Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-730075/3/BP/Wu

Linz, 14.09.2011

 

Mitglied, Berichter/in, Bearbeiter/in:                                                                                                                               Zimmer, Rückfragen:

Mag. Dr. Bernhard Pree                                                                                      4A13, Tel. Kl. 15685

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Dr. Bernhard Pree über die Berufung des x, StA von  Indien, vertreten durch x, Rechtsanwalt in x, gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes des Bezirks Linz-Land vom 8. Juni 2010, GZ: Sich43-106, betreffend eine Ausweisung des Berufungswerbers nach dem Fremdenpolizeigesetz, zu Recht erkannt:

 

 

            I.      Der Berufung wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid ersatzlos aufgehoben.

 

        II.      Eine Rückkehrentscheidung ist auf Dauer unzulässig.

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs. 4 iVm. § 67a Abs. 1 Z 1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG

 

 

            I.      (The appeal is allowed and the decision opposed is reversed without substitution.)

 

        II.      Eine Rückkehrentscheidung ist auf Dauer unzulässig.

 

Legal basis:

§ 66 par. 4 in conjunction with § 67a par. 1 Z 1 AVG 1991)

 


Entscheidungsgründe:

 

1.1.1. Mit Bescheid des Bezirkshauptmannes des Bezirks Linz-Land vom 8. Juni 2010, GZ.: Sich43-106, wurde gegen den Berufungswerber (im Folgenden: Bw) auf Basis des § 53 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 – FPG, in der zum Entscheidungszeitpunkt geltenden Fassung, die Ausweisung aus dem Bundesgebiet der Republik Österreich angeordnet und gemäß § 66 FPG auch als zulässig erklärt.

 

Begründend führt die belangte Behörde zunächst zum Sachverhalt aus, dass der Bw, ein Staatsangehöriger von Indien, am 9. Juni 2003 illegal nach Österreich eingereist sei und am 16. Juni 2003 einen Asylantrag gestellt habe, der schließlich am 17. April 2009 vom Asylgerichtshof rechtskräftig abgewiesen worden sei. Seither habe auch das Aufenthaltsrecht des Bw nicht mehr bestanden und er sich rechtswidrig im Bundesgebiet aufgehalten.  

 

Der Bw habe am 2. Juni 2009 einen Antrag auf Erteilung eines humanitären Aufenthaltstitels "unbeschränkt" gemäß § 43 Abs. 2 NAG gestellt. In letzterem Verfahren habe die Sicherheitsdirektion für Oberösterreich am 6. Juni 2009 eine Stellungnahme abgegeben und ua. festgestellt, dass der Bw seit nunmehr 6 Jahren im Bundesgebiet aufhältig sei. Es sei ihm der unsichere Aufenthalt seit der erstinstanzlichen asylrechtlichen Entscheidung bekannt gewesen. Das Ausweisungsverfahren sei am 24. April 2009 eingeleitet worden. 

 

Der Bw führe kein Familienleben im Bundesgebiet. Seine gesamte Familie würde im Herkunftsstaat leben. Der Bw habe dort auch die Grundschule bis X besucht, spreche Punjabi und habe einen Großteil seines bisherigen Lebens im Herkunftsstaat verbracht, weshalb eine Reintegration zumutbar erscheine.

 

Der Bw verfüge nicht über nachweisliche Deutschsprachkenntnisse Niveau A 2, spreche aber aufgrund des relativ langen Aufenthalts Deutsch. Er sei unbescholten.

 

Der Bw könne einen Mietvertrag vorweisen und lebe in einer ortsüblichen Unterkunft. Auch ein alle Risken abdeckender Krankenversicherungsschutz sei vorhanden.

 

Bis Ende Mai X sei der Bw einer Beschäftigung als Zeitungsausträger nachgegangen. Derzeit sei er allerdings arbeitslos, werde aber von Herrn X, der eine Haftungserklärung übernommen habe, finanziell unterstützt. 

 

Diese Stellungnahme sei dem Bw zH. seines Rechtsvertreters mit Schreiben vom 27. Juli 2009 zur Kenntnis gebracht worden.

 

Am 10. August 2009 habe dieser einen Antrag gemäß § 44 Abs. 4 NAG gestellt. Mit Schreiben vom 19. August 2009 sei eine Teilnahmebestätigung an einem Deutschkurs sowie einige ergänzende Unterlagen vorgelegt worden. Weiters sei der Antrag nach § 43 Abs. 2 NAG zurückgezogen und ersucht worden, den am 10. August 2009 eingebrachten Antrag weiter zu bearbeiten. 

 

1.1.2. In rechtlicher Hinsicht führt die belangte Behörde aus, dass der geschilderte Sachverhalt eine so schwerwiegende Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit darstelle, sodass die Ausweisung auch in Hinblick auf Art. 8 EMRK geboten sei. Das in § 53 Abs. 1 FPG eingeräumte Ermessen sei daher im Sinne des Bescheidspruches zu handhaben gewesen. 

 

1.2. Gegen diesen Bescheid erhob der Bw durch seinen rechtsfreundlichen Vertreter rechtzeitig Berufung mit Schriftsatz vom 23. Juni 2010.

 

Eingangs werden die Anträge gestellt, den angefochtenen Bescheid aufzuheben und eine Ausweisung als unzulässig auszusprechen; in eventu den angefochtenen Bescheid aufzuheben und zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an die erste Instanz zurückzuverweisen und jedenfalls eine mündliche Verhandlung durchzuführen.

 

Begründend betont der Bw ua. seit mehr als 7 Jahren im Bundesgebiet vorstrafenfrei aufhältig und sowohl sprachlich als auch sozial integriert zu sein.

 

Die Bindungen zu seinen Eltern in Indien seien so gut wie nicht vorhanden; nach einem über 7 jährigen Aufenthalt im Bundesgebiet habe er hier den Mittelpunkt seiner Lebensinteressen begründet und befinde sich sein gesamter Freundes- und Bekanntenkreis in Österreich.

 

Die belangte Behörde habe verabsäumt eine entsprechende Interessens-abwägung gemäß Art. 8 EMRK vorzunehmen und die von ihm beigebrachten Nachweise seiner gelungenen Integration nicht gewürdigt.  

 

 

2.1. Die belangte Behörde legte zunächst den in Rede stehenden Verwaltungsakt der Sicherheitsdirektion für Oberösterreich vor.

 

Mit 1. Juli 2011 trat das Fremdenrechtsänderungsgesetz, BGBl. I Nr. 38/2011 in wesentlichen Teilen in Kraft. Aus § 9 Abs. 1a FPG in der nunmehr geltenden Fassung ergibt sich, dass der Unabhängige Verwaltungssenat zur Entscheidung über die Berufung zuständig ist, weshalb der in Rede stehende Verwaltungsakt von der Sicherheitsdirektion – nach In-Krafttreten der Novelle am 1. Juli 2011 – dem Oö. Verwaltungssenat übermittelt wurde.

 

2.2.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt der belangten Behörde.

 

2.2.2. Mit Schreiben vom 25. August 2011 übermittelte der Bw

1. Honoraraufstellungen über sein Einkommen als Zeitungskolporteur von März bis Juli 2011 mit einem monatlichen Durchschnittseinkommen von 1.300 bis    1.700 Euro,

2. die Mitteilung über eine nicht bestandene Deutschprüfung A 2 und die          Anmeldung zu einem neuerlichen Termin am 24. September 2011,

3. einen Lebenslauf des Bw, aus dem ua. hervorgeht, dass in Indien neben der Mutter auch noch ein Bruder aufhältig ist, in Österreich hingegen seine    Schwester und sein Schwager,

4. die Patenschaftserklärung durch Herrn x (in Kopie),

5. eine KSV-Auskunft vom 4. April 2011,

6. eine Bestätigung der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft          über eine aufrechte Kranken- und Pensionsversicherung und

7. eine Meldebestätigung.

 

2.2.3. Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte abgesehen werden, weil eine solche nicht erforderlich war, nachdem sich der entscheidungswesentliche Sachverhalt zweifelsfrei aus der Aktenlage ergibt, im Verfahren im Wesentlichen die Beurteilung von Rechtsfragen strittig ist und die Akten erkennen lassen, dass eine weitere mündliche Erörterung eine tiefgreifendere Klärung der Sache nicht erwarten lässt (§ 67d AVG).

 

2.3. Der Oö. Verwaltungssenat geht bei seiner Entscheidung von dem unter den Punkten 1.1.1. und 2.2.2. dieses Erkenntnisses dargestellten völlig unbestrittenen Sachverhalt aus.

 

2.4. Der Unabhängige Verwaltungssenat ist zur Entscheidung durch eines seiner Mitglieder berufen (vgl. § 67a Abs. 1 Z 1 AVG).

 

 

3. In der Sache hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

3.1.1. Gemäß § 125 Abs. 14 des Fremdenpolizeigesetzes – FPG, BGBl. I Nr. 100/2005 zuletzt geändert durch das Bundesgesetzblatt BGBl. I Nr. 38/2011, gelten vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 38/2011 erlassene Ausweisungen gemäß § 53 als Rückkehrentscheidungen gemäß § 52 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 38/2011 weiter, mit der Maßgabe, dass ein Einreiseverbot gemäß § 53 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 38/2011 damit nicht verbunden ist.

 

3.1.2. Im vorliegenden Fall ist völlig klar, dass die in Rede stehende Ausweisung auf Basis des § 53 FPG ("alte Fassung") erlassen wurde, weshalb diese Ausweisung als Rückkehrentscheidung im Sinne des nunmehrigen § 52 FPG anzusehen und zu beurteilen ist.

 

3.2.1. Gemäß § 52 Abs. 1 des Fremdenpolizeigesetzes – FPG, BGBl. I Nr. 100/2005 zuletzt geändert durch das Bundesgesetzblatt BGBl. I Nr. 38/2011, ist gegen einen Drittstaatsangehörigen, sofern nicht anderes bestimmt ist, mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn er sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält. Die Rückkehrentscheidung wird mit Eintritt der Rechtskraft durchsetzbar und verpflichtet den Drittstaatsangehörigen zur unverzüglichen Ausreise in dessen Herkunftsstaat, ein Transitland oder einen anderen Drittstaat, sofern ihm eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht eingeräumt wurde. Im Falle einer Berufung gegen eine Rückkehrentscheidung ist § 66 Abs. 4 AVG auch dann anzuwenden, wenn er sich zum Zeitpunkt der Berufungsentscheidung nicht mehr im Bundesgebiet aufhält.

 

3.2.2. Im vorliegenden Fall ist zunächst auch vom Bw selbst unbestritten, dass er über keinerlei Aufenthaltstitel für das Bundesgebiet verfügt und somit grundsätzlich unrechtmäßig aufhältig ist. Allerdings ist bei der Beurteilung der Ausweisung bzw. der Rückkehrentscheidung auch auf Art. 8 EMRK sowie § 61 FPG Bedacht zu nehmen. 

 

3.3.1. Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs.

 

Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist allerdings ein Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung des Rechts gemäß Abs. 1 (nur) statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

 

3.3.2. Gemäß § 61 Abs. 1 FPG ist, sofern durch eine Rückkehrentscheidung, eine Ausweisung oder ein Aufenthaltsverbot in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen wird, die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

 

Gemäß § 61 Abs. 2 FPG sind bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK insbesondere zu berücksichtigen:

1.      die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der        bisherige Aufenthalt des Fremden rechtmäßig war;

2.      das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens;

3.      die Schutzwürdigkeit des Privatlebens;

4.      der Grad der Integration;

5.      die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden;

6.      die strafgerichtliche Unbescholtenheit;

7.      Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des      Asyl-          Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts;

8.      die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem   Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren   Aufenthaltstatus bewusst waren;

9.      die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes in den Behörden       zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

 

Gemäß § 61 Abs. 3 FPG ist über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung oder Ausweisung jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung oder einer Ausweisung ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung oder Ausweisung schon allein aufgrund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 und 48 oder 51ff. NAG) verfügen, unzulässig wäre.

 

Gemäß § 125 Abs. 20 FPG  gelten, vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes, BGBl. I Nr. 38/2011 vorgenommene Beurteilungen und Entscheidungen gemäß § 66 als Beurteilungen und Entscheidungen gemäß § 61 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 38/2011 weiter.

 

3.4.1. Im Sinne der zitierten Normen ist eine Interessensabwägung – basierend auf einer einzelfallbezogenen Gesamtbetrachtung – vorzunehmen.

 

Es ist festzuhalten, dass es gestützt auf die ständige Rechtsprechung der Höchstgerichte grundsätzlich zulässig und erforderlich ist, Maßnahmen zu ergreifen, um den unrechtmäßigen Aufenthalt einer Person zu beenden, da ein solcher rechtswidriger Status fraglos dazu geeignet ist, die öffentliche Ordnung eines Staates massiv zu beeinträchtigen. Daraus folgt, dass das diesbezügliche öffentliche Interesse hoch anzusetzen ist und eine Ausweisung grundsätzlich ein nicht inadäquates Mittel darstellt, um einen rechtskonformen Zustand wiederherzustellen. Dies gilt jedoch nur insofern, als die privaten bzw. familiären Interessen im jeweils konkreten Einzelfall nicht als höherrangig anzusehen sind.

 

3.4.2. Es ist der belangten Behörde folgend festzustellen, dass im Fall des Bw - mangels Vorliegens eines Familienlebens – im engeren Sinn - im Bundesgebiet lediglich das Privatleben hinsichtlich der Interessensabwägung gemäß § 61 Abs. 2 FPG zu erörtern ist.

 

Dazu ist insbesondere auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen:

 

Demnach hat der dem § 61 Abs. 2 FPG vergleichbare § 66 Abs. 2 FPG 2005 schon vor dem Hintergrund der gebotenen Gesamtbetrachtung nicht zur Konsequenz, dass der während eines unsicheren Aufenthaltsstatus erlangten Integration überhaupt kein Gewicht beizumessen wäre und ein solcherart begründetes privates bzw. familiäres Interesse nie zur Unzulässigkeit einer Ausweisung führen könnte (vgl. auch VwGH vom 22. Dezember 2009, 2009/21/0348).

 

Der rund 10 Jahre und 9 Monate dauernde Aufenthalt sowie die mehr als 9 Jahre lang kontinuierlich ausgeübte unselbständige Erwerbstätigkeit (in Verbindung mit weiteren Aspekten der erreichten Integration) verleihen den persönlichen Interessen des Fremden am Verbleib im Bundesgebiet ein derart großes Gewicht, dass die Ausweisung gemäß § 66 Abs. 1 FrPolG 2005 - auch bei einem Eingriff nur in das Privatleben - unverhältnismäßig erscheint (vgl. VwGH vom 20. Jänner 2011, 2010/22/0158).

 

3.4.3. Wie sich aus dem Sachverhalt ergibt, befindet sich der Bw schon seit gut 8 Jahren im Bundesgebiet, wo er nicht nur seit 7 Jahren (wenn auch mit Unterbrechungen) einer Beschäftigung nachgeht, selbsterhaltungsfähig und sozialversichert ist, sondern auch seinen Wohnsitz gemeldet hat. Er ist völlig unbescholten und es kann ihm wohl nach einem 8-jährigen Aufenthalt ein relativ hohes Maß an Integration zugemessen werden. Auch die belangte Behörde stellt fest, dass der Bw über Deutschkenntnisse verfügt, wenn er dies auch bislang nicht durch die erfolgreiche Absolvierung der Sprachprüfung Niveau A 2 dokumentieren kann. Faktum ist aber, dass er um diesen Nachweis sehr bemüht ist, da er sich ja neuerlich für einen Prüfungstermin am 24. September 2011 angemeldet hat.

 

Nach dem langen Abwesenheitszeitraum ist durchaus nachvollziehbar, dass die Bindung an den Heimatstaat nicht allzu intensiv sein dürfte und glaubhaft, dass die Beziehung zu den im Herkunftsstaat lebenden Eltern und dem Bruder hinter die in Österreich entstandenen Beziehungen – insbesondere zu seiner Schwester und seinem Schwager - zurücktritt.

 

Hier ist allerdings bei einer Abwägung festzustellen, dass der Bw rund 26 Jahre in Indien gelebt hat, weshalb auch eine Reintegration nicht undenkbar wäre.

 

 

Gemäß der oben angeführten Judikatur des VwGH ist aber in diesem Fall wohl nicht mehr die Frage eines unsicheren Aufenthalts nach § 61 Abs. 2 Z. 8 FPG näher zu erörtern und bei einer Gesamtbetrachtung aller Umstände festzustellen, dass die für die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung sprechenden privaten Elemente die des öffentlichen Interesses gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK überwiegen. Nicht zuletzt wird auch davon auszugehen sein, dass gemäß § 61 Abs. 2 Z. 9 FPG von einer eher in die Sphäre der Behörden fallenden langen Verfahrensdauer gesprochen werden muss.

 

3.4.4. Im Ergebnis ist also eine Rückkehrentscheidung im Hinblick auf das Privatleben des Bw auf Dauer als nicht zulässig zu betrachten.

 

3.5. Es war daher der Berufung stattzugeben, der angefochtene Bescheid aufzuheben und spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

2. Im Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 14,30 Euro (Eingabegebühr), 42,90 Euro (Beilage) insgesamt 57,20 Euro angefallen.

 

 

Instruction on the right to appeal

No legal remedies are permitted against this decision.

 

Information

Within 6 weeks after delivery a complaint can be lodged against this decision with the Constitutional Court and/or with the Administrative Court; except from legal exceptions, it must be lodged by an authorized attorney. Paying 220 Euros as an appeal fee is required for each complaint to be lodged.

 

Bernhard Pree

 

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