Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-222470/17/Bm/Ba

Linz, 22.09.2011

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Michaela Bismaier über die Berufung des Herrn F S B, F,  F, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 7.1.2011, Ge96-2539-2010, wegen einer Verwaltungsübertretung nach der Gewerbeordnung 1994 nach Durchführung von öffentlichen mündlichen Verhandlungen am 3.3.2011 und 25.5.2011 zu Recht erkannt:

 

 

I.             Der Berufung wird hinsichtlich Schuld keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis insoweit bestätigt.

 

II.         Hinsichtlich der Strafhöhe wird der Berufung insoweit Folge gegeben, als die verhängte Geldstrafe auf 400 Euro und die Ersatzfrei­heitsstrafe auf 37 Stunden herabgesetzt werden.

 

III.     Der Beitrag des Berufungswerbers zu den Kosten des Verfahrens vor der Erstbehörde wird auf 40 Euro herabgesetzt; für das Berufungs­verfahren ist kein Kostenbeitrag zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

Zu I. und II.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 idgF (AVG) iVm §§ 24, 5, 19 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 idgF (VStG).

Zu III.: §§ 64 und 65 VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 7.1.2011, Ge96-2539-2010, wurde über den Berufungswerber (in der Folge: Bw) eine Geldstrafe von 500 Euro, Ersatzfreiheitsstrafe von 48 Stunden, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 366 Abs.1 Z 1 iVm §§ 5 Abs.1, 339 Abs.1 und § 94 Z 38 GewO 1994 verhängt.

 

Dem Schuldspruch liegt folgender Tatvorwurf zugrunde:

 

"Sie haben zumindest im Zeitraum vom 09.07.2010 bis 12.07.2010 im Einfamilienhaus der Ehegatten M und N H in L, H, Fliesenleger­arbeiten im Bad, WC, Stiegenhaus, zwei kleinen Vorräumen und bei einer Wand hinter dem Kaminofen durchgeführt und dafür einen Betrag von 2.000,00 Euro erhalten. Sie haben dadurch das Gewerbe 'Platten- und Fliesenleger' regelmäßig, selbstständig und in der Absicht, einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen, ausgeübt, obwohl Sie nicht im Besitz der dafür erforderlichen Gewerbeberechtigung sind."

 

2. Dagegen hat der Bw innerhalb offener Frist Berufung eingebracht und diese im Wesentlichen damit begründet, dass im Tatzeitraum keine gewerbliche Tätigkeit ausgeübt worden sei; Frau H habe dem Bw zugesagt, ihn und Herrn V anzumelden, wenn diese für sie arbeiten würden.

Der Bezirkshauptmannschaft würden für eine Bestrafung keine Beweise vorliegen.

Es sei richtig, dass der Bw für Frau H gearbeitet habe, jedoch nicht in selbstständiger Weise sondern als Angestellter. Aus diesem Grund seien Frau H auch die entsprechenden Unterlagen wie Arbeitserlaubnis, E-Card, Meldebestätigung usw. in Kopie übergeben worden.

Von der Bezirkshauptmannschaft sei auch Herr P V nicht als Zeuge vernommen worden.

Richtig sei, dass mit Herrn R ein Gespräch geführt worden sei, ob der Bw für ihn beim B arbeiten könne. Mit "selbstständig arbeiten" sei gemeint gewesen, dass der Bw selbst wissen müsse, was zu machen sei, ohne ständig einen Meister oder Polier zu fragen.

Frau H habe auch keine 2.000 Euro bezahlt; dies sei auch dadurch bewiesen, dass keine Rechnung vorliege.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt.

Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zur Entscheidung berufen.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verfahrensakt sowie Durchführung von mündlichen Verhandlungen am 3.3.2011 und 25.5.2011, an der der Bw teilgenommen hat und gehört wurde. Als Zeugen einvernommen wurden Frau N H und Herr V P.

 

Folgender Sachverhalt steht als erwiesen fest:

 

Vom Bw wurde in der Wochenzeitung "Vöcklabrucker Tips" ein Inserat mit dem Text "Beratung für Hausdekoration .. Fliesenleger, Parkettleger, Maler, x" geschaltet.

Von der Zeugin H wurde aufgrund dieses Inserates mit dem Bw Kontakt aufgenommen und Fliesenlegerarbeiten in ihrem Einfamilienhaus im Standort H, L, gegen Entgelt vereinbart.

In der Zeit vom 9.7.2010 bis 12.7.2010 wurden vom Bw gemeinsam mit Herrn V P im angegebenen Standort Fliesenlegerarbeiten durchgeführt.

 

Das vorliegende Beweisergebnis stützt sich auf den Akteninhalt und die Ergebnisse der mündlichen Berufungsverhandlungen.

Unbestritten ist, dass der Bw das oben angeführte Inserat in den Vöcklabrucker Tips geschaltet hat und die Zeugin H daraufhin mit dem Bw in Kontakt getreten ist, wo auch die Durchführung der Fliesenlegerarbeiten gegen Entgelt vereinbart wurde.

Fest steht auch, dass in der Zeit vom 9.7.2010 bis 12.7.2010 diese Fliesenleger­arbeiten tatsächlich vom Bw durchgeführt wurden.

Die Aussagen des Bw und der Zeugin widersprechen sich allerdings in der Frage, ob der Bw auch den Betrag von 2.000 Euro für die Arbeiten erhalten hat.

So wurde vom Bw angegeben, für die Arbeiten kein Entgelt erhalten zu haben, von der Zeugin hingegen wurde ausgeführt, dem Bw 2.000 Euro übergeben zu haben, für die allerdings vom Bw keine Rechnung ausgestellt worden ist.

Die Aussagen des Bw und der Zeugin H gehen auch in der Frage des Arbeits­verhältnisses auseinander.

So wurde von der Zeugin ausgesagt, der Bw habe ihr erklärt im Besitz eines Gewerbescheins für Fliesenlegerarbeiten zu sein und auf keinen Fall schwarz arbeiten könne, sondern eine Rechnung ausstellen werde.

Dem hat der Bw widersprochen und zu Protokoll gegeben, die Zeugin H hätte ihm angeboten, ihn als Haushaltshilfe anzumelden.

Feststellungen über die Ausgestaltung der vereinbarten Leistung und Bezahlung waren aufgrund dieser widersprechenden Aussagen nicht möglich.

 

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 366 Abs.1 Z 1 GewO 1994 begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu 3.600 Euro zu bestrafen ist, wer ein Gewerbe ausübt, ohne die erforderliche  Gewerbeberechtigung erlangt zu haben.

 

Gemäß § 5 Abs.1 GewO 1994 dürfen, soweit dieses Bundesgesetz hinsichtlich einzelner Gewerbe nicht anderes bestimmt, Gewerbe bei Erfüllung der allge­meinen und der bei einzelnen Gewerbe vorgeschriebenen besonderen Voraus­setzungen aufgrund der Anmeldung des betreffenden Gewerbes (§ 339) ausgeübt werden.

 

Nach § 94 Z 38 leg.cit. handelt es sich bei dem Gewerbe Keramiker, Platten- und Fliesenleger um ein reglementiertes Gewerbe.

 

Nach § 1 Abs.2 GewO 1994 wird eine Tätigkeit gewerbsmäßig ausgeübt, wenn sie selbstständig, regelmäßig und in der Absicht betrieben wird, einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen, gleichgültig für welche Zwecke dieser bestimmt ist; hiebei macht es keinen Unterschied, ob der durch die Tätigkeit beabsichtigte Ertrag oder sonstige wirtschaftliche Vorteil im Zusammenhang mit einer in den Anwendungsbereich dieses Bundesgesetzes fallenden Tätigkeit oder im Zusammenhang mit einer nicht diesem Bundesgesetz unterliegenden Tätigkeit erzielt werden soll.

 

5.2. Gegenständlich steht fest, dass mit der Fliesenlegertätigkeit jedenfalls für den Bw die Absicht verbunden war, einen Ertrag zu erzielen. Dies ergibt sich schon aus den übereinstimmenden Aussagen, dass Entgeltlichkeit vereinbart war.

 

Der Bw wendet aber ein, dass nicht beabsichtigt war, diese Tätigkeit in selbst­ständiger Weise durchzuführen, sondern vielmehr mit der Zeugin vereinbart war, dass sie den Bw als Haushaltshilfe anmelde, da er keinen Gewerbeschein für Fliesenlegerarbeiten besitze.

Dieses Vorbringen vermag der Berufung nicht zum Erfolg zu verhelfen:

 

Im Kommentar zur Gewerbeordnung Grabler/Stolzlechner/Wendl wird zur Frage der Selbstständigkeit ausgeführt, dass die Feststellung, ob im Einzelfall eine selbstständige wirtschaftliche Betätigung vorliegt, unter Berücksichtigung aller rechtlichen und tatsächlichen Beziehungsfaktoren, somit aufgrund einer gesamthaften wirtschaftlichen Betrachtungsweise zu erfolgen hat (Rz. 7 zu § 1). Ist eine Tätigkeit mit Rücksicht auf das "Gesamtbild der festgestellten wirtschaft­lichen Momente" als selbstständig zu bewerten, kommt abweichenden Vertragsbestimmungen (die allenfalls der Verschleierung einer selbstständigen Tätigkeit dienen) keine Bedeutung zu (Rz. 18 zu § 1).

 

Vorliegend ist bei einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise jedenfalls von einer Selbstständigkeit des Bw auszugehen, wurde jedenfalls die Tätigkeit auf eigene Rechnung und Gefahr ausgeübt.

Auch wenn die Aussage des Bw der Wahrheit entspricht, nämlich, dass von der Zeugin H zugestanden wurde, ihn als Haushaltshilfe anzumelden, war sowohl ihm als auch der Zeugin bewusst, dass dies nur der Verschleierung der selbst­ständigen Tätigkeit des Fliesenlegens dienen soll. Auch vom Bw war nicht beabsichtigt, Tätigkeiten durchzuführen, die in den Tätigkeitsbereich einer Haushaltshilfe fallen. Ausgehend von einer gesamthaften wirtschaftlichen Betrachtungsweise wurde – da der Bw über keine Gewerbeberechtigung für die Ausübung des Fliesenlegens besitzt – der objektive Tatbestand der Verwaltungs­übertretung erfüllt.

 

5.3. Hinsichtlich des Verschuldens ist festzuhalten, dass die dem Beschuldigten angelastete Tat ein sogenanntes Ungehorsamsdelikt im Sinne des § 5 Abs.1 VStG darstellt, zu dessen Strafbarkeit, sofern die Verwaltungsvorschrift nicht anderes bestimmt, Fahrlässigkeit genügt. Fahrlässigkeit ist nach der zitierten Gesetzes­stelle bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft machen kann, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschriften kein Verschulden trifft.

 

Ein solcher Entlastungsnachweis wurde vom Bw nicht erbracht und war damit zumindest von fahrlässiger Begehung auszugehen.

 

5.4. Zur Strafhöhe ist festzustellen:

 

Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermessensabwägung sind in der Begründung des Bescheides soweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes erforderlich ist. § 19 Abs.1 VStG enthält somit jene objektiven Kriterien, die Grundlage für jede Strafbemessung sind. Darüber hinaus normiert Abs.2 für das ordentliche Verfahren eine Reihe weiterer subjektiver Umstände.

 

Von der belangten Behörde wurde im angefochtenen Straferkenntnis eine Geldstrafe von 500 Euro bei einem Strafrahmen bis zu 3.600 Euro über den Bw verhängt.

Bei der Strafbemessung wurden die vom Bw angegebenen Einkommens- und Familienverhältnisse berücksichtigt.

Als mildernd wurde die bisherige verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit gewertet, straferschwerend war kein Umstand.

 

Der Oö. Verwaltungssenat ist der Ansicht, dass unter Berücksichtigung des vom Bw angegebenen Nettoeinkommens von 800 Euro und des Vorliegens von Sorgepflichten für ein Kind die Herabsetzung der Geldstrafe auf das nunmehr festgesetzte Ausmaß gerechtfertigt ist.

Die nunmehr verhängte Geldstrafe scheint auch noch geeignet, den Bw von der Begehung weiterer strafbarer Handlungen abzuhalten.

 

6. Der Kostenausspruch stützt sich auf die Spruch angeführte gesetzliche Bestimmung.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

Mag. Michaela Bismaier

 

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum