Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-252761/2/Py/Pe

Linz, 15.09.2011

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Andrea Panny über die Berufung des Finanzamtes Waldviertel, Albrechtser Straße 4, 3950 Gmünd, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 8. März 2011, SV96-1-2011, mit dem von der Einleitung eines Verwaltungsstrafverfahrens wegen Übertretung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) gegen Herrn x als Verantwortlicher der Firma x, abgesehen wird, zu Recht erkannt:

 

 

Der Berufung wird wegen eingetretener Verfolgungsverjährung keine Folge gegeben.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 31 Abs.1, 45 Abs.1 Z3 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr. 52/1991 idgF.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Bescheid vom 8. März 2011, SV96-1-2011, teilte die Bezirkshauptmannschaft Freistadt Herrn x, mit, dass von der Einleitung eines Verwaltungsstrafverfahrens wegen Übertretung nach § 18 Abs.1 iVm § 28 Abs.1 Z1 lit.b AuslBG, BGBl. Nr. 218/1975 idgF, auf Grundlage des § 45 Abs.1 Z1 VStG abgesehen wird.

 

In der Begründung bezieht sich die belangte Behörde auf den Strafantrag des Finanzamtes Waldviertel vom 18. Jänner 2011 und führt zusammenfassend aus, dass aufgrund der vorgelegten Unterlagen und der mit den Ausländern durchgeführten Einvernahmen keine ausreichenden Beweise vorliegen, dass es sich bei den tschechischen Staatsbürgern x und x nicht um Selbstständige gehandelt habe, sondern sie in der Zeit vom 9. August 2010 bis zum Zeitpunkt der Kontrolle am 17. August 2010 durch die Firma x im Sinne des § 2 Abs.2 AuslBG beschäftigt wurden. Eine Inanspruchnahme der Arbeitsleistungen der Ausländer durch die Firma x und das Vorliegen einer Verwaltungsübertretung nach §§ 18 Abs.1 iVm 28 Abs.1 Z1 lit.b AuslBG konnte daher nicht zweifelsfrei belegt werden, weshalb von der Einleitung eines Verwaltungsstrafverfahrens abzusehen war.

 

2. Dagegen wurde vom Finanzamt Waldviertel als am Verfahren beteiligte Organpartei Berufung eingebracht und ausgeführt, dass es aus Sicht der Finanzbehörde nicht nachvollziehbar ist, dass eine derartige Entscheidung in einem diffizilen Rechtsbereich wie dem AuslBG ohne Durchführung eines ordentlichen Verfahrens getroffen wird, zumal die vorliegenden Beweise einseitig unrichtig und auch rechtlich unrichtig gewürdigt wurden. Die belangte Behörde habe selbst angeführt, dass die Ausländer bei „schweren Arbeiten“ zusammengeholfen haben und ist schon daraus ersichtlich, dass sie kein abgegrenztes, dem einzelnen zuordenbares und gewährleistungstaugliches Werk übernommen haben. Ebenso wurde nicht gewürdigt, dass zwischen den beiden tschechischen Staatsbürgern und Firma x keine Vergabe eines abgegrenzten Werks an "Selbstständige" abgeschlossen wurde, was aus den in tschechischer Sprache abgefassten Verträgen auch ohne Übersetzung erkennbar ist. Dem Akt ist ohne weiteres zu entnehmen, dass die durchgeführten Arbeiten ohne Materialeinsatz durch die vorgeblich Selbstständigen erfolgten und somit lediglich die Arbeitskraft gegen Entgelt zur Verfügung gestellt wurde. Es ist daher unübersehbar, dass gegenständlich keine Werkvertragsweitergabe an zwei Selbstständige, sondern ein (zumindest) arbeitnehmerähnliches Verhältnis der Tschechen zur Firma x und somit eine Entsendung im Sinn des § 18 AuslBG vorliegt. Es ergeht daher der Antrag, der Unabhängige Verwaltungssenat Oberösterreich möge den (Nichteinleitungs‑)Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Freistadt beheben und die Causa zur Durchführung des seitens des Finanzamtes Waldviertel beantragten Verfahrens eben dieser zurückleiten.

 

3. Mit Schreiben vom 22. März 2011 legte die belangte Behörde die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat zur Entscheidung vor, der zur Entscheidung durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Einzelmitglied berufen (§ 51c VStG). Die Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung konnte gemäß § 51e Abs.3 VStG entfallen.

 

4. In der Sache hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

 

4.1. Zum Antrag der Organpartei in der Berufung, der Unabhängige Verwaltungssenat möge den (Nichteinleitungs-)Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Freistadt beheben und die Causa ebendieser zur Durchführung des seitens des Finanzamtes Waldviertel beantragten Verfahrens zurückleiten, ist zunächst darauf hinzuweisen, dass gemäß § 24 VStG eine Zurückverweisung an die erste Instanz iSd § 66 Abs. 2 AVG im Verwaltungsstrafverfahren nicht möglich ist. Eine Strafverfolgung der im Strafantrag des Finanzamtes Waldviertel vom 18. Jänner 2011 angezeigten Sachverhaltes scheidet jedoch im gegenständlichen Verfahren aufgrund der inzwischen eingetretenen Verfolgungsverjährung aus.

 

Gemäß § 32 Abs.1 VStG ist Beschuldigter die im Verdacht einer Verwaltungsübertretung stehende Person von dem Zeitpunkt der ersten von der Behörde gegen sie gerichteten Verfolgungshandlung bis zum Abschluss der Strafsache. Der Beschuldigte ist Partei im Sinn des AVG.

 

Gemäß § 32 Abs.2 VStG ist Verfolgungshandlung jede von einer Behörde gegen eine bestimmte Person als Beschuldigten gerichtete Amtshandlung (Ladung, Vorführungsbefehl, Vernehmung, Ersuchen um Vernehmung, Auftrag zur Ausforschung, Strafverfügung udgl.), und zwar auch dann, wenn die Behörde zu dieser Amtshandlung nicht zuständig war, die Amtshandlung ihr Ziel nicht erreicht oder der Beschuldigte davon keine Kenntnis erlangt hat.

 

Gemäß § 32 Abs.3 VStG gilt eine Verfolgungshandlung, die gegen einen zur Vertretung nach außen Berufenen (§ 9 Abs.1) gerichtet ist, auch als Verfolgungshandlung gegen die anderen zur Vertretung nach außen Berufenen und die verantwortlichen Beauftragten. Eine Verfolgungshandlung, die gegen den Unternehmer (§ 9 Abs.3) gerichtet ist, gilt auch als Verfolgungshandlung gegen die verantwortlichen Beauftragten.

 

Gemäß § 31 Abs.1 VStG ist die Verfolgung einer Person unzulässig, wenn gegen sie binnen der Verjährungsfrist von der Behörde keine Verfolgungshandlung (§ 32 Abs.2 und 3) vorgenommen worden ist.

 

Gemäß § 31 Abs.2 VStG beträgt die Verjährungsfrist bei den Verwaltungsübertretungen der Gefährdung, Verkürzung oder Hinterziehung von Landes- und Gemeindeabgaben ein Jahr, bei allen anderen Verwaltungsübertretungen sechs Monate. Diese Frist ist von dem Zeitpunkt zu berechnen, an den die strafbare Tätigkeit abgeschlossen worden ist oder das strafbare Verhalten aufgehört hat; ist der zum Tatbestand gehörende Erfolg erst später eingetreten, so läuft die Frist erst von diesem Zeitpunkt.

 

Gemäß § 28 Abs.2 AuslBG beträgt die Verjährungsfrist (§ 31 Abs.2 VStG) für Verwaltungsübertretungen gemäß Abs.1 ein Jahr.

 

4.2. Herrn x als Verantwortlicher der Firma x, wurde in der Anzeige des Finanzamtes Waldviertel vom 18. Jänner 2011 die unberechtigte Inanspruchnahme der tschechischen Staatsangehörigen x, geb. x, und x, geb. x, in der Zeit vom 9. August 2010 bis zum Zeitpunkt der Kontrolle am 17. August 2010 zur Last gelegt. Da das Herrn x in der Anzeige vorgeworfene strafbare Verhalten am 17. August 2010 endete, läuft die gesetzlich festgelegte Frist für die Verfolgung der gegenständlichen Verwaltungsübertretung gemäß § 28 Abs.2 AuslBG iVm § 31 Abs.2 VStG mit 17. August 2011 ab. Aus dem vorliegenden Verwaltungsstrafakt ist ersichtlich, dass seitens der Behörde innerhalb dieser Frist keine die Verfolgungsverjährung unterbrechende Handlung gesetzt wurde, zumal nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes eine Anzeige keine Verfolgungshandlung „von einer Behörde“ im Sinn des § 32 Abs.2 VStG darstellt (vgl. VwGH vom 26.11.1992, Zl. 92/09/0186). Da somit innerhalb der Frist für die Verfolgungsverjährung keine die Verjährung unterbrechende taugliche Verfolgungshandlung gesetzt wurde, ist im vorliegenden Verfahren gemäß § 32 Abs.2 VStG iVm § 28 Abs.2 AuslBG Verfolgungsverjährung eingetreten. Dieser die Verfolgung ausschließender Umstand ist von Amts wegen wahrzunehmen.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Andrea Panny

 

 

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