Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-222483/10/Bm/Ba

Linz, 01.09.2011

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Michaela Bismaier über die Berufung des Herrn P P, vertreten durch Rechtsanwältin Mag. G P, M,  T, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 22.3.2011, Gz. 0012349/2010, wegen einer Verwaltungsübertretung nach der GewO 1994 nach Durchführung einer mündlichen Berufungsver­handlung am 22.6.2011 zu Recht erkannt:

 

 

 

I.             Der Berufung wird keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

 

II.         Der Berufungswerber hat zusätzlich zu den Verfahrenskosten der Erstinstanz den Betrag von 100 Euro, das sind 20 % der verhängten Geldstrafe, als Kostenbeitrag zum Rechtsmittelverfahren zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 idgF (AVG) iVm §§ 24, 19 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 idgF (VStG).

Zu II.: § 64 VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 22.3.2011, Gz. 0012349/2010, wurde über den Berufungswerber (in der Folge: Bw) eine Geldstrafe von 500 Euro, Ersatzfreiheitsstrafe von 47 Stunden, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 366 Abs.1 Z 3 iVm §§ 81 und 74 Abs.2 Z 2 Gewerbeordnung verhängt.  

 

Dem Schuldspruch liegt folgender Tatvorwurf zugrunde:

 

"Der Beschuldigte, Herr P P, hat als gewerberechtlicher Geschäftsführer der L T m.b.H gemäß § 370 Abs.1 GewO folgende Verwaltungsübertretung verwal­tungsstrafrechtlich zu verantworten:

 

Die L T m.b.H., L, hat in der Zeit von 10.03.2010 bis 23.05.2010, zumindest jedoch an den unten angeführten Tagen, die Betriebsanlage (Servicebetrieb für den ei­genen Fuhrpark von ca. 30 Taxifahrzeugen) im Standort L, D, nach Durchfüh­rung einer gewerberechtlich genehmigungspflichtigen Änderung betrieben, ohne im Besitz einer hiefür erforderlichen Betriebsanlagenänderungsgenehmigung zu sein.

 

Diese Betriebsanlage wurde mit Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 22.01.2010, GZ 501/N091124, mit einer Betriebszeit Montag bis Freitag von 07.00 Uhr bis 19.00 Uhr und Samstag von 08.00 Uhr bis 13.00 Uhr gewerbebehördlich genehmigt.

Die Änderung besteht in der Durchführung von Servicearbeiten an Taxifahrzeugen außerhalb der genehmigten Betriebszeiten:  

 

Am 10.03.2010 wurden Servicearbeiten um 21:18 Uhr durchgeführt, am 12.03.2010 um 19:40 Uhr, am 14.03.2010 um 20:25 Uhr, am 15.03.2010 um 20:45 Uhr, am 22.03.2010 um 19:55 Uhr, am 06.04.2010 um 18:55 Uhr, am 01.05.2010 um 15:25 Uhr, am 11.05.2010 um 20:39 Uhr, am 16.05.2010 um 11:32 Uhr, um 18:36 Uhr und um 20:39 Uhr und am 23.05.2010 vormittags.

 

Diese Änderung ist geeignet, Nachbarn durch Lärm (zusätzlich) zu belästigen und unterliegt daher einer Genehmigungspflicht nach § 81 in Verbindung mit § 74 Abs. 2 Z. 2 GewO."

 

2. Gegen dieses Straferkenntnis hat der Bw durch seine Rechtsvertreterin fristgerecht Berufung eingebracht und diese im Wesentlichen damit begründet, dass den Feststellungen der Behörde im Straferkenntnis lediglich die von Nachbarn der Betriebsanlage aufgenommenen Fotos zugrunde liegen würden, auf denen Taxifahrzeuge ersichtlich seien; teilweise sei auch die Werkstatt in ge­öffnetem Zustand abgebildet. Die belangte Behörde übersehe jedoch, dass der Umstand allein, dass auf den zur Verfügung gestellten Fotos ein Datum und eine Uhrzeit ersichtlich sei, nicht ohne weiteres (und schon gar nicht im Hinblick auf den hier erforderlichen Nachweis) davon ausgegangen werden könne, dass die Aufnahme tatsächlich an dem dort dargestellten Datum und der angegebenen Uhrzeit gemacht worden sei. Es sei nämlich nach allgemeiner Lebenserfahrung auch möglich, Datum und Uhrzeit auf handelsüblichen Fotokameras umzustellen und so die Wiedergabe von unrichtigen Daten zu erreichen. Es hätten demnach in diesem Zusammenhang noch weiterführende Erhebungen angestellt werden müssen.

Weiters gehe die belangte Behörde auch nicht auf die Angaben des Beschuldigten in seiner Einvernahme am 21.6.2010 ein, in der dieser bereits dargelegt habe, dass die L sechs Parkplätze auf dem Areal D, L, angemietet habe, welche von den der L gehörigen Fahrzeugen jederzeit benutzt werden könnten. Diese Parkplätze würden in keinem Zusammenhang zur Betriebsanlage bzw. zum Servicebetrieb der L stehen.

Dass einzelne Fahrer ihre abgestellten Fahrzeuge begutachten bzw. die Motorhaube öffnen würden, um irgendwelche Kontrolltätigkeiten auszuüben, stehe ebenfalls nicht im Zusammenhang mit der genehmigten Betriebsanlage. Dies entziehe sich auch gänzlich dem Einflussbereich des Beschuldigten.

Darüber hinaus sei es dem Beschuldigten oder anderen Personen nicht verboten, die Werkstatt bzw. die Betriebsanlage auch außerhalb der Betriebszeit zu betreten, um dort beispielsweise Dinge abzuholen oder diverse Nachschauen zu halten. Eine andere Auffassung käme einem Betretungsverbot gleich. Dass es dabei vorkommen könne, dass die Werkstatttür offen stehen bleibe, sei naturge­mäß möglich. Allein aufgrund dieses Umstandes von einer genehmigungs­pflichtigen Änderung auszugehen, sei rechtlich jedoch nicht nachvollziehbar. Dies umso mehr, als mit dem alleinigen Betreten der Betriebsanlage auch keine Lärm­belästigung im Sinne des § 74 Abs.2 Z 2 GewO verbunden sei, weshalb das Vorliegen einer genehmigungspflichtigen Änderung zu verneinen wäre.

Zugestanden werde vom Beschuldigten lediglich, dass am 23.5.2010 von einem Kollegen ein Auto zur Reparatur abgeholt worden sei, wobei entgegen der Anweisung des Beschuldigten die provisorische Befestigung eines Teils erfolgt sei. Dies sei der belangten Behörde auch umgehend gemeldet worden. Gleichzeitig habe der Beschuldigte sämtliche Vorkehrungen getroffen, damit derartige Handlungen künftig nicht mehr gesetzt werden. Die Verwirklichung des Tatbestandes der dem Beschuldigten angelasteten Verwaltungsübertretung in objektiver Hinsicht ist demnach lediglich hinsichtlich des Vorfalls am 23.5.2010 als erwiesen anzunehmen.

Wie bereits ausgeführt, habe der Beschuldigte sämtliche Vorkehrungen getroffen, damit die gegenständliche Verwaltungsübertretung nicht verwirklicht werden könne. Der Vorfall vom 23.5.2010 sei auf ein bloß geringfügiges fahrlässiges Verhalten des Beschuldigten zurückzuführen. Der Beschuldigte habe demnach durch sein Verhalten zwar den objektiven Tatbestand der genannten Bestimmung verwirklicht, doch gehe der Beschuldigte davon aus, dass ihm dabei kein oder nur geringes Verschulden zur Last gelegt werden könne.

Da das Verschulden aus den angeführten Gründen als gering einzustufen sei und die Tat auch keine Schädigung Dritter oder sonstige nachteilige Folgen nach sich gezogen habe, ersucht der Beschuldigte um entsprechende Herabsetzung der verhängten Strafe bzw. um Abstandnahme vom Strafausspruch im Sinne des § 21 VStG.

 

In eventu richtet sich die Berufung gegen die Höhe der verhängten Strafe. Als Milderungsgründe seien die Unbescholtenheit des Beschuldigten sowie das Vor­liegen einer allenfalls nur leichten Fahrlässigkeit zu berücksichtigen. Erschwe­rungsgründe würden keine vorliegen. Angesichts dieser Sach- und Rechtslage werde ersucht, die verhängte Geldstrafe auf ein angemessenes Maß zu reduzieren. Es werden folgende Anträge gestellt:

Der Berufung Folge zu geben und das angefochtene Straferkenntnis

a)    aufzuheben und der Behörde erster Instanz nach Verfahrensergänzung eine neuerliche Entscheidung aufzutragen oder

b)    in der Sache selbst zu entscheiden und das Strafverfahren einzustellen oder zumindest

c)     von einem Ausspruch der Strafe gemäß § 21 VStG Abstand zu nehmen.

 

3. Der Bürgermeister der Landeshauptstadt Linz hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt.

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 22.6.2011, an der der Bw und seine Rechtsvertreterin sowie eine Vertreterin der belangten Behörde teilge­nommen haben und gehört wurden. Weiters wurde der Zeuge Mag. U S unter Hinweis auf die Wahrheitspflicht einvernommen.

 

4.1. Folgender Sachverhalt ist entscheidungswesentlich:

Der L T., deren gewerberechtlicher Geschäftsführer der Bw ist, wurde mit Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 22.1.2010, Gz. 0051425/2009 ABA Nord, 501/N091124 unter Anwendung des § 359b Abs.1 Z 2 GewO 1994 die Betriebsanlagengenehmigung für eine Servicehalle mit Vorplatz, einen Reifen-Lagerraum, 3 Freiparkplätzen und die Zufahrt zur Betriebsanlage für den Fuhrpark der T. von ca. 30 Fahrzeugen im Rahmen eines Servicebetriebes erteilt. Als Betriebszeit wurde im Bescheid festgelegt: Montag bis Freitag von 7.00 bis 19.00 Uhr und Samstag von 8.00 bis 13.00 Uhr.

Der genehmigte Servicebetrieb wurde wie folgt beschrieben:

-          Kleinreparaturen an der Lichtanlage (Lampentausch, Erneuerung von Sicherungen)

-          Kontrolle der Bereifung (Reparatur bzw. Austausch von Reifen)

-          Überprüfung der Flüssigkeitsstände (Bremsflüssigkeit, Kühlwasser, Wasch­wasser etc.)

-          Überprüfung der elektrischen Anlage (Batterie, Taxameter und Taxifunk­anlage)

-          Reinigungsarbeiten an der Karosserie (Reinigung der Fenster und Spiegel sowie Reinigungsarbeiten im Innenraum)

 

In der Zeit von 10.3.2010 bis 23.5.2010 (und zwar am 10.3., 12.3., 14.3., 15.3., 22.3., 6.4., 1.5., 11.5., 16.5. und am 23.5.) wurden bei der gegenständlichen Betriebsanlage außerhalb der genehmigten Betriebszeiten Pkw-Servicearbeiten durchgeführt.

 

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus dem Akteninhalt, insbesondere aus den dort einliegenden schriftlichen Beschwerden der Nachbarn samt Fotos sowie dem Ergebnis der mündlichen Ver­handlung am 22.6.2011.

 

Aus dem vorliegenden Akt ist ersichtlich, dass Nachbarn der in Rede stehenden Betriebsanlage schriftlich bei der Erstbehörde Beschwerde darüber eingebracht haben, dass zu den im Straferkenntnis genannten Zeiten außerhalb der genehmigten Betriebszeiten am Betriebsgelände Servicearbeiten an PKW durchgeführt wurden; diesen Beschwerden beigelegt wurden Fotos mit Datumangabe. Auf diesen Fotos sind  PKW, zum Teil mit geöffneter Motorhaube erkennbar.

In der mündlichen Verhandlung wurde vom Bw zunächst ausgesagt, dass zu den angeführten Zeiten in der gegenständlichen Betriebsanlage keine Servicearbeiten an PKW (mit Ausnahme des 23.5.2010) außerhalb der genehmigten Betriebszeiten durchgeführt worden sind. Im Zuge der weiteren Befragung wurde diese Aussage vom Bw allerdings insofern relativiert, als er zu Protokoll gegeben hat, dass "kleine" Servicetätigkeiten jederzeit vorgenommen werden (vgl. Aussage Bw, Tonbandprotokoll Seite 1 und 2: "Natürlich kommt es vor, dass bei den Fahrzeugen auch der Ölstand kontrolliert wird... .  Es ist so, dass kleine Servicetätigkeiten jederzeit von den Taxilenkern bei den PKW vorgenommen werden. Es kann durchaus sein, dass Taxilenker selbstständig an den Fahrzeugen, die von ihnen gelenkt werden, Servicetätigkeiten zu den angeführten Zeiten vorgenommen haben" ).

Im Lichte dieser Aussagen hat das erkennende Mitglied keine Zweifel, dass die von den Nachbarn in den Beschwerdebriefen dokumentierten Beobachtungen der Servicearbeiten zu den genannten Tatzeiten der Wahrheit entsprechen.

Auch wurde vom Zeugen Mag. S die Durchführung von Servicearbeiten außerhalb der Betriebszeiten bestätigt und auf die Beschwerdeeingaben verwiesen. Anhaltspunkte dafür, dass – wie vom Bw vorgebracht - die Nachbarn die Fotoaufnahmen durch falsche Datum- und Zeitangabe manipuliert haben, haben sich nicht ergeben. Vielmehr machte der Zeuge bei seiner Einvernahme hinsichtlich des Wahrheitsgehaltes seiner getätigten Beobachtungen einen sehr glaubwürdigen Eindruck.   

 

5. In rechtlicher Hinsicht hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 74 Abs. 2 GewO 1994 dürfen gewerbliche Betriebsanlagen nur mit Genehmigung der Behörde errichtet oder betrieben werden, wenn sie wegen der Verwendung von Maschinen und Geräten, wegen ihrer Betriebsweise, wegen ihrer Ausstattung oder sonst geeignet sind,

 

1.     das Leben oder die Gesundheit des Gewerbetreibenden, der nicht den Bestimmungen des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes unterliegenden mittätigen Familienangehörigen, der Nachbarn oder der Kunden, die die Betriebsanlage der Art des Betriebes gemäß aufsuchen, oder das Eigentum oder sonstige dingliche Rechte der Nachbarn zu gefährden,

 

2.     die Nachbarn durch Geruch, Lärm, Rauch, Staub, Erschütterung oder in anderer Weise zu belästigen,

 

3.     die Religionsausübung in Kirchen, den Unterricht in Schulen, den Betrieb von Kranken- und Kuranstalten oder die Verwendung oder den Betrieb anderer öffentlichen Interessen dienender benachbarter Anlagen oder Einrichtungen zu beeinträchtigen,

 

4.     die Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs an oder auf Straßen mit öffentlichem Verkehr wesentlich zu beeinträchtigen oder

 

5.     eine nachteilige Einwirkung auf die Beschaffenheit der Gewässer herbeizuführen, sofern nicht ohnedies eine Bewilligung auf Grund wasserrechtlicher Vorschriften vorgeschrieben ist.

 

Gemäß § 359b Abs.1 Z 2 hat die Behörde, wenn sich aus dem Genehmigungsansuchen und dessen Beilagen (§ 353) ergibt, dass das Ausmaß der der Betriebsanlage zur Verfügung stehenden Räumlichkeiten und sonstigen Betriebsflächen insgesamt nicht mehr als 800 m2 beträgt, die elektrische Anschlussleistung der zur Verwendung gelangenden Maschinen und Geräte 300 kW nicht übersteigt und auf Grund der geplanten Ausführung der Anlage zu erwarten ist, dass Gefährdungen, Belästigungen, Beeinträchtigungen oder nachteilige Einwirkungen im Sinne des § 74 Abs.2 oder Belastungen der Umwelt vermieden werden, das Projekt durch Anschlag in der Gemeinde und durch Anschlag in den der Anlage unmittelbar benachbarten Häusern mit dem Hinweis bekannt zu geben, dass die Projektsunterlagen innerhalb eines bestimmten, 4 Wochen nicht überschreitenden Zeitraumes, bei der Behörde zur Einsichtnahme aufliegen und dass die Nachbarn innerhalb dieses Zeitraumes von ihrem Anhörungsrecht Gebrauch machen können; die Eigentümer der betroffenen Häuser haben derartige Anschläge in ihren Häusern zu dulden; statt durch Hausanschlag kann das Projekt aus Gründen der Zweckmäßigkeit, Raschheit und Einfachheit durch persönliche Verständigung der Nachbarn bekannt gegeben werden; nach Ablauf der im Anschlag oder in der persönlichen Verständigung angeführten Frist hat die Behörde unter Bedachtnahme auf die eingelangten Äußerungen der Nachbarn die die Anwendung des vereinfachten Verfahrens begründende Beschaffenheit der Anlage mit Bescheid festzustellen und erforderlichenfalls Aufträge zum Schutz der gemäß § 74 Abs.2 sowie der gemäß § 77 Abs.3 und 4 wahrzunehmenden Interessen zu erteilen; dieser Bescheid gilt als Genehmigungsbescheid für die Anlage... Nach (§ 75 Abs.2) haben keine Parteistellung....

 

Gemäß § 81 Abs. 1 GewO 1994 bedarf die Änderung einer genehmigten Betriebsanlage einer Genehmigung im Sinne der Bestimmungen der Gewerbeordnung, wenn dies zur Wahrung der im §74 Abs. 2 umschriebenen Interessen erforderlich ist.

 

Gemäß § 366 Abs.1 Z3 GewO 1994 begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu 3.600 Euro zu bestrafen ist, wer eine genehmigungspflichtige Betriebsanlage ohne die erforderliche Genehmigung ändert oder nach der Änderung betreibt.

 

5.2. Voraussetzung für die Erfüllung des Tatbestandes nach § 366 Abs.1 Z 3 GewO 1994 ist, dass eine rechtswirksam genehmigte Betriebsanlage vorliegt.

Dies ist vorliegend der Fall.

Mit oben bezeichnetem Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz wurde in Anwendung des § 359b GewO 1994 die Errichtung und der Betrieb eines Servicebetriebes für den Fuhrpark von 30 Taxifahrzeugen samt Service­halle mit Vorplatz, einem Reifen-Lagerraum, 3 Freiparkplätzen und der Zufahrt zur Betriebsanlage unter Zugrundelegung der eingereichten Projektsunterlagen erteilt.

Als Betriebszeit wurde festgelegt Montag bis Freitag von 7.00 bis 19.00 Uhr und Samstag von 8.00 bis 13.00 Uhr. Im Bescheid wurde der Umfang der Servicearbeiten, die innerhalb der genehmigten Betriebszeiten durchgeführt werden dürfen, konkret umschrieben (siehe hiezu 4.1.).

 

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes bemisst sich die Frage, ob eine Änderung der Betriebsanlage vorliegt, ausschließlich nach dem die Betriebs­anlage genehmigenden Bescheid (VwGH 24.5.1994, 93/04/0031).

 

Demnach bedeutet jeder Betrieb einer Betriebsanlage, der in seiner Gestaltung von dem im Genehmigungsbescheid umschriebenen Projekt abweicht, eine Änderung der genehmigten Betriebsanlage und bedarf unter den Voraussetzungen des § 81 einer gewerbebehördlichen Genehmigung.

 

Die Genehmigungspflicht ist bereits dann gegeben, wenn die Änderung grund­sätzlich geeignet ist, die in § 74 Abs.2 umschriebenen Interessen zu beein­trächtigen; um dies zu beurteilen, genügt es in der Regel, auf das allgemeine Erfahrungsgut zurückzugreifen (VwGH 20.9.1994, 94/04/0068).

 

Im Grunde des durchgeführten Beweisverfahrens steht fest, dass zu den im Straferkenntnis angeführten Zeiten in der Betriebsanlage Arbeiten, die dem Servicebereich zuzu­rechnen sind, außerhalb der genehmigten Betriebszeiten durchgeführt wurden.

Da die Betriebszeiten im Genehmigungsbescheid eindeutig festgelegt sind, stellt dies eine Änderung der Betriebsanlage dar, die schon nach der allgemeinen Lebenserfahrung unzweifelhaft geeignet ist, Nachbarn durch Lärm zu belästigen.

Im gegenständlichen Fall belegen dies auch die zahlreichen Beschwerden der Nachbarn wegen Lärmbelästigung.

Soweit der Bw vermeint, dass z.B. eine Ölstandkontrolle nicht mit dem Service­betrieb zusammen hängt, ist dem entgegenzuhalten, dass nach dem Genehmi­gungsbescheid gerade solche Servicearbeiten vom Genehmigungsumfang umfasst sind und hiefür eben entsprechende Betriebszeiten festgelegt wurden. Bei deren Überschreitung liegt im Lichte der vorzitierten VwGH-Judikatur eine Änderung der Betriebsanlage vor.

Der Bw ist in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, dass auch Arbeiten, die über den Servicecharakter hinausgehen, eine Änderung der Betriebsanlage darstellen, die unter den Voraussetzungen des § 81 GewO 1994 der Genehmigungspflicht unterliegt. Wird die Betriebsanlage außerhalb der Betriebszeiten von betriebsfremden Personen benützt, ist dies dem Bw zuzurechnen.

 

Der objektive Tatbestand der gegenständlichen Verwaltungsübertretung ist sohin als gegeben zu erachten.

 

5.3. Hinsichtlich des Verschuldens ist festzuhalten, dass die dem Beschuldigten angelastete Tat ein sogenanntes Ungehorsamsdelikt im Sinne des § 5 Abs.1 VStG darstellt, zu dessen Strafbarkeit, sofern die Verwaltungsvorschrift nicht anderes bestimmt, Fahrlässigkeit genügt. Fahrlässigkeit ist nach der zitierten Gesetzes­stelle bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwal­tungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft machen kann, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungs­vorschrift kein Verschulden trifft.

Eine solche Glaubhaftmachung ist dem Bw nicht gelungen. Soweit der Bw vorbringt, dass er seine Mitarbeiter angewiesen hat, die Betriebszeiten im Servicebetrieb einzuhalten und sohin ein entsprechendes Kontrollsystem einge­richtet habe, ist auszuführen, dass der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Judikatur ausgeführt hat, dass ein besonders strenger Maßstab bezüglich des Kontrollsystems anzulegen ist. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes sind nämlich Belehrungen, Schulungen und lediglich stichprobenartige Kontrollen nicht ausreichend. Entscheidend ist, ob auch eine wirksame Kontrolle der vom Verantwortlichen erteilten Weisungen erfolgte, die unter den vorhersehbaren Verhältnissen die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften mit gutem Grund erwarten ließ. Ein derartiges Kontrollsystem wurde vom Bw nicht dargelegt.

 

Der Bw hat die Tat sohin auch in subjektiver Hinsicht zu vertreten.

 

5.4. Zur Strafhöhe ist festzustellen, dass gemäß § 19 Abs.1 VStG Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat, ist.

 

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermessensabwägung sind in der Begründung des Bescheides soweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes erforderlich ist. § 19 Abs.1 VStG enthält somit jene objektiven Kriterien, die Grundlage für jede Strafbemessung sind. Darüber hinaus normiert Abs.2 für das ordentliche Verfahren eine Reihe weiterer subjektiver Umstände.

 

Die belangte Behörde ist bei der Strafbemessung von einem monatlichen Netto­einkommen von 1.600 Euro und Sorgepflichten für ein Kind ausgegangen. Dem ist der Bw nicht entgegengetreten. Als strafmildernd wurde die bisherige Unbe­scholtenheit gewertet, straferschwerend war kein Umstand.

 

Die Strafbemessung ist eine Ermessensentscheidung und ist nicht zu erkennen, dass die belangte Behörde von dem ihr zukommenden Ermessen in gesetz­widriger Weise Gebrauch gemacht hat. Angesichts der Dauer der Verwaltungs­übertretung und der möglichen Gefährdung der Nachbarinteressen ist der Unrechtsgehalt der vorgeworfenen Verwaltungsübertretung nicht als gering zu bezeichnen.

 

Geringfügigkeit des Verschuldens ist nicht gegeben, weil das Verhalten des Beschuldigten nicht weit hinter dem in der Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt der Tat zurückbleibt, weshalb gemäß § 21 VStG nicht von einer Strafe abzusehen war.

 

Weil die Berufung keinen Erfolg hatte, war ein Kostenbeitrag zu dem Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat gemäß § 64 VStG in der Höhe von 20 % der verhängten Geldstrafe festzusetzen.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Mag. Michaela Bismaier

 

 

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