Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-531175/2/Kü/Ba

Linz, 30.08.2011

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Thomas Kühberger über die Berufung von Herrn X X, X, X, Frau Dr. X X-X und Herrn X X, beide X, X, und Herrn Mag. X X, X, X, vom 7. Juli 2011 gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 22. Juni 2011, UR-2008-26295/66-Kb/Sch, betreffend Zurückweisung des Antrages auf Parteistellung im abfallwirtschaftsrechtlichen Genehmigungsver­fahren des X X und Umgebung bezüglich Erweiterung der Kläranlage und Errichtung und Betrieb einer Biogasanlage, zu Recht erkannt:

 

 

 

Der Berufung wird keine Folge gegeben und der erstinstanzliche Bescheid bestätigt.

 

 

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 iVm § 56 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF iVm § 37, 38 und 50 Abfallwirtschaftsgesetz 2002 (AWG 2002), BGBl.I Nr. 102/2002 idgF.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 22. Juni 2011, UR-2008-26295/66-Kb/Sch, wurden die Anträge der Berufungswerber (im Folgenden: Bw) auf Erteilung der Parteistellung im abfallwirtschaftsrechtlichen Genehmigungsverfahren des X X und Umgebung bezüglich Erweiterung der Kläranlage und Errichtung und Betrieb einer Biogasanlage auf Grundstück Nr. X, ua., je KG X, Stadt­gemeinde X, welches im vereinfachten Genehmigungsverfahren abgeführt wird, zurückgewiesen.

 

Begründend wurde ausgeführt, dass gemäß § 50 Abs.2 AWG 2002 den Nachbarn keine Parteistellung, sondern nur ein Anhörungsrecht zukomme.

 

2. Dagegen richtet sich die gemeinsam von den Bw rechtzeitig eingebrachte Berufung. Begründend wurde ausgeführt, dass die bescheiderlassende Behörde verkannt habe, dass das gegenständliche Verfahren nicht mehr nach dem verein­fachten Verfahren gemäß § 50 AWG 2002 zu genehmigen sei, da Abs.3 des § 50 AWG 2002 festlege, dass ein Bescheid innerhalb von vier Monaten nach Einlangen des Antrages zu erlassen sei. Da bis zum jetzigen Zeitpunkt kein Bescheid von der zuständigen Behörde erlassen worden sei, der Antrag jedoch bereits am 12. Juni 2008 gestellt worden sei, sei die viermonatige Frist des § 50 Abs.3 AWG 2002 längst überschritten und daher das vereinfachte Verfahren gemäß § 50 AWG 2002 nicht anzuwenden.

 

Weiters müsse berücksichtigt werden, dass in den Antragsunterlagen und in der Verhandlung am 23. Februar 2010 bereits darauf hingewiesen worden sei, dass auch bei den bereits bestehenden Planungen berücksichtigt worden sei, dass eine eventuelle Erweiterung und Kapazitätserhöhung der geplanten Anlage möglich und auch in Zukunft vorgesehen sei. Daher müsse ihrer Meinung nach bei der bereits beantragten Genehmigung diese mögliche Erweiterung bereits berück­sichtigt werden, was wiederum bedeute, dass die gemäß § 37 Abs.3 Z 3 festge­legten 10.000 t pro Jahr weit überschritten würden und somit auch deshalb das vereinfachte Verfahren gemäß § 50 AWG 2002 nicht anzuwenden sei. Aus ihrer Sicht würde eine Nichtberücksichtigung der Erweiterung eine unzulässige Auf­teilung und dadurch versuchte Einschränkung der Parteirechte darstellen.

 

Aus all diesen Gründen ergebe sich, dass auch betroffene Nachbarn Partei­stellung erhalten könnten, denn Nachbarn im Sinne des AWG 2002 seien Personen, die durch die Errichtung, den Bestand, den Betrieb oder eine Änderung einer Behandlungsanlage gefährdet oder belästigt oder deren Eigentum oder deren dingliche Rechte gefährdet werden könnten. Daher reiche für die Nachbar­stellung bereits die bloße Möglichkeit einer Gefährdung oder Belästigung.

 

3. Der Landeshauptmann von Oberösterreich hat die Berufung samt bezughabenden Verfahrensakt mit Schreiben vom 21. Juli 2011 dem Unabhängigen Verwaltungssenat zur Berufungsentscheidung vorgelegt.

 

Gemäß § 38 Abs.8 AWG 2002 entscheidet über Berufungen gegen Bescheide des Landeshauptmannes oder der Bezirksverwaltungsbehörde als zuständige Anlagenbehörde nach diesem Bundesgesetz der Unabhängige Verwaltungssenat des Bundeslandes.

 

Nach § 67a Abs.1 AVG ist der Unabhängige Verwaltungssenat im gegen­ständlichen Fall zur Entscheidung durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied berufen.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsicht­nahme. Gemäß § 67g Abs.1 AVG konnte von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung mangels Erfordernis abgesehen werden bzw. wurde von den Verfahrensparteien eine mündliche Verhandlung nicht beantragt.

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 37 Abs.1 AWG 2002 bedarf die Errichtung, der Betrieb und die wesentliche Änderung von ortsfesten Behandlungsanlagen der Genehmigung der Behörde.

 

Nach § 37 Abs.3 Z3 AWG 2002 sind sonstige Behandlungsanlagen für nicht gefährliche Abfälle, ausgenommen Deponien, mit einer Kapazität von weniger als 10.000 Tonnen pro Jahr nach dem vereinfachten Verfahren (§ 50 leg.cit.) zu genehmigen.

 

Gemäß § 50 Abs.2 AWG 2002 hat die Behörde einen Antrag für eine Genehmigung gemäß § 37 Abs. 3 vier Wochen aufzulegen. Die Auflage ist in geeigneter Weise, wie Anschlag in der Standortgemeinde oder Veröffentlichung auf der Internetseite der Behörde, bekannt zu geben. Die Nachbarn können innerhalb der Auflagefrist Einsicht nehmen und sich zum geplanten Projekt äußern. Die Behörde hat bei der Genehmigung auf die eingelangten Äußerungen Bedacht zu nehmen.

 

Nach § 50 Abs.3 AWG 2002 ist ein Bescheid innerhalb von vier Monaten nach Einlangen des Antrags zu erlassen.

 

Gemäß § 50 Abs.4 AWG 2002 hat Parteistellung im vereinfachten Verfahren der Antragsteller, derjenige, der zu einer Duldung verpflichtet werden soll, das Arbeitsinspektorat gemäß dem Arbeitsinspektionsgesetz 1993, das Verkehrs-Arbeitsinspektorat gemäß dem Bundesgesetz über die Verkehrs-Arbeitsinspektion, das wasserwirtschaftliche Planungsorgan in Wahrnehmung seiner Aufgaben und der Umweltanwalt mit dem Recht, die Einhaltung von naturschutzrechtlichen Vorschriften und hinsichtlich der Verfahren gemäß § 37 Abs. 3 Z 2 bis 4 die Wahrung der öffentlichen Interessen gemäß § 1 Abs. 3 Z 1 bis 4 im Verfahren geltend zu machen und gegen den Bescheid Berufung zu erheben. Dem Umweltanwalt wird das Recht eingeräumt, Beschwerde gemäß Art. 131 Abs. 2 B-VG an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben.

 

5.2. Den vorliegenden Projektsunterlagen des X X und Umgebung ist zu entnehmen, dass eine Abänderung und Erweiterung der bestehenden Kläranlage des X X durch eine Biogasanlage geplant ist. Es ist vorgesehen, verschiedene Abfälle, die in separaten Annahmetanks zwischengelagert werden, gemeinsam mit dem Klärschlamm der Kläranlage in Faultürmen zu fermentierten. Beantragt wurde in Summe ein Konsens für die Übernahme von 9.500 t Abfälle pro Jahr.

 

Aufgrund dieses Konsensantrages, welcher auf die Behandlung von nicht gefährlichen Abfällen in einer Jahresmenge von 9.500 t gerichtet ist, wird gemäß § 37 Abs.3 Z 3 AWG 2002 das gegenständliche abfallwirtschaftsrechtliche Genehmigungsverfahren von der Erstinstanz im vereinfachten Verfahren geführt. Die Erteilung einer abfallwirtschaftsrechtlichen Genehmigung im Sinne der oben zitierten Gesetzes­bestimmungen stellt einen antragsbedürftigen Verwaltungsakt dar und kann von der Behörde ein derartiges Genehmigungsverfahren nur aufgrund eines ent­sprechenden Ansuchens eingeleitet werden. Der Umfang des Genehmigungsantrages ist dabei entscheidend für den Umfang der behördlichen Entscheidungsbefugnis. Die Sache, über die eine Behörde im Genehmigungs­verfahren zu entscheiden hat, wird durch das Genehmigungsansuchen bestimmt.

 

Dem Berufungsvorbringen, wonach in den Antragsunterlagen und in der mündlichen Verhandlung darauf hingewiesen wurde, dass bei den bereits bestehenden Planungen berücksichtigt wurde, dass eine eventuelle Erweiterung und Kapazitätserhöhung der geplanten Anlage möglich und auch in Zukunft vorgesehen ist, ist zu entgegnen, dass der vom X X und Umgebung eingebrachte Konsensantrag, welcher auch in den Projektsunter­lagen dargestellt ist, verdeutlicht, dass eine Biogasanlage mit einer Jahres­kapazität von 9.500 t an Abfällen errichtet werden soll. Nur über diesen Antrag kann von der Erstinstanz abgesprochen werden. Allfällige künftige Erweiterungen der Anlage bedürfen eines gesonderten Genehmigungsansuchens und werden in einem gesonderten Verfahren zu beurteilen sein. Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist – wie erwähnt – der vom X X und Um­gebung eingebrachte Genehmigungsantrag, weshalb von der Erstinstanz das Genehmigungsverfahren gemäß § 37 Abs.1 Z 2 AWG 2002 im vereinfachten Verfahren durchzuführen ist.

 

Gemäß § 50 Abs. 1 AWG 2002 ist der die Parteistellung im (ordentlichen) Genehmigungsverfahren regelnde § 42 AWG 2002 im vereinfachten Verfahren nicht anzuwenden. Die Parteistellung im vereinfachten Verfahren ist im § 50 Abs. 4 AWG 2002 für das vereinfachte Verfahren eigenständig geregelt. § 50 Abs. 4 AWG 2002 enthält eine taxative Aufzählung der Parteien. Demnach haben im vereinfachten Verfahren Parteistellung:

-           Antragsteller

-           Personen, die zu einer Duldung verpflichtet werden sollen

-           Arbeitsinspektorat

-           Verkehrs- Arbeitsinspektorat

-           Wasserwirtschaftliches Planungsorgan

-           Umweltanwalt.

Im Gegensatz zum ordentlichen Genehmigungsverfahren haben im vereinfachten Verfahren folgende Personen bzw. Einrichtungen keine Parteistellung:

-           Nachbarn

-           Eigentümer der Liegenschaften, auf denen die Anlage errichten werden soll

-           Inhaber rechtmäßig geübter Wassernutzungen gemäß § 12 Abs. 2 WRG

-           Gemeinde des Standorts und unmittelbar an die Liegenschaft der Behandlungsanlage angrenzende Gemeinde

Wesentlich ist, dass den Nachbarn keine Parteistellung, sondern nur ein Anhörungsrecht zukommt (VwGH 23.9.2004, 2004/07/0055).

(vgl. Schmelz in List/Schmelz, Abfallwirtschaftsgesetz 2002, Kommentar, 3. Auflage, Seite 341 ff).

 

Im anhängigen Genehmigungsverfahren nach dem Abfallwirtschaftsgesetz kann den Bw Parteistellung daher nur dann zukommen, wenn diese zu einer Duldung verpflichtet werden sollen, zumal sie ansonsten keiner Institution in der taxativen Aufzählung des § 50 Abs.4 AWG 2002 zuordenbar sind. Dass eine solche Verpflichtung zu einer Duldung im Zusammenhang mit der Genehmigung des Vorhaben zu erwarten ist, wird von den Bw allerdings nicht einmal behauptet. Das Berufungsvorbringen beschränkt sich vielmehr auf die in § 50 Abs.3 AWG 2002 enthaltene Entschei­dungsfrist sowie einer eventuellen Erweiterung oder Kapazitätserhöhung der geplanten Anlage.

 

Die in § 50 Abs.3 AWG 2002 enthaltene verkürzte Entschei­dungsfrist bedeutet, dass die Behörde verpflichtet ist, über den Genehmigungs­antrag ohne unnötigen Aufschub, spätestens aber vier Monate nach dem Einlangen des Antrags zu entscheiden. Die Gesetzesbestimmung des § 50 Abs.3 AWG 2002 enthält allerdings keine Rechtsfolge für den Fall der Nichterlassung des Bescheides durch die Behörde innerhalb von vier Monaten. Daher wird die einzige Konsequenz einer Säumnis der Behörde darin zu sehen sein, dass der Antragsteller gemäß § 73 Abs.2 AVG iVm § 38 Abs.8 AWG 2002 die Möglichkeit der Stellung eines Devolutionantrages an den Unabhängigen Verwaltungssenat hat, falls die Verzögerung der Entscheidungsfindung überwiegend auf ein Verschulden der Behörde zurückzuführen ist (vgl. Schmelz in List/Schmelz, Abfallwirtschaftsgesetz 2002, Kommentar, 3. Auflage, Seite 344). Entgegen dem Berufungsvorbringen bedeutet diese Viermonatsfrist daher nicht, dass nach Ablauf von vier Monaten kein Genehmigungsbescheid mehr erlassen werden könnte. Dies ist jedenfalls in § 50 Abs.3 AWG 2002 nicht vorgesehen. Die Behörde ist daher auch berechtigt, sollte das Ermittlungsverfahren länger als vier Monate andauern, trotzdem eine Entscheidung über den eingebrachten Genehmigungsantrag zu erlassen.

 

Insgesamt ist daher das Berufungsvorbringen nicht geeignet, das von der Behörde erster Instanz eingeleitete vereinfachte Genehmigungsverfahren gemäß § 37 Abs.3 Z 2 AWG 2002 in Zweifel zu ziehen bzw. einen Anhaltspunkt für die Parteistellung der Bw im Sinne des § 50 Abs.4 AWG 2002 zu bieten. Vom Unabhängigen Verwaltungssenat ist daher auf Grundlage des § 50 Abs.4 AWG 2002 festzuhalten, dass die Zurückweisung der Anträge der Bw auf Zuerkennung der Parteistellung durch die Erstinstanz nicht mit Rechtswidrigkeit behaftet ist. Nach der Rechtslage kommt den Bw im vereinfachten Genehmigungsverfahren keine Parteistellung sondern ein Anhörungsrecht zu.

 

Es war somit wie im Spruch zu entscheiden.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

Mag. Thomas Kühberger

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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