Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-531124/24/BMa/Th VwSen-531125/24/BMa/Th VwSen-531126/24/BMa/Th VwSen-531127/24/BMa/Th VwSen-531128/24/BMa/Th VwSen-531129/24/BMa/Th

Linz, 12.09.2011

 

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag.a Gerda Bergmayr-Mann über die Berufung von O und G K, jeweils L, S; U M K, R, S, P und T K, L, S, H M, Z, S, Mag. G und Mag.a H H, jeweils S, S und H M in Vertretung für S H, S, S, gegen den Bescheid des Bezirkshauptmanns von Linz-Land vom 7. Februar 2011, Ge20-9801-5-2011-Sir/Sia, mit dem K J, L, S die gewerbebehördliche Genehmigung für die Änderung der genehmigten Betriebsanlage im Standort L, S, durch Errichtung einer neuen Lackieranlage (Austausch der bestehenden Lackieranlage) erteilt worden ist, zu Recht erkannt:

 

 

      I.      Die Berufung des O K wird zurückgewiesen.

 

  II.      Der Berufung der U K, der G K, des Mag. G H, der Mag.a H H, der H M, des P K, der T K und der S H (vertreten durch H M) wird keine Folge gegeben und der Bescheid des Bezirkshauptmanns von Linz-Land vom 7. Februar 2011, Ge20-9801-5-2011-Sir/Sia, wird mit der Maßgabe bestätigt, dass Auflage 11. des bekämpften Bescheides durch folgende Auflage ersetzt wird:

    

      11. Die bestehende Verkleidung aus Holz mit innenseitiger hochab-
      sorbierender Auskleidung im Bereich der Ansaugöffnung ist instand
      zu halten und die schallmindernde Wirkung weiter aufrechtzuer-
      halten.

 Über diese Einhausung sind eine Detailbeschreibung mit Angaben
 des verwendeten Materials und der Abmessungen der erst-
 instanzlichen Behörde unverzüglich vorzulegen.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4, 67a Abs.1, 67d und 58 sowie § 42 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im Folgenden: AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idF BGBl. I Nr. 111/2010

 

 

Entscheidungsgründe:

1.1. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat mit dem im Spruch angeführten Bescheid über Antrag des K J, L, S, die gewerbebehördliche Betriebsanlagengenehmigung für die Änderung einer genehmigten Betriebsanlage durch Errichtung einer neuen Lackieranlage durch Austausch der bestehenden Lackieranlage im Standort L, S, unter Vorschreibung von Auflagen erteilt.

 

1.2. Dies nach Durchführung eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens im Sinne der einschlägigen Bestimmungen der Gewerbeordnung 1994 und des AVG. Eine mündliche Verhandlung wurde für den 16. September 2010 anberaumt und an diesem Tag durchgeführt.

 

1.2.1. Die Berufungswerber U M K, G K, O K, T K, H M, H M, in Vertretung von S H, Mag. G H, auch in Vertretung von Mag.a H H, waren bei der mündlichen Verhandlung am 16. September 2010 anwesend. Auf Seite 3 der Verhandlungsschrift wurde protokolliert, dass eingangs der mündlichen Verhandlung den anwesenden Parteien gemäß § 13a AVG Rechtsbelehrung erteilt und auf die Präklusionsfolgen des § 42 AVG hingewiesen worden sei. Die Nachbarn U und G K, H M, P und T K sowie H M haben in der mündlichen Verhandlung eine Stellungnahme abgegeben. Auf Seite 15 der Verhandlungsschrift vom 16. September 2010 wird vom Verhandlungsleiter festgestellt, dass die anwesenden Nachbarn im Zuge des Lokalaugenscheins vom Verhandlungsleiter aufgefordert worden seien, zur Verfassung der Verhandlungsschrift mit zum Marktgemeindeamt S zu kommen und dort allfällige Einwände zu Protokoll zu geben. Die bei der Abfassung der Verhandlungsschrift anwesenden Nachbarn hätten eine gemeinsame Stellungnahme abgegeben, alle nicht zur Abfassung der Verhandlungsschrift erschienen Nachbarn würden somit aus dem weiteren Verfahren ausscheiden.

 

Von einem Teil der in der Verhandlung anwesenden Nachbarn wurden in der mündlichen Verhandlung (Seite 13 der Verhandlungsschrift vom 16. September 2010) Einwände gegen eine unzumutbare Geruchs- und Lärmbelästigung erhoben. Weiters wurden Messungen gefordert und auf die gesundheitlichen Gefahren durch die Ausscheidung von Nanopartikeln hingewiesen. Überdies wurde ein Biomonitoring zur Feststellung der bereits erfolgten Belastung der Natur gefordert.

 

Aus einem Aktenvermerk vom 16. September 2010 der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land geht hervor, dass in Ergänzung zur Verhandlungsschrift vom 16.09.2010 vom Verhandlungsleiter festgestellt wurde, dass die Parteistellung des Mag. G H zu berücksichtigen sei, weil dieser beim Lokalaugenschein anwesend gewesen sei und er sich den Einwänden der übrigen Nachbarn angeschlossen hätte.

 

1.3. Gegen den in der Folge ergangenen Genehmigungsbescheid vom 7. Februar 2011, Ge20-9801-5-2011-Sir/Sia, erhoben die in der Präambel angeführten Berufungswerber innerhalb offener Frist Berufung. Mit dieser wurde der Ablauf der Verhandlung bemängelt, raumordnungstechnische und klimatische Bedenken geäußert, Erfahrungen mit der Betreiberseite geschildert, Einwendungen gegen Schadstoffemissionen durch die Betriebsanlage vorgebracht und Forderungen und Anträge im Zusammenhang mit Verfahrensergänzung und Einschränkung des Betriebsablaufs der Anlage geäußert.

 

2. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat die Berufung samt dem bezughabenden Verfahrensakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich als Berufungsbehörde vorgelegt und keinen Widerspruch gemäß
§ 67h AVG erhoben.

 

Eine öffentliche mündliche Verhandlung konnte im Grunde des § 67d Abs.4 AVG entfallen.

 

3. Erwägungen des Unabhängigen Verwaltungssenates:

 

3.1. Gemäß § 74 Abs.2 GewO 1994 dürfen gewerbebehördliche Betriebsanlagen nur mit Genehmigung der Behörde errichtet oder betrieben werden, wenn sie wegen der Verwendung von Maschinen und Geräten, wegen ihrer Betriebsweise, wegen ihrer Ausstattung oder sonst geeignet sind,

1)    das Leben oder die Gesundheit des Gewerbetreibenden, der nicht den Bestimmungen des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes unterliegenden mittätigen Familienangehörigen, der Nachbarn oder der Kunden, die die Betriebsanlage der Art des Betriebes gemäß aufsuchen, oder das Eigentum oder sonstige dingliche Rechte der Nachbarn zu gefährden,

2)    die Nachbarn durch Geruch, Lärm, Rauch, Staub, Erschütterung oder in anderer Weise zu belästigen,

3)    die Religionsausübung in Kirchen, den Unterricht in Schulen, den Betrieb von Kranken- und Kuranstalten oder die Verwendung oder den Betrieb anderer öffentlichen Interessen dienender benachbarter Anlagen oder Einrichtungen zu beeinträchtigen,

4)    die Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs an oder auf Straßen mit öffentlichen Verkehr wesentlich zu beeinträchtigen oder

5)    eine nachteilige Einwirkung auf die Beschaffenheit der Gewässer herbeizuführen, sofern nicht ohnedies eine Bewilligung augrund wasserrechtlicher Vorschriften vorgeschrieben ist.

 

Gemäß § 77 Abs.1 GewO 1994 ist eine Betriebsanlage zu genehmigen, wenn nach dem Stand der Technik und dem Stand der medizinischen und der sonst in Betracht kommenden Wissenschaften zu erwarten ist, dass überhaupt oder bei Einhaltung der erforderlichenfalls vorzuschreibenden bestimmten geeigneten Auflagen die nach den Umständen des Einzelfalles voraussehbaren Gefährdungen im Sinne des § 74 Abs.2 Z1 vermieden und Belästigungen, Beeinträchtigungen oder nachteilige Einwirkungen im Sinne des § 74 Abs.2 Z2-5 auf ein zumutbares Maß beschränkt werden.

 

Gemäß § 77 Abs.2 GewO 1994 ist die Frage, ob Belästigungen der Nachbarn im Sinne des § 74 Abs.2 Z2 zumutbar sind, danach zu beurteilen, wie sich die durch die Betriebsanlage verursachten Änderungen der tatsächlichen örtlichen Verhältnisse auf ein gesundes, normal empfindendes Kind und auf einen gesunden, normal empfindenden Erwachsenen auswirken.

 

Gemäß § 81 Abs.1 GewO 1994 bedarf auch die Änderung einer genehmigten Betriebsanlage einer Genehmigung im Sinne der vorstehenden Bestimmungen, wenn es zur Wahrung der im § 74 Abs.2 umschriebenen Interessen erforderlich ist. Diese Genehmigung hat auch die bereits genehmigte Anlage soweit zu umfassen, als es wegen der Änderung zur Wahrung der im § 74 Abs.2 umschriebenen Interessen gegenüber der bereits genehmigten Anlage erforderlich ist.

 

Nach § 42 Abs.1 AVG verliert eine Person ihre Stellung als Partei, wenn eine mündliche Verhandlung gemäß § 41 Abs.1 2. Satz und in einer in den Verwaltungsvorschriften vorgesehenen besonderen Form kundgemacht wurde, soweit sie nicht spätestens am Tag vor Beginn der Verhandlung während der Amtsstunden bei der Behörde oder während der Verhandlung Einwendungen erhebt. Wenn die Verwaltungsvorschriften über die Form der Kundmachung nichts bestimmen, so tritt die im ersten Satz bezeichnete Rechtsfolge ein, wenn die mündliche Verhandlung gemäß § 41 Abs.1 2. Satz und in geeigneter Form kundgemacht wurde. Eine Kundmachungsform ist geeignet, wenn sie sicherstellt, dass ein Beteiligter von der Anberaumung der Verhandlung voraussichtlich Kenntnis erlangt.

 

3.2. Mit Kundmachung vom 23. August 2010 wurde von der Erstbehörde eine mündliche Verhandlung für den 16. September 2010 unter Hinweis auf die Präklusionsfolgen gem. § 42 Abs.1 AVG iVm § 356 GewO ausgeschrieben und das Projekt zur Einsichtnahme bei der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land und beim Markgemeindeamt S aufgelegt. Die Berufungswerber wurden geladen und sind zur mündlichen Verhandlung gekommen. Die Projektunterlagen beinhalten neben planlichen Darstellungen der Betriebsanlage Unterlagen zur Lackier- und Trockenanlage.

Dabei handelt es sich um eine kombinierte Lackier-/Trockenkabine Taifuno, Typ 4/B für PKW. Die Unterlagen umfassen technische Daten, den Funktionsablauf und Lieferumfang, Unterlagen über sicherheitstechnische Einrichtungen, Konstruktionskriterien, Schallemission, eine Konformitätserklärung und einen sich auf die Anlage beziehenden Prospekt. Unter anderem wurde auch eine Emissions-, MAK- und UEG-Berechnung des DI Dr. R G vom 6. Juli 2010 vorgelegt. Ebenso wurden Schallpegelmessungen an Zu- und Abluftsöffnung der Lackieranlage "Uniterm" mit Bericht vom 12. Juli 2010 dokumentiert und eine Schallemissionsprognose erstellt. Die eingesetzten Arbeitsstoffe wurden dokumentiert und diesbezügliche Sicherheitsblätter und technische Daten dem Projekt beigelegt.

 

Die belangte Behörde hat unter Beiziehung eines gewerbetechnischen Amtssachverständigen und eines Amtssachverständigen für Chemie und Luftreinhaltung die mündliche Verhandlung durchgeführt. Vom Verhandlungsleiter wurde auf Seite 15 der Verhandlungsschrift vom 16. September 2010 festgehalten, dass die Betriebszeiten mit Montag bis Freitag von 06.00 Uhr bis 20.00 Uhr sowie Samstag von 07.00 Uhr bis 12.00 Uhr beantragt seien.

 

3.3. Hinsichtlich der – angeblich – eingesetzten mit Nanopartikeln versehenen Lacke wurden ergänzende Erhebungen durchgeführt.

Mit Schreiben vom 16. Dezember 2010 der X wurde bestätigt, dass die von X auf dem europäischen Markt verkauften Autolackprodukte keine Nanopartikel enthalten würden.

 

3.4. Auf die in der mündlichen Verhandlung vorgebrachten Einwendungen der Berufungswerber zur Belästigung durch Lärm und Geruch wurde vom gewerbetechnischen und vom luftreinhaltetechnischen Amtssachverständigen Befund und Gutachten abgegeben.

 

Gemäß dem Gutachten des gewerbetechnischen Amtssachverständigen im erstinstanzlichen Verfahren ist zur Reduktion der Lärmemission für die Nachbarn im unmittelbaren Nahbereich der Ansaugöffnung eine Lärmschutzwand mit einer Länge von 3,60 m zu errichten.

 

Auf Grund ergänzender Erhebungen des Unabhängigen Verwaltungssenates wurde vom gewerbetechnischen Amtssachverständigen des Amtes der Oö. Landesregierung, Direktion Umwelt- und Wasserwirtschaft, mit Schreiben vom 2. August 2011 folgender ergänzender Befund und folgendes ergänzendes Gutachten abgegeben:

 

"Herr J betrieb am gegenständlichen Betriebsstandort bereits eine Lackieranlage der Firma X. In einem Untersuchungsbericht vom Juli 2010, erstellt vom Büro ACS, sind die Messer­gebnisse über Schallpegelmessungen dieser Anlage enthalten. Bei Betrieb der Lackieranlage wurden durch die Lüftungsanlage Schallemissionen im Bereich der Zu- und Abluftöffnungen verur­sacht. Diese betrieblichen Immissionen verursachten in 3 m Entfernung rund 1,6 m über Boden Schallpegel von LA,eq = 52 dB. Dieser Schallpegel wurde kaum durch andere Umgebungsge­räusche verändert. Beim nächsten Aufenthaltsbereich der Nachbarn in rund 10 m Entfernung von der Zuluftöffnung errechnet sich ein spezifischer, betriebsbedingter Schallpegel von rund LA,eq = 42 dB.

 

Nunmehr wurde eine Lackieranlage der Firma W errichtet und in diesem Zusammenhang auch das Abluftrohr nach oben verlängert. Die Lage der Ansaugöffnung bleibt nahezu unverändert. Sie wurde mit einer Sichtschutzwand aus Holz eingehaust und innenseitig hochabsorbierend verklei­det. Diese Maßnahme stellt keine Schallschutzmaßnahme dar, wie sie als Auflagepunkt 11 im Bescheid vom 7. Februar 2011 gefordert wurde. Lediglich die absorbierende Verkleidung führt zu einer Reduktion der reflektierenden Schallanteile und damit zu geringeren Immissionspegeln. Durch die Abteilung Umweltschutz wurde eine schalltechnische Untersuchung der gegenständlichen Lackieranlage vorgenommen. Es wurde während des Lackiervorganges beim nächsten Aufenthaltsbereich in 10 m Entfernung ein Schallpegel von rund LA,eq = 40 dB (inkl. Umgebungslärm) gemessen. Bei Stillstand der Anlage wurde ein Basispegel von LA95 = 37 dB und ein Dauerschallpegel von LA,eq = 42-48 dB ermittelt. Das bedeutet, dass der spezifische Schallpegel der Lackieranlage rund LA,eq = 37 dB beträgt. Während des Betriebes waren keine auffälligen tonalen Komponenten des Lüftungsgeräusches wahrnehmbar. Bemerkt wird, dass die Lackieranlage unterschiedliche Programme ausführen kann, bei dem unterschiedliche Drehzahlen der Lüftungsventilatoren eingestellt werden. Die oben angeführten Schallpegel stellen den Betrieb mit voller Drehzahl und damit den ungünstigsten Betriebszustand für die Nachbarn dar. Dieser Betriebszustand dauert zwischen 20 und 60 Minuten an und wird bis zu 6 mal während der Betriebszeit Tag vorgenommen.

