Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-100889/13/Bi/Fb

Linz, 12.02.1993

VwSen - 100889/13/Bi/Fb Linz, am 12. Februar 1993 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des K D, vertreten durch Rechtsanwalt M T, vom 2. Oktober 1992 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Ried/Innkreis, vom 22. September 1992, VerkR96/529/1992/Sta, aufgrund des Ergebnisses der öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung vom 12. Februar 1993 zu Recht:

I. Die Berufung wird abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis vollinhaltlich bestätigt.

II. Der Rechtsmittelwerber hat als Kostenersatz zum Berufungsverfahren den Betrag von 500 S (20 % der verhängten Strafe) zusätzlich zu den Verfahrenskosten bei der Erstinstanz zu leisten.

Rechtsgrundlage: zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51, 51e Abs.1 und 19 VStG, § 20 Abs.2 iVm § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960. zu II.: § 64 Abs.1 und Abs.2 VStG.

Entscheidungsgründe:

zu I.: 1. Die Bezirkshauptmannschaft Ried/Innkreis hat mit Straferkenntnis vom 22. September 1992, VerkR96/529/1992/Sta, über den Beschuldigten wegen der Verwaltungsübertretung gemäß §§ 20 Abs.2 und 99 Abs.3 lit.a der StVO 1960 eine Geldstrafe von 2.500 S und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 62 Stunden verhängt, weil er am 12. August 1991 um 16.40 Uhr als Lenker des PKW auf der Innkreisautobahn A8 im Gemeindegebiet von U bei km 56,5 in Richtung Grenzübergang S die auf einer Autobahn zulässige Höchstgeschwindigkeit um 55 km/h, also erheblich, überschritten hat. Gleichzeitig wurde er zur Leistung eines Verfahrenskostenbeitrages von 250 S verpflichtet.

2. Dagegen hat der Rechtsmittelwerber rechtzeitig Berufung erhoben, die seitens der Erstinstanz dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich ohne Berufungsvorentscheidung vorgelegt wurde. Da nach dem Ausspruch der Erstinstanz die Tat in Oberösterreich begangen wurde, wurde die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates ausgelöst, der, da eine 10.000 S nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch ein Einzelmitglied zu entscheiden hat. Am 12. Februar 1993 wurde eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung in Anwesenheit des Parteienvertreters Dr. P, des Vertreters der belangten Behörde Dr. G des Zeugen Bez. Insp. W sowie des kraftfahrtechnischen Amtssachverständigen Ing. S durchgeführt.

3. Der Rechtsmittelwerber macht im wesentlichen geltend, eine Geschwindigkeitsüberschreitung in der vorgeworfenen Art und Weise könne nicht nachvollzogen werden und habe auch nicht stattgefunden. Für das Hinterherfahren müsse eine genügend große Meßstrecke vorhanden sein, der Abstand der Fahrzeuge müsse kurz und gleichbleibend und die Geschwindigkeitsüberschreitung wesentlich sein. Der Tachometer des Dienstmotorrades sei nicht geeicht gewesen und über eine sonstige Überprüfung seien keine Unterlagen beigebracht worden. Daran ändere auch die Zeugenaussage des Meldungslegers nichts, weil subjektive Geschwindigkeitseinschätzungen mit Vorsicht zu genießen seien und eine geringfügige Geschwindigkeitsüberschreitung im Ausmaß von 10 bis 15 km/h durchaus zugestanden würde. Diesbezüglich werde eine Radarüberprüfung des Dienstmotorrades sowie die Erstellung eines Gutachten, im übrigen Aufhebung des Bescheides und Einstellung des Verfahrens beantragt.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den erstinstanzlichen Verfahrensakt sowie die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung, bei der sowohl der Meldungsleger zeugenschaftlich einvernommen als auch zur Frage der technischen Nachvollziehbarkeit des Tatvorwurfs ein kraftfahrtechnisches Sachverständigengutachten erstellt wurde.

Für den unabhängigen Verwaltungssenat stellt sich der zu beurteilende Sachverhalt so dar, daß der Meldungsleger Bez. Insp. W als Lenker eines Dienstmotorrades auf der Innkreisautobahn Richtung S unterwegs war, wobei er einem ihm zu schnell erscheinenden PKW nachfuhr. Er habe aber dann festgestellt, daß dieser PKW doch nicht so schnell gewesen sei, wie er angenommen habe, und habe gerade eine gleichbleibende Geschwindigkeit von tatsächlich 160 km/h eingehalten, als er vom PKW des Rechtsmittelwerbers überholt wurde. Der PKW sei sehr markant gewesen, nämlich ein weißer BMW der 5er Serie mit einem leicht einzuprägenden deutschen Kennzeichen. Dieses habe er einwandfrei ablesen können und er habe auch festgestellt, daß eine einzelne Person im Fahrzeug saß. Der PKW sei um mindestens 20 km/h bis 25 km/h schneller gewesen als er, und der Überholvorgang sei sehr rasch vor sich gegangen. Er habe den PKW zunächst beobachtet, weil er der Meinung gewesen sei, dieser würde nur zum Überholen derart beschleunigen, habe dann aber festgestellt, daß der Lenker keine Anstalten machte, die Geschwindigkeit zu vermindern und sich rechts einzuordnen. Er habe noch versucht, dem PKW nachzufahren und das Motorrad auf die Höchstgeschwindigkeit, ds laut Tacho 170 km/h, beschleunigt, habe dann aber gesehen, daß eine Verfolgung zwecklos sei, und sei dann mit ca. 130 km/h bis 140 km/h Richtung Grenze weitergefahren. Er habe über Funk seine Leitstelle verständigt und ersucht, den Lenker beim Grenzübergang Suben anzuhalten. Auf dem ca. 20 km langen Straßenstück zur Grenze gebe es nur eine Ausfahrt und zwar Ort im Innkreis. Er habe den gegenständlichen PKW bei der Grenze wieder gesehen und es sei eindeutig der selbe PKW gewesen. Der Lenker habe eine geringfügige Geschwindigkeitsüberschreitung zwar zugegeben, im übrigen aber die Möglichkeit, eine solche in diesem Ausmaß festzustellen und noch dazu mit diesem Motorrad, bestritten. Das Dienstmotorrad sei seit einem Jahr ausgeschieden und Unterlagen über die Radarüberprüfung des Tachometers seien bei der Dienststelle nicht mehr vorhanden. Er könne aber mit Sicherheit sagen, daß, wenn der Tacho 165 km/h angezeigt habe, er mit einer tatsächlichen Geschwindigkeit von 160 km/h unterwegs war.

Der technische Amtssachverständige ist im Rahmen seines Gutachtens zu der Auffassung gelangt, daß die durch Radarüberprüfung festgestellte Abweichung von 5 km/h bei 160 km/h zur tatsächlich gefahrenen Geschwindigkeit technisch in Einklang zu bringen ist, wenn davon ausgegangen wird, daß der Tachometer des Motorrades dauernd überwacht und die Tachometeranzeige nachjustiert wird. Das verwendete Motorrad Honda CB 750 weise in der Regel eine höhere Bauartgeschwindigkeit als 170 km/h auf, jedoch sei es aufgrund der Kilometerleistung und des Alters kurz nach dem in Rede stehenden Vorfall ausgeschieden worden. Im Hinblick auf die Feststellung in der Anzeige, der Rechtsmittelwerber habe sich beim Eintreffen des Gendarmeriebeamten an der Grenzkontrollstelle bereits einige Minuten dort aufgehalten, stellt der Amtssachverständige fest, daß auch dieser Umstand nachvollziehbar ist, da sich ein Zeitunterscheid beim Zurücklegen einer 20 km langen Wegstrecke, einmal mit 130 km/h und einmal mit 185 km/h, von rund 3 Minuten ergibt.

Der Meldungsleger hat vor dem unabhängigen Verwaltungssenat den Eindruck hinterlassen, daß er bei der Feststellung von Geschwindigkeitsüberschreitungen in einem größeren Ausmaß eine sehr vorsichtige und überlegte Vorgangsweise an den Tag legt, was sich auch darin geäußert hat, daß er im Rahmen seiner Tätigkeit bei der Autobahngendarmerie laufend von ihm vorgenommene Geschwindigkeitsschätzungen durch Vergleichsmessungen mittels Laserpistole überprüft, sodaß er seinen subjektiven Eindruck, der Rechtsmittelwerber sei jedenfalls 20 km/h bis 25 km/h schneller gewesen, durchaus glaubwürdig vertreten hat. Da das bei dem Vorfall verwendete Gendarmeriemotorrad vor ca. einem Jahr ausgeschieden wurde - wobei amtsbekannt ist, daß solche Motorräder aufgrund ihres Kilometerstandes und ihrer Einsatzdauer mit Sicherheit nicht mehr die ursprüngliche Bauartgeschwindigkeit erreichen - ist eine nachträgliche Radarüberprüfung bzw. darauf basierende Gutachtenerstellung nicht mehr möglich. Allerdings hat der Meldungsleger glaubwürdig dargelegt, daß solche Fahrzeuge während ihres Einsatzes ständig radarüberprüft und auch schriftlich festgehalten wird, welche tatsächliche Geschwindigkeit dem angezeigten Kilometerstand entspricht, sodaß kein Zweifel daran besteht, daß der Meldungsleger beim Überholtwerden durch den Rechtsmittelwerber eine tatsächliche Geschwindigkeit von 160 km/h eingehalten hat. Das Vorbringen des Rechtsmittelwerbers, dem Tatvorwurf müsse eine Fehleinschätzung bzw. ein Versehen des Meldungslegers zugrundeliegen, kann daher nicht näher getreten werden, zumal Tachometer nicht eichfähig sind und sich aus dem sonstigen Ergebnis der mündlichen Verhandlung kein Anhaltspunkt für die Annahme einer derartigen Behauptung findet. Einem Gendarmeriebeamten, insbesondere einem mittlerweile einige Zeit bei der Autobahngendarmerie zugeteilten, ist eine im in Rede stehenden Ausmaß getroffene Geschwindigkeitsfeststellung, basierend auf einer technisch durchaus nachvollziehbaren Grundlage, durchaus zuzumuten, während die Verantwortung des Rechtsmittelwerbers in keiner Weise geeignet ist, irgendwelche Zweifel am Wahrheitsgehalt der unter strafrechtlich sanktionierter Wahrheitspflicht und Erinnerung an den Diensteid gemachten Angaben des Meldungslegers zu erwecken.

Gemäß § 20 Abs.2 der StVO 1960 gilt auf österreichischen Autobahnen eine erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h, egal, ob es sich dabei um einen inländischen oder ausländischen Fahrzeuglenker handelt. Abgesehen davon, daß sich - wie aus dem kraftfahrtechnischen Sachverständigengutachten zweifelsfrei hervorgeht - für den Rechtsmittelwerber lediglich eine 3-minütige Zeitersparnis auf den letzten 20 km zum Grenzübergang Suben nachvollziehen läßt, - wäre der Rechtsmittelwerber gemäß seiner nunmehrigen Behauptung tatsächlich mit 140 km/h unterwegs gewesen, wären beide fast in Sichtkontakt gefahren und annähernd gleichzeitig bei der Grenze eingelangt - zweifelt der unabhängige Verwaltungssenat ernsthaft an der Verkehrszuverlässigkeit des Rechtsmittelwerbers. Bei einer Geschwindigkeit von annähernd 185 km/h ist eine Reaktion auf eventuell zum Überholen ansetzende oder im Überholen begriffene Fahrzeuglenker in der Regel nicht mehr möglich. Bei der A8 handelt es sich um eine auch vom Schwerverkehr stark befahrene Strecke, wobei die Unfallgefahr im Zusammenhang mit ausscherenden Lastkraftwagen (der 12. August 1991 war ein Montag, daher kein LKW-Fahrverbot) bei derartigen Geschwindigkeiten enorm anwächst. Da beim Inhaber einer Lenkerberechtigung derartige Überlegungen im allgemeinen vorauszusetzen sind, muß im gegenständlichen Fall geradezu von grober Fahrlässigkeit gesprochen werden.

Der unabhängige Verwaltungssenat geht daher davon aus, daß der Rechtsmittelwerber den ihm zur Last gelegten Tatbestand erfüllt und sein Verhalten als Verwaltungsübertretung zu verantworten hat.

Grundlage für die Strafbemessung ist gemäß § 19 Abs.1 VStG stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Gemäß Abs.2 dieser Bestimmung sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches (dort sind die Grundsätze der Strafbemessung im gerichtlichen Strafrecht normiert) sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Zunächst ist festzuhalten, daß der Strafrahmen des § 99 Abs.3 StVO bis 10.000 S reicht. Der Rechtsmittelwerber weist in Österreich keinerlei Verwaltungsvormerkungen auf, sodaß (zumindest im Zweifel) von seiner verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit als Milderungsgrund auszugehen ist. Dem steht gegenüber eine Geschwindigkeitsüberschreitung um 55 km/h - etwas über 40 %, daher sicher als erheblich zu bezeichnen - was als erschwerend zu werten ist. Hinsichtlich des Verschuldens wird auf die obigen Ausführungen verwiesen. Gegen die von der Erstinstanz vorgenommene Einkommensschätzung hat der Rechtsmittelwerber nichts eingewendet, insbesondere auch kein tatsächliches Einkommen angegeben oder Sorgepflichten behauptet, sodaß der unabhängige Verwaltungssenat von einem Durchschnittseinkommen von umgerechnet 15.000 S netto monatlich und dem Nichtbestehen von Vermögen und Sorgepflichten ausgeht.

Zusammenfassend ist auszuführen, daß die verhängte Strafe äußerst mild bemessen ist - der Strafrahmen wurde lediglich zu einem Viertel ausgeschöpft - und ihre Verhängung aus general- sowie vor allem spezialpräventiven Überlegungen gerechtfertigt war.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

zu II.: Der Ausspruch über die Verfahrenskosten gründet sich auf die zitierten Gesetzesbestimmungen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Mag. Bissenberger

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum