Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-166071/17/Bi/Kr

Linz, 19.09.2011

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des X, vertreten durch Herrn RA X, vom 27. Mai 2011 gegen den Bescheid des Bezirkshaupt­mannes von Wels-Land vom 19. Mai 2011, VerkR96-99-2011 Her, wegen der Abweisung des Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und Zurückweisung des Einspruchs gegen eine Strafverfügung in Angelegenheit von Übertretungen des KFG 1967 als verspätet, aufgrund des Ergebnisses der am 15. September 2011 durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungs­verhandlung zu Recht erkannt:

 

Der Berufung wird insofern Folge gegeben, als die Wiederaufnahme des bei der Bezirkshauptmannschaft Wels–Land gegen den Berufungswerber anhängigen Verwaltungs­straf­verfahrens VerkR96-99-2011 bewilligt wird und der Einspruch gegen die Strafverfügung vom 18. Jänner 2011 als rechtzeitig eingebracht anzusehen ist.

 

Rechtsgrundlage:

§§ 66 Abs.4 und 71 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1 und 49 VStG

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem oben bezeichneten Bescheid wurde der Antrag des Berufungswerbers (Bw) vom 4. Mai 2011 auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Einspruchsfrist betreffend die Strafverfügung der Erstinstanz vom 18. Jänner 2011, VerkR9699-2011, als unbegründet abgewiesen und der gleichzeitig eingebrachte Einspruch gegen die genannte Strafverfügung als verspätet eingebracht zurückgewiesen.

 

2. Dagegen hat der Bw fristgerecht Berufung eingebracht, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Ver­wal­tungs­senat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 2.000 Euro über­steigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsver­teilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Am 15. September 2011 wurde eine öffentliche mündliche Berufungs­verhandlung in Anwesenheit des Bw, seines Rechtsvertreters RA X sowie des Zeugen X (Ö) durchgeführt. Die Vertreterin der Erstinstanz war entschuldigt. Auf die mündliche Verkündung der Berufungsentscheidung wurde verzichtet. 

 

3. Der Bw macht im Wesentlichen geltend, er habe erstmals am 28. April 2011 durch den Rechtsvertreter bei der Erstinstanz Kenntnis vom Vorliegen der Strafverfügung vom 18. Jänner 2011 erlangt. Bis dahin sei ihm weder eine Nachricht über eine Zustellung geschweige denn deren Inhalt zur Kenntnis gelangt. Da er niemals Kenntnis von einer Hinterlegungsanzeige erlangt habe, gehe er davon aus, dass diese nicht vorschriftsgemäß in den Briefkasten an seiner Abgabestelle eingeworfen worden sei. Er habe bereits dargelegt, dass früher für ihn bestimmte Poststücke anstelle seiner Adresse X in X tatsächlich in der Briefkasten seiner früheren Lebensgefährtin X in der X in X eingeworfen worden seien. Die Erstinstanz hätte dazu und zum konkreten Zustellvorgang den Zusteller befragen müssen, insbesondere dazu, wo er genau die Hinterlegungsanzeige zurück­gelassen habe. Da auf dem Zustell­schein auch eine Zustellung an die ehemalige Masseverwalterin Frau X aufscheine, liege auch keine öffentliche Urkunde vor, aus der sich die Vermutung einer ordnungsgemäßen Zustellung ableiten ließe.

Zur behaupteten inhaltlichen Rechtswidrigkeit macht der Bw unter Hinweis auf sein bisheriges Vorbringen geltend, er selbst sei auf dem Zustellschein als Empfänger durchgestrichen, eine Zustellung an die frühere Masseverwalterin scheine auf und dann sei wiederum angekreuzt, dass eine Verständigung über eine Hinterlegung in den Briefkasten eingelegt worden sei am 2. Februar 2011. An welcher Adresse das tatsächlich erfolgt sein solle, lasse sich aber nicht ableiten, sodass keine Rechtfertigung für die Annahme einer ordnungsgemäßen Zustellung durch "rechtswirksame Hinterlegung per 2.2.2011" bestehe. Die Begründung der Erstinstanz, wonach der Brief der Masseverwalterin am 27.2.2011 zugestellt worden wäre, sei unrichtig: Diese Zustellung sei offenbar bereits am 27.1.2011 erfolgt, ansonsten wäre gar kein Zustellversuch (nach angeblicher Retournierung des Briefes durch die Masseverwalterin per 2.2.2011) möglich gewesen. Frau X stehe mit ihm in keinerlei Kontakt und habe ihm die Sendung nicht weitergeleitet. Ein Zustellvorgang an die für Rsa-Sendungen bevollmächtigte Mitarbeiterin der früheren Masseverwalterin könne auch nicht durch Rückgabe der ungeöffneten Sendung beim Zusteller beseitigt werden. Die Erstinstanz hätte von keiner wirksamen Zustellung – weder per 2.2.2011 noch zu einem sonstigen Zeitpunkt bis zu seiner tatsächlichen Kenntnisnahme durch seinen Rechtsvertreter – ausgehen dürfen, wodurch der Zustellmangel geheilt worden wäre. Im Übrigen sei auch die Ansicht, nach dem Zustell­versuch per 2.2.2011 sei der letzte Tag der Einspruchsfrist der 16.2.2011 gewesen, unrichtig, weil selbst bei rechtswirksamer Hinterlegung die Rechts­mittel­frist erst mit dem der Hinterlegung folgenden Tag zu laufen beginne, frühestens also mit 3.2.2011.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz, weitere Ermittlungen sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung, bei der der Bw und sein Rechtsvertreter gehört, die Ausführungen der Erstinstanz in der Begründung des angefochtenen Bescheides berücksichtigt, das Schreiben X vom 18. Juli 2011 anhand der Eintragungen auf dem Kuvert und dem Rückschein der von der Post an die Erstinstanz retournierten Strafverfügung verlesen und erörtert wurde und Herr X., Zustellbasis Pasching, unter Hinweis auf die Wahrheitspflicht des § 289 StGB zeugenschaftlich einvernommen wurde.

 

Nach den Ergebnissen des Beweisverfahrens hat die Erstinstanz auf der Grund­lage einer gegen den Bw als Lenker eines Kraftfahrzeuges gerichteten Anzeige vom 3.1.2011 gegen diesen mit der Adresse X, die Strafverfügung vom 18. Jänner 2011, VerkR96-99-2011, insofern erlassen, als diese laut Rsa-Rückschein am 25. Jänner 2011 abgesendet wurde. Die Straf­verfügung wurde hinterlegt, jedoch nicht abgeholt und daher an die Erstinstanz retourniert.

Der Zeuge X hat in der Berufungsverhandlung erklärt, wie sich aus den ihm bekannten Unterlagen der Post damals ersehen habe lassen, habe beim Bw eine Postsperre bestanden und seine Post sei an Frau X umzuleiten gewesen. Der Zeuge hat glaubwürdig ausgeführt, er habe daher anordnungsgemäß den Bw als Adressaten auf dem Rückschein durchgestrichen, selbst handschriftlich Frau X mit Adresse in X als Empfängerin bezeichnet und den Brief dorthin weitergeleitet.

 

Frau X bestätigte mit Schreiben an den UVS vom 18. Juli 2011 konkret, dass auf dem Rückschein die Unterschrift ihrer Mitarbeiterin fehle, weil von dieser die Annahme des Schriftstückes abgelehnt worden sei unter Hinweis auf die bereits erfolgte Konkursaufhebung – beigelegt war dem Schreiben ein Auszug aus der Insolvenzdatei, wonach der Konkurs gegen den Bw am 20. September 2010 nach rechtskräftiger Bestätigung des Zahlungsplanes aufge­hoben worden sei. Der Brief sei dem Zusteller sofort wieder zurückgegeben und von diesem am gleichen Tag wieder mitgenommen worden. Das Durchstreichen ihrer Daten als Empfänger sei vermutlich durch den Zusteller erfolgt, ebenso der Vermerk auf der Kuvert-Rückseite "Konkursverfahren wurde aufgelassen", weil das keine bekannte Handschrift aus ihrer Kanzlei sei.

 

Der Zeuge X bestätigte, er erkenne die weiteren Datums- und Postleitzahlen­vermerke auf dem Rückschein sowohl beim Zustellversuch als auch bei der Hinterlegung als seine Handschrift, ebenso die handschriftlichen Vermerke auf der Rückseite des Kuvert hinsichtlich Ende der Hinterlegungsfrist. Demnach müsse er einen erfolglosen Zustellversuch am 2. Februar 2011 durchgeführt und die Sendung dann mit Beginn der Abholfrist am 3. Februar 2011 bei 4066 hinterlegt haben, wobei er auch angekreuzt habe, dass er die Verständigung über die Hinterlegung in den Briefkasten eingelegt habe. Der Zeuge hat aber betont, er könne sich konkret nicht mehr erinnern, dass er diesen Brief tatsäch­lich persönlich in der Hand gehabt habe. Ihm sei damals vom Bw persönlich  bekannt gewesen, dass sich dieser mehr bei seiner damaligen Lebensgefährtin in der X – die sich laut DORIS an der Rückseite des Grundstückes X befindet – aufgehalten habe. Er habe auch Post für den Bw bei dieser Adresse abgegeben, weil der Bw diese dann früher bekommen habe. Er könne definitiv nicht ausschließen, dass er tatsächlich die Hinterlegungsanzeige in den Briefkasten der Adresse X eingelegt habe, er habe daran keine konkrete Erinnerung mehr. Vom Ende der Beziehung zwischen dem Bw und Frau R. habe er damals nichts gewusst. Zu bemerken ist, dass der Zusteller auch in der Verhandlung noch keine Kenntnis von einer Aufhebung der Postsperre hatte, offenbar fehlt eine entsprechende gerichtliche Benachrichtigung bislang – der Bw ist inzwischen aber umgezogen und hat eine neue Adresse.

 

Beweiswürdigend ist seitens des Unabhängigen Verwaltungssenates auf dieser Grundlage festzuhalten, dass es durchaus möglich ist, dass der Bw tatsächlich keinerlei Kenntnis vom Zustellversuch am 2. Februar 2011 und der Hinterlegung des Rsa-Briefes erlangt hat.

Damit ist aber auch die vom Bw in der eidesstättigen Erklärung vom 2. Mai 2011 dargelegte Kenntniserlangung von einem Verwaltungsstrafverfahren gegen seine Arbeitgeberin sowie daraufhin Nachforschung durch den Rechtsvertreter, ob auch gegen ihn ein derartiges Verfahren eingeleitet worden sei, und in der Folge Kenntnis davon, dass die oben angeführte Strafverfügung seitens der Erstinstanz gegen ihn erlassen worden sei, durchaus nachvollziehbar und damit glaubhaft.

 

In rechtlicher Hinsicht ist gemäß § 71 Abs.1 Z1 AVG, der gemäß § 24 VStG auch im Verwaltungsstraf­verfahren gilt, gegen die Versäumung einer Frist oder einer mündlichen Verhandlung auf Antrag der Partei, die durch die Versäumung einen Rechts­nachteil erleidet, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn die Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorher­gesehenes oder unabwend­bares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten oder zur Verhandlung zu erscheinen und sie kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft.

 

Ausgehend von 28. April 2011 als Datum dieser Information ist der mit Fax vom 4. Mai 2011 bei der Erstinstanz eingebrachte Antrag auf Wiedereinsetzung als im Sinne des § 71 Abs.2 AVG rechtzeitig eingebracht zu sehen; auch der Einspruch wurde gemäß § 71 Abs.3 AVG recht­zeitig nachgeholt.

Aus der Sicht des UVS ist dem Bw die Glaubhaftmachung dahingehend gelungen, dass er nicht aus eigenem Verschulden keine Kenntnis vom Zustellversuch und von der Hinterlegung der Strafverfügung mit Beginn der Abholfrist 3.2.2011 erlangt hat, weil nach den Ergebnissen des Beweisverfahrens tatsächlich nicht auszuschließen ist, dass der Zusteller – im Sinne eines jedenfalls unabwendbaren Ereignisses – die Verständigung über die Hinterlegung, wenn auch in bester Absicht, in den Briefkasten der Adresse der früheren Lebensgefährtin eingelegt hat, weil er vom Ende der Beziehung zwischen ihr und dem Bw noch nichts wusste. Das Vorbringen zur Art und Weise der Kenntniserlangung des Bw von der Existenz einer gegen ihn gerichteten Strafverfügung und damit zur Rechtzeitig­keit des Wiedereinsetzungsantrages ist ohne Zweifel glaubhaft.

 

Damit ist aber auch der bereits am 2. Mai 2011 per Fax an die Erstinstanz übermittelte, mit 29. April 2011 datierte Einspruch gegen die Strafverfügung als rechtzeitig eingebracht zu beurteilen (vgl VwGH verst.Sen. 19.1.1977 Slg 9226 A) und sohin davon auszugehen, dass gemäß § 49 Abs.2 VStG die (gesamte) Strafverfügung außer Kraft getreten und das ordentliche Verfahren einzuleiten ist. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­ge­richtshof erhoben werden; diese ist - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils durch eine bevollmächtigte Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt einzubringen. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

Mag. Bissenberger

 

 

Beschlagwortung:

 

Wiedereinsetzung in den vorigen Stand

 

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