Linz, 16.08.2011
E r k e n n t n i s
Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung Frau X, vertreten durch Herrn X, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 09. Mai 2011, Zl.
Der Berufung wird insofern teilweise Folge gegeben, als das angefochtene Straferkenntnis im Schuldspruch bestätigt, jedoch von der Verhängung einer Strafe abgesehen und – ohne Vorschreibung von Verfahrenskostenbeiträgen – eine Ermahnung ausgesprochen wird.
Rechtsgrundlage:
§ 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 21 Abs.1 und 66 VStG
Entscheidungsgründe:
1. Mit Straferkenntnis des Bezirksverwaltungsamtes der Landeshauptstadt Linz vom 9.5.2011, GZ: 0012379/2010, wurde über die Berufungswerberin wegen Übertretung des § 82 Abs.1 und 2 StVO 1960 gemäß § 99 Abs.3 lit.d StVO 1960 eine Geldstrafe in Höhe von 70 Euro, im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 32 Stunden, verhängt, weil sie es als Zulassungsbesitzerin des KFZ Ford Mondeo, Kennzeichen X verwaltungsstrafrechtlich zu verantworten habe, dass am 26.01.2010 idZ von 10:25 bis 11:00 Uhr, in X ohne Kennzeichentafeln abgestellt war, obwohl sie nicht im Besitz einer hierfür erforderlichen straßenpolizeilichen Bewilligung gewesen sei.
1.1. Begründend führte die Behörde erster Instanz folgendes aus:
oder ohne Bewilligung sportliche Veranstaltungen nach § 64 abhält,…
Das Ausmaß der gemäß § 16 VStG festgesetzten Ersatzfreiheitsstrafe entspricht dem Unrechts- und Schuldgehalt der Verwaltungsübertretung
1.2. Damit ist die Behörde erster Instanz grundsätzlich im Recht!
2. Gegen dieses Straferkenntnis hat die Berufungswerberin rechtzeitig durch ihren bevollmächtigten Vertreter – fälschlich als Einspruch bezeichnet – Berufung erhoben worin wie folgt ausgeführt wird:
3. Die Der Bürgermeister der Landeshauptstadt Linz hat die Berufung samt Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Damit wurde die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates begründet, wobei dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 51c VStG).
Im Vorlageschreiben wurde ergänzend darauf hingewiesen, dass die Ausfertigungen der schriftlichen Erledigungen mittels automationsunterstützter Datenverarbeitung erstellt wurden. Ferner wurde angemerkt, dass der elektronische Akt der Stadt Linz ein geeignetes Verfahren im Sinne des § 82 Abs. 14 AVG zur Genehmigung und elektronischen Beurkundung der Erledigungen beinhalte. Im Übrigen die Möglichkeit eingeräumt in den elektronisch geführten Akt Einsicht zu gewähren. Der Vollständigkeit sei auch einen Ausdruck der Unterschriftendokumentation der einzelnen Geschäftsstücke beigelegt worden.
3.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch die Einsichtnahme in den Verfahrensakt. Beigeschafft wurde ergänzend ein Luftbild von der besagten Örtlichkeit und diesbezüglich eine Stellungnahme im Wege der Polizeiinspektion Ansfelden, sowie der Gemeinde Ansfelden die Darstellung des öffentlichen Guts mit dem Verlauf der privaten Grundgrenze.
Demnach befand sich das KFZ offenkundig auf der als öffentlicher Grund ausgewiesen Parzelle Nr. X, EZ X der KG X abgestellt. Diese 65 m2 umfassende Fläche befindet sich im Eigentum der Gemeinde Ansfelden (siehe Bild vom Katasterauszug vom Objekt, X [© DORIS]).
4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erwogen:
Zusammenfassend ergibt sich hier unbestritten die Stellposition des fraglichen KFZ auf einer öffentlichen Verkehrsfläche.
Der bevollmächtigte Vertreter der Berufungswerberin legte ein Lichtbild vor (Beilage 1) und räumte im Rahmen der Berufungsverhandlung auch ein, dass die Berufungswerberin als Zulassungsbesitzerin vom Abstellen des KFZ ohne Kennzeichentafeln vor dem Haus und damit auf einer öffentlichen Verkehrsfläche konkret nicht Bescheid gewusst habe. Jedenfalls sei sie mit Blick auf ein vor zehn Jahren von der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land in gleicher Angelegenheit eingestellten Verfahrens im guten Glauben darin gewesen sei, der Benutzer ihres KFZ dürfe dieses vor seinem Haus auch ohne Kennzeichentafel abstellen. Auch der Umstand der Anmeldung auf Wechselkennzeichen war der Berufungswerberin offenbar nicht unbekannt.
Erörtert wurde im Rahmen der Berufungsverhandlung jedoch die Problematik einer Anmeldung auf eine Person welche selbst offenbar a priori das Fahrzeug nicht verwenden will und diese dadurch oft deren Wissen im Rahmen der sogenannten Einlassungsfahrlässigkeit kraftfahrrechtlich zur Verantwortung gezogen werden kann.
Auf die gravierenden Rechtsfolgen im Falle einer neuerlichen Verletzung ihrer Pflichten als Zulassungsbesitzerin wurden der Berufungswerberin aufgezeigt.
5. Rechtlich hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:
Bei der vorfallsbezogenen Örtlichkeit handelt es sich um eine Straße mit öffentlichem Verkehr im Sinne des § 1 Abs.1 StVO 1960. Als solche gelten Straßen, die von jedermann unter den gleichen Bedingungen benützt werden können.
Die übertretene Vorschrift des § 82 Abs.1 und 2 StVO 1960 dient dem Zweck, Verkehrsflächen für den Straßenverkehr freizuhalten. In Ausnahmefällen kann von der Behörde auch die Verwendung für andere Zwecke bewilligt werden, eine solche Bewilligung liegt hier nicht vor. Sind an einem Kraftfahrzeug oder Anhänger keine Kennzeichentafeln angebracht, darf das Fahrzeug in dieser Zeit nicht am Straßenverkehr teilnehmen und ist daher abseits von Straßenflächen abzustellen.
Maßgeblich sind nicht die Besitz- und Eigentumsverhältnisse am Straßengrund, sondern die tatsächliche Benutzbarkeit der Verkehrsfläche (s. Swoboda, ZVR 1994, Heft 1, Seite 6, letzter Absatz und Gaisbauer, ebendort, mit Hinweis auf ZVR 1993/84).
Es kommt auch nicht darauf an, ob die Straße ganz oder teilweise im Privateigentum steht, maßgeblich ist vielmehr, ob die Straße von jedermann unter den gleichen Bedingungen benützt werden kann (VwGH 11.7.2000, 98/03/0165, mit Hinweis auf VwGH 26.1.2001, 2001/02/0008, VwGH 23.3.1999, 98/02/0343, sowie das h. Erk. 17.8.2006, VwSen-161491/8/Br/Ps und vom 21.7.2006, VwSen-161434/4/Br/Ps).
Unter einer Benützung für jedermann unter den gleichen Bedingungen (iSd § 1 Abs.1 StVO 1960) qualifizierte etwa das Höchstgericht betreffend einen Veranstaltungsparkplatz, dass jedermann die Möglichkeit hat, "Gast" zu werden (VwGH 20.4.2004, 2004/02/0045 mit Hinweis auf VwGH 25.3.1992, 92/02/0091). So wurde etwa auch die vorübergehende Verwendung einer Wiese als Parkplatz, ungeachtet deren üblichen Verwendung für die Beurteilung der öffentlichen Straße ebenso unerheblich erachtet, wie der Umstand, dass der - eingezäunte - "Festparkplatz" nur durch ein "Holzgatter" erreichbar war (wobei dieses im Übrigen geöffnet war). Ebenso findet die StVO auch bei der Benützung eines privaten Parkplatzes Anwendung (vgl. VwGH 21.2.1990, 89/03/0243).
5.1. Hier handelt es sich um ein sogenanntes Ungehorsamsdelikt im Sinne des § 5 Abs.1 zweiter Satz VStG, bei dem der Täter/die Täterin glaubhaft zu machen hat, dass ihn/sie an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Die Berufungswerberin zeigte sich im Ergebnis tatsachengeständig, wobei glaubhaft von einem Rechtsirrtum auszugehen ist. Dieser ist aber nicht entschuldigend.
5.2. Gemäß § 21 Abs.1 VStG kann die Behörde jedoch ohne weiteres Verfahren von der Verhängung einer Strafe absehen, wenn das Verschulden der Beschuldigten geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind. Sie kann der Beschuldigten jedoch gleichzeitig unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit ihres Verhaltens mit Bescheid ermahnen, sofern dies erforderlich ist, um sie von weiteren strafbaren Handlungen gleicher Art abzuhalten (vgl. etwa h. Erk. v. 05.10.2004, VwSen-109988/7/Ki/Hu).
Wenn hier grundsätzlich ein Verschulden nicht verneint werden kann, so erachtet es die Berufungsbehörde im vorliegenden Falle doch als eher geringfügig und es sind aus der kurzzeitig währenden abstellen wohl kaum nachteilige Folgen entstanden. Die Voraussetzungen für das Absehen einer Strafe im Sinne des § 21 Abs.1 VStG liegen sohin vor. Um die Beschuldigte einerseits von weiteren derartigen strafbaren Handlungen abzuhalten und den Regelverstoß jedoch entsprechend aufzuzeigen bedarf es wohl zumindest des Ausspruches einer Ermahnung.
Da der Ausspruch einer Ermahnung für das erstinstanzliche Verfahren keine Kostenfolge hat und die Rechtsmittelwerberin im Berufungsverfahren einen Teilerfolg zu verbuchen hatte, trifft sie keine Pflicht Beiträge zu den Kosten des Berufungsverfahrens zu leisten.
Zu II.:
Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
Hinweis:
Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem Rechtsanwalt oder einer Rechtsanwältin unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.
Dr. B l e i e r