Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-166235/10/Bi/Kr

Linz, 28.09.2011

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn X, vertreten durch X, vom 8. August 2011 gegen das Straferkenntnis des Bezirkshaupt­mannes von Braunau/Inn vom 21. Juli 2011, VerkR96-3663-2011-Wid, wegen Übertretung der StVO 1960, auf­grund des Ergebnisses der am 12. September 2011 durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung (samt mündlicher Verkündung der Berufungs­entscheidung) zu Recht erkannt:

 

Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren ohne Vorschreibung von Verfahrenskostenbeiträgen eingestellt.

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 45 Abs.1 Z1 und 66 VStG

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis wurde über den Beschuldigten wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß §§ 5 Abs.1 iVm 99 Abs.1 lit.a StVO iVm § 20 VStG eine Geldstrafe von 1.000 Euro (9 Tagen EFS) verhängt, weil er am 21. April 2011, 23.58 Uhr, in Braunau/Inn auf Höhe Bahnhofstraße 4 ein schwarzes Herrenfahrrad in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt habe; der Test am geeichten Alkomaten habe einen Alkoholgehalt der Atemluft von 0,85 mg/l ergeben.

Gleichzeitig wurde ihm ein Verfahrenskostenbeitrag von 100 Euro auferlegt.

 


2. Dagegen hat der Berufungswerber (Bw) fristgerecht Berufung eingebracht, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Ver­wal­tungs­senat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 2.000 Euro über­steigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsver­teilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Am
12. September 2011 wurde eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung samt Ortsaugenschein in Anwesenheit des Bw, seines Rechtsvertreters X, des Vertreters der Erstinstanz X und der Zeugen Meldungsleger X (Ml), X (I) und X (S) durch­geführt. Die Berufungsentscheidung wurde mündlich verkündet.

 

3. Der Bw macht im Wesentlichen geltend, der Vorwurf sei unberechtigt, weil der Sachverhalt unrichtig festgestellt worden sei und die Erstinstanz die Beweislast verkenne. Es gebe weder einen Zeugen, der ihn mit dem Rad fahren gesehen habe, noch habe er jemals behauptet, er sei gefahren. Der einzige Zeuge, der sich in der Nähe des Geschehens befunden habe, habe bestätigt, dass er das Rad vom Lokal weg geschoben habe. Das ggst Verkehrszeichen sei ca 175 m vom Lokal entfernt. Die Annahme, er sei nach dem Wegschieben doch in späterer Folge noch gefahren, sei eine unzulässige Schlussfolgerung und bedeute dies, dass er sich freibeweisen müsse – das entspreche aber nicht der Rechtslage.

Die Verletzungsanzeige und die Krankengeschichte seien keine aussagekräftigen Beweismittel, etwaige Äußerungen seinerseits am Unfallort oder in der Notfallauf­nahme nicht verlässlich, weil er stark alkoholisiert gewesen und außerdem beim Sturz nach der Kollision mit dem Verkehrszeichen mit dem Hinterkopf auf dem Asphalt aufgeschlagen sei, sodass er eine Gehirnerschütterung gehabt habe. Er könne sich an eine Befragung durch Polizeibeamte überhaupt nicht erinnern, beweismäßig verwertbare Angaben lägen nicht vor.

Es sei richtig, dass er bei der Vorsprache am Posten einige Tage später gegen­über X nicht angegeben habe, das Rad geschoben zu haben. Ihm sei nämlich dort gesagt worden, dass die Sache bereits bei der BH liege und er sich dorthin wenden solle. Der mit Sicherheit manchmal zutreffende Hinweis der Erstinstanz, dass Angaben gegenüber der Polizei unmittelbar nach der Tat eher der Wahrheit entsprechen würden als spätere, sei hier verfehlt, weil er eine Einlassung nie abgeändert habe; er habe nie davon gesprochen, mit dem Fahr­rad gefahren zu sein. Auch der Meldungsleger habe dazu keine Wahr­nehmung, das sei dessen Vermutung. Es sei auch ungewöhnlich, dass der Amtsarzt zu den Verletzungen eine Stellungnahme abgeben habe müssen, ob diese auch so eingetreten wären, wenn er das Fahrrad geschoben hätte. Dessen Aussage, die Abschürfungen an den zwei Fingern könnten nicht bei einem gewöhn­lichen Sturz entstehen, sei tatsachenwidrig und verletze ihn auch in seinen Verfahrens­rechten, zumal ihm vor der Entscheidung kein Parteiengehör gewährt worden sei. Der Amtsarzt habe die Abschürfungen und Schnittwunden auch selbst nie gesehen, daher könne er keine verlässlichen Angaben zu einer Geschwindigkeit als Ursache dafür machen. Die Äußerungen des Amtsarztes seien nicht überprüfbar. Er habe sich die geringfügigen Verletzungen sehr wohl beim Sturz beim Schieben des Rades zugezogen; dazu verweise er auf die Scharf­kantigkeit des ungeschützten Randes des Verkehrszeichens. Die Sachver­halts­feststellung im Krankenhaus Braunau sei um ca 2.00 Uhr Früh gewesen, wobei er kurz zuvor aus der Bewusstlosigkeit erwacht sei, er habe eine Gehirner­schütterung und etwa 1,7 %o BAG gehabt; man könne ihm nicht vorwerfen, etwas nicht gesagt zu haben, was eine nüchterne Person möglicherweise ent­sprechend der Lebens­erfahrung sagen würde; er habe außerdem dazu keine Erinnerung mehr. Die Vorsprache beim Ml einige Tage später sei rein informativ zum Schaden am Verkehrszeichen gewesen und habe 2 Minuten gedauert, weil der Ml angegeben habe, nicht mehr zuständig zu sein und die Sache liege bereits bei der BH. Das sei nicht als Schuldeingeständnis zu werten, obwohl er ein schlechtes Gewissen gehabt habe, weil er in alkoholisiertem Zustand ein Verkehrszeichen beschädigt habe. Zuständigkeitshalber habe er sich beim Leiter des städtischen Bauhofes entschuldigt. Bei richtiger Sachverhaltsfeststellung hätte die Erstinstanz zum Ergebnis kommen müssen, dass er das Fahrrad über die gesamte Strecke geschoben habe, sodass der Tatvorwurf unberechtigt sei. Die Behörde hätte die Tatbestandsmäßigkeit zu beweisen gehabt, nicht er seine Unschuld. Beantragt wird Verfahrenseinstellung.

 

 4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen  Berufungsverhandlung, bei der beide Parteien gehört, die genannten Zeugen unter der Wahrheitspflicht des § 289 StGB einvernommen und ein Ortsaugenschein beim unfallkausalen Verkehrszeichen in Braunau, Bahnhofstraße 4, durchgeführt wurde.

 

Folgender Sachverhalt ist entscheidungswesentlich:

Der Bw besuchte am 21.  April 2011 in den Abendstunden in einem Gasthaus in X, ein Treffen mit Kollegen von der Feuerwehr. Er kam mit seinem Fahrrad, das er vor dem Eingang abstellte. Nach erheblichem Alkohol­konsum war er gegen Mitternacht einer der ersten, die das Lokal verließen und wurde dabei von den Zeugen I und S beobachtet. Beide bestätigten, dass der Bw sein vor dem Lokal stehendes Fahrrad umdrehte und in Richtung Bahnhofstraße schob, wobei der Zeuge S noch im Lokal blieb und nur das Wegschieben des Fahrrades sah. Der Zeuge I verließ etwa zur selben Zeit wie der Bw das Lokal und war auch mit dem Fahrrad in die selbe Richtung wie der Bw unterwegs. Der Zeuge I bestätigte in der Verhandlung, er sei, als der Bw sein Fahrrad vom Lokal weggeschoben habe, noch mit dem Aufsperren des Schlosses beschäftigt gewesen und habe den Bw etwas weiter vorne Richtung stadtauswärts das Fahrrad schiebend auf dem Gehsteig gehen gesehen, habe aber nicht dezidiert auf ihn geachtet. Er konnte insbesondere nichts darüber sagen, wo der Bw vom linksseitig gelegenen Gehsteig auf den rechten Gehsteig hinüber­gewechselt hat. Als er zur Kreuzung mit der Bahnhofstraße kam, stellte er fest, dass der Bw vor dem Haus Nr.4 beim Bakken zu Sturz gekommen war und eilte ihm zu Hilfe; den Sturz selbst hat er nach eigenen Angaben nicht gesehen. Der Bw lag auf dem Gehsteig, das Fahrrad neben ihm. Er war nicht ansprechbar und der Zeuge hatte den Eindruck, als sei der Bw mit dem Kopf unsanft auf dem Boden aufge­schlagen. Der Zeuge bestätigte in der Berufungsverhandlung, das Fahrrad sei neben dem Bw gelegen, nicht zwischen dessen Beinen. Er gab an, er habe den Eindruck gehabt, dass der Bw das Fahrrad als Stütze beim Gehen verwendet hat, er habe es jedenfalls aufgestellt und an den dortigen Gartenzaun angelehnt.

Der Ml gab an, er sei von der Bezirksleitstelle vom Unfall benachrichtigt worden und beim Unfallort vor der Rettung angekommen. Der Bw lag auf dem Gehsteig etwa neben dem Verkehrszeichen und atmete, war aber nicht ansprechbar. Der Ml fuhr hinter der Rettung nach ins Krankenhaus Braunau, wo der Bw laut Verletzungsanzeige um 00.19 in die Notaufnahme gebracht wurde. Dort wurde eine Schädelprellung, Abschürfungen am Zeige- und am Mittelfinger rechts – laut Bw an den Fingerrücken – und eine Rissquetschwunde im Schlüsselbeinbereich rechts – laut Bw in Form einer etwa 4 cm langen Schnittwunde seitlich am Hals über dem Schlüsselbein – festgestellt; vermerkt ist auch "C2 Abusus".

 

Der Ml bestätigte, er und sein Kollege hätten den Alkomat aus dem Polizeifahr­zeug mitgenommen und vorsorglich zum Aufwärmen angesteckt, allerdings habe sich dann herausgestellt, dass der Alkomat defekt war und musste ein anderes Gerät von der PI Braunau geholt werden – dieser war dort auf "stand by" geschaltet und musste nur mehr kurz vorgewärmt werden. Dem Ml wurde auf Nachfrage die Auskunft erteilt, dass der Bw einen Alkotest machen könne und, nachdem sich der Bw in der Zwischenzeit sichtbar erholt hatte und ansprechbar war, fragte er ihn nach dem Unfallhergang. Der Bw wirkte alkoholisiert und schilderte ihm den Abend so, dass er mit Freunden von der Feuerwehr in einem Lokal war und dort Bier getrunken hat. Der Ml gestand auch zu, dass er in der Anzeige vermerkt hatte, dass der Bw habe eine "lallende" Sprache aufgewiesen, gab aber an, der Bw habe einigermaßen deutlich geredet, er habe ihn von der Sprechweise her verstanden. Zunächst führte er um 00.49 Uhr mit dem Bw einen Alkoholvortest durch, der 0,95 mg/l AAG ergab. Nach Schilderung des Ml fragte der Bw auf die Aufforderung zum Alkotest zwei- oder dreimal nach, warum er einen solchen machen müsse, wenn er doch nur mit einem Fahrrad gefahren sei, worauf ihm der Ml erklärte, dass man auch mit einem Fahrrad nicht alkoholisiert fahren dürfe. Wegen des defekten Alkomaten und der Aufwärmzeit des neu geholten Alkomaten wurde der Alkotest erst um 1.18 Uhr und 1.19 Uhr durchgeführt und ergab einen günstigsten Wert von 0,85 mg/l AAG, wobei der Bw damit keinerlei Schwierig­keiten hatte. Der Ml teilte dem Bw mit, dass er Anzeige erstatten werde. Als der Ml einige Tage später wieder Dienst hatte, kam der Bw und fragte ihn, wie das jetzt weitergehe und ob man noch etwas machen könne, worauf der Ml ihm mitteilte, dass die Anzeige schon bei der Erstinstanz liege und er dafür nun nicht mehr zuständig sei; über den Unfall­hergang wurde dabei laut Aussage beider nicht mehr gesprochen.

Der Ml gab an, für ihn sei von Anfang an schon bei der Unfallstelle klar gewesen, dass der Bw mit dem Fahrrad tatsächlich gefahren sein, dh es gelenkt haben musste. Auch wenn sich an der Unfallstelle herausgestellt habe, dass von den 7 oder 8 Personen dort niemand den Anprall bzw den Sturz selbst gesehen hatte, habe jemand gesagt, der sei dort mit dem Rad "angefahren"; daher habe er keine Nachforschungen dahingehend mehr angestellt, wobei auch der Bw selbst immer von "Fahren" gesprochen und nie, auch nicht beim Erscheinen ein paar Tage später bei der PI, etwas richtiggestellt habe hinsichtlich Schieben des Rades. Er habe auch im Krankenhaus selbst gefragt, warum er einen Alkotest machen müsse, wenn er doch nur mit einem Fahrrad gefahren sei. Daher habe er angenommen, der Bw habe das Fahrrad gelenkt.   

 

Der Bw gab an, er könne sich nur mehr erinnern, dass er im Gasthaus war und danach Schwierigkeiten hatte beim Aufsperren des Radschlosses; vom Unfall selbst wisse er nichts mehr. Er sei mit dem Verkehrszeichen kollidiert und habe sich dabei den Kopf an der rechten Schläfe bzw darüber angeschlagen, dann habe es ihn zurückgeworfen und er sei umgefallen, wobei er sich den Hinterkopf angeschlagen habe. Er konnte nicht erklären, warum er auf die rechte Seite der Bahnhofstraße hinübergewechselt war. Er konnte sich im Krankenhaus an Ver­bände und Pflaster erinnern und dass er erbrochen habe und er wisse mittler­weile, dass er zwar den Arzt kenne, aber damals habe er ihn in diesem Zustand nicht erkannt. An den Alkotest könne er sich auch nicht konkret erinnern und wisse auch nicht mehr, was er zum Ml gesagt habe, auch wenn das Gekrakel auf dem Messstreifen wohl seine Unterschrift sei. Er sei, als der Ml nach einigen Tagen wieder im Dienst war, hinge­gangen und habe ihn gefragt, wie das nun weitergehe, zumal er ein schlechtes Gewissen gehabt habe wegen des beschädigten Bakkens. Da ihm der Ml aber gesagt habe, das liege schon bei der BH und er sei nicht mehr zuständig, habe das Gespräch nur 2 Minuten gedauert und über den Unfallhergang selbst sei gar nicht gesprochen worden. Es habe keinerlei Diskussion gegeben, ob er das Fahrrad gelenkt oder geschoben habe. Er habe sich dann beim Bauhofleiter wegen der Beschädigung des Bakken entschuldigt und dieser habe ihm gesagt, der Schaden sei nicht so schlimm, der Bakken werde nicht ausgewechselt – das wurde auch beim Ortsaugenschein im Zuge der Berufungsverhandlung festge­stellt, zumal beim Bakken ebenso wie am Gefahrenzeichen darüber an der Rück­seite auf einer Plakette "02-07" zu lesen war. Der Bakken wies zwar eine leichte Eindellung im oberen Drittel auf, war ansonsten aber einwandfrei und die Folie an der Vorderseite war auch nicht beschädigt. Das Gefahrenzeichen darüber war links unten etwas gebogen – eine Rad-Sitz- sowie Stehprobe lässt die Annahme zu, dass sich der Bw den Kopf dort angeschlagen haben könnte, allerdings ist der Kopf in beiden Fällen in gleicher Höhe. Auffällig war, dass der Bakken beim Ortsaugenschein am 12. September 2011, also annähernd fünf Monate nach dem Unfall neue Spuren einer Kollision aufwies, nämlich im Bereich des unteren roten Querstreifens massive schwarze bzw dunkelbraune Schleif­spuren, die auf den bei der Unfallaufnahme gemachten Fotos offensichtlich noch nicht vorhanden waren. Festgestellt wurde auch, dass der Bakken inzwischen anders befestigt war, weil die Klammern oben und unten vorhanden waren und die Klammern offensichtlich versetzt waren; auch das hat ein Vergleich mit den Unfallfotos eindeutig ergeben. Das Verkehrszeichen war am 12. September 2011 im übrigen nicht fix montiert, sondern steckte lose und verdrehbar in einem Loch im Asphalt, dh bei einem Anstoß hätte es sich je nach Anstoßrichtung gedreht. Eindeutig vom Unfall des Bw herrührende Unfallspuren am Boden oder am Zeichen selbst waren aus den Fotos nicht erkennbar und auch am 12. September 2011 in der Natur nicht festzustellen.

 

Der Vertreter der Erstinstanz beantragte in der Berufungsverhandlung zunächst die Einholung eines kfztechnischen SV-Gutachtens zum Beweis dafür, dass die Schäden am Verkehrszeichen nur durch ein Anfahren am Bakken in einer auf dem Fahrrad sitzenden Position entstanden sein können. Der Ortsaugenschein hat diesbezüglich nichts eindeutiges ergeben, weil die Unfallverletzungen auch unter der Annahme  denkbar sind, dass der Bw das Rad tatsächlich geschoben hat und in einer Position so, dass er mit dem Vorderrad links vom Bakken mit diesem Kollidiert ist und sich dabei an der linken Ecke des Gefahrenzeichens den Kopf im Stirnbereich rechts angeschlagen und die Fingerrücken des Zeige- und des Mittelfingers der rechten Hand am Bakken verletzt hat. Auch die Schnittwunde am Hals oberhalb des rechten Schlüsselbeines wäre auf diese Weise denkmöglich, wobei zur Kraft des Anpralls keine Anhaltspunkte vorliegen. Insofern ist aus der Sicht des UVS die Aussage im "Gutachten" des Amtsarztes X, die Verletzungen des Bw könnten eindeutig nur beim Fahren auf dem Rad entstanden sein, aus den Feststellungen am Unfallort letztlich nicht eindeutig nachvollziehbar. Der BH-Vertreter hat in seiner abschließenden Äußerung von seinem Beweisantrag abgesehen.  

 

Zu den Aussagen des Bw und des Ml ist aber beweiswürdigend festzuhalten, dass aus der Sicht des UVS allein aus einer Frage des Bw, warum müsse er den Alkotest machen, wenn er doch nur mit einem Rad und nicht mit einem Pkw gefahren sei, nichts im Hinblick auf die Unterscheidung zwischen Lenken eines Fahrrades und Schieben des Fahrrades zu gewinnen ist. Eine solche Diktion ist zwar dem diesbezüglich fachkundigen Ml bekannt, der Bw hat diesbezüglich offenkundig nur gemeint, ein Rad sei ja kein Kraftfahrzeug und deshalb – noch da zu ca eine Stunde nach dem Unfall mit Schädelprellung und vorerst Nichtansprechbarkeit, dh nach einem erheblichen Anprall mit dem Kopf und Aufschlagen des Kopfes auf dem Gehsteig – diese Frage gestellt. Einer solchen Frage eine derartige Bedeutung beizumessen ist bei einer nicht juristisch gebildeten Person – der Bw ist Arbeiter im Walzwerk – nicht schlüssig. Beim zweiten Gespräch mit dem Ml einige Tage später wurde von beiden der Unfallhergang nicht angesprochen, weil der Ml den Bw sofort an die BH verwiesen hat. Im übrigen ist die Aussage des Ml, für ihn sei von Anfang an klar gewesen, dass der Bw das Rad beim Anprall nur gelenkt haben könne, auch nicht in dieser Form nachvollziehbar, weil er gleichzeitig bestätigt hat, von den am Unfallort anwesenden 7 oder 8 Personen habe niemand gesagt, er habe den Bw beim Anprall gesehen und der Bw selbst nicht ansprechbar war. Er hat sich also auf eine Vermutung verlassen und diese in die Anzeige aufgenommen, ohne konkrete Anhaltspunkte dafür zu haben. Da aber auch in der Berufungsver­handlung diesbezüglich keine eindeutigen Anhaltspunkte für ein tatsächliches Lenken des Fahrrades durch den Bw beim Unfall zu erkennen waren, waren beide Varianten nicht eindeutig auszuschließen, zumal auch der einzige Zeuge, der den Bw beim Schieben des Fahrrades auf einer längeren Strecke gesehen hat, auf den Unfallzeitpunkt bezogen auch keine Aussage machen konnte.

In rechtlicher Hinsicht war daher zu Gunsten des Bw spruchgemäß zu entscheiden, wobei naturgemäß Verfahrenskostenbeiträge nicht anfallen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­ge­richtshof erhoben werden; diese ist - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils durch eine bevollmächtigte Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt einzubringen. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Mag. Bissenberger

 

 

 

 

 

Beschlagwortung:

 

VU durch Anstoß an Bahnbakken, 0,85 mg/l AAG Frage, ob Bw mit Fahrrad gefahren ist oder es geschoben hat, nicht zu klären -> Einstellung im Zweifel

 

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