Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-222521/2/Bm/Ba

Linz, 22.09.2011

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Michaela Bismaier über die Berufung des Herrn E M, vertreten durch Rechtsanwalt Mag. T D, F,  L, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf an der Krems vom 4.8.2011, Ge96-15-2011, wegen einer Verwaltungsübertretung nach der GewO 1994 zu Recht erkannt:

 

 

I.             Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Strafer­kenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt

 

II.         Es entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

Rechtsgrundlagen:

Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 24, 44a, 45 Abs.1 Z3 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr. 52/1991 idgF.

Zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf an der Krems vom 4.8.2011, Ge96-15-2011, wurde über den Berufungswerber (in der Folge: Bw) eine Geldstrafe von 200 Euro, Ersatzfreiheitsstrafe von 24 Stunden, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß §§ 5 Abs.1, 94 Z 72, 339 Abs.1 iVm § 366 Abs.1 Z 1 GewO 1994 verhängt.

 

Dem Schuldspruch liegt folgender Tatvorwurf zugrunde:

 

"Sie haben im Standort K, H, das reglementierte Gewerbe 'Überlassung von Arbeitskräften' ausgeübt, ohne im Besitze der dazu erforderlichen Gewerbeberechtigung zu sein.

Die nachstehend angeführten Personen waren bei der OÖ. Gebietskrankenkasse unter der Dienstgeberkonto-Nr. 0128409567 als Ihre Arbeitnehmer eingetragen bzw. versichert und wurden zumindest im Zeitraum vom 22. Oktober 2010 bis 9. November 2010 dem Beschäftiger, DI A K als Fahrschulbewilligungs­inhaber mit Firmenstandort in K, H, zur Arbeitsleistung als Lehrpersonal, Fahrschullehrer und Bürokraft zur Verfügung gestellt:

-          B D,

-          M D,

-          M S,         

-          O G,

-          P J,

-          W S,

-          Z S."

 

2. Gegen dieses Straferkenntnis hat der Bw durch seinen anwaltlichen Vertreter innerhalb offener Frist Berufung eingebracht und diese im Wesentlichen damit begründet, dass die objektive Tatseite nicht ausreichend ermittelt worden sei. Entsprechend den einschlägigen Bestimmungen des Arbeitskräfteüberlassungs­gesetzes liege eine Überlassung von Arbeitskräften jedoch nur vor, wenn eine Zurverfügungstellung von Arbeitskräften zur Arbeitsleistung an Dritte getätigt werde.

Herr E M betreibe gemeinsam mit Herrn DI. A K die Fahrschule. Somit könne nicht von einer Überlassung an Dritte gesprochen werden.

Weiters sei in diesem Zusammenhang auf die einschlägige Bestimmung des § 4 Abs.1 AÜG, welche sinngemäß zur Beurteilung des gegenständlichen Sachverhaltes angewendet werden müsse, hingewiesen und werde ausgeführt, dass bei Beurteilung der Frage, ob eine Arbeitskräfteüberlassung vorliege, der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachver­haltes maßgebend sei.

Es werden daher die Anträge gestellt, die Berufungsbehörde möge in Stattge­bung der Berufung

das angefochtene Straferkenntnis dahingehend abändern, dass dieses behoben werde und bezüglich des gegen den Bw eingeleiteten Verwaltungs­strafverfahrens gemäß § 45 Abs.1 VStG die Einstellung verfügt werde,

 

in eventu

 

das angefochtene Straferkenntnis beheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Straferkenntnisses an die Behörde erster Instanz zurückweisen.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf an der Krems hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme. Da bereits aus der Aktenlage feststeht, dass das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben ist, entfällt eine mündliche Verhandlung (§ 51e Abs.2 Z 1 VStG).

 

5. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 366 Abs.1 Z 1 GewO 1994 begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu 3.600 Euro zu bestrafen ist, wer ein Gewerbe ausübt, ohne die erforderliche Gewerbeberechtigung erlangt zu haben.

 

Nach § 1 Abs.2 GewO 1994 wird eine Tätigkeit gewerbsmäßig ausgeübt, wenn sie selbstständig, regelmäßig und in der Absicht betrieben wird, einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen, gleichgültig für welche Zwecke dieser bestimmt ist.

 

Gemäß § 44a Z1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Demnach ist es rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, dass

1.     die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird,

2.     die Identität der Tat (zB nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht.

 

Was den vorstehenden Punkt 1. anlangt, sind entsprechende, d.h. in Beziehung zum vorgeworfenen Straftatbestand stehende wörtliche Anführungen erforder­lich, die nicht etwa durch bloße paragraphenmäßige Zitierung von Gebots- oder Verbotsnormen ersetzt werden können.

Was den Punkt 2. anlangt, muss im Spruch des Straferkenntnisses dem Be­schuldigten die Tat insoweit in konkretisierter Umschreibung zum Vorwurf gemacht werden, dass der Beschuldigte in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen und es muss ferner der Spruch geeignet sein, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verant­wortung gezogen zu werden.

 

Es muss daher die Tat unter Anführung aller wesentlichen Tatbestandsmerkmale dem Beschuldigten innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist vorgeworfen werden.

Eine Umschreibung der Tatbestandsmerkmale lediglich in der Bescheidbe­gründung reicht im Bereich des Verwaltungsstrafrechtes nicht aus (vgl. Hauer/Leukauf, Handbuch des Österreichischen Verwaltungsverfahrens, zu § 44a Z 1 VStG).

 

Der Verwaltungsstraftatbestand des § 366 Abs.1 Z 1 GewO 1994 enthält u.a. das Tatbestandselement, dass jemand "ein Gewerbe ausübt".

Zur Verwirklichung des genannten Tatbestandes genügt es jedoch nicht, dass –  aus der Sicht des Beschwerdefalles – eine Tätigkeit ausgeübt wird, die dem Tätigkeitsbereich eines Gewerbes vorbehalten ist, sondern müssen zudem auch die Merkmale der Gewerbsmäßigkeit im Sinne des § 1 Abs.2 GewO 1994 vorliegen (vgl. VwGH 15.9.1999, 99/04/0110).

 

Die im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses enthaltene Umschreibung der als erwiesen angenommenen Tat (§ 44a Z 1 VStG) geht dahin, dass der Beschuldigte es zu verantworten habe, dass in der Zeit vom 22.10.2010 bis 9.11.2010 dem Fahrschulbewilligungsinhaber DI A K mit Firmenstandort K, H, zur Arbeitsleistung Arbeitnehmer als Lehrpersonal, Fahrschullehrer und Bürokraft zur Verfügung gestellt werden, ohne im Besitz der dazu erforderlichen Gewerbeberechtigung für die Ausübung des Gewerbes "Überlassung von Arbeitskräften" zu sein.

Dieser Tatumschreibung lässt sich keine ausreichende Bezugnahme auf alle Merkmale der Gewerbsmäßigkeit im Sinne des § 1 Abs.2 GewO 1994 entnehmen.

Es fehlt nämlich ein Ansatzpunkt dafür, dass die Tätigkeit in der Absicht betrieben wurde, einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen.

 

Dieser Tatvorwurf entspricht somit nicht dem Konkretisierungsgebot gemäß § 44a Z 1 VStG.

Weder in der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 2.5.2011 noch im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses wurde eine ausreichende Tatumschreibung bezugnehmend auf die Merkmale der Gewerbsmäßigkeit vorgenommen.

Es konnte wegen bereits abgelaufener Verfolgungsverjährungsfrist eine ent­sprechende Ergänzung auch nicht vom Oö. Verwaltungssenat vorgenommen werden.

 

Es war daher das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das diesbe­zügliche Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

 

6. Weil die Berufung Erfolg hatte, war ein Verfahrenskostenbeitrag nicht zu leisten (§ 66 Abs.1 VStG).

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Mag. Michaela Bismaier

 

 

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