Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-100876/15/Br/La

Linz, 19.01.1993

VwSen - 100876/15/Br/La Linz, am 19. Jänner 1993 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch seine 2. Kammer unter dem Vorsitz von Dr. Wegschaider sowie den Berichter Dr. Bleier und den Beisitzer Dr. Guschlbauer über die Berufung des Herrn M G, vertreten durch Rechtsanwälte Dr. S und Dr. S, vom 3. September 1992 gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz vom 18. August 1992, St-2.555/92-In, zu Recht:

I. Der Berufung wird Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis behoben; das Verfahren wird gemäß § 45 Abs.1 Z 1 VStG eingestellt.

II. Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlage: Zu I.: § 5 Abs.2 der Straßenverkehrsordnung 1960 - StVO 1960, BGBl.Nr. 159, zuletzt geändert durch BGBl.Nr.615/1991; § 66 Abs.4 des Allgemeinen Verwaltungs erfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl.Nr. 51, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 866/1992 i.V.m. § 19, § 24, § 45 Abs.1 Z 1, § 51 Abs.1 und § 51e Abs.1. Zu II. § 65 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG, BGBl.Nr. 52; zuletzt geändert durch BGBl.Nr.867/1992.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bundespolizeidirektion Linz hat mit Straferkenntnis vom 18. August 1992 über den Berufungswerber wegen der Übertretung nach § 5 Abs.2 i.V.m. § 99 Abs.1 lit.b StVO eine Geldstrafe von 12.000 S, im Nichteinbringungsfall 14 Tage Ersatzfreiheitsstrafe verhängt, weil er am 9. Februar 1992 um 10.15 Uhr in L, auf dem M, nächst dem Haus Nr., den Kombi mit dem Kennzeichen gelenkt habe und am 9. Februar 1992 um 10.40 Uhr in L, im Stiegenhaus des Hauses M, trotz begründeter Vermutung der Alkoholbeeinträchtigung (deutliche Rötung der Augenbindehäute, enthemmtes Verhalten) und trotz Aufforderung durch ein besonders geschultes und von der Behörde hiezu ermächtigtes Straßenaufsichtsorgan die Untersuchung der Atemluft auf Alkoholgehalt mittels Alkomat verweigert habe.

1.1. Die Erstbehörde vertrat u.a. die Rechtsansicht, daß die von den Beamten festgestellten geröteten Augenbindehäute des Berufungswerbers und sein erregtes bzw. enthemmtes Verhalten mit Grund vermuten ließ, daß sich der Berufungswerber in einem durch Alkohol beeinträchtigen Zustand befunden hätte.

2. Dagegen hat der Berufungswerber durch seinen ausgewiesenen Vertreter rechtzeitig Berufung erhoben. Er führt hiezu sinngemäß aus, sein Verhalten, nämlich die Weigerung, im Funkstreifenwagen auf das Wachzimmer zu folgen und dort den Atemlufttest durchzuführen, stelle keine Verweigerung dar. Es stelle sich nämlich die Frage, ob eine gesetzliche Verpflichtung bestehe, sich zum Zwecke der Durchführung einer Atemluftuntersuchung mit dem Funkstreifenwagen auf das Wachzimmer zu begeben. Eine solche Verpflichtung hätte für ihn nur dann bestanden, wenn er von den beiden Polizeibeamten i.S.d. § 5 Abs.4 StVO 1960 einem Arzt zum Zwecke der Feststellung des Grades der Alkoholeinwirkung vorzuführen gewesen wäre. Da es sich im gegenständlichen Fall um keine Vorführung gehandelt habe, könne aus dieser Norm nicht abgelesen werden, daß es dem Beamten freistünde, festzulegen, wie er sich auf das Wachzimmer zu begeben gehabt hätte.

3. Die Erstbehörde hat die Berufung mit dem Verfahrensakt vorgelegt. Es ist somit die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben. Dieser hat, da eine 10.000 S übersteigende Strafe verhängt worden ist, durch eine Kammer zu entscheiden. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung erwies sich als erforderlich, da es sich um eine volle Berufung handelt (§ 51e Abs.1 VStG).

4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis aufgenommen durch die Vernehmung in der gemäß § 51e Z 1 anberaumten öffentlichen mündlichen Verhandlung der die Amtshandlung führenden Polizeibeamten Insp. B und Bez.Insp. K sowie der Zeugen N H, M P und U G (Gattin des Berufungswerbers) sowie des Berufungswerbers selbst.

5. Als erwiesen wurde angenommen, daß sich der Berufungswerber nach Eintreffen in seiner Wohnung sogleich in die Dusche begab. Etwa 10 - 15 Minuten nach dem Eintreffen läuteten die Sicherheitswachebeamten an der Wohnungstür. Diese wurde den Polizeibeamten vom Berufungswerber geöffnet. Die Beamten machten dem Berufungswerber über den Grund ihres Einschreitens (vorausgegangene Körperverletzung) vertraut und verlangten dessen Nationale. Im Zuge der weiteren Amtshandlung erfolgte dann auch die Aufforderung an Gruber, sich einem Atemlufttest zu unterziehen. Dieser wurde von Gruber zuerst dahingehend verweigert, daß er unter Hinweis auf das Sich-Umkleiden die Tür schloß und später dadurch, daß er nicht bereit wäre mit dem Streifenwagen auf das Wachzimmer mitzufahren. Bereitschaft bestand nur dahingehend, daß er sich von seiner Gattin im Privat-PKW zum Wachzimmer bringen lassen wollte. Zum Zeitpunkt der 1. Aufforderung zur Leistung der Atemluftuntersuchung war außer den geröteten Augenbindehäuten kein weiteres Symptom, welches auf eine Alkoholisierung schließen lassen hätte können, vorhanden. Den Beamten war im übrigen erkennbar gewesen, daß der Berufungswerber kopfgewaschen hatte.

5.1. Dieses Beweisergebnis ergibt sich aus den weitgehend übereinstimmenden Angaben der Polizeibeamten mit jenen der Zeugin G, aber auch mit der Verantwortung des Berufungswerbers. Übereinstimmung bestand insbesondere dahingehend, daß G zum Zeitpunkt des Öffnens der Wohnungstüre mit einem Hausanzug bekleidet war und nasse Haare hatte. Die von den Beamten festgestellten "Kaubewegungen" ließen nicht mit Sicherheit den Schluß zu, daß Gruber Nahrung zu sich genommen hatte. Diesbezüglich führt die zeugenschaftlich vernommene Gattin glaubhaft aus, daß sie, nachdem sie mit ihrem Mann nachhause gekommen war, das Frühstück vorbereitete, während ihr Mann sich in die Dusche begab, und sie sich daher sicher war, daß ihr Mann während der 10 - 15 Minuten bis zum Eintreffen der Polizei, keine Gelegenheit zum Essen hatte. Unstrittig ist, daß im Zuge der Unterredung im Zusammenhang mit dem Einschreiten im Dienst der Strafjustiz bereits zum Atemlufttest aufgefordert wurde. Bis zu diesem Zeitpunkt war das Verhalten des Berufungswerbers jedoch noch nicht renitent bzw. aufgebracht. Die Amtshandlung eskalierte erst nachdem Gruber etwas später neuerlich die Tür öffnete und mit den Beamten sprach.

Es war sohin mit gutem Grund auch für die Exekutivbeamten der Schluß zulässig, daß die geröteten Bindehäute des Berufungswerbers ihre Ursache in der mit dem Duschen einhergegangenen Kopfwäsche ihre Ursache haben konnten und in einer Alkoholbeeinträchtigung, zumal die typischen Alkoholisierungssymptome wie Alkoholgeruch, lallende Sprache, unsicherer Gang usw. eindeutig nicht vorlagen.

6. Rechtlich war sohin zu erwägen:

Gemäß § 5 Abs.2 StVO 1960 sind Organe des amtsärztlichen Dienstes oder besonders geschulte von der Behörde hiezu ermächtigte Organe der Straßenaufsicht berechtigt, die Atemluft von Personen, die ein Fahrzeug zu lenken oder in Betrieb zu nehmen versuchen, auf Alkoholgehalt zu untersuchen, wenn vermutet werden kann, daß sich diese Personen in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befinden.

Diese Vermutung konnte bei vorliegender Sachlage nicht hinreichend begründet gehegt werden. Klassische Symptome einer Alkoholbeeinträchtigung, nämlich Alkoholgeruch der Atemluft, unsichere Geh- und Stehweise sowie lallende Aussprache lagen jedenfalls - wie schon angeführt eindeutig nicht vor. In Ermangelung eines Umfeldes, wie z.B. das Verlassen eines Lokales, entbehrte es einer objektiven Grundlage für die Vermutung einer Alkoholisierung, zumal der Berufungswerber den Beamten unmittelbar nach einer Tätigkeit (Duschen) gegenübergetreten ist, welche nach allgemeiner Lebenserfahrung typischerweise auch das Symptom der geröteten Augenbindehäute zur Folge haben kann. Weil dieser Umstand den Beamten bekanntgewesen ist, war bei Fehlen sämtlicher weiterer Symptome die Vermutung einer Alkoholisierung objektiv nicht gerechtfertigt.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Wegschaider

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