Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-166272/10/Bi/Kr

Linz, 05.10.2011

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des X, vertreten durch X, vom 5. August 2011 gegen das Straf­erkenntnis des  Bezirkshaupt­mannes von Perg vom 2. August 2011, VerkR96-499-2011, wegen Übertretungen der StVO 1960, aufgrund des Ergebnisses der am 22. September 2011 durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungs­verhandlung zu Recht erkannt:

 

Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis in allen drei Punkten behoben und das Verwaltungsstrafverfahren jeweils ohne Vorschreibung von Verfahrenskostenbeiträgen eingestellt.

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51i, 45 Abs.1 Z1 und 66 VStG

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis wurde über den Beschuldigten wegen Verwaltungsübertretungen gemäß 1) §§ 99 Abs.2 lit.e iVm 31 Abs.1 StVO 1960, 2) §§ 4 Abs.5 iVm 99 Abs.3 lit.b StVO 1960 und 3) §§ 4 Abs.1 lit.c iVm 99 Abs.2 lit.a StVO 1960 Geldstrafen von 1) bis 3) jeweils 40 Euro (zu 1) und 3) jeweils 96, zu 2) 72 Stunden EFS) verhängt, weil er am 30. Jänner 2011, 17.00 Uhr, in der Gemeinde Pabneukirchen, Pabneukirchner Landesstraße L1434 bei km 10.800, Pkw X,

1) Einrichtungen zur Regelung und Sicherung des Verkehrs bei einem Verkehrs­unfall beschädigt und in ihrer Lage verändert habe und nicht ohne unnötigen Aufschub die nächste Polizeidienststelle oder den Straßenerhalter unter Bekannt­gabe seiner Identität verständigt habe. Beschädigt worden seien ein Leitpflock und eine Schneestange sowie ein Grenzstein zwischen Straßengrund und angrenzendem Grundstück.

2) Er sei mit einem Verkehrsunfall mit Sachschaden in ursächlichem Zusammen­hang gestanden und habe nicht ohne unnötigem Aufschub die nächste Polizei­dienststelle verständigt.

3) Er sei mit einem Verkehrsunfall mit Sachschaden in ursächlichem Zusammen­hang gestanden und habe an der Sachverhaltsfeststellung nicht mitgewirkt, da er es durch Verlassen der Unfallstelle unmöglich gemacht habe, seine körperliche und geistige Verfassung zum Unfallzeitpunkt festzustellen.  

Gleichzeitig wurden ihm Verfahrenskostenbeiträge von gesamt 12 Euro auferlegt.

 

2. Dagegen hat der Berufungswerber (Bw) fristgerecht Berufung eingebracht, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Ver­wal­tungs­senat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 2.000 Euro über­steigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsver­teilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG).

Am 22. September 2011 wurde eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung in Anwesenheit des Bw, seines Rechtsvertreters X und der Zeugen X (P) und X (K) durchgeführt. Die Erstinstanz war unentschuldigt nicht vertreten. Auf die mündliche Verkündung der Berufungsentscheidung wurde verzichtet.

 

3. Der Bw macht im Wesentlichen geltend, unmittelbar nach dem Unfall habe er mit dem Mobiltelefon eines vorbeifahrenden Lenkers den Vater verständigt, der gegen 17.15 Uhr eingetroffen sei. Der Streuwagen sei vom Vater angehalten und der Lenker aufgefordert worden, den Unfall unverzüglich bei der nächsten Polizei­inspektion und beim Straßenerhalter zu melden, was dieser abgelehnt habe. Da der Pkw in den Bach abzustürzen drohte, seien Sicherungsmaßnahmen erfor­derlich gewesen; unmittelbar danach habe sein Vater die Polizei verständigt. Der Exekutivbeamte habe aber dem Vater geraten, den Bw zunächst im Klinikum Amstetten behandeln zu lassen. Dazu wird die Zeugeneinvernahme des Vaters des Bw beantragt.

Der Verkehrsunfall sei unmittelbar nach der Bergung des Pkw gemeldet worden. Der Vater habe den Streuwagenfahrer vom Unfall informiert. Da sein Verschul­den einwandfrei rekonstruierbar gewesen sei, habe er den Pkw auch nicht an der Unfallstelle belassen müssen. Der Tatbestand der mangelnden Mitwirkung sei nicht gegeben, zumal ihm bei der Verständigung der Polizei unmittelbar nach seiner Rückkehr geraten worden sei, vorerst eine medizinische Behandlung durch­­­zu­führen. 

 


4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung, bei der der Bw und sein Rechtsvertreter gehört, die Ausführungen der Erstinstanz in der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses berücksichtigt und die beiden Zeugen unter Hinweis auf die Wahrheitspflicht des § 289 StGB einvernommen wurden, der Vater des Bw zusätzlich unter Hinweis auf sein Entschlagungsrecht, von dem er nicht Gebrauch machte.

 

Folgender Sachverhalt ist entscheidungswesentlich:

Der Bw – nach Erwerb einer Lenkberechtigung für die Klassen A, B und F Inhaber eines Probeführerscheins – lenkte am 30. Jänner 2011 gegen 17.00 Uhr den auf ihn zugelassenen Pkw X auf der L1434 in Richtung seines Wohnhauses, wobei sein Bruder Beifahrer war. Beide hatten in einer Pizzeria Pizzen abgeholt. Bei km 10.8 der L1434 geriet der Bw in einer Kurve ins Schleudern, rutschte von der Fahrbahn über eine Böschung und kam kurz vor einem Bachbett zum stehen. Fest steht, dass der Bruder des Bw einen vorbeifahrenden Lenker angehalten und per Handy den Vater, den Zeugen P, angerufen hat. Dieser kam zusammen mit dem Onkel des Bw mit einem Pkw und einem Traktor zur Unfall­stelle. Da der Pkw ins Bachbett zu rutschen drohte, wurde der Pkw gesichert und mit dem Traktor herausgezogen.

Als gegen 17.30 Uhr der Zeuge P mit einer Taschenlampe und einer Seilwinde – der abgerutschte Pkw war von der Straße aus nicht zu sehen – auf der Straße stand, kam der bei der Straßenmeisterei Grein beschäftigte Zeuge K, der an diesem Sonntag-Abend zum Salzstreuen eingeteilt war, mit dem Streuwagen vorbei und blieb beim Zeugen P stehen. Der Zeuge P gab in der Verhandlung an, er habe den Zeugen K mit Namen gekannt und ihm mitgeteilt, sein Sohn habe einen Unfall gehabt und zumindest eine Schneestange sei beschädigt worden – diese hat er nach eigenen Angaben dort liegen gesehen.

Nach den Ergebnissen des Beweisverfahrens war dem Zeugen K der Vater des Bw unbekannt, er hat ihn auch nicht mit Namen angesprochen. Die Mitteilung vom Schaden hat er insofern kommentiert, als er den Zeugen P, der von sich aus die Verständigung der Straßenmeisterei ankündigte, ausdrücklich darauf hinwies, er möge "zur Vorsicht" auch die Polizei verständigen. Er hat beim Zeugen P auch keinen Zweifel daran gelassen, dass er als Streuwagenfahrer tätig sei und seine Fahrt fortsetzen müsse. Zu einem Identitätsnachweis kam es nicht und auch kein Ersuchen des Zeugen P, der Zeuge K möge seine Dienststelle verständigen. Der Zeuge P gab in der Verhandlung an, er habe den Zeugen K zwar gefragt, ob er ihm Namen und Adresse aufschreiben dürfe im Sinne einer Unfallmeldung, aber der Zeuge K habe sich ausdrücklich für unzuständig erklärt und den Unfalllenker an die Polizei verwiesen.

Der Zeuge K hat nach dem Gespräch mit dem Vater des Bw von sich aus mit dem Handy seine "Koordinationsstelle" angerufen und einen Schaden bei km 10.8 der L1343 gemeldet, laut seiner Aussage in der Verhandlung nicht auf Ersuchen des Zeugen P, sondern von sich aus.

 

In der Verhandlung gab der Zeuge P ebenso wie der Bw an, beim Unfall sei der Pkw in den Schnee gerutscht; ein Flurschaden sei nicht entstanden, da sich dort auch beim Bachbett kein Bewuchs befunden habe und auch keine "Spur" in die Erde gezogen worden sei, die zB eingeebnet werden hätte müssen. Der Zeuge K wusste nichts von einem Grenzstein.

Der Zeuge P bestätigte, er habe von sich aus übernommen, für seinen nach dem Unfall geschockten und durchgefrorenen Sohn tätig zu werden. Da ihm sein Handy an der Unfallstelle in den Schnee gefallen sei und der Akku daraufhin leer war, er aber auch keine Telefonnummer der PI Pabneukirchen gehabt habe und den Vorfall nicht als Notfall im Sinne eines Anlasses, "133" zu wählen, gesehen habe, habe er nach dem Ankommen daheim die Telefonnummer der PI Pabneukirchen herausgesucht, dort angerufen und den Unfall für den Sohn gemeldet. Er habe, da der Bw zunächst unverletzt gewirkt habe, den Unfall als solchen mit Sachschaden – bezogen auf den Pkw und die Schneestange – gesehen. Daheim habe der Bw über schlimmer werdende Kopfschmerzen geklagt, sodass schließ­lich ein Transport ins Krankenhaus Amstetten erwogen wurde. Das hat der Zeuge P dem Anzeiger am Telefon bei der Unfallmeldung – laut Anzeige um 18.17 Uhr – mitgeteilt, worauf ihm dieser empfohlen habe, der Bw möge sich im Krankenhaus Amstetten "anschauen lassen", wenn er verletzt sei.

 

Laut Ambulanzkarte des Klinikums Amstetten wurde dort beim Bw eine Gehirn­erschütterung und eine Schädelprellung festgestellt und er über Nacht zur Beobachtung behalten; im übrigen wurde ihm eine Woche Schonung empfohlen.

Der Zeuge P gab in der Verhandlung weiters an, er sei mit dem Bauern, auf dessen Grundstück sich der Unfall ereignet habe, in die Schule gegangen und habe diesen vom Unfall informiert, wobei er auch angab, er habe ihm zwar einen Geldbetrag – 50 Euro – angeboten, aber der Bauer habe das abgelehnt, weil kein Schaden entstanden sei. Laut dem Zeugen P wurde die Unfallstelle von vom Pkw stammenden Plastikteilen gesäubert; solche könnten Schwie­rig­­keiten beim Mähen verursachen. Ein Flurschaden sei aber weder beim Unfall noch beim Herausziehen des Pkw entstanden; es sei nur Schnee niedergefahren worden, weshalb der Bauer auch kein Geld genommen habe.

 


Laut VU-Abschlussbericht des Anzeigers vom 10. Februar 2011 wurde über Anzeige des vom Zeugen K informierten Koordinationsdienstes der Straßen­meisterei Grein um 17.47 Uhr mit der Unfallaufnahme begonnen, wobei am Unfallort niemand mehr angetroffen wurde.

 

In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Zu Punkt 1) des Straferkenntnisses:

Gemäß § 99 Abs.2 lit.e StVO 1960 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist zu bestrafen, wer Einrichtungen zur Regelung und Sicherung des Verkehrs – dazu zählen gemäß § 31 Abs.1 StVO ua auch Verkehrsleiteinrichtungen wie Leit­pflöcke, Schneestangen und Leitbaken – ua unbefugt in ihrer Lage oder Bedeu­tung verändert oder solche Einrichtungen beschädigt, es sei denn, die Beschädi­gung ist bei einem Verkehrsunfall entstanden und die nächste Polizeidienst­stelle oder der Straßen­erhalter ist von der Beschädigung unter Bekanntgabe der Iden­ti­tät des Beschädigers ohne unnötigen Aufschub verständigt worden.  

 

Unbestritten ist eine Beschädigung eines Leitpflocks und einer Schneestange sowie der Umstand, dass ein Identitätsnachweis – der nur durch Vorweisen eines amtlichen Lichtbildausweises erfolgen kann (vgl VwGH 30.5.1990, 89/03/0108) – nicht stattgefunden hat. Schadenersatz in Höhe von ca 70 Euro wurde bezahlt.

Eine Meldung mit Identitätsnachweis an den Zeuge K ist nach den eindeutigen Ergebnissen des Beweisverfahrens nicht erfolgt, weil der Zeuge K dafür glaubhaft nicht zuständig war und eine solche dem Zeugen P gegenüber sofort abgelehnt hat; auch der Name des Bw war ihm nicht bekannt und es gab auch kein Gespräch dahingehend, ob der Zeuge K zB ein Handy mitführt, mit dem eine Schadens­meldung bei der zuständigen Straßenmeisterei möglich gewesen wäre.

Fest steht aber, dass der Zeuge K den Zeugen P darauf aufmerksam machte, er möge die Polizei verständigen. Die Unfallmeldung bei der PI Pabneukirchen erfolgte, wie in der Anzeige bestätigt, durch den Zeugen P für den Bw um 18.17 Uhr.

 

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist unter dem Begriff "ohne unnötigen Aufschub" eine relativ kurze Zeitspanne zu verstehen, die allerdings je nach Konstellation des Einzelfalles variieren kann (vgl E 26.6.1974, 1925/73; 12.11.1970, 1771/69; ua).

 

Dem Bw war nach eigenen Angaben beim Unfall die Beschädigung der Schnee­stange und des Leitpflocks aufgefallen, wobei die Möglichkeit bestanden hätte, mit dem vom vorbei­fahren­den Lenker ausgeborgten Handy entweder selbst die Polizei (über Notruf) zu verständigen oder den angerufenen Vater um Ver­ständigung zu ersuchen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass dem Bw ohne Frage die Bergung seines Pkw – wie der Vater glaubhaft betont hat, auch um ein Auslaufen von Flüssigkeit zu verhindern – wichtig war, die allerdings jedenfalls bis zum Eintreffen von Vater und Onkel um 17.15 Uhr warten musste, weil der Bw ohne technische Hilfe dazu nicht in der Lage war. Geht man davon aus, dass der Zeuge P nach eigenen Angaben zwar ein Handy mithatte, das aber in den Schnee fiel, worauf der Akku leer war – was nach der allgemeinen Lebens­erfahrung durchaus glaubwürdig ist – hätte noch die Möglichkeit bestanden, den Zeugen K um ein Mobiltelefon zu fragen oder ihn um Verständigung der Polizei zu ersuchen. Im Gespräch zwischen dem Zeugen K und dem Vater des Bw ging es darum, ob der Zeuge K als Adressat für die Unfallmeldung fungieren würde, was er aber sofort abgelehnt hat. Er hatte zwar ein Handy mit, bot aber von sich aus ein Telefonat mit der Polizei nicht an und verständigte seine "Koordinations­stelle" von den beschädigten Leiteinrichtungen ausdrücklich in Eigeninitiative. Damit blieb dem Bw nur die Verstän­digung der Polizei von zu Hause aus, die durch den Zeugen P auch fünf Viertel­stunden nach dem Unfall erfolgt ist. Geht man – nach den Ergebnissen des Beweisverfahrens durchaus schlüssig – davon aus, dass an diesem Sonntag-Abend im angeführten Abschnitt der L1343, wie auch der Zeuge K bestätigt hat, wenig bis kein Verkehr war, ist die Verständigung der Polizei um 18.17 Uhr noch als "ohne unnötigen Aufschub" erfolgt anzusehen.

Damit war im Ergebnis davon auszugehen, dass der Bw, mit dessen Einver­ständnis und für den der Zeuge P gehandelt hat, seinen ihm von Gesetz auferlegten Verpflichtungen mit der Unfallmeldung bei der PI Pabneukirchen nachgekommen ist. Zu bemerken ist weiters, dass der "Grenzstein zwischen Straßen­­grund und angrenzendem Grundstück", von dem weder in der Anzeige noch in der "Schadensmeldung" vom 17. März 2011 die Rede ist, keine Verkehrs­leit­einrichtung im Sinne des § 31 Abs.1 StVO 1960 darstellt und daher auch nicht unter den Tatvorwurf zu subsumieren war.  

 

Zu Punkt 2) des Straferkenntnisses:

Gemäß § 4 Abs.5 StVO haben, wenn bei einem Verkehrsunfall nur Sachschaden entstanden ist, alle Personen, deren Verhalten am Unfalls­ort mit einem Verkehrs­unfall in ursächlichem Zusammenhang steht die nächste Polizeidienststelle vom Verkehrsunfall ohne unnötigen Aufschub zu verständigen. Eine solche Verstän­digung darf jedoch unterbleiben, wenn diese Personen oder jene, in deren Vermögen der Schaden eingetreten ist, einander ihren Namen und ihre Anschrift nachgewiesen haben.

 

Vom Schaden an Verkehrsleiteinrichtungen zu unterscheiden ist ein im Zuge des Verkehrsunfalls eingetretener Schaden an anderen vermögenswerten Gegen­ständen. Bezogen auf den ggst Verkehrsunfall ist in der Schadenmeldung vom 17. März 2011 die Rede von einem nicht näher ausgeführten "Flurschaden" in Höhe von 50 Euro. Dazu hat der Anzeiger auf einen "postalischen Bericht über die Unfallaufnahme" verwiesen. Im Protokoll über die Beschuldigtenvernehmung vom 5. Februar 2011 ist die Rede von einem "Grenzstein und Markierungs­pflock", Art oder Höhe des Schadens ist aber nicht angeführt. Bei einem Grenzstein ist aber eher eine Beschädigung des Pkw durch den Stein zu erwarten als umgekehrt. Als weiteres "beschädigtes Objekt" ist "1 Wiese" angeführt. Dazu hat der Zeuge P glaubhaft dargelegt, dass der Eigentümer der Wiese keinen Schaden geltend gemacht und die angebotenen 50 Euro nicht angenommen hat. Im Abschlussbericht vom 10. Februar 2011 ist die Rede von Schleuderspuren an der Unfallstelle, die eine Drehung des Pkw im Zuge des Schleuderns nachvoll­ziehbar machen; eine Licht­bild­beilage, von der im Abschlussbericht die Rede ist, befindet sich nicht im vorgelegten Verfahrensakt. Außer den "Schleuderspuren an der Unfallstelle", dh der Fahrbahn der L1434, besteht kein konkreter Hinweis auf die Art eines "Flurschadens", wobei die Angaben des Zeugen P über die Schnee­lage an der Unfallstelle und die Vereinbarung mit dem Eigentümer der Wiese durchaus glaubhaft sind.   

Damit war unter Bedachtnahme auf die Bestimmung des § 51i VStG das  Vorliegen eines Sachschadens im Sinne des § 4 Abs.5 StVO nicht objektivierbar – hätte ein solcher bestanden, wäre auch hier, wie bereits oben dargelegt, die Unfall­mel­dung um 18.17 Uhr durch den Zeugen P für den Bw als im speziellen Einzelfall "ohne unnötigen Aufschub" erfolgt anzusehen gewesen.

 

Zu Punkt 3) des Straferkenntnisses:

Gemäß § 4 Abs.1 lit.c StVO 1960 haben alle Personen, deren Verhalten am Unfalls­ort mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang steht, an der Feststellung des Sachverhaltes mitzuwirken.

 

Nach ständiger Rechtsprechung des VwGH trifft die im Abs.1 lit.c StVO ausge­sprochene Verpflichtung, an der Feststellung des Sachverhaltes mitzu­wirken, nach dem Wortlaut alle Personen, deren Verhalten am Unfallsort mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang steht. Sie dient offen­kundig dem Zweck, den Organen der öffentlichen Sicherheit die Aufnahme des Tatbestandes zu erleichtern und zu gewährleisten, dass die Behörde ein der Wirklichkeit entsprechendes Bild des Unfallherganges, seiner Ursachen und Folgen gewinnt. Die Verpflichtung zur Mitwirkung an der Feststellung des Sach­verhaltes schließt daher grundsätzlich insbesondere das Verbot ein, Veränder­ungen an der Stellung der vom Unfall betroffenen Fahrzeuge vorzunehmen. Hingegen besteht dann, wenn der Sachverhalt einschließlich des Verschuldens auch nach Wegschaffung der Fahrzeuge klar und ohne Schwierigkeiten zu rekonstruieren ist oder die Belassung eines Fahrzeuges an der Unfallstelle eine Klärung nicht herbeizuführen vermag, keine Verpflichtung, das Fahrzeug an der Unfallstelle unverändert zu belassen (vgl E 6.12.1973, 1958/72; 9.5.1985,  85/18/0209).

 

Eine Mitwirkungspflicht im Sinne des § 4 Abs. 1 lit. c StVO besteht immer dann, wenn es zu einer amtlichen Aufnahme des Tatbestandes kommt oder zu kommen hat (vgl E 22.4.1988, 97/03/0353, 0367). Dies ist immer der Fall, wenn es sich um einen Unfall handelt, bezüglich dessen eine Verständigungspflicht im Sinne des § 4 Abs. 2 StVO 1960 besteht; darüber hinaus aber auch dann, wenn ein am Unfall Beteiligter die Intervention eines Organes des öffentlichen Sicherheits­dienstes verlangt oder wenn ein am Unfallort etwa zufällig anwesendes Sicher­heitsorgan aus eigenem Antrieb eine Tatbestandsaufnahme vornimmt oder deren Vornahme veranlasst. Die Verpflichtung zur Mitwirkung an der Feststellung des Sachverhaltes reicht nur soweit, als es zur Feststellung von Sachverhalts­elementen, insbesondere zur Sicherung von Spuren am Unfallsort oder sonstiger konkreter Beweismittel, aber auch zur Person des beteiligten Fahrzeuglenkers erforderlich ist, so etwa, ob er zur Lenkung des am Verkehrsunfall beteiligten Fahrzeuges berechtigt war oder ob er äußerlich den Anschein erweckt, dass er sich geistig oder körperlich in einem zur Lenkung eines Kraftfahrzeuges geeigne­ten Zustand befindet (vgl E 15.5.1990, 89/02/0164).

 

Im ggst Fall war zum einen mangels erfolgtem Identitätsnachweis eine Unfallmeldung an die nächste Polizeidienst­stelle erforderlich, zum anderen war der Verkehrsunfall zunächst als solcher mit bloßem Sachschaden anzusehen, zum Zeitpunkt der Unfallmeldung durch den Zeugen P war aber bereits von einem Verkehrsunfall mit Personenschaden auszugehen, zumal beim Telefonat zwischen dem Zeugen P und der PI Pabneukirchen um 18.17 Uhr eine Verletzung des Bw im Raum stand und im KH Amstetten auch eine Gehirn­erschütterung sowie eine Schädelprellung festgestellt wurden. Damit war aber eine amtliche Tatbestandsausnahme unumgänglich.

Beim Telefongespräch des Zeugen P mit dem Anzeiger um 18.17 Uhr wurde deutlich, dass der Bw sich noch daheim befindet, aber wegen der Unfallver­letzung das Klinikum Amstetten aufsuchen wird. Hätte der Anzeiger Zweifel gehabt, ob der Bw geistig und körperlichen zum Lenken des Pkw in der Lage war, wäre es ihm jederzeit möglich gewesen, den Bw aufzusuchen, entweder zu Hause oder über Ersuchen durch Beamte der örtlich zuständigen Polizeiinspektion Amstetten.

Im Beweisverfahren sind keine Hinweise auf eine eventuelle Alkoholbeein­trächti­gung des Bw zur Unfallzeit aufgetaucht und auch das Zustande­kommen des Verkehrs­unfalls ist zB mit bei den an der Unfallstelle gegebenen Fahrbahnver­hältnissen überhöhter Geschwindigkeit erklärbar. Hätte der Anzeiger trotzdem Zweifel gehabt, wäre jederzeit eine Überprüfung des Bw dahingehend möglich gewesen, zumal er den Aufenthaltsort kannte und dem Zeugen P nach dessen glaubwürdigen Angaben auch empfahl, den Bw ins Krankenhaus Amstetten zu bringen. Damit ist auch der Vorwurf, der Bw habe an der Sachverhaltsfest­stellung nicht mitgewirkt, weil er durch Entfernen von der Unfallstelle die Prüfung seiner körperlichen und geistigen Verfassung unmöglich gemacht habe, nicht gerechtfertigt.      

Es war daher mangels Vorliegens der angelasteten Verwaltungsübertretungen spruchgemäß zu entscheiden, wobei naturgemäß Verfahrens­kosten­beiträge nicht anfallen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­ge­richtshof erhoben werden; diese ist - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils durch eine bevollmächtigte Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt einzubringen. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

Mag. Bissenberger

 

Beschlagwortung:

 

VU mit Sachschaden + Leiteinrichtung, Verständigung 5/4 Stunden später = "ohne unnötigen Aufschub", Lenker verletzt -> KH mit Wissen des Anzeigers -> 4/1c nicht gegeben -> Aufhebung

 

 

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