Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-100886/7/Weg/Ri

Linz, 18.05.1993

VwSen - 100886/7/Weg/Ri Linz, am 18. Mai 1993 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch das Mitglied Dr. Kurt Wegschaider über die Berufung des J P vom 19. Oktober 1992 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach vom 19. Oktober 1992, VerkR96/1136/1992, nach der am 6. Mai 1993 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung zu Recht:

Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verfahren eingestellt.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl.Nr. 51, idF BGBl.Nr. 866/1992 (AVG), iVm § 24, § 45 Abs.1 Z1, § 51 Abs.1 und § 51i Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl.Nr. 52, idF BGBl.Nr. 867/1992 (VStG).

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Rohrbach hat mit dem in der Präambel zitierten Straferkenntnis über den Berufungswerber wegen der Verwaltungsübertretung nach § 58 Abs.1 erster Satz StVO 1960 eine Geldstrafe von 500 S (im NEF 30 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt, weil dieser am 31. März 1992 um 16.40 Uhr auf der R Bundesstraße Nr. bei Kilometer 38,400 in F, Gemeinde A, den PKW in einer solchen körperlichen und geistigen Verfassung, die es ihm nicht mehr gestattete, das Fahrzeug zu beherrschen und die beim Lenken eines solchen zu beachtenden Rechtsvorschriften zu befolgen, gelenkt hat, weil er beim Lenken des Fahrzeuges infolge Übermüdung eingeschlafen ist. Außerdem wurde ein Kostenbeitrag zum Strafverfahren in der Höhe von 50 S in Vorschreibung gebracht.

2. Der Berufungswerber wendet dagegen schon im ordentlichen Verfahren und in der Folge in der Berufungsschrift sinngemäß ein, es sei unrichtig, daß er bei der Fahrt eingeschlafen sei. Schon allein die Tatsache, daß er nach dem Abkommen von der Fahrbahn zuerst ca. 1 m über eine Böschung hinunterfuhr, anschließend einen Acker querte und wieder über eine ca. 1/2 m hohe Böschung hinauffuhr, dabei eine Stange umfuhr und seine neben ihm sitzende Frau laut schrie, spreche dafür, daß er nicht eingeschlafen sei, weil er ja ansonsten bis zur Kollision mit dem Geräteschuppen aufgewacht wäre. Er könne sich die Ursache des Abkommens von der Fahrbahn und des Unfalles nicht erklären, er müsse das Bewußtsein verloren haben.

3. Die belangte Behörde stützt ihren Schuldspruch auf die Erhebungen eines Beamten des Gendarmeriepostenkommandos N und auf ein Gutachten eines medizinischen Sachverständigen. Der Sachverständige führt aus, daß auf Grund eines Nervenfacharztbefundes psychiatrisch und neurologisch kein krankhafter Befund erhoben werden konnte. Ein Grund für eine unvorhergesehene gesundheitliche Störung, die den Verkehrsunfall verschuldet hätte, läge nicht vor. Entsprechend der Stellungnahme des Amtsarztes dürfte der Berufungswerber zum Unfallszeitpunkt in übermüdetem Zustand das Kraftfahrzeug gelenkt haben.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis aufgenommen durch Vernehmung des Beschuldigten sowie durch die zeugenschaftliche Vernehmung der mitfahrenden Gattin Ida Pröll anläßlich der mündlichen Verhandlung am 6. Mai 1993, zu der ein Vertreter der belangten Behörde nicht erschienen ist.

Zu den vernommenen Personen wird vorweg bemerkt, daß es sich um Pensionisten (Jahrgang 1928 und Jahrgang 1922) handelt, welche einen äußerst korrekten und in jeder Phase ihrer Aussage glaubwürdigen Eindruck machten. Es handelt sich um Personen aus dem ländlichen Raum, die völlig unbescholten sind. Es wäre eine durch nichts begründbare Unterstellung, diesen Personen die Glaubwürdigkeit ihrer Aussagen abzusprechen.

Nach den übereinstimmenden Aussagen des Beschuldigten und seiner Gattin hat der Beschuldigte am Vorabend keinerlei alkoholische Getränke zu sich genommen und ist um ca. 21.30 Uhr ins Bett gegangen. Er hat die Nacht durchgeschlafen und ist - wie jeden Tag - um ca. 6.00 Uhr aufgestanden. Etwa um 10 Uhr machte sich das Ehepaar (Lenker war der Beschuldigte) auf den Weg nach Traun, um an einer Familienfeier aus Anlaß der Pensionierung des Bruders bzw. Schwagers teilzunehmen. Bei dieser aß der Beschuldigte um ca. 12.30 Uhr eine normale Portion Rinderbraten und trank dazu eine Halbe Bier. Ansonsten nahm er keine Nahrung zu sich und auch keine weiteren alkoholischen Getränke. Der Berufungswerber konsumierte bis zu seiner Abfahrt etwas vor 16 Uhr noch zwei alkoholfreie Getränke. Auf der Fahrt nach H kam er dann in der Ortschaft F mit etwa 90 km/h (der Fahrbahnverlauf läßt diese Geschwindigkeit zu) auf einem geraden Straßenstück rechts von der Fahrbahn ab. Dabei schlitterte das Fahrzeug, sich fast überschlagend, zuerst über eine ca. 1 m hohe Böschung abwärts, überquerte ein aufgeackertes Feld und in der Folge einen aufgeböschten Güterweg sowie letztlich eine Wiese, bis schließlich das Fahrzeug durch den Anprall an einem Geräteschuppen ungebremst zum Stillstand kam. Während dieser ca. 150 m langen Fahrt schrie die Gattin den Berufungswerber laut an, dieser reagierte jedoch in keiner Weise, sondern fuhr (offenbar noch immer gasgebend) über das beschriebene Acker- und Wiesenstück, wo noch eine Stange gerammt wurde.

Es gilt nunmehr zu klären, ob Ursache für diesen Verkehrsunfall der übermüdete Zustand und das Einschlafen während der Fahrt gewesen sein könnte.

Nach den Erfahrungen des täglichen Lebens würde der Berufungswerber, wenn er eingeschlafen wäre, nach dem Abkommen von der Fahrbahn und der anschließenden Fahrt über unwegsames Gelände (Böschungen, aufgeackertes Feld) mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit aufgewacht sein und hätte so noch die ungebremste Kollision mit dem Gebäude vermeiden können. Die Annahme, daß der Berufungswerber nicht eingeschlafen ist und auch nicht übermüdet war, gründet sich letztlich auch noch darauf, daß die Gattin des Berufungswerbers keinerlei Anzeichen von Müdigkeit feststellen konnte. Der Unfallzeitpunkt (16.40 Uhr) ist ebenfalls ein Indiz dafür, daß keine Müdigkeit vorlag, zumal das Mittagessen schon ca. 4 Stunden vorher eingenommen wurde. Daß der Berufungswerber durch das eingangs geschilderte Verbringen der Nacht auch über kein Schlafdefizit verfügte, ist ein weiteres Indiz dafür, daß keine Übermüdung vorlag. Auch die Stellungnahme des Amtsarztes ist im Konjunktiv gehalten und spricht lediglich davon, daß der Berufungswerber das Kraftfahrzeug in übermüdetem Zustand gelenkt haben dürfte.

Es kann somit dem Berufungswerber nicht zum Vorwurf gemacht werden, die gegenständliche Fahrt schuldhaft in einem derartigen körperlichen und geistigen Zustand gelenkt zu haben, der es ihm nicht mehr gestattete, das Fahrzeug zu beherrschen.

5. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

Gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG ist von der Fortführung des Verfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die dem Beschuldigten angelastete Tat nicht erwiesen werden kann.

Der Wahrscheinlichkeitsgrad für eine Übermüdung ist - wie oben ausgeführt - so gering bzw. fast auszuschließen, sodaß in Anwendung der zitierten Gesetzesnorm spruchgemäß zu entscheiden war.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Wegschaider

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum