einzustufen und hätte die Behörde nach § 21 VStG vorgehen müssen.

 

Es werde daher der Antrag gestellt, der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich möge der Berufung Folge geben und das angefochtene Straferkenntnis ersatzlos aufheben; in eventu unter Anwendung des § 21 VStG eine bescheidmäßige Ermahnung aussprechen.

 

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Freistadt hat diese Berufung samt bezughabenden Verwaltungsstrafakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung  vorgelegt. Im Grunde des § 67a Abs.1 AVG ist für die Entscheidung über diese Berufung das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied berufen.

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den bezughabenden Verwaltungsstrafakt, insbesondere in die von der P B GmbH vorgelegten Unterlagen sowie Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 10.12.2010, an welcher der Bw und sein anwaltlicher Vertreter teilgenommen haben und gehört wurden. Ein Vertreter der belangten Behörde hat entschuldigt nicht an der Verhandlung teilgenommen.

 

4.1. Folgender Sachverhalt ist entscheidungswesentlich:

Die P B GmbH betreibt im Standort P, H, eine Mühlenanlage sowie eine Backmittelproduktion.

Im räumlichen Zusammenhang zu dieser Betriebsanlage wird von der Bw eine am rechten W-Ufer situierte Wasserkraftanlage (Stromerzeugungsanlage) betrieben.

Diese Wasserkraftanlage wurde mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 30.11.1982, Wa-146-1981, wasserrechtlich bewilligt. Bei dieser Wasserkraftanlage handelt es sich um eine Kössler Rohrturbine mit der Fabrikat Nr. 80137, Baujahr 1981.

In elektrizitätsrechtlicher Hinsicht wurde der Betrieb dieser Wasserkraftanlage nach dem Oö. Elektrizitätsgesetz angezeigt. Im Dezember 1982 wurde von der Elektrizitätsbehörde festgestellt, dass es sich bei dieser Wasserkraftanlage um eine Eigenanlage im Sinne des § 2 Abs.2 und 3 Oö. Elektrizitätsgesetz handelt. Im Wasserkraftwerk von der Rohrturbine über einen Riementrieb wird ein Elin-Synchron-Generator mit der Serien Nr. 693876, Baujahr 1981, angetrieben. Die in diesem Generator erzeugte elektrische Energie wird über Schalt- und Messschränke während des Betriebes der Betriebsanlagen (Mühlen, Backofen, Verpackung, Drucklufterzeugung, Verwaltung etc.) auf dem Areal der P B GmbH verbraucht.

Bei lastschwachen Zeiten (zB bei Betriebsstillstand) wird die Überschussenergie in das Verteilernetz der L über die 30 kV-Betriebstrafostation eingespeist. Elektrizitätsrechtliche Genehmigung für die 30 kV-Betriebstrafostation und das erforderliche 30 kV-Anschlusskabel liegen vor.

Im Zeitraum 18.3.2010 bis 31.3.2010 wurde diese Stromerzeugungsanlage betrieben; eine Betriebsanlagenänderungsgenehmigung lag hiefür nicht vor.

 

Der hier entscheidungswesentliche Sachverhalt ergibt sich aus dem Akteninhalt, dem Berufungsvorbringen sowie dem Ergebnis der mündlichen Berufungsverhandlung.

Vom Bw wurden die in der Niederschrift der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 18.3.2010 vom Amtssachverständigen für Elektrotechnik und Energiewirtschaft festgehaltenen Ausführungen dahingehend, dass im Tatzeitraum die Wasserkraftanlage betrieben wurde und dabei der erzeugte Strom vorrangig für den Eigenverbrauch bestimmt ist und die Überschussenergie in das Verteilernetz der Linz Strom GmbH eingespeist wird, nicht bestritten.

 

5. Der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1.Gemäß § 74 Abs. 2 GewO 1994 dürfen gewerbliche Betriebsanlagen nur mit Genehmigung der Behörde errichtet oder betrieben werden, wenn sie wegen der Verwendung von Maschinen und Geräten, wegen ihrer Betriebsweise, wegen ihrer Ausstattung oder sonst geeignet sind,

 

das Leben oder die Gesundheit des Gewerbetreibenden, der nicht den Bestimmungen des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes unterliegenden mittätigen Familienangehörigen, der Nachbarn oder der Kunden, die die Betriebsanlage der Art des Betriebes gemäß aufsuchen, oder das Eigentum oder sonstige dingliche Rechte der Nachbarn zu gefährden,

 

die Nachbarn durch Geruch, Lärm, Rauch, Staub, Erschütterung oder in anderer Weise zu belästigen,

 

die Religionsausübung in Kirchen, den Unterricht in Schulen, den Betrieb von Kranken- und Kuranstalten oder die Verwendung oder den Betrieb anderer öffentlichen Interessen dienender benachbarter Anlagen oder Einrichtungen zu beeinträchtigen,

 

die Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs an oder auf Straßen mit öffentlichem Verkehr wesentlich zu beeinträchtigen oder

 

eine nachteilige Einwirkung auf die Beschaffenheit der Gewässer herbeizuführen, sofern nicht ohnedies eine Bewilligung auf Grund wasserrechtlicher Vorschriften vorgeschrieben ist.

 

Gemäß § 81 Abs. 1 GewO 1994 bedarf die Änderung einer genehmigten Betriebsanlage einer Genehmigung im Sinne der Bestimmungen der Gewerbeordnung, wenn dies zur Wahrung der im §74 Abs. 2 umschriebenen Interessen erforderlich ist.

 

Nach § 2 Abs.1 Oö. Elektrizitätsgesetz 1982 sind Elektrizitätsversorgungsunternehmen im Sinne dieses Bundesgesetzes Unternehmen für Erzeugung oder Verteilung elektrischer Energie zum Zwecke der entgeltlichen Abgabe an andere (öffentliche Elektrizitätsversorgung). Als entgeltliche Abgabe an andere gilt auch die entgeltliche Abgabe elektrischer Energie von Genossenschaften, Agrargemeinschaften und anderen Vereinigungen an ihre Mitglieder. Die Abgabe elektrischer Energie an Angehörige des eigenen Betriebes (einschließlich Pensionisten) im Betriebsgelände gilt als entgeltliche Abgabe an andere.

 

Nach Abs.2 dieser Bestimmung sind Eigenanlagen im Sinne dieses Gesetzes Anlagen zur Erzeugung sowie damit im Zusammenhang stehende Anlagen zur Verteilung elektrischer Energie für den eigenen Bedarf des Inhabers der Anlage.

 

Nach Abs.3 des Oö. Elektrizitätsgesetzes 1982 ist eine Anlage zur Erzeugung sowie die damit im Zusammenhang stehende Anlage zur Verteilung elektrischer Energie für den eigenen Bedarf des Inhabers auch dann als Eigenanlage im Sinne des Abs.2 zu behandeln, wenn elektrische Energie an andere abgegeben wird.

a) Auf Grund einer behördlich auferlegten Verpflichtung,

b) an Elektrizitätsversorgungsunternehmen,

c) bei überwiegender Verwendung für den eigenen Bedarf des Inhabers an sonstige unmittelbare Abnehmer gegen Entgelt höchstens bis zu 500.000 Kilowattstunden im Jahr.

 

Nach § 2 Abs.1 Z20 GewO 1994 ist dieses Bundesgesetz nicht anzuwenden auf den Betrieb von Elektrizitätsunternehmen (§ 7 Z8 ElWOG).

 

Nach § 366 Abs.1 Z3 begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu 3.600 Euro zu bestrafen ist, wer eine genehmigte Betriebsanlage ohne die erforderliche Genehmigung ändert oder nach der Änderung betreibt (§ 81 f).

 

5.2. Vorliegend steht im Grunde des durchgeführten Beweisverfahrens fest, dass im Tatzeitraum die gegenständliche Wasserkraftanlage (Stromerzeugungsanlage) vorrangig der Eigenversorgung der von der Bw betriebenen Betriebsanlage dient und die anfallende Überschussenergie in das Verteilernetz der L eingespeist wird.

 

Ausgehend von dieser Konstellation ist die Frage zu beantworten, ob die gegenständliche Anlage einer elektrizitätsrechtlichen oder einer gewerberechtlichen Bewilligungspflicht unterliegt.

 

Ausführlich auseinandergesetzt mit dieser Frage hat sich Univ.-Prof. Dr. A H in der RdU-UT 2007/5.

Demnach folgt in Betrachtung der Definition des Elektrizitätsunternehmens in § 7 Z8 ElWOG, dass kein Elektrizitätsunternehmen betreibt, wer Elektrizität bloß für den eigenen Bedarf erzeugt, somit eine reine Eigenerzeugungsanlage betreibt. Die Erzeugung von Elektrizität für den eigenen Bedarf eines Gewerbetreibenden, also die Erzeugung durch den Endverbraucher selbst, begründet eben noch kein Elektrizitätsunternehmen im Sinne von § 7 Z8 ElWOG wie auch iSd § 2 Abs.1 Z20 GewO 1994 und fällt damit nicht aus dem Anwendungsbereich der Gewerbeordnung heraus. Die Erzeugung von Elektrizität für den eigenen Bedarf durch einen Gewerbetreibenden unterliegt folglich dem Anlagenrecht der Gewerbeordnung iSd § 12 Abs.2 ElWOG.

Sobald ein gewerbetreibender Elektrizitätseigenerzeuger einen allfälligen Produktionsüberschuss aus seiner Eigenerzeugungsanlage  mit Gewinnabsicht weiterveräußert, begründet dies aber nach dem Wortlaut von § 7 Z8 ElWOG iVm § 2 Abs.1 Z20 GewO 1994 insofern – bei im Übrigen gleichbleibender Endverbrauchereigenschaft – die Elektrizitätsunternehmerschaft.

Nach den Ausführungen Hauer wäre allerdings dann die Erzeugungsanlage allein aus dem Blickwinkel der § 1 f GewO 1994 ambivalent zu beurteilen. Dabei darf nicht übersehen werden, dass § 12 Abs.2 ElWOG ohnedies nicht auf den sachlichen Anwendungsbereich der Gewerbeordnung, sondern auf eine Bewilligungs- oder Anzeigepflicht nach den §§ 74 ff leg.cit. abstellt.

Eine Eigenerzeugungsanlage ist sohin trotz gewinnorientierter Überschussabgabe (zumindest auch) als (genehmigungspflichtige) gewerbliche Betriebsanlage zu qualifizieren, weil sie "einer gewerblichen Tätigkeit regelmäßig zu dienen bestimmt ist", sodass für sie im Ergebnis nichts anderes wie für die "reine" Eigenerzeugungsanlage gilt.

Zudem kann für andere – überhaupt nicht der Eigenversorgung dienende – Stromerzeugungsanlagen eine gewerberechtliche Bewilligungspflicht nach dem Prinzip der "Einheit der Betriebsanlage" in Betracht kommen.

 

Gegenständlich wurde – wie unter 4.1. ausgeführt – jedenfalls im vorgeworfenen Tatzeitraum in der bestehenden Mühlenanlage eine Stromeigenerzeugungsanlage mit Überschussenergieabgabe in das Verteilernetz der L betrieben und ist sohin im Lichte der obigen Ausführungen vom Anwendungsbereich der Gewerbeordnung auszugehen.

Der Betrieb dieser Anlage ist vom bestehenden Genehmigungskonsens nicht erfasst, das heißt eine Betriebsanlagenänderungsgenehmigung liegt hiefür nicht vor, obwohl von einer Genehmigungspflicht auszugehen ist.  Eine solche ist nämlich bereits dann gegeben, wenn die Änderung und der Betrieb geeignet ist, die in § 74 Abs. 2 GewO 1994 umschriebenen Interessen zu beeinträchtigen; um dies zu beurteilen, genügt es in der Regel auf das allgemeine menschliche Erfahrungsgut zurückzugreifen (VwGH 20.9.1994, 94/04/0068).

Unbestritten ist, dass sich im Nahbereich der in Rede stehenden Anlage Nachbarn befinden. Der Betrieb einer Stromerzeugungsanlage stellt zweifellos eine Maßnahme dar, die geeignet ist, die durch § 74 Abs. 2 Z 1 bis 5 leg. cit. geschützten Interessen zu gefährden. Insbesondere ist durch den Betrieb der Anlage eine Belästigung der Nachbarn durch Lärm nicht auszuschließen.

 

Soweit der Bw vorbringt, dass auch bei Annahme einer Genehmigungspflicht für die gegenständliche Anlage nach §§ 74 ff GewO von der Behörde festgestellt hätte werden müssen, dass im vorliegenden Fall § 74 Abs.6 GewO 1994 Anwendung finde, wonach Anlagen, welche nach anderen als bergrechtlichen Vorschriften genehmigt oder bewilligt wurden, jedoch nicht mit dem Charakter einer solchen vom Geltungsbereich der GewO ausgenommenen Anlage, sondern den Charakter einer gewerblichen Betriebsanlage iSd § 74 Abs.2 GewO 1994 aufweisen, keiner gesonderten gewerbebehördlichen Genehmigung bedürfen, ist dem entgegenzuhalten, dass § 74 Abs.6 GewO 1994 gleichzeitig festhält, dass Abs.4 vorletzter und letzter Satz des § 74 Abs.4 GewO 1994 Anwendung findet und demnach für ein konsensgemäßes Betreiben die Erstattung der Anzeige durch den Anlageninhaber erforderlich ist. Eine solche Anzeige ist vorliegend nicht gelegt worden.

Die Unterlassung einer Anzeige bedeutet aber, dass für eine genehmigungspflichtige gewerbliche Betriebsanlage keine Betriebsanlagenge­nehmi­gung vorliegt.

 

Darüber hinaus ist aber auch nicht von der Anwendbarkeit des § 74 Abs.6 GewO 1994 auszugehen, da auch bei der Errichtung der gegenständlichen Anlage von einer Eigenanlage im Sinne des § 2 Abs.2 und 3 Oö. Elektrizitätsgesetz 1982 ausgegangen und in diesem Sinne auch eine Anzeige an die Elektrizitätsbehörde erstattet wurde. Wie oben ausgeführt, unterliegt eine solche Anlage dem Anlagenrecht der Gewerbeordnung.

 

Der objektive Tatbestand der Verwaltungsübertretung wurde daher erfüllt.

 

Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes enthält § 366 Abs. 1 Z 3 GewO 1994 zwei voneinander unabhängige Straftatbestände (arg.: ändert oder nach der Änderung betreibt), die jeder für sich eine Verwaltungsübertretung bilden und getrennt mit einer Verwaltungsstrafe zu belegen sind. Da die Änderung bereits abgeschlossen und im Tatzeitraum der Betrieb festgestellt wurde, war daher der Spruch dahingehend zu konkretisieren, dass dem Bw der genehmigungslose Betrieb vorgeworfen wird. Diese Spruchberichtigung stellt keine Änderung des Tatvorwurfs, sondern lediglich eine Klarstellung des vorgeworfenen Sachverhaltes dar; neue Tatbestandselemente werden dem Bw nicht vorgeworfen.  

 

5.3. Hinsichtlich des Verschuldens ist festzuhalten, dass die dem Beschuldigten angelastete Tat ein sogenanntes Ungehorsamsdelikt im Sinne des § 5 Abs.1 VStG darstellt, zu dessen Strafbarkeit, sofern die Verwaltungsvorschrift nicht anderes bestimmt, Fahrlässigkeit genügt. Fahrlässigkeit ist nach der zitierten Gesetzesstelle bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schaden oder Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft machen kann, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Eine solche Glaubhaftmachung ist dem Bw nicht gelungen.

 

Soweit der Bw vorbringt, dass jedenfalls kein schuldhaftes Verhalten vorliege, da er sich in einem Rechtsirrtum befunden habe, ist dem entgegenzuhalten, dass nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes die Unkenntnis eines Gesetzes oder dessen irrige Auslegung nur dann als unverschuldet im Sinne des § 5 Abs.2 VStG angesehen werden kann, wenn dem Betreffenden die Verwaltungsvorschrift trotz Anwendung der nach seinen Verhältnissen zumutbaren Sorgfalt unbekannt geblieben ist. Ist die Auslegung von Normen für einen juristischen Laien mit Schwierigkeiten verbunden, ist es seine Sache, sich bei der zuständigen Behörde zu informieren. Dies gilt umso mehr, wenn es sich um eine komplexe Rechtslage handelt und der Bw in Kenntnis einer Änderung der Netzebene durch die L ist.

Dass der Bw entsprechende Auskünfte – sei es bei der Bezirkshauptmannschaft oder sei es bei der zuständigen Oberbehörde - eingeholt hätte, wird von ihm nicht vorgebracht.

 

5.4. Zur Strafhöhe ist festzustellen:

 

Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermessensabwägung sind in der Begründung des Bescheides soweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes erforderlich ist.

 

Die belangte Behörde ist bei der Strafbemessung von einem monatlichen Nettoeinkommen von 3.000 Euro und keinen Sorgepflichten ausgegangen.

Als erschwerend wurden verwaltungsbehördliche Vorstrafen gewertet, strafmildernd wurde kein Umstand berücksichtigt.

Diesen Erwägungen wurde in der Berufung nichts entgegengesetzt und sind auch keine neuen Strafbemessungsgründe hervorgekommen. Der Bw ist auch auf den besonderen Unrechtsgehalt der Tat, nämlich die Verletzung der Interessen des Nachbarschutzes hinzuweisen. Im Hinblick auf die gesetzlich festgelegte Höchststrafe ist die verhängte Geldstrafe im unteren Bereich gelegen und ist diese daher tat- und schuldangemessen sowie den persönlichen Verhältnissen des Bw angepasst. Die Geldstrafe ist auch aus spezial- und generalpräventiven Gründen erforderlich, weshalb eine Herabsetzung der Geldstrafe nicht gerechtfertigt ist.

Geringfügigkeit des Verschuldens liegt insofern nicht vor, als das tatbildmäßige Verhalten des Bw nicht weit hinter dem in der Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt der Tat zurückbleibt.

 

6. Die Verfahrenskostenentscheidung ist in der zitierten Gesetzesstelle begründet.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

Mag. Michaela Bismaier

 

 

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