Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-150882/4/Lg/Hue/Ba

Linz, 25.08.2011

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Dr. Ewald Langeder über die Berufung des X X, X, X, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. X X, X, X, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Grieskirchen vom 25. Mai 2011, Zl. BauR96-472-2010, wegen einer Übertretung des Bundesstraßen-Mautgesetzes 2002 zu Recht erkannt:

I.                  Die Berufung wird abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.  

II.              Der Berufungswerber hat zusätzlich zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens einen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat in der Höhe von 30 Euro zu leisten.

Rechtsgrundlagen:

zu I: §§ 16 Abs. 2, 19, 20, 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm. § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG;

zu II: § 64 Abs.1 und 2 VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde über den Berufungswerber (Bw) eine Geldstrafe von 150 Euro bzw. eine Ersatzfreiheitsstrafe von
16 Stunden verhängt, weil er am 24. Juli 2010 um 10.14 Uhr als Lenker des PKW mit dem behördlichen Kennzeichen X die mautpflichtige Innkreisautobahn A8 bei ABKM 37.400 in Fahrtrichtung Knoten Voralpenkreuz benützt habe, ohne die zeitabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben, obwohl die Benützung von Mautstrecken mit einspurigen Kraftfahrzeugen und mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchstes zulässiges Gesamtgewicht nicht mehr als 3,5 Tonnen beträgt, der zeitabhängigen Maut unterliege, welche vor der Benützung von Mautstrecken durch Anbringen einer Mautvignette am Fahrzeug zu entrichten sei. Auf dem Kfz sei keine gültige Mautvignette angebracht gewesen.

 

2. In der Berufung brachte der Vertreter des Bw vor, dass den gestellten Beweisanträgen nicht entsprochen worden und Mautprellerei gegenständlich nicht gegeben sei, da eine korrekt gelochte Vignette vorgelegen sei. Da sich derartige Mautvignetten aber äußerst schlecht wieder ablösen ließen, habe der Bw zur Vermeidung eines derartigen Aufwandes – in der irrigen Annahme, dies sei zulässig – die Trägerfolie nicht abgelöst, weshalb das "schwarze X" sichtbar gewesen sei. Es sei eine 10-Tages-Vignette auf einer Urlaubsfahrt verwendet worden, weshalb eine unzulässige Mehrfachverwendung bzw. eine Weitergabe der Vignette an Dritte ausgeschlossen sei. Deshalb liege lediglich ein Formalvergehen vor. Unter Berücksichtigung der vorliegenden Milderungsgründe sei die verhängte Geldstrafe als überhöht anzusehen:

·         "der bisher ordentliche Lebenswandel und die Tatsache, dass die Tat mit dem sonstigen Verhalten in Widersprich steht;

·         die Tat lediglich aus Fahrlässigkeit begangen wurde;

·         die Tat nur aus Unbesonnenheit (Unachtsamkeit) begangen wurde;

·         die Tat mehr durch besonders verlockende Gelegenheit, als mit vorgefasster Absicht begangen wurde;

·         optimale Fahrbahn- und Straßen-, sowie Verkehrsverhältnisse herrschten (kein anderer Fahrzeugverkehr);

·         die Tat unter Umständen begangen wurde, die einem Schuldausschließungs- oder Rechtfertigungsgrund nahe kommen;

·         es trotz Vollendung der Tat zu keinen Schäden Dritter gekommen ist;

·         sich von der Zufügung eines größeren Schadens, obwohl dazu die Gelegenheit offengestanden wäre, freiwillig Abstand genommen wurde;

·         die Tat schon vor längerer Zeit begangen wurde und seither ein Wohlverhalten vorliegt".

 

Beantragt wurde die ersatzlose Behebung des angefochtenen Bescheides und die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens nach Durchführung einer Berufungsverhandlung und Abführung der bisher unerledigt gebliebenen Beweisanträge, in eventu die Aussprache einer Ermahnung iSd § 21 VStG, in eventu die Herabsetzung der Geldstrafe auf ein gesetzeskonformes mildes Maß iSd § 20 VStG.

 

3. Aus dem Akt ist ersichtlich:

 

Dem Akt liegt eine Anzeige der ASFINAG vom 30. November 2010 zugrunde. Die Lenkeranzeige enthält den gegenständlichen Tatvorwurf. Demnach sei am Kfz keine gültige Mautvignette angebracht gewesen. Dem Zulassungsbesitzer sei am 2. September 2010 gem. § 19 Abs. 4 BStMG schriftlich eine Ersatzmaut angeboten, diesem Angebot jedoch nicht (zeitgerecht) entsprochen worden.

 

Gegen die Strafverfügung vom 16. Dezember 2010 legte der Bw einen Einspruch ein.

 

Auf Anforderung übermittelte die ASFINAG am 28. Februar 2011 der Erstbehörde drei Beweisfotos und legte dar, dass im gegenständlichen Fall zwar eine richtig gelochte, jedoch nicht ordnungsgemäß geklebte 10-Tages-Vignette verwendet worden sei. Die Vignette sei nicht von der Trägerfolie abgelöst worden, weshalb auch das "schwarze X" der Folie ersichtlich sei.

 

Dazu rechtfertigte sich der (Vertreter des) Bw wie in Teilen der später eingebrachten Berufung.

 

Der Akt schließt mit dem angefochtenen Straferkenntnis und der daraufhin eingebrachten Berufung.

 

4. Mit Schreiben vom 6. Juli 2011 teilte der Oö. Verwaltungssenat dem Vertreter des Bw mit, dass aus der Aktenlage offensichtlich ist, dass die Vignette nicht ordnungsgemäß iS eines Ablösens von der Trägerfolie angebracht war, was auch vom Bw nicht bestritten wurde. Das Verschulden des Lenkers ergibt sich aus der allgemeinen Pflicht der Kenntnisnahme der relevanten Rechtsvorschriften und insbesondere auch aus der klaren Textierung der richtigen Vorgehensweise auf der Rückseite  der Vignette. Betreffend der geltend gemachten ao. Milderungsgründe ist darauf hinzuweisen, dass im angefochtenen Straferkenntnis  ohnehin § 20 VStG zur Anwendung gebracht und der dadurch gewonnene Strafrahmen voll ausgeschöpft wurde. Der Oö. Verwaltungssenat vermag daher die Sinnhaftigkeit der Durchführung einer Berufungsverhandlung nicht zu erkennen. Sollte der Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung aufrecht erhalten bleiben, möge dies innerhalb Frist begründet mitgeteilt werden.

 

Eine Antwort auf dieses Schreiben ist nicht erfolgt, weshalb von einem Verhandlungsverzicht auszugehen ist.

 

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:

 

5.1. Gemäß § 10 Abs. 1 BStMG unterliegt die Benützung von Mautstrecken mit einspurigen Kraftfahrzeugen und mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchstes zulässiges Gesamtgewicht nicht mehr als 3,5 t beträgt, der zeitabhängigen Maut.

 

Gemäß § 11 Abs. 1 BStMG ist die zeitabhängige Maut vor der Benützung von Mautstrecken durch Anbringen einer Mautvignette am Fahrzeug zu entrichten.

 

Punkt 7.1 der Mautordnung besagt u.a., dass die Vignette – nach Ablösen von der Trägerfolie – unter Verwendung des originären Vignettenklebers unbeschädigt und direkt so auf die Innenseite der Windschutzscheibe anzukleben ist, dass sie von außen gut sicht- und kontrollierbar (z.B. kein Ankleben hinter einem dunklen Tönungsstreifen) ist. Jede andere Anbringung (z.B. durch [zusätzliche] Klebestreifen) ist nicht gestattet und verwirkt den Nachweis der ordnungsgemäßen Mautentrichtung.  

 

Gemäß § 20 Abs. 1 BStMG ("Mautprellerei") begehen Kraftfahrzeuglenker, die Mautstrecken benützen, ohne die nach § 10 geschuldete zeitabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben, eine Verwaltungsübertretung und sind mit Geldstrafe von 300 Euro bis 3.000 Euro zu bestrafen.

 

§ 19 BStMG ("Ersatzmaut") bestimmt, dass in der Mautordnung für den Fall der nicht ordnungsgemäßen Entrichtung der Maut eine Ersatzmaut festzusetzen ist, die den Betrag von 250 Euro einschließlich Umsatzsteuer nicht übersteigen darf (Abs. 1).

Kommt es bei einer Verwaltungsübertretung gemäß § 20 zu keiner Betretung, so ist die Autobahnen- und Schnellstraßen-Finanzierungs-Aktiengesellschaft ermächtigt, im Falle einer Verwaltungsübertretung gemäß § 20 Abs.1 den Zulassungsbesitzer schriftlich zur Zahlung einer Ersatzmaut aufzufordern, sofern der Verdacht auf automatischer Überwachung beruht, im Falle einer Verwaltungsübertretung gemäß § 20 Abs.2 den Zulassungsbesitzer schriftlich zur Zahlung einer Ersatzmaut aufzufordern, sofern der Verdacht auf automatischer Überwachung oder auf dienstlicher Wahrnehmung eines Organs der öffentlichen Aufsicht beruht. Die Aufforderung hat eine Identifikationsnummer und eine Kontonummer zu enthalten. Ihr wird entsprochen, wenn die Ersatzmaut binnen vier Wochen ab Ausfertigung der Aufforderung dem angegebenen Konto gutgeschrieben wird und der Überweisungsauftrag die automationsunterstützt lesbare, vollständige und richtige Identifikationsnummer enthält (Abs.4).

Subjektive Rechte des Lenkers und des Zulassungsbesitzers auf mündliche oder schriftliche Aufforderungen zur Zahlung einer Ersatzmaut bestehen nicht (Abs.6). 

 

5.2. Unbestritten ist, dass die Vignette zur Tatzeit entgegen die Bestimmungen von Punkt 7.1 der Mautordnung ohne Ablösen von der Trägerfolie nicht mit dem Originalkleber auf der Windschutzscheibe angebracht war. Dies wird auch durch die vorliegenden Beweisfotos belegt. Nur ordnungsgemäß aufgeklebte Vignetten erbringen den Nachweis der Mautentrichtung. Der Bw hat somit das ihm vorgeworfene Delikt in objektiver Hinsicht verwirklicht.

 

Nicht entschuldigend wirkt die vorgebrachte Unkenntnis der österreichischen Rechtslage, da nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch für ausländische Kraftfahrer die Verpflichtung besteht, sich über die Rechtsvorschriften, die er bei der Teilnahme am Straßenverkehr in Österreich zu befolgen hat, ausreichend zu unterrichten (vgl. u.a. VwGH 18.12.1997, Zl. 97/06/0224). Vorwerfbare Rechtsunkenntnis bewirkt daher Fahrlässigkeit, die bei "Ungehorsamkeitsdelikten" ausreicht. Zusätzlich sind auch auf der Rückseite der Vignette die wesentlichen Anbringungsvorschriften abgedruckt. Obwohl es kaum Anzeichen dafür gibt (die Vignette muss mit einem zusätzlichen Hilfsmittel auf die Windschutzscheibe geklebt worden sein, wobei zudem auch noch der untere Kontrollabschnitt der Vignette abgeschnitten wurde), sei zugunsten des Bw von Fahrlässigkeit ausgegangen. Keinesfalls entschuldigend wirkt das Argument des Bw, Vignetten könnten nach Gebrauch nur mit Schwierigkeit wieder von der Windschutzscheibe abgelöst werden. Andere Entschuldigungsgründe liegen nicht vor, weshalb die Verwaltungsübertretung dem Bw auch subjektiv vorzuwerfen ist.

 

Zur Bemessung der Strafhöhe ist zu bemerken, dass von der Behörde trotz Befestigung der Vignette samt der Trägerfolie und Abschneidens des unteren Kontrollabschnitts der Vignette das ao. Milderungsrecht (§ 20 VStG) angewandt und die gesetzliche Mindeststrafe auf die Hälfte herabgesetzt wurde. Eine weitere Reduktion ist rechtlich nicht möglich. Auch wird dem Rechtsvertreter des Bw bereits seit vielen Jahren vom Unabhängigen Verwaltungssenat immer wieder ausführlich dargelegt (siehe neben vielen VwSen-150028 v. 24.3.1998), dass die immer gleichen geltend gemachten Milderungsgründe zwar zahlreich sind, jedoch insgesamt nicht so ins Gewicht fallen, dass von einem Überwiegen iSd § 20 VStG gesprochen werden könnte. Welcher Zusammenhang sich mit "optimalen Fahrbahn-, Straßen- und Verkehrsverhältnissen" mit einem  Mautdelikt herstellen lassen könnte, ist dem Oö. Verwaltungssenat bislang jedoch nicht klar geworden. Die Tat bleibt auch nicht so weit hinter dem deliktstypischen Unrechts- und Schuldgehalt zurück, dass eine Anwendung des   § 21 Abs. 1 VStG gerechtfertigt sein könnte, da die (kumulativen) Voraussetzungen (Unbedeutendheit der Tatfolgen, Geringfügigkeit des Verschuldens) dafür nicht gegeben sind. Der Verschuldensgrad ist deliktstypisch und rechtfertigt die Anwendung des § 21 VStG keineswegs. Insbesondere ist der Schuldgehalt als nicht geringfügig anzusehen, da sich der Bw über die Anbringungsvorschriften von Vignetten im ausreichenden Umfang informieren hätte müssen.     

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

Dr. Ewald Langeder

 

 

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