 

Der Vergleich der Immissionspegel zwischen der alten und der neuen Lackieranlage zeigt, dass beim nächsten Aufenthaltsbereich in 10 m Entfernung durch die neue Lackieranlage um 5 dB geringere Schallpegel verursacht werden. Das bedeutet, dass durch den Betrieb der neuen Lackieranlage keine negative Änderung der Umgebungslärmsituation verursacht wird. Die spezifische Schallimmission durch den Betrieb der Lackieranlage liegt im Bereich des örtlichen Basispegels und ist damit zwar wahrnehmbar, tritt jedoch nicht in den Vordergrund und wird immer wieder durch andere Umgebungsgeräusche überdeckt.

 

Die Errichtung der im Bescheid vorgeschriebenen Schallschutzwand ist in der definierten Aus­führung nicht erforderlich. Die derzeit vorhandene absorbierende Auskleidung im Bereich der Ansaugöffnung ist aus schalltechnischer Sicht ausreichend und wird als Projektbestandteil angesehen.

Nachdem durch den Austausch der Lackieranlage keine negative Änderung der Schallsituation bei den Nachbarn verursacht wird, bestehen aus schalltechnischer Sicht keine Einwände gegen die Erteilung der gewerberechtlichen Bewilligung. Es sind aus schalltechnischer Sicht keine zusätz­lichen Auflagen für den Betrieb der Anlage erforderlich."

 

Dieser Stellungnahme sind Schallmessprotokolle nach der ÖNORM S5004 angeschlossen.

 

Am 9. September 2011 wurde mit einem gewerbetechnischen Amtssachverständigen des Amtes der Oö. Landesregierung, Direktion Umwelt- und Wasserwirtschaft, telefonisch geklärt, dass die Auflage 11. des Genehmigungsbescheides nunmehr wie im Spruch ersichtlich zu lauten hat.

 

Vom luftreinhaltetechnischen Amtssachverständigen wurde zu den Nachbareinwendungen im erstinstanzlichen Verfahren gutachtlich festgestellt:

"Um Geruchswahrnehmungen hintanzuhalten, wird eine Erhöhung des Lackieranlagen-Abluftkamins vorgesehen, um einen möglichst freien Abtransport mit der Luftströmung zu ermöglichen. Dadurch werden die bisherigen Geruchswahrnehmungen (Aufstauungseffekte an den Nachbargebäuden; Beeinflussung der Abgasfahne) reduziert, da die geruchsbehaftete Abluft besser abgeleitet wird."

 

Aufgrund ergänzender Erhebungen des Unabhängigen Verwaltungssenats zu luftreinhaltetechnischen Belangen wurde vom Amtssachverständigen des Amtes der Oö. Landesregierung, Direktion Umwelt- und Wasserwirtschaft, Abteilung Umwelt-, Bau-, und Anlagentechnik mit Stellungnahme vom 1. Juli 2011 folgendes festgestellt:

 

"Aufbauend auf den fachlichen Ausführungen der Verhandlungsschrift Ge20-9801-5-2010-Fa/Sia vom 16. Sept. 2010 wird aus luftreinhaltetechnischer Sicht festgehalten, dass die gegenständliche kombinierte Lackier- und Trockenkabine der VOC-Anlagen-Verordnung – VAV BGBl. II Nr. 301/2001 idgF unterliegt. In dieser Verordnung werden unter anderem Emissionsbegrenzungen (z.B. 50 mg org. C/m³, 3 mg Staub/m³ und max. 25 % diffuse Emissionen) sowie Ableitungsbedingungen vorgesehen, welche zur Beurteilung für den Stand der Technik herangezogen wurden/werden. Aus luftreinhaltetechnischer Sicht wurden somit die Emissionen aus der gegenständlichen Lackieranlage nach dem derzeitigen Stand der Technik begrenzt.

 

Zur zweiten Frage wird aus luftreinhaltetechnischer Sicht festgehalten, dass durch das gegenständliche Verfahren mit keinen erhöhten Luftschadstoffemissionen gegenüber der bestehenden Anlage zu rechnen ist, da nur ein Lackieranlagen-Austausch vorgesehen wurde (siehe u.a. S.3 der Verhandlungsschrift bzw. Einreichprojekt)."

 

Die durch den Unabhängigen Verwaltungssenat eingeholten ergänzenden Stellungnahmen wurden den Nachbarn im Rahmen des Parteiengehörs zur Kenntnis gebracht und es wurde ihnen eine angemessene Frist zur Äußerung eingeräumt.

Die dazu abgegebene Stellungnahme vom 31. August 2011 hat über die Berufung hinausgehend keine wesentlichen neuen Aspekte hervorgebracht.

 

3.5. Die belangte Behörde hat sich im Rahmen des Genehmigungsverfahrens umfassend insbesondere mit den vorgebrachten Einwendungen im Sinne des

§ 74 Abs.2 GewO hinsichtlich Geruchs- und Lärmbelästigung unter Heranziehung von Sachverständigen aus den jeweiligen Fachbereichen auseinandergesetzt.

 

Die vorgebrachte Gesundheitsgefährdung durch die Emission von Nanopartikel ist nicht verfahrensgegenständlich, sind in den verwendeten Autolacken doch diese Partikel nicht enthalten. Daher kann auch eine Auseinandersetzung mit den Auswirkungen des Einsatzes von Autolacken, die Nanopartikel enthalten, hier unterbleiben.

 

Die geforderte Durchführung eines Biomonitorings zur Feststellung der bereits in der Vergangenheit erfolgten Belastung der Natur in den umliegenden Gärten wurde von der belangten Behörde zu Recht keine Folge gegeben, weil im Zuge eines Betriebsanlagengenehmigungsverfahrens lediglich Emissionen zu prüfen sind, die Gefährdungen oder Belästigungen gemäß § 74 Abs.2 GewO hervorrufen und Feststellungen der allfälligen Veränderung der natürlichen Umgebungssituation in der Vergangenheit nach der GewO in Betriebsanlagengenehmigungsverfahren nicht zu treffen sind.

 

Sollte die Umgebungssituation jedoch derart stark beeinträchtigt sein, dass durch den Betrieb der Betriebsanlage Gefährdungen oder Belästigungen gem. § 74 Abs.2 GewO zu befürchten sind, so hätte die Gewerbebehörde erster Instanz gemäß § 79 GewO u./od. § 360 GewO vorzugehen. Dafür aber bestehen nach derzeitigem Wissensstand keine Anhaltspunkte.

 

3.6. Hinsichtlich der Berufungsrüge, der Ablauf der erstinstanzlichen Verhandlung sei mangelhaft gewesen, wird darauf hingewiesen, dass der Verhandlungsleiter in einem nachfolgenden Aktenvermerk die Parteistellung des Mag. G H festgehalten hat. Hinsichtlich O K ist jedoch keine ergänzenden Feststellung vorhanden, sodass diesem Nachbarn eine Parteistellung im Berufungsverfahren mangels Präklusion nicht zukommen konnte. Mag. G H hat im erstinstanzlichen Verfahren auch Mag.a H H vertreten, sodass mit Zuerkennung der Parteistellung an Mag. G H auch ihr die Parteistellung eingeräumt wurde.

Denn an der Richtigkeit der Verhandlungsschrift im Zusammenhang mit dem Aktenvermerk vom 16. September 2010 wird nicht gezweifelt. Es ist auch kein Grund ersichtlich, warum einem Teil der Nachbarn durch den Verhandlungsleiter die Parteistellung zuerkannt wird, während dies anderen verweigert werden sollte, noch dazu in einem Fall, in dem alle noch anwesenden Nachbarn eine gemeinsame Stellungnahme abgegeben haben. Überdies wurde auf die Präklusionswirkung gem. § 42 Abs.1 AVG iVm § 356 GewO von der belangten Behörde bereits in der Kundmachung der mündlichen Verhandlung vom 23. August 2010 hingewiesen.

 

3.7. Zum Berufungsvorbringen, es sei nicht auf raumordnungstechnische, meteorologische bzw. kleinklimatische Situationen eingegangen worden, wird festgehalten, dass raumordnungsrechtliche Aspekte in einem Betriebsanlagenbewilligungsverfahren nicht zu berücksichtigen sind. Hinsichtlich der meteorologischen bzw. kleinklimatischen Situation wird auf die Ausführungen des Sachverständigen für Luftreinhaltung verwiesen, wonach es zu keinen erhöhten Luftschadstoffemissionen gegenüber der bereits bestehenden und nun ausgetauschten Anlage kommen wird.

 

Soweit die Berufung negative Erfahrungen mit der Betreiberseite der gegenständlichen Betriebsanlage anführt, wird darauf hingewiesen, dass die Betriebsanlage nur im genehmigten Umfang betrieben werden darf. Eine Überschreitung dieses Konsenses zieht im Regelfall einerseits verwaltungsstrafrechtliche Konsequenzen und andererseits – allenfalls – die Schließung von Teilen der Betriebsanlage bzw. der Betriebsanlage nach sich.

 

Es dürfen auch nur die im vorliegenden Projekt ersichtlichen Betriebsmittel eingesetzt werden. Der Einsatz anderer Betriebsmittel als dem genehmigten Konsens zugrundeliegend, stellt ebenfalls einen nicht genehmigten Betrieb der Anlage dar.

 

Die Vorschreibung der von der Berufung schließlich geforderten Überprüfungen, die Einschränkung der genehmigten Betriebszeit und die Forderung der Abänderung der projektierten Anlage entbehren sowohl einer technischen als auch einer rechtlichen Grundlage. Die diesbezüglichen Ausführungen der Berufung sind den fundierten Sachverständigengutachten nicht gleich zu halten.

 

Die Forderung nach Absiedlung des Betriebs ist ebenfalls nicht Gegenstand eines Betriebsanlagengenehmigungsverfahrens.

 

Zu dem Aspekt der Befürchtung der Nachbarn der Möglichkeit einer beträchtlichen Kapazitätsausweitung durch die neue Anlage wird nochmals festgehalten, dass die Betriebsanlage nur im projektierten und mit Genehmigungsbescheid festgelegten Umfang betrieben werden darf. Eine allfällige Ausweitung über den genehmigten Umfang hinaus würde einer Änderungsgenehmigung bedürfen.

 

3.8. Zu den Vorbringen der Berufung in Bezug auf unzumutbare Belästigung durch Lärm und Geruch wurden vom Unabhängigen Verwaltungssenat Erhebungen durchgeführt, die ergeben haben, dass durch den Betrieb der projektierten Betriebsanlage keine erhöhte Luftschadstoffemission gegenüber der bestehenden Anlage und keine negative Änderung der Schallsituation bei den Nachbarn durch den Austausch der Lackieranlage erfolgen wird. Darüber hinaus ist auch die Errichtung der mit Auflage 11 im Genehmigungsbescheid vorgeschriebenen Schallschutzwand in der definierten Ausführung nicht erforderlich, sondern es wurde festgestellt, dass die derzeit bereits vorhandene absorbierende Verkleidung im Bereich der Ansaugöffnung aus schalltechnischer Sicht  ausreichend ist.

Die Auflage 11. des erstinstanzlichen Genehmigungsbescheides war daher dementsprechend abzuändern.

 

Sämtliche im erstinstanzlichen Verfahren eingeholten Gutachten erscheinen unter Einbeziehung der ergänzenden Erhebungen durch den Unabhängigen Verwaltungssenat als nachvollziehbar und in sich widerspruchsfrei. Es bestehen daher keine Zweifel, diese Ergebnisse dem Verfahren zugrunde zu legen und sich diesbezüglich der belangten Behörde anzuschließen.

Das Berufungsvorbringen ist nicht geeignet, die Richtigkeit der jeweiligen Gutachten in Zweifel zu ziehen, da sie keine die Sachverständigenbeurteilungen tatsächlich widerlegenden Aussagen enthalten.

 

Folglich ist dem Berufungsvorbringen zur Beeinträchtigung der Nachbarn durch den von der Betriebsanlage ausgehenden Lärm und durch Geruchsbelästigung nicht Folge zu geben.

 

Aus sämtlichen oben angeführten Sach- und Rechtsgründen war somit spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Mag. Bergmayr-Mann

 

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum