Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-252693/16/Lg/Sta

Linz, 09.08.2011

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ewald Langeder nach der am 20. Juli 2011 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung über die Berufung des X-X X, vertreten durch Rechtsanwalt  Dr. X X, X, X, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes des Bezirkes Vöcklabruck vom 17. Jänner 2011, Zl. SV96-343-2010, wegen einer Übertretung des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes, BGBl. Nr. 189/1955 (ASVG), zu Recht erkannt:

 

 

I.       Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II.     Es entfallen sämtliche Verfahrenskosten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

Zu I: §§ 24 und 45 Abs.1, 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG;

zu II: § 66 Abs.1 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.  Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde über den Berufungswerber (in der Folge: Bw) eine Geldstrafe von 730 Euro und eine Ersatzfreiheitsstrafe von 36 Stunden verhängt, weil er am 9.6.2010 im Rahmen seines Gewerbebetriebes mit Standort X, X, den von der Vollversicherung im Sinne des § 5 ASVG ausgenommenen, in der Unfallversicherung teilversicherten Dienstnehmer, den mazedonischen Staatsangehörigen Y Y in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt geringfügig beschäftigt und nicht vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger angemeldet habe.

 

Begründend führt das angefochtene Straferkenntnis aus:

 

"Die unerlaubte und nicht zur SV angemeldete Beschäftigung des Hrn. Y wurde vom Finanzamt Freistadt Rohrbach Urfahr-Umgebung, KIAB - Kontrolle illegaler Arbeitnehmerbeschäftigung, ange­zeigt; der Sachverhalt war aus einer Sachverhaltsdarstellung der GPI Leopoldschlag bekanntgeworden :

 

Am 9.10.2010, um 23:45 Uhr, wurde der mazed.StA Y Y, geb Y, Vers-Nr. Y, unterwegs mit dem LKW, Mercedes, pol.Kz: X, zugelassen auf X X-X, X, X, auf der Prager Str. 14, 4240 Freistadt, einer Fahrzeugkontrolle unterzogen. Dabei wies er sich mit einem Führerschein ausgestellt von der BH VB aus, konnte aber we­der einen Reisepaß noch einen Aufenthaltstitel oder Niederlassungsbewilligung vorweisen. Als Grund seiner Reisebewegung sagte er, daß er ein Zimmer suche, weil er am nächsten Tag im Auftrag seines Chefs X auf eine Baustelle in X müsse. Im Kfz. wurde Nachschau gehalten, wobei Ge­rätschaft zur Anfertigung von Maschinenputz vorgefunden wurde.

 

Bei einer Überprüfung der SV-Daten wurde festgestellt, daß Hr. Y Y - der keinen Zugang zum inländischen Arbeitsmarkt hat - von der Fa. X X-X nicht zur SV angemeldet wurde. Aufgrund des Sachverhaltes geht die Finanzbehörde davon aus, daß eine unselbständige Tätigkeit vorliegt und zumindest am Kontrolltag ein Dienstverhältnis zur Fa. X gegeben ist.

 

Hr. X X-X, geb X, hat somit als Dienstgeber unterlassen, den mazed.StA Y Y, der jedenfalls am 9.10.2010 beschäftigt war, gemäß den gesetzl. Bestimmungen des ASVG vor Arbeitsbeginn beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden.

 

...

 

Sie brachten zum angelasteten Sachverhalt rechtsfreundlich vertreten vor :

 

„Y Y, geb Y ist und war tatsächlich nicht bei der Fa. X angemeldet, da dieser für diese Firma nicht gearbeitet hat. Tatsächlich verhielt es sich so, dass am 9.10.2010 um 23.45 Uhr Y Y mit einen Fahrzeug des Rechtfertigungswerbers angehalten wurde; zu diesem Zeitpunkt hat Herr Y noch nicht für X gearbeitet, sondern hätte am nächsten Tag tatsächlich bei einer Baustelle in X beginnen sollen. Grundvoraussetzung dafür wa­ren die erforderlichen Genehmigungen und eine Anmeldung beim Krankenversiche­rungsträger.

 

Nachdem sich jedoch am nächsten Tag herausgestellt hat, dass Y Y über diese Ge­nehmigungen nicht zu diesem Zeitpunkt verfügte, wurde keine Beschäftigungstätigkeit aufge­nommen und ist daher auch dieser nicht bei der Fa. X beschäftigt gewesen.

Beweis: PV, X X per Anschrift Rechtfertigungswerber,

Y Y, wobei, festzuhalten ist, dass dem Rechtfertigungswerber unbekannt ist, wo sich Y zurzeit aufhält"

 

...

 

Die angelastete Übertretung ist in objektiver Hinsicht - aufgrund des schlüssig und wider­spruchsfrei geschilderten Sachverhaltes, wie er von den Meldungslegern in der Anzeige mitge­teilt wurde - als erwiesen anzusehen :

 

Nicht gefolgt werden kann Ihrer jeglicher allgemeinen Lebenserfahrung widersprechenden Rechtfertigung, der bei einer Verkehrskontrolle am 9.10.2010, um 23.45 Uhr, als Lenker Ihres Firmen-LKW X, in dem sich Gerätschaft zum Anfertigen von Maschinen­putz befand, in Freistadt angehaltene ( seit 2004 in Österreich polizeilich nicht mehr gemel­dete mazed.StA) Y Y sei lediglich auf der Suche nach einem Nachtquartier gewe­sen, um - wie von Ihnen dargestellt - am nächsten Tag auf einer Baustelle in X zu ar­beiten zu beginnen, dies nach Überprüfung aller Voraussetzungen, wie dem Vorliegen der erforderlichen Genehmigungen und einer Anmeldung beim Krankenversicherungsträger.

 

Es kann wohl nicht allen Ernstes behauptet werden, daß ein präsumtiver Arbeitnehmer, von dem noch nicht einmal feststeht, ob er überhaupt Zugang zum inländischen Arbeitsmarkt hat, sich bereits am Vortag mit einem Firmenfahrzeug samt Arbeitsutensilien zur bzw. in die Nähe der Baustelle begibt und dort Unterkunft nimmt, um sodann am nächsten Tag, bevor er die Beschäftigung aufnimmt, an Ort und Stelle die Abklärung der Frage durch den zukünftigen Beschäftiger/Arbeitgeber abzuwarten, ob überhaupt die Voraussetzungen für eine Beschäfti­gung in Österreich vorliegen und bejahendenfalls ( vor Arbeitsantritt ) eine Anmeldung zur gesetzlichen Sozialversicherung erfolgt ist.

 

Die Anfahrt zum Arbeitsort ist normalerweise noch nicht als Arbeitszeit zu werten; eine Aus­nahme kann allerdings dann gelten, wenn ein Arbeitnehmer vom Arbeitgeber bestimmt wird, mit einem Firmenfahrzeug, erforderlichem Werkzeug, Material ua. zum Arbeitsort zu gelangen. Vorbereitungshandlungen zählen zur Arbeitszeit.

 

Zur subjektiven Seite, Ihrem Verschulden, ist zu bemerken, daß von einem Gewerbetreibenden bei Waltenlassen der entsprechenden kaufmännischen Sorgfalt jedenfalls erwartet werden kann, daß er die - seit 1.1.2008 verschärften - sozialversicherungsrechtl. Bestimmungen für die Beschäftigung von Dienstnehmern kennt und diese auch einhält."

 

 

 

2. In der Berufung wird dagegen vorgebracht:

"Zum Faktum 1. X X wird dargestellt, dass dieser tatsächlich — wie auch im Straferkenntnis richtigerweise ausgeführt über eine gültige arbeitsmarktbehördliche Bewilligung verfügte, die ihn befähigte Beschichtungen und Dekore vorzunehmen. Diese Beschäftigungsbewilligung sollte für den Zeitraum 22.03.2010 - 31.03.2011 gelten, dies für eine Firma X.

 

Da X X der Bürokraft X X dahingehend informierte, über eine Beschäftigungsbewilligung zu verfügen, meldete ihn diese als Arbeiter an. Die Information war zwar richtig, wurde jedoch von Herrn X nicht erwähnt, dass diese nur für die Firma X gelte und von der Zeugin auch nicht überprüft wurde. Auszuführen ist, dass die Beweiswürdigung der Erstbehörde insofern unzutreffend ist, als sie vermeint, dass Gewerbebeschichtungen und Dekore gelten nicht für Verspachteln von Decken und Wänden. Die Firma X GmbH bietet Wärmeschutz und Dämmungsarbeiten an, führt jedoch tatsächlich auch Verspachtelung und Verputzarbeiten durch. Demzufolge muss folgerichtig die Beschäftigungsbewilligung des Zeugin X für die Firma X auch für den Tätigkeitsbereich des Berufungswerbers Geltung haben.

 

Unverzüglich nachdem der Berufungswerber davon Kenntnis hatte, dass die Beschäftigungsbewilligung, über welche der X X verfügte für seinen Betrieb nicht gilt, hat er diesen, unverzüglich bereits am 14.09.2010 angemeldet. Bereits am 15.09.2010 lag die diesbezügliche Beschäftigungsbewilligung vor.

 

Die bescheiderlassene Behörde hätte richtigerweise diese Feststellung zu treffen gehabt. Aus dieser Feststellung ist beweiswürdigungsrechtlich zu folgen, dass aufgrund des Umstandes, dass eine Beschäftigungsbewilligung über einen Tag erlangt werden kann wohl nicht nachvollziehbar wäre, aus welchem Herr X X ohne eine diesbezügliche Beschäftigungsbewilligung gearbeitet hätte. Für den Berufungswerber wäre es ein Leichtes gewesen, bereits bei Anmeldung des Herrn X X am 10.08.2010 eine Beschäftigungsbewilligung beizuschaffen. Dieser Umstand spricht wesentlich dafür, dass es sich um ein in rechtlicher Hinsicht zu vernachlässigendes Versehen der Angestellten des Berufungswerbers handelt. Dieser ist ein Fehler unterlaufen, der unverzüglich berichtigt wurde, dies durch Erwirkung einer Beschäftigungsbewilligung Mitte September 2010.

 

Da X X ordnungsgemäß behördlich angemeldet war, konnte der Berufungswerber auch davon ausgehen, dass seine Beschäftigungsbewilligung Geltung hat, dies im Hinblick darauf, dass im behördlicherseits keine andere Belehrung erteilt wurde. Den Behörden wurde die ursprüngliche Beschäftigungsbewilligung vorgelegt und mit dieser die Anmeldung des Zeugen X beim Berufungswerber durchgeführt.

 

Hinsichtlich des Faktums 2. betreffend Y Y ist festzustellen, was von der Behörde verabsäumt wurde auszuführen, dass Herr Y nicht beim Arbeiten betreten wurde. Er wurde nur im Rahmen einer Verkehrskontrolle angehalten. Aus welchem Grund die Behörde auf eine gewerbliche Tätigkeit schließt, ist nicht nachvollziehbar. Eine Betretung desselben bei Verrichtung von Arbeiten für den Berufungswerber war nicht gegeben. Dass die bescheiderlassene Behörde die Verantwortung des Berufungswerbers hier als unglaubwürdig darstellt, kann nicht gefolgt werden. Tatsächlich, es handelt sich um einen Zeitpunkt gegen Mitternacht, fuhr der Zeuge Y das Fahrzeug des Berufungswerbers Richtung Baustelle in X, was keiner gewerberechtlichen Bewilligung bedarf. Eine anders lautende Entscheidung findet keine Deckung im durchgeführten Verfahren."

 

 

3. Der Akt enthält die im angefochtnen Straferkenntnis bezogenen Aktenstücke.

 

 

4. In der öffentlichen mündlichen Verhandlung legte der Bauleiter der Firma X, X X zeugenschaftlich dar, er sei über Empfehlung, dass Y ein guter Putzer sei, mit diesem in Kontakt gekommen. Er habe mit Y den Arbeitsbeginn für Montag (gemeint 10.11.2010) vereinbart, unter der Bedingung, dass "die Papiere" rechtzeitig einlangen.  Y habe ihm gesagt, er sei im Besitz einer unbefristeten Arbeitserlaubnis. Diese wolle er vor Montag in das Büro der Firma faxen, sodass vor dem ins Auge gefassten Arbeitsantritt am Montag die rechtliche Situation überprüft werden könne. Auch die Meldung zur Sozialversicherung sei für Montag vorgesehen gewesen. Er selbst sei am Sonntag ins Büro gefahren, um das Einlangen der Arbeitserlaubnis zu überprüfen. Frau X sei zu diesem Zweck "extra" bereits um 6.00 Uhr morgens am Montag ins Büro gekommen. Da die Arbeitserlaubnis nicht eingelangt sei, sei es zu keiner Arbeitsaufnahme bzw. Beschäftigung des Ausländers gekommen und daher auch keine Meldung zur Sozialversicherung erfolgt. Der Zeuge selbst habe Y angewiesen, die Arbeit nicht aufzunehmen und das Auto, das der Zeuge aus bestimmten Gründen bereits zuvor übergeben hatte, zurückzugeben.

 

Die Zeugin X X sagte aus, sie sei angewiesen gewesen, am Montag früher ins Büro zu kommen, damit die arbeitsmarktrechtliche Situation von Y geklärt werden könne. Gegebenenfalls hätte sie die Anmeldung zur Sozialversicherung vorgenommen. Sie sei daher bereits um 6.00 Uhr morgens im Büro gewesen. Nachdem die arbeitsmarktrechtlichen Papiere nicht eingelangt waren, habe die Zeugin mit X telefoniert und habe von diesem die Auskunft erhalten, dass Y nicht arbeiten würde.

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:

 

Infolge der übereinstimmenden Aussage der beiden Zeugen ist im Zweifel von der Richtigkeit der Aussagen auszugehen. Demnach lag am vorgeworfenen Tattag noch keine Beschäftigung vor. Aus diesem Grund war spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Ewald Langeder

 

 

 

 

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum