Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-300977/6/BMa/Sic/Th

Linz, 15.08.2011

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Mag.a Gerda Bergmayr-Mann über die Berufung des Finanzamts Grieskirchen Wels gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Wels vom
8. November 2010 betreffend X, geb. X, wegen Aufhebung der vorläufigen Beschlagnahme von Glücksspielautomaten zu Recht erkannt:

Der Berufung wird teilweise Folge gegeben. Die mit Bescheid vom
8. November 2010 ausgesprochene Aufhebung der Beschlagnahme wird als rechtswidrig festgestellt.

Der Berufungsantrag, der Unabhängige Verwaltungssenat möge die Beschlagnahme aussprechen, wird zurückgewiesen.

Im Übrigen wird die Berufung abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt.

Es kann nicht festgestellt werden, dass die Voraussetzungen für eine Beschlagnahme der in der Bescheinigung vom 12. Oktober 2010 aufgelisteten Glückspielautomaten Nr. 1 bis 33 zum Zeitpunkt der Entscheidung des Unabhängigen Verwaltungssenats vorliegen.

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs. 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG iVm §§ 50, 52  Abs 2 und § 53 Glücksspielgesetz GSpG, BGBl.Nr. 620/1989 idF BGBl. I Nr. 111/2010

 

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Wels vom 8. November 2010, S-21067/10, wurde das Verwaltungsstrafverfahren gegen  X, geb. X, wegen Übertretung des § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG ausgesetzt, bis über eine allfällige Strafbarkeit nach § 168 StGB rechtskräftig entschieden werde, sowie die vorläufige Beschlagnahme der in der Bescheinigung vom 12.10.2010 aufgelisteten Glücksspielautomaten Nr. 1 bis 33, sowie der sieben dazugehörigen Steckschlüssel aufgehoben, weil die übrigen Voraussetzungen dafür nicht vorliegen würden.

 

1.2. Begründend gibt die belangte Behörde zunächst den Verfahrensverlauf wieder. In ihrer rechtlichen Beurteilung führt die belangte Behörde sodann aus, die Organe der KIAB des Finanzamtes Grieskirchen Wels wären grundsätzlich zur Vollziehung des Glücksspielgesetzes örtlich und sachlich zuständig gewesen. Für Strafverfahren seien gemäß § 50 Abs 1 Glücksspielgesetz (GSpG) in erster Instanz die Bezirksverwaltungsbehörden, in zweiter Instanz die Unabhängigen Verwaltungssenate gemäß § 51 Abs 1 VStG zuständig.

 

Gemäß § 53 Abs 2 GSpG könnten die Organe der öffentlichen Aufsicht (und daher auch die Abgabenbehörde) Glücksspielautomaten und sonstige Eingriffsgegenstände auch aus eigener Macht vorläufig in Beschlag nehmen, um unverzüglich sicher zu stellen, dass die Verwaltungsübertretungen gemäß einer oder mehrerer Bestimmungen des § 52 Abs. 1 GSpG nicht fortgesetzt begangen oder wiederholt würden.

 

Gemäß § 53 Abs 3 GSpG habe die Behörde in solchen Fällen unverzüglich das Verfahren zur Erlassung des Beschlagnahmebescheides einzuleiten und Ermittlungen zur Feststellung der Identität und des Aufenthaltes des Eigentümers der Gegenstände, des Veranstalters und des Inhabers zu führen. Soweit nach der vorläufigen Beschlagnahme keine dieser Personen binnen vier Wochen ermittelt werden kann oder sich keine von diesen binnen vier Wochen meldet oder die genannten Personen zwar bekannt, aber unbekannten Aufenthalts sind, so kann auf die Beschlagnahme selbständig erkannt werden, wenn im übrigen die Voraussetzungen dafür vorliegen würden.

 

Ausdrücklich sei festzuhalten, dass sowohl eine vorläufige als auch eine endgültige Beschlagnahme ausschließlich nur im Falle einer Verwaltungsübertretung gerechtfertig sei. Einen anderen Wortlaut habe diese Bestimmung nicht. Der Auffassung der Abgabenbehörde, eine Beschlagnahme könne trotz Vorliegens eines Gerichtsdelikts auf den Wortlaut des § 52 Abs 2 GSpG (gemeint: idF BGBl. I Nr. 73/2010) gestützt werden, sei entgegenzuhalten, dass diese gerade die Beschlagnahmebestimmungen des § 53 GSpG nicht enthalte und davon auszugehen sei, dass dies legistisch durchaus so gewollt sei. Es würden daher "die übrigen Voraussetzungen" für eine Beschlagnahme nicht vorliegen.

 

Weiters wurde von der BPD Wels auf die in Art 94 B-VG verankerte Gewaltentrennung zwischen Justiz und Verwaltung hingewiesen. Aufgrund dieses fundamentalen Prinzips sei es in verfassungskonformer Interpretation nicht vorstellbar, dass durch eine Verwaltungs(straf-)behörde eine Beschlagnahme für ein Gerichtsverfahren durchgeführt werde.

 

Der Rechtsvertreter des Beschuldigten bzw. des Vertreters der Eigentümerin der beschlagnahmten Gegenstände habe mit Schriftsatz vom 19. Oktober 2010 mitgeteilt, das die vorläufig in Beschlag genommenen Geräte mit einem Einsatz von mehr als 10 Euro bespielt werden könnten. Diese Mitteilung komme einem Geständnis gleich und könne von der Behörde als Ermittlungsergebnis nicht ignoriert werden. Der Beschuldigte würde sich auch schwer tun, im Gerichtsverfahren etwas anderes zu behaupten. Es komme hinzu, dass den beiden Anzeigen des Finanzamtes Grieskirchen Wels nicht entnommen werden könne, dass nicht mit höheren Einsätzen als mit 10 Euro gespielt werden hätte können.

Es wurde auch auf die niederschriftlich festgehaltene Aussage des X verwiesen, dass bei den Geräten Einsätze von über 10 Euro geleistet worden wären.

 

Gemäß § 52 Abs 2 GSpG trete eine allfällige Strafbarkeit nach diesem Bundesgesetz hinter eine allfällige Strafbarkeit nach § 168 StGB zurück, wenn in Zusammenhang mit der Teilnahme an Ausspielungen vermögenswerte Leistungen für ein Spiel von über 10 Euro geleistet werden könnten. Dass dies nicht zutreffen könne, sei den Behauptungen der Abgabenbehörde und den vorgelegten Unterlagen nicht zu entnehmen. Ganz im Gegenteil entspreche es den mittlerweile mehrjährigen Erfahrungen der Bundespolizeidirektion Wels, dass mit dem Würfelspiel als Risikotaste die Einsätze beträchtlich erhöht werden könnten. Dies wäre insbesondere auch von einem Sachverständigen in einem Rechtsmittelverfahren vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat Oberösterreich bestätigt worden.

 

Es läge somit nicht nur eine nach § 30 VStG allgemeine, sondern eine als lex specialis in § 52 Abs 2 GSpG angeführte Subsidiarität des Verwaltungsstrafverfahrens vor.

 

Selbst wenn eine ausschließliche Verwaltungsübertretung nach dem GSpG vorliegen würde, würde der übermittelte Sachverhalt für einen Beschlagnahmebescheid nicht tragfähig sein, weil der Verwaltungsgerichtshof zu einer äußerst restriktiven Rechtsprechung übergegangen sei. Es wird dabei auf das Erkenntnis des VwGH vom 26. Jänner 2009, 2008/17/0009-8 verwiesen, wonach eine juristische Feinprüfung zwar in einem Beschlagnahmebescheid nicht notwendig wäre, schon hingegen aber eine Feststellung über den Ablauf eines Spielvorganges. Das der Bundespolizeidirektion Wels vorgelegte Substrat würde daher für einen Beschlagnahmebescheid nicht hinreichen, weil zu den jeweiligen Geräten jeweils nur die möglichen Spiele aufgezählt und nur generalisierende Bedienungsabläufe beschrieben worden wären.

 

Zusammenfassend wird von der belangten Behörde begründet, dass bei Vorliegen der Voraussetzungen nach § 30 Abs 2 VStG die Pflicht zur Aussetzung des Verwaltungsstrafverfahrens bestehe. Gegenstand dieses Aussetzungsverfahrens sei nicht, ob tatsächlich ein in die Zuständigkeit der Gerichte fallender Tatbestand verwirklicht wurde, diene doch die Aussetzung nach § 30 Abs 2 VStG gerade umgekehrt dazu, das Verwaltungsstrafverfahren bis zu einer Entscheidung, ob ein solcher Tatbestand erfüllt wurde, auszusetzen. Aufgrund des Vorliegens eines in die Zuständigkeit des Bezirksgerichtes Wels fallenden Sachverhaltes erachte sich die Bundespolizeidirektion Wels als Verwaltungsstrafbehörde für die behördliche Beschlagnahme der Glücksspielautomaten mangels einfachgesetzlicher Grundlage nicht zuständig. Auch würde dieser die Verfassungsbestimmung des Art 94 B-VG unmissverständlich entgegenstehen. Darüber hinaus sei das Finanzamt Grieskirchen Wels zur Anzeigeerstattung gemäß § 78 Abs 1 StPO verpflichtet. Eine Beschlagnahme oder Sicherstellung der Glücksspielautomaten oder der sonstigen Eingriffsgegenstände könne nach Ansicht der BPD Wels im Zeitpunkt der Bescheiderlassung nur nach den Bestimmungen der Strafprozessordnung durchgeführt werden.

 

 

2. Gegen den Bescheid der belangten Behörde, welcher der berufenden Behörde als Verfahrenspartei am 9. November 2010 zugestellt wurde, richten sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung vom 17. November 2010. In zwei getrennten Schriftsätzen wird beantragt, I. den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit aufzuheben sowie die bescheiderlassende Behörde zur Einleitung des Verwaltungsstrafverfahrens einzuladen und II. den angefochtenen Bescheid wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften und Rechtswidrigkeit seines Inhalts zu beheben und die Beschlagnahme gemäß § 53 GSpG auszusprechen, da die gesetzlichen Voraussetzungen vorgelegen seien und nach wie vor vorlägen.

 

2.1. Zum Spruchpunkt I.  (Aussetzung des Verwaltungsstrafverfahrens) wird im Wesentlichen ausgeführt:

 

Voraussetzung der Aussetzung eines Verwaltungsstrafverfahrens nach § 30 Abs 2 VStG sei, dass dieses überhaupt eingeleitet wurde. Dies sei im konkreten Fall nicht geschehen.

 

Weiters stehe nach den Ermittlungen des berufungswerbenden Finanzamtes fest, dass selbst bei einer möglichen Einsatzhöhe von mehr als 10 Euro nicht zwingend eine Strafbarkeit nach § 168 StGB vorliegen müsse. Die Strafsanktion des § 168 StGB solle nur bei einem nachgewiesenen geleisteten Einsatz eintreten, allfällige Einsatzmöglichkeiten blieben somit unbeachtlich. Weder dem Schreiben des Rechtsvertreters noch dem Bericht der kontrollierenden Abgabenbehörde sei jedoch ein konkreter Hinweis auf die tatsächliche Leistung eines Spieleinsatzes von mehr als 10 Euro zu entnehmen. Da deshalb erwiesen sei, dass keine Strafbarkeit nach § 168 StGB gegeben und daher eine Strafbarkeit nach dem GSpG möglich gewesen sei, sei das Verwaltungsstrafverfahren weiter zu führen gewesen. Die Aussetzungsentscheidung sei daher inhaltlich rechtswidrig und mit wesentlichen Verfahrensfehlern behaftet.

 

Selbst wenn eine gerichtliche Strafbarkeit gegeben gewesen wäre, wären darüber hinaus daneben jedenfalls auch Tatbestände nach dem Glückspielgesetz vorgelegen und wäre schon deswegen weiterhin die verwaltungsstrafbehördliche Zuständigkeit vorgelegen.

 

2.2. Zum Spruchpunkt II. (Aufhebung der Beschlagnahme) wird im Wesentlichen ausgeführt:

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (Hinweis auf VwGH 26.01.2009, 2005/17/0223) habe die Behörde lediglich zu prüfen, ob die Voraussetzungen für eine Beschlagnahme gemäß § 53 Abs 1 GSpG zum Zeitpunkt der Bescheiderstellung (noch immer) gegeben seien. Allfällige weitere Überlegungen seien der Behörde verwehrt.

 

Für die Beschlagnahme als vorläufige Sicherungsmaßnahme genüge der bloße Verdacht, dass eine mit Verfall bedrohte Normübertretung vorliege (mit Hinweisen auf die Judikatur des VwGH). Die Behörde sei somit gehalten, auch bei Vorliegen eines bloßen Verdachts der Übertretung des § 52 Abs 1GSpG einen Beschlagnahmebescheid zu erlassen.

Die Aufhebung einer vorläufigen Beschlagnahme würde daher umgekehrt einen eindeutigen und unzweifelhaften Wegfall sämtlicher Verdachtsmomente erfordern, die hinsichtlich des Eingriffes vorgelegen seien.

Dies sei im vorliegenden Fall schon deshalb ausgeschlossen, weil die Behörde keinerlei eigene Ermittlungen angestellt habe. Auch die im Rahmen der Stellungnahme gemäß § 50 Abs 6 GSpG vorgeschlagene Öffnung der Gerätebuchhaltungen sei ignoriert worden. Ein Wegfall des von der Abgabenbehörde dargelegten Verdachts auf Eingriff in das Glückspielmonopol könne daher mangels Ermittlungen der Behörde nicht vorgelegen sein.

 

§ 52 Abs 2 GSpG normiere, dass auch bei Vorliegen einer Strafbarkeit im Sinne des § 168 StGB die Befugnisse der Organe der öffentlichen Aufsicht gemäß § 50 Abs 2 sowie im Rahmen der behördlichen Sicherungsmaßnahmen nach §§ 54 und 56a GspG davon (nämlich vom Zurücktreten der Strafbarkeit gemäß § 52 GspG) unberührt bleiben würde. Dadurch hätte der Gesetzgeber das Problem der unterschiedlichen Strafsanktionen und Zuständigkeiten vorhergesehen und umfassend geregelt. Die Organe der öffentlichen Aufsicht sollen sämtliche Kontroll- und Sicherungsmaßnahmen weiterhin treffen können. Diese würde auch für die Behörden angeordnet ("behördliche Sicherungsmaßnahmen nach §§ 54 und 56a bleiben davon unberührt").

 

Durch diese lex specialis würden Sicherungsmaßnahmen auch dann angeordnet, wenn es sich um Delikte iSd § 168 StGB und nicht um "Verwaltungsübertretungen" handeln würde. Im vorliegenden Fall würden zudem zumindest auch verbotene Ausspielungen gemäß § 2 Abs 4 GSpG vorliegen. Dies wäre durch die Probespiele bestätigt. Ob bei den Geräten zusätzlich auch Spiele mit einem Einsatz von mehr als 10 Euro gespielt werden konnten und wurden, sodass die Strafbarkeit (aber nur diese!) hinter die Strafsanktion des GSpG zurücktrete, könne daher dahingestellt bleiben.

 

Nach Auffassung der berufenden Behörde sei daher die Beschlagnahme der gegenständlichen Glückspielgeräte nicht nur zulässig, sondern zur Vermeidung, dass die Verwaltungsübertretungen gemäß einer oder mehrer Bestimmungen des § 52 Abs 1 GSpG fortgesetzt begangen oder wiederholt werden können, unbedingt erforderlich und daher von der Behörde aufrecht zu erhalten gewesen.

 

Entgegen der Ansicht der belangten Behörde würde sich aus § 52 Abs 2 GSpG sehr wohl auch ergeben, dass die Beschlagnahme durch die Organe der öffentlichen Aufsicht durch die gerichtliche Strafbarkeit des Tatbestands nicht berührt werde. § 52 Abs 2 GSpG spreche nämlich von "Sicherungsmaßnahmen", wobei der Verwaltungsgerichtshof auch die Beschlagnahme als Sicherungsmaßnahme nenne (Hinweis auf VwGH 30.04.2009, 2007/05/0050). Explizit ergebe sich jedenfalls die Zulässigkeit der Einziehung gemäß § 54 GSpG neben einer allfälligen gerichtlichen Strafbarkeit. Da in diesem Fall die Einziehung vorgesehen sei, ergebe sich wiederum, dass auch die Voraussetzungen für eine Beschlagnahme (§ 53 Abs 1 GSpG) gegeben seien und eine nochmalige Aufzählung in § 52 Abs 2 GSpG erübrige sich somit. Auch wäre die ausdrücklich zulässige Einziehung ohne vorgelagertes Beschlagnahmeverfahren nicht denkbar.

 

Dass die dargelegte Auffassung auch den Intentionen des Gesetzgebers entspreche, ergebe sich auch aus den Materialien zu § 54 GSpG. Für die gegensätzliche Interpretation durch die bescheiderlassende Behörde bleibe daher kein Raum.

 

Die Abgrenzung zum gerichtlich strafbaren Delikt sei zudem nicht die Möglichkeit eines Spieleinsatzes (pro Spiel) von mehr als 10 Euro, sondern dass dieser auch tatsächlich geleistet worden sei. Weder der Rechtsvertreter, noch der Aufsteller noch die Abgabenbehörde hätten jedoch behauptet, dass tatsächlich Einsätze von mehr als 10 Euro geleistet wurden.

In den im Bescheid zitierten Verfahren vor dem UVS bzw. in den diesen zugrunde liegenden Sachverständigengutachten sei klar die Anwendbarkeit des GSpG und ein Höchsteinsatz von 4,50 Euro durch Vorschaltung des Würfelspiels hervorgekommen. Für die Behörde sei daher weder aufgrund der Aktenlage noch aufgrund ihrer "mehrjährigen Erfahrung" ein konkreter Verdacht einer Tathandlung nach § 168 StGB vorgelegen und es sei damit bereits deshalb das Argument der Unzuständigkeit der Behörde nicht haltbar.

 

Beim Hinweis auf die Trennung von Justiz und Verwaltung in allen Instanzen übersehe die belangte Behörde, dass Beschlagnahme- und Einziehungsverfahren losgelöst vom Strafverfahren gänzlich eigenständige Verfahren seien. Es werde der Behörde keine Beschlagnahme für ein Gerichtsverfahren zugemutet, sondern die Sicherungsmaßnahmen seien nach § 53 GSpG durchzuführen gewesen. Beispielhaft führt die Berufungswerberin noch einige Fälle behördlicher Sicherungsmaßnahmen aus, die auch mit gerichtlichen Strafverfahren einhergehen (§ 232 BAO, § 17c ZollR-DG, SPG).

 

Weiters legt die Berufungswerberin dar, dass der von ihr in den Anzeigen dargestellte Sachverhalt eine ausreichende Spielbeschreibung enthalte. So handle es sich angesichts der Beschreibung der auf den Automaten installierten Spiele jeweils um ein "Walzenspiel", wodurch die Glücksspieleigenschaft festgestanden sei. Der Sachverhalt sei zudem mit einer umfangreichen Bilddokumentation der vorgefundenen Spielsituation abgesichert.

 

Die Herausgabe sei gesetzwidrig erfolgt, da der Berufung der Abgabenbehörde aufschiebende Wirkung zukomme. Die Herausgabe sei somit vor Rechtskraft des Bescheides erfolgt.

 

In den letzten Punkten der Berufung werden noch Fragen der Verpflichtung zur Anzeigelegung gemäß § 78 StPO erörtert und es wird auf bei der Bescheidausfertigung unterlaufene Fehler hingewiesen.

 

Schließlich stellte das Finanzamt Grieskirchen Wels auch einen Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat.

 

 

3. Der Polizeidirektor der Bundespolizeidirektion Wels hat die Berufungen samt dem bezughabenden Verwaltungsakt zu AZ: S-21067/10 mit Schreiben vom 30. November 2010 dem Unabhängigen Verwaltungsenat vorgelegt. Da in dem angefochtenen Bescheid weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war gemäß § 51c VStG durch ein Einzelmitglied zu entscheiden.

Nach Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt und den vom Bezirksgericht Wels beigeschafften Strafakt, 16 U 409/10x, betreffend u.a. X wegen § 168 StGB, hat der Oö. Verwaltungssenat festgestellt, dass der entscheidungswesentliche Sachverhalt zur Erlassung eines verfahrensrechtlichen Bescheids nach der Aktenlage geklärt erscheint und nur Rechtsfragen zu beantworten sind.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

4.1. Folgender entscheidungswesentlicher Sachverhalt, der sich widerspruchsfrei aus den Akten ergibt, wird festgestellt:

 

Im Lokal der "X Handels Gesellschaft mbH" in X, X, wurden anlässlich einer Kontrolle durch Organe der KIAB des Finanzamtes Grieskirchen Wels am 12. Oktober 2010 33 Spielautomaten sowie 7 Steckschlüssel gemäß § 53 Abs.2 GSpG vorläufig in Beschlag genommen. Die Spielautomaten waren seit ca. sechs Monaten betriebsbereit und funktionsfähig aufgestellt. An diesen konnten virtuelle Walzenspiele gegen Einsatz von Geld und mit in Aussicht gestellten Geldgewinnen gespielt werden. Das Spielergebnis hing dabei jeweils vom Zufall ab. Für den Betrieb dieser Automaten gab es keine glückspielrechtliche Bewilligung. Das an den Geräten 1,3 und 5 installierte virtuelle Walzenspiel "Dollar Bill" ist amtsbekannt als Glückspiel einzustufen (Verweis auf die beim Verwaltungssenat geführten Verfahren VwSen 300891 und VwSen 300892). Es gibt keine Hinweise darauf, dass die Übrigen virtuellen Walzenspiele Geschicklichkeitsspiele wären.

X ist einer von drei Geschäftsführern der vorhin genannten GmbH.

Anlässlich der Kontrolle der genannten Spielautomaten am 12. Oktober 2010 wurde mit 10 Euro nicht übersteigenden Einsätzen gespielt. X hat in seiner niederschriftlichen Befragung anlässlich der Kontrolle am 12. Oktober 2010 angegeben: "Der Spieler kann den Spieleinsatz bis ca. 12,- bis 15,- Euro und aber auch mehr wählen. Der Spieler kann sich sozusagen den Einsatz selbst wählen. Er kann auch nur im Cent-Bereich spielen." Diese Aussage hat er in seinen nachfolgenden Stellungnahmen aufrechterhalten.

Die mit den Geräten durchgeführten Ausspielungen waren weder durch eine Konzession nach dem GSpG gedeckt, noch waren sie gemäß § 4 GSpG vom Glückspielmonopol des Bundes ausgenommen.

Mit Schreiben vom 8. November 2010 hat die belangte Behörde X zur Rechtfertigung zum Tatvorwurf des § 9 VStG iVm § 2 Abs 1 und 4 GSpG iVm § 52 Abs 1 Z 1 GSpG aufgefordert und damit das Strafverfahren gegen den Genannten eingeleitet. Mit dem angefochtenen, daraufhin am selben Tag verfassten Bescheid wurde dieses Verfahren ausgesetzt und die Beschlagnahme aufgehoben. Die Ausfolgung der beschlagnahmten Schlüssel und Stereoklinkenstecker erfolgte am 9. November 2010.

Aus der am 17. Dezember 2010 (also nach Aufhebung der vorläufigen Beschlagnahme) beim Finanzamt Grieskirchen Wels aufgenommenen Niederschrift der Aussage des spielsüchtigen X, der jeden Tag im  "X Cafe" gespielt und daher die Verhältnisse im Spiellokal gekannt hat, geht hervor, dass bei den Spielautomaten der maximale Einsatz für die Besucher des Lokals 5 Euro betragen hat.

Der Strafantrag der Staatsanwaltschaft Wels wirft dem Bw vor, er habe im Zeitraum von ca. April 2010 bis zumindest 12. Oktober 2010 in X, X, zur Abhaltung eines Spiels veranstaltete Zusammenkünfte gefördert, um sich aus diesen Zusammenkünften einen Vermögensvorteil zuzuwenden, indem er die Räumlichkeit seines Lokals "X Cafe" für das Aufstellen verbotener Glückspielautomaten zur Verfügung gestellt habe. Das gegen X wegen § 168 StGB geführte Strafverfahren ist derzeit noch anhängig.

 

In rechtlicher Hinsicht hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

Gem. § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Behörde mit Geldstrafe bis zu 22 000 Euro zu bestrafen, wer zur Teilnahme vom Inland aus verbotene Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs. 4 veranstaltet, organisiert oder unternehmerisch zugänglich macht oder sich als Unternehmer im Sinne des § 2 Abs. 2 daran beteiligt.

Werden in Zusammenhang mit der Teilnahme an Ausspielungen vermögenswerte Leistungen für ein Spiel von über 10 Euro von Spielern oder anderen geleistet, so handelt es sich nicht mehr um geringe Beträge und tritt insoweit eine allfällige Strafbarkeit nach diesem Bundesgesetz hinter eine allfällige Strafbarkeit nach § 168 StGB zurück. Die Befugnisse der Organe der öffentlichen Aufsicht gemäß § 50 Abs. 2 sowie die Befugnisse im Rahmen der behördlichen Sicherungsmaßnahmen nach §§ 53, 54 und 56a bleiben davon unberührt (Abs. 2 leg.cit. idF BGBl. I Nr. 111/2010).

 

Mit der Novelle des Glücksspielgesetzes BGBl. I Nr. 73/2010, in Kraft getreten am 19. August 2010, wurde die Einziehung gemäß § 54 GSpG neu geregelt und sollte diese den Materialien (NR: GP XXIV RV 657, AB 784 S. 69 BR: AB 8360 S 787) zu Folge als selbständige verwaltungsbehördliche Verfügung ausgestaltet werden. Ein Zusammenhang mit dem Strafverfahren bestehe demzufolge nicht, es handle sich vielmehr um ein behördliches Sicherungsmittel, um weitere Eingriffe in das Glücksspielmonopol und dadurch das Setzen weiterer Anreize zu einem Spiel ohne entsprechenden begleitenden Spielerschutz zu verhindern. Die Einziehung sei daher auch neben etwaigen Strafverfahren vor den Strafgerichten nach § 168 StGB von den Bezirksverwaltungsbehörden zu verfügen.

 

Mit der Novelle BGBl. I Nr. 111/2010 (in Kraft getreten am 31.Dezember 2010) wurde " § 53 " im Text des § 52 Abs.2 GSpG ergänzt.

Erläuternd wird dazu ausgeführt (981 der Beilagen XXIV. GP – Regierungsvorlage): "Mit der Ergänzung des Hinweises auf die Beschlagnahme gemäß § 53 GSpG wird klar gestellt, dass bei Kontrollhandlungen, die (auch) einen Verdacht einer Übertretung des § 168 StGB ergeben, eine allenfalls von den Kontrollorganen vorgenommene vorläufige Sicherstellung der Eingriffsgegenstände gemäß § 53 Abs. 2 GSpG mittels Beschlagnahmeverfahren durch die Behörde beschlossen und in der Folge mittels Einziehungsverfahren zur Verhinderung weiterer Übertretungen beendet werden kann."

 

Aus den Erläuterungen erhellt, dass zum Zeitpunkt der Aufhebung der vorläufigen Beschlagnahme durch den angefochtenen Bescheid eine Beschlagnahme nach dem Verwaltungsrecht prinzipiell auch bei Einleitung eines gerichtlichen Verfahrens aufrecht erhalten werden konnte, handelt es sich bei der textlichen Ergänzung des " § 53 " doch nur um eine Klarstellung.

 

Diese gesetzliche Regelung steht auch im Einklang mit dem Prinzip der Gewaltentrennung, wonach gemäß § 94 B-VG die Justiz grundsätzlich in allen Instanzen von der Verwaltung getrennt ist.

So müssen alle Aufgaben der Vollziehung vom einfachen Gesetzgeber - unter Wahrung der verfassungsrechtlichen Schranken - strikte entweder der Gerichtsbarkeit oder der Verwaltung übertragen werden und  sind die Kompetenzen von Verwaltung und Gerichtsbarkeit so festzulegen, dass in derselben Sache keine Zuständigkeitsüberschneidung erfolgt. Es dürfen demnach auch nicht über ein und dieselbe Frage sowohl Gerichte als auch Verwaltungsbehörden, sei es im gemeinsamen Zusammenwirken, sei es im instanzenmäßig gegliederten Nacheinander, entscheiden (vgl. VfSlg. 10.452/1985, 12.929/1991 mwN).

 

Durch die Aussetzung des Verwaltungsstrafverfahrens gem. § 52 Abs.2 GSpG bis zur rechtskräftigen Entscheidung nach § 168 StGB hat die belangte Behörde der gesetzlich definierten Vorrangstellung der ordentlichen Gerichtsbarkeit Genüge getan.

Das Berufungsvorbringen, das Verwaltungsstrafverfahren habe nicht ausgesetzt werden können, basiert auf der falschen Prämisse, dass noch keine Einleitung des Verfahrens erfolgt sei, war letzteres doch mit der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 8. November 2011 geschehen.

 

Dem Berufungsvorbringen der Legalpartei, Finanzamt Grieskirchen Wels, die belangte Behörde hätte das Strafverfahren nicht auszusetzen gehabt, weil selbst bei einer möglichen Einsatzhöhe von über 10 Euro keinesfalls eine Strafbarkeit nach § 168 StGB zwingend vorliegen müsse, wird entgegengehalten, dass die in der Anzeige vom 21. Oktober 2010 dargestellten Spiele und deren Einsätze keine Auskunft darüber geben, welche dieser angeführten Spiele mit einem Einsatz bis ca. 12 bis 15 Euro – siehe Angaben des X in der Niederschrift vom
12. Oktober 2010 – gespielt werden können. Bei jedem dieser Spiele bestand damit der Verdacht, dass mit diesen entweder gegen die Verwaltungsvorschrift oder § 168 StGB verstoßen wurde. In einem solchen Fall ist aber nach der oben dargestellten Subsidiaritätsklausel von einer vorrangigen Gerichtszuständigkeit auszugehen. Das bedeutet, dass die Aussetzung des Verfahrens auch unter diesem Aspekt rechtmäßig erfolgt ist.

 

§ 53 Abs 1 Z 1 GSpG sieht als Voraussetzung für die Beschlagnahme von Eingriffsgegenständen "sowohl wenn der Verfall als auch wenn die Einziehung vorgesehen ist" den (bloßen) Verdacht, dass mit den Eingriffsgegenständen "fortgesetzt gegen eine oder mehrere Bestimmungen des § 52 Abs. 1 verstoßen wird", als ausreichend vor.

 

Der Annahme, dass in Fällen, in denen ein Verdacht in Richtung einer Spielhöhe besteht, welche eine gerichtliche Zuständigkeit nach sich zieht, eine verwaltungsbehördliche Beschlagnahme aufzuheben sei, steht die gesetzliche Regelung des § 52 Abs.2 GSpG entgegen, wonach die Befugnisse der Organe der öffentlichen Aufsicht gemäß § 50 Abs.2 sowie die Befugnisse im Rahmen der behördlichen Sicherungsmaßnahmen von einer gerichtlichen Zuständigkeit wegen Strafbarkeit gem. § 168 StGB unberührt bleiben. Demnach hat, wenn – wie hier – der Verdacht auf Begehung einer Verwaltungsübertretung genauso begründet ist wie der Verdacht auf Begehung einer gerichtlich strafbaren Handlung, die Verwaltungsbehörde zwar aufgrund der Subsidiaritätsklausel des § 52 Abs.2 GSpG gegenüber einer allfälligen Strafbarkeit nach § 168 StGB das Verwaltungsverfahren bis zur Entscheidung des Organs der Gerichtsbarkeit auszusetzen, während die für das ausgesetzte Verfahren beschlagnahmten Gegenstände, wenn sie – wie im Regelfall so auch hier - zur Beweisführung bei dessen Fortsetzung benötigt werden, solange ein Verdacht gem. § 53 Abs. 1 Z 1 weiterbesteht, weiter beschlagnahmt zu halten sind.

 

Damit aber hätte die belangte Behörde angesichts des (Weiter)Bestehens eines hinreichenden Verdachtes iSd § 53 Abs. 1 Z 1 GSpG, der durch die in der Anzeige vom 21. Oktober 2010 dokumentierte Kontrolle vom 12. Oktober 2010 aufgezeigt wurde, die vorläufige Beschlagnahme aufrechterhalten müssen. Im Übrigen wurde der Verdacht auf einen Verstoß gegen Verwaltungsvorschriften nachträglich durch die Aussage des Spielers X weiter erhärtet.

Eine Gewissheit über die Höhe der gespielten Einsätze wird wohl nur durch die vom Finanzamt beantragte Einschau in die Gerätebuchhaltung möglich sein. Eine solche Gewissheit wird aber durch § 53 Abs. 1 Z 1 GSpG nicht gefordert.

 

Dem steht auch nicht entgegen, dass gerichtliche Institutionen selbst eine Beschlagnahme verfügen können (StPO 8. Hauptstück).

Aus Sicht des § 94 B-VG kann davon ausgegangen werden, dass zwei abgegrenzte Verfahren geführt werden, jenes nach dem StGB und jenes nach dem GSpG,  die in einem Fall judizielle und im anderen Angelegenheiten der Verwaltung betreffen.

Freilich darf es zu keiner Beschlagnahme durch eine Verwaltungsbehörde für judizielle Angelegenheiten kommen. Das ist hier aber auch nicht der Fall.

Dem Zugriff der Justiz auf zur Durchführung eines Verwaltungsverfahrens gesicherte Gegenstände steht das Prinzip der Gewaltentrennung nicht entgegen, können diese im Auftrag einer Verwaltungsbehörde gesicherten Gegenstände doch im Wege der Amtshilfe (Art. 22 B-VG) den Gerichten überlassen werden, ohne dass ein Verwaltungsverfahren sich mit einem judiziellen überschneidet. So soll Amtshilfe eine möglichst ökonomische Vollziehung ermöglichen, das bestehende Kompetenzsystem aber nicht beseitigen (VfSlg 5746) [Mayer B-VG3 Art 22 I.2.].

 

Der Berufung war daher zum einen insoweit Folge zu geben, als die Aufhebung der Beschlagnahme für rechtswidrig zu erklären war, und zum anderen, nämlich hinsichtlich der Aussetzung (des mit Aufforderung zur Rechtfertigung mit Schreiben vom 8. November 2010 eingeleiteten Verfahrens) abzuweisen.

 

Unter Hinweis auf § 50 GSpG, wonach "für Strafverfahren und Betriebsschließungen nach diesem Bundesgesetz" in erster Instanz die Bezirksverwaltungsbehörden, im örtlichen Wirkungsbereich einer Bundespolizeidirektion diese, und in zweiter Instanz die Unabhängigen Verwaltungssenate gemäß § 51 Abs. 1 VStG zuständig sind, war der Berufungsantrag, der Unabhängige Verwaltungssenat möge die Beschlagnahme aussprechen, zurückzuweisen, weil der Verwaltungssenat im Rahmen der Beschlagnahme keine erstinstanzlichen Kompetenzen zukommen. Nach Art. 129a B-VG erkennen die Verwaltungssenate "nach Erschöpfung des administrativen Instanzenzuges, sofern ein solcher in Betracht kommt". Damit sind die Verwaltungssenate als nachprüfende Instanz konzipiert. Die Durchführung einer Beschlagnahme ist daher durch die erstinstanzlichen Behörden vorzunehmen. Dem Verwaltungssenat obliegt es aber festzustellen, ob im Zeitpunkt seiner Entscheidung der Voraussetzungen für die Beschlagnahme (weiter) vorliegen.

 

Ein Ausspruch des Vorliegens der Voraussetzungen einer Beschlagnahme der in der Bescheinigung vom 12. Oktober 2010 aufgelisteten Glückspielautomaten Nr. 1 bis 33 zum Zeitpunkt der Entscheidung des Unabhängigen Verwaltungssenats konnte nicht erfolgen, ist doch der Zustand der sich derzeit auf den Spielautomaten befindlichen Programme nicht bekannt, weil die Geräte derzeit auch für den Unabhängigen Verwaltungssenat nicht greifbar sind. Überdies entspricht es der allgemeinen Lebenserfahrung, dass die Programme der Spielautomaten ohne allzu großen Aufwand manipuliert werden können, wodurch der Zustand der Automaten, der dem gegenständlichen Verfahren zugrunde liegt, nicht mehr feststellbar ist.

 

Den übrigen von der Legalpartei gestellten Beweisanträgen war keine Folge zu geben, so waren die beantragten Beweise wie Einsichtnahme in die Gerätebuchhaltung und die zeugenschaftliche Einvernahme des X zur Prüfung des Vorliegens eines hinreichenden Verdachts gem.  § 53 Abs. 1 Z 1 GSpG in der vorliegenden Fallkonstellation nicht erforderlich.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

Mag.a Gerda Bergmayr-Mann


 

VwSen-300977/6/BMa/Sic/Th vom 15. August 2011

Erkenntnis

 

Rechtssatz 1

GSpG §52 Abs2;

StGB §168

 

Der Annahme, dass in Fällen, in denen ein Verdacht in Richtung einer Spielhöhe besteht, welche eine gerichtliche Zuständigkeit nach sich zieht, eine verwaltungsbehördliche Beschlagnahme aufzuheben sei, steht die gesetzliche Regelung des § 52 Abs2 GSpG entgegen, wonach die Befugnisse der Organe der öffentlichen Aufsicht gemäß § 50 Abs2 sowie die Befugnisse im Rahmen der behördlichen Sicherungsmaßnahmen von einer gerichtlichen Zuständigkeit wegen Strafbarkeit gem § 168 StGB unberührt bleiben. Demnach hat, wenn – wie hier – der Verdacht auf Begehung einer Verwaltungsübertretung genauso begründet ist wie der Verdacht auf Begehung einer gerichtlich strafbaren Handlung, die Verwaltungsbehörde zwar aufgrund der Subsidiaritätsklausel des § 52 Abs2 GSpG gegenüber einer allfälligen Strafbarkeit nach § 168 StGB das Verwaltungsverfahren bis zur Entscheidung des Organs der Gerichtsbarkeit auszusetzen, während die für das ausgesetzte Verfahren beschlagnahmten Gegenstände, wenn sie – wie im Regelfall so auch hier - zur Beweisführung bei dessen Fortsetzung benötigt werden, solange ein Verdacht gem § 53 Abs1 Z1 weiterbesteht, weiter beschlagnahmt zu halten sind.

 

Rechtssatz 2

GSpG §52 Abs2;

B-VG Art22;

B-VG Art94

 

Aus Sicht des § 94 B-VG kann davon ausgegangen werden, dass zwei abgegrenzte Verfahren geführt werden, jenes nach dem StGB und jenes nach dem GSpG, die in einem Fall judizielle und im anderen Angelegenheiten der Verwaltung betreffen. Freilich darf es zu keiner Beschlagnahme durch eine Verwaltungsbehörde für judizielle Angelegenheiten kommen. Dem Zugriff der Justiz auf zur Durchführung eines Verwaltungsverfahrens gesicherte Gegenstände steht das Prinzip der Gewaltentrennung nicht entgegen, können diese im Auftrag einer Verwaltungsbehörde gesicherten Gegenstände doch im Wege der Amtshilfe (Art 22 B-VG) den Gerichten überlassen werden, ohne dass ein Verwaltungsverfahren sich mit einem judiziellen überschneidet. So soll Amtshilfe eine möglichst ökonomische Vollziehung ermöglichen, das bestehende Kompetenzsystem aber nicht beseitigen (VfSlg 5746; Mayer B-VG3 Art 22 I.2.).

 

Rechtssatz 3

Nach Art 129a B-VG erkennen die Verwaltungssenate "nach Erschöpfung des administrativen Instanzenzuges, sofern ein solcher in Betracht kommt". Damit sind die Verwaltungssenate als nachprüfende Instanz konzipiert. Die Durchführung einer Beschlagnahme ist daher durch die erstinstanzlichen Behörden vorzunehmen. Dem Verwaltungssenat obliegt es aber festzustellen, ob im Zeitpunkt seiner Entscheidung der Voraussetzungen für die Beschlagnahme (weiter) vorliegen.

 

 

Beachte:

Vorstehende Entscheidung wurde aufgehoben.

VwGH vom 21.08.2014, Zl.: 2011/17/0252-8

 

 

 

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