Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-100874/2/Br/La

Linz, 04.11.1992

VwSen - 100874/2/Br/La Linz, am 4. November 1992 DVR.0690392 - &

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr.Bleier über die Berufung des Herrn F G, vertreten durch Herrn Dr. R E, Rechtsanwalt in M vom 17.9.1992, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Landeck vom 31. August 1992, AZ.: 3a-24992, wegen Übertretung nach § 33 Abs.1 des Kraftfahrgesetzes 1967 - KFG iVm. § 22 a der Kraftfahrgesetz- Durchführungsverordnung 1967 - KDV iVm. § 134 KFG, zu Recht:

I. Der Berufung wird Folge gegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verfahren gemäß § 45 Abs.1 Z.1 VStG eingestellt.

II. Gemäß § 65 VStG entfällt ein Kostenbeitrag für das Berufungsverfahren.

Rechtsgrundlage: § 33 Abs.1 iVm. 134 Abs. 1 des Kraftfahrgesetzes 1967, BGBl. Nr. 267/1967 idF. BGBl.Nr.695/1991 - KFG und iVm. § 22a der Kraftfahrgesetz-Durchführungsverordnung 1967 idF. BGBl.Nr. 399/1967 - KDV, § 63 Abs.3 und § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl.Nr. 51/1991 - AVG iVm. § 24, § 45 Abs.1 Z.1, § 51 Abs.1 und § 51e Abs.2 Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52/1991 - VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Landeck hat mit oa. Straferkenntnis wider den Berufungswerber eine Geldstrafe von 700 S im Nichteinbringungsfall einen Tag Ersatzfrei heitsstrafe verhängt, weil er am 21.10.1991 um 09.00 h den PKW mit dem Kennzeichen auf der P B-138 in K von S in Fahrtrichtung G gelenkt und somit auf einer öffentlichen Straße in Betrieb genommen hätte, obwohl das Fahrzeug nicht den gesetzlichen Vorschriften entsprochen habe, da entgegen der Bestimmung des § 33 Abs. 1 KFG iVm. § 22 a KDV am PKW Änderungen vorgenommen worden waren, indem Reifen der Dimension 175/70R13 und Felgen der Dimension 51/2 Jx13 HZ ET 45 montiert gewesen seien, wobei diese Änderungen dem Landeshauptmann nicht angezeigt worden seien.

1.1. Sinngemäß führt die Behörde in ihrer Begründung aus, daß diese Übertretung von einem Sachverständigen des Amtes der OÖ. Landesregierung festgestellt worden sei und darüber ein Gutachten erstellt worden ist. Es stünde sohin einwandfrei fest, daß das Fahrzeug nicht den technischen Erfordernissen entsprochen habe. Die Rechtfertigung des Berufungswerbers, daß er dieses Fahrzeug in diesem Zustand im Jahre 1986 von einer Fachwerkstätte gekauft habe und er deswegen nie bei der jährlich wiederkehrenden Begutachtung beanstandet worden sei, entschuldige die Tat nicht. Dem Berufungswerber hätte bereits beim Kauf auffallen müssen, daß dieses Fahrzeug nicht mit dem laut Typenschein genehmigten Fahrzeug übereinstimme (gemeint wohl: die Genehmigung nicht mit der gegenständlichen Beschaffenheit des Fahrzeuges) übereinstimme. Er hätte ja auch die Fahrgestell- u. Motornummer mit dem Typenschein überprüfen müssen. Ebenso auch den zur Last liegenden Mangel und hätte er den Händler darauf aufmerksam zu machen gehabt, falls er die erforderliche Sorgfalt aufgewendet hätte. Die der wiederkehrenden Begutachtung würde lediglich die Verkehrsu. Betriebssicherheit überprüft und sei daher nicht ein derartiger Mangel Gegenstand der Überprüfung. Der Berufungswerber hätte daher den im Spruch zur Last gelegten Mangel objektiv wie subjektiv zu verantworten.

2. Dagegen erhob der Berufungswerber rechtzeitig Berufung und bringt sinngemäß in seiner Berufungsschrift vom 17.9.1992, welche am 18.9.1992 bei der Erstbehörde einlangt, vor: Es treffe ihn keinesfalls ein Verschulden. Er habe jenes Maß an Sorgfalt, welche von ihm als Laien nach Lage des Falles erwartet werden habe können, durchaus obwalten lassen. Subjektiv liege eine Einlassungsfahrlässigkeit nicht vor. Der Sorgfaltsmaßstab sei laut ständiger Rechtsprechung des VwGH ein objektiv-normativer. Maßfigur sei ein einsichtiger besonnener Mensch, den man sich in die Lage des Täters versetzt und zu denken habe. Objektiv sorgfaltswidrig handle jemand nur dann, wenn sich ein einsichtiger und besonnener Mensch des Verkehrskreises, dem der Handelnde angehört, an Stelle des Täters anders verhalten hätte (VwGH 12.6.1989, 88/10/0169). Wenn die Erstbehörde eine Überprüfung der Daten im Typenschein mit jenen des Fahrzeuges verlange, würde der Sorgfaltsmaßstab zu streng ausgelegt werden. Eine solche Praxis sei unüblich. Ein Laie sei nicht in der Lage eine solche Überprüfung durchzuführen bzw. sei er damit überfordert. Dies könne dem Berufungswerber nicht zum Vorwurf gemacht werden. Es bedürfe schließlich ja auch eines Sachverständigengutachtens um diesen Mangel überhaupt festzustellen. Indem er den Kauf über eine Fachwerkstätte getätigt hätte sei schon darin der Sorgfaltspflicht genüge getan worden. Für die Wahrnehmung der ihn in diesem Zusammenhang zur Last liegenden Pflichtverletzung habe er sich eines geeigneten Beauftragten bedient und dadurch alles getan den ihm zur Last liegenden Erfolg zu verhindern (VwGH. 18.11.1971 Slg. 8108A, 15.11.1976 Slg. 9180A, 16.5.1977, 2434/76 u.a.). Der Berufungswerber hätte sich auf die Fachfirma dahingehend verlassen können dürfen, daß diese ihm ein den gesetzlichen Vorschriften entsprechendes Fahrzeug verkauft habe. Es sei aus diesen Gründen weder objektiv noch subjektiv die Übertretungen zu verantworten.

3. Die Erstbehörde hat den Akt dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Tirol zur Berufungsentscheidung vorgelegt. Dieser hat gemäß § 51 Abs.1 VStG den Akt zuständigkeitshalber an den unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich weitergeleitet. Somit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben. Dieser hat, da keine 10.000 S übersteigende Strafe verhängt worden ist, durch ein Einzelmitglied zu entscheiden. Da die Berufung sich nur gegen eine unrichtige rechtliche Beurteilung richtet und eine öffentliche Verhandlung nicht gesondert verlangt wurde, war eine solche nicht anzuberaumen.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis aufgenommen durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt der Bezirkshauptmannschaft Landeck, AZ.: 3a 24992.

5. Rechtlich war zu erwägen:

5.1. Gemäß § 33 Abs.1 KFG sind Änderungen an einem einzelnen zum Verkehr zugelassenen Fahrzeug einer genehmigten Type, die im Typenschein enthaltenen Angaben betreffenden Angaben, vom Zulassungsbesitzer des Fahrzeuges unverzüglich dem Landeshauptmann anzuzeigen.........; Welche Teile von der Anzeigepflicht betroffen sind, ergibt sich aus der Bestimmung des § 22 a KDV, indem dort jene Teile aufgeführt werden, welche bei Austausch "anzeigefrei" sind.

Wie aus dem Wortlaut der eingangs zit. Bestimmung hervorgeht, trifft die Anzeigepflicht den Zulassungsbesitzer "unverzüglich!" Dieser Pflicht könnte im engeren Sinn nur vom Zulassungsbesitzer des Zeitpunktes der vorgenommenen Änderung nachgekommen werden. Sinnvollerweise muß diese Pflicht aber auch auf einen nachfolgenden Zulassungsbesitzer anzuwenden sein.

Sohin ist darzulegen, in welchem Umfang eine Überprüfung eines KFZ beim Kauf von einem autorisierten Fachmann, vom Käufer erwartet werden muß bzw. objektiv geboten ist.

Dem unter 2. zitierten rechtlichen Vorbringen des Berufungswerbervertreters schließt sich der Verwaltungssenat grundssätzlich an. Darüberhinaus ist zur Frage des "Vertrauenkönnens" auf die Freiheit von wesentlichen Mängeln, eines von einem autorisierten Fachmann erworbenen Produktes, auf die Auslegungsregeln der Bestimmungen zum Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuch zu verweisen. So wird auch rechtlichen Mängeln Bedeutung zuerkannt (Kommentar zum ABGB - Rummel, 1. Band, Seite 1050 ff). Der dem Berufungswerber zur Last liegende Mangel, hätte für ihn als Käufer neben dem Recht auf Behebung des Mangels, auch einen Erfüllungsanspruch und ebenso allfällige Schadenersatzrechte eröffnet. Wäre dem Berufungswerber dieser Mangel bekannt gewesen, hätte er diesen wohl geltend gemacht. Da dies nicht geschehen ist, ist hiedurch belegt, daß gegenständlicher Mangel als sogenannter "verborgener Mangel" anzusehen ist, welcher letztlich erst durch diese Anzeige aufgedeckt wurde. Das in diesem Bereich dem Zivilrecht als Rechtsgrundsatz inneliegende Vertrauensprinzip, "von einem Fachmann eine mängelfreie Ware zu erhalten," muß daher in diesem Zusammenhang z w i n g e n d zum Ergebnis führen, daß ein sich diesem Verkehrskreis (autorisierte Fachwerkstätte) anvertrauender Mensch, objektiv und subjektiv jede ihm zumutbare Sorgfalt obwalten läßt; der vom befugten Gewerbsmann zivilrechtlich zu vertretende Mangel, kann unter diesem Gesichtspunkt nicht als strafrechtlich relevante Sorgfaltswidrigkeit des Käufers gedeutet werden. Reduziert auf die objektivierte Maßfigur, wäre auch von dieser nicht zu erwarten, daß sie gleichsam über den zivilrechtlichen Vertrauensschutz hinausgehende Überprüfungsaktivitäten setzt (VwGH 12.6.1989, 88/10/01/69).

Im Falle eines privaten Kaufes wäre die Erfüllung der erforderlichen Sorgfaltspflicht eben dadurch bewerkstelligt zu sehen, daß eine entsprechend sachkundige Beurteilung des erworbenen Fahrzeuges eingeholt wird.

Das angefochtene Straferkenntnis war sohin mangels eines schuldhaften Verhaltens einzustellen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof oder beim Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Ergeht an:

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. B l e i e r

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