Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-730160/3/BP/Wu VwSen-730161/3/BP/Wu

Linz, 23.09.2011

Mitglied, Berichter/in, Bearbeiter/in:                                                                                                                               Zimmer, Rückfragen:

Mag. Dr. Bernhard Pree                                                                                      4A13, Tel. Kl. 15685

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Dr. Bernhard Pree über die Berufungen 1. der X sowie 2. des X, StA von Georgien, beide vertreten durch X, Rechtsanwalt in X, gegen die Bescheide der Bezirkshauptfrau des Bezirks Steyr-Land vom 26. Mai 2011, GZ.: Sich41-5/6-2011 sowie Sich40-6/6-2010, betreffend Ausweisungen der Berufungswerber nach dem Fremdenpolizeigesetz, zu Recht erkannt:

 

I.       Die Berufungen werden als unbegründet abgewiesen und die         angefochtenen Bescheide bestätigt.

 

II.     Die Anträge auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung der      Berufungen werden als unzulässig zurückgewiesen.

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs. 4 iVm. § 67a Abs. 1 Z 1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG

 


Entscheidungsgründe:

 

1.1.1. Mit Bescheiden der Bezirkshauptfrau des Bezirks Steyr-Land vom 26. Mai 2011, GZ.: Sich41-5/6-2011 und Sich41-6/6-2011, wurde gegen die Berufungswerber (im Folgenden Bw) auf Basis des § 53 Abs. 1 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 – FPG, jeweils die Ausweisung angeordnet und darüber hinaus gemäß § 58 FPG einer allfälligen Berufung die aufschiebende Wirkung aberkannt.  

 

Begründend führt die belangte Behörde zunächst zum Sachverhalt aus, dass der Zweit-Bw, ein Staatsangehöriger von Georgien, am 3. Juli 2003 illegal über Ungarn in das Bundesgebiet eingereist sei und einen Asylantrag gestellt habe, der mit Bescheid vom 1. August 2003 abgewiesen und gleichzeitig die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Georgien angeordnet worden sei. Einer am 8. August 2003 dagegen erhobenen Berufung sei mit Bescheid des UBAS vom 19. Juli 2007 keine Folge gegeben worden.

 

Der beim Verwaltungsgerichtshof eingebrachten Beschwerde sei zwar am 9. November 2007 aufschiebende Wirkung zuerkannt, jedoch mit Beschluss des VwGH vom 17. November 2010 die Behandlung der Beschwerde abgelehnt worden.

 

In der Zeit von 17. Februar 2004 bis 8. September 2006 sei der Zweit-Bw nicht in Österreich gemeldet gewesen.

 

Am 3. September 2006 sei der Zweit-Bw gemeinsam mit seiner Ehegattin – Erst-Bw – wiederum illegal nach Österreich eingereist. Am X sei der Sohn der Bw, X, in Österreich geboren worden. Sein Asylverfahren sei am 23. September 2007 rechtskräftig negativ abgeschlossen worden. Mit selben Datum sei auch die erstinstanzliche negative Entscheidung im Asylverfahren der Erst-Bw erfolgt, in dem auch die Ausweisung nach Georgien verfügt worden sei. Einer am 24. August 2007 erhobenen Berufung sei vom UBAS keine Folge gegeben worden (Bescheid vom 13. September 2007). Der dagegen eingebrachten Beschwerde der Erst-Bw sei am 4. Dezember 2007 aufschiebende Wirkung zuerkannt worden. Das Asylverfahren der Erst-Bw sei am 15. Dezember 2010 hinsichtlich des beantragten Asyls rechtskräftig negativ abgeschlossen worden, die Ausweisung nach Georgien aber in Hinblick auf die Tatsache, dass ihr Gatte keine Ausweisung erhalten habe, jedoch aufgehoben worden.

 

Der Zweit-Bw sei am 19. Februar 2007 wegen versuchten Diebstahls zu einer Geldstrafe in Höhe von 30 Tagessätzen verurteilt worden.

 

Mit Bescheid der BH Amstetten vom 16. August 2007 sei über den Zweit-Bw eine Ausweisung gemäß § 53 FPG ausgesprochen, jedoch der dagegen erhobenen Berufung stattgegeben worden.

 

Am 20. Jänner 2011 hätten die Bw Anträge auf Erteilung von "Niederlassungsbewilligungen - unbeschränkt" gemäß § 43 Abs. 2 NAG gestellt. Nach der Einleitung der Ausweisungsverfahren mit Schreiben vom 8. Februar 2011 hätten die Bw im Rahmen einer am 15. Februar 2011 aufgenommenen Niederschrift ihre im Asylverfahren vorgebrachten Fluchtgründe wiederholt und ua. angegeben, dass sie in Österreich über keine Verwandten verfügen würden.

 

Am 29. April 2011 habe die Sicherheitsdirektion eine Stellungnahme abgegeben und darin ausgeführt, dass aufgrund des längeren Aufenthalts eine gewisse Integration stattgefunden habe, welche jedoch zum Einen durch den unsicheren Aufenthaltsstatus geschmälert werde; zum Anderen seien die Bw während der Zeit keiner Arbeit nachgegangen, sondern hätten von der Grundversorgung und Unterstützungszahlungen karitativer Einrichtungen gelebt. Auch aufgrund des Alters und der Flexibilität des Sohnes sei die Zumutbarkeit einer Reintegration gegeben. Die Bw hätten den Großteil ihres Lebens im Herkunftsstaat verbracht. Der Erst-Bw habe zudem das Asylverfahren durch seine Ausreise und zweijährige Abwesenheit – ihm zurechenbar – verzögert. 

 

Zum Sachverhalt führt die belangte Behörde weiter aus, dass der Zweit-Bw seit X das Gewerbe der Güterbeförderung mit Kraftfahrzeugen betreibe und sich bei der Sozialversicherung der gewerblichen Wirtschaft pflichtversichert habe. Eigene Einkünfte könne er daher erst seit kurzem nachweisen. Die Bw hätten Unterstützungs- und Empfehlungsschreiben vorgelegt, welche von einem gewissen Maß an sozialer Integration zeugen würden.

 

Sämtliche Verwandten der Bw würden in Georgien leben, was eine nicht unerhebliche Bindung an den Heimatstaat untermauere. Die Bw hätten in Georgien die Schule besucht und seien auch mit Sprache und Kultur vertraut.

 

1.1.2. In ihren rechtlichen Überlegungen führt die belangte Behörde aus, dass die familiäre und soziale Integration während eines weitgehend unsicheren Aufenthaltsstatus entstanden sei. Seit Beendigung der Asylverfahren hielten sich die Bw jedenfalls rechtswidrig im Bundesgebiet auf.

 

Erst- und Zweit-Bw hätten den Großteil ihres Lebens im Herkunftsland verbracht, weshalb eine Reintegration zumutbar erscheine. Zudem halte sich deren gesamte Verwandtschaft dort auf.

 

Nach intensiver Abwägung der angeführten Umstände ergebe sich aus dem festgestellten Sachverhalt, dass unter Berücksichtigung von Art. 8 EMRK die Ausweisung der Bw zulässig sei.

 

1.2. Gegen diesen Bescheid erhoben die Bw durch ihre Rechtsvertretung rechtzeitig Berufung mit Schriftsatz vom 7. Juni 2011.

 

Begründend wird darin ua. ausgeführt, dass entgegen der Ansicht der belangten Behörde im Fall der Bw von einer weitgehenden Integration gesprochen werden könne, zumal sich diese schon seit 5 Jahren in Österreich aufhielten.  

 

Die strafrechtliche Verurteilung des Zweit-Bw liege mehr als 4 Jahre zurück. Er gehe nunmehr einer selbständigen Erwerbstätigkeit nach und habe in Österreich wie auch seine Ehegattin Fuß gefasst, weshalb sein Privatleben gemäß § 66 FPG schutzwürdig sei. Beide Bw sprächen auch sehr gut Deutsch.

 

Zudem sei die Erst-Bw schwanger. Der diesbezüglichen Berufung liegt ein Befund über Beschwerden in der Frühschwangerschaft bei, die laut Diagnose als funktionell zu bezeichnen und lediglich medikamentös zu behandeln sind.

 

Es sei nicht berücksichtigt worden, dass im Asylverfahren keine Ausweisung ausgesprochen worden sei.

 

Hinsichtlich des Ausschlusses der aufschiebenden Wirkung sei festzuhalten, dass keine Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit vorliege. 

 

Abschließend werden darin die Anträge gestellt,

1. den Berufungen die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen und

2. der Berufung Folge zu geben und die angefochtenen Bescheide aufzuheben.

 

 

2.1. Die belangte Behörde legte zunächst den in Rede stehenden Verwaltungsakt der Sicherheitsdirektion für Oberösterreich vor.

 

Mit 1. Juli 2011 trat das Fremdenrechtsänderungsgesetz, BGBl. I Nr. 38/2011 in wesentlichen Teilen in Kraft. Aus § 9 Abs. 1a FPG in der nunmehr geltenden Fassung ergibt sich, dass der Unabhängige Verwaltungssenat zur Entscheidung über die Berufung zuständig ist, weshalb der in Rede stehende Verwaltungsakt von der Sicherheitsdirektion – nach In-Krafttreten der Novelle am 1. Juli 2011 – dem Oö. Verwaltungssenat übermittelt wurde.

 

2.2.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt der belangten Behörde.

2.2.2. Aus einem Versicherungsdatenauszug betreffend den Zweit-Bw ergibt sich, dass dieser seit 1. Juli 2010 als selbständig Erwerbstätiger sozialversichert ist.

 

2.2.3. Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte abgesehen werden, weil eine solche nicht erforderlich war, nachdem sich der entscheidungswesentliche Sachverhalt zweifelsfrei aus der Aktenlage ergibt, im Verfahren im Wesentlichen die Beurteilung von Rechtsfragen strittig ist und die Akten erkennen lassen, dass eine weitere mündliche Erörterung eine tiefgreifendere Klärung der Sache nicht erwarten lässt (§ 67d AVG).

 

2.3. Der Oö. Verwaltungssenat geht bei seiner Entscheidung von dem unter den Punkten 1.1.1. und 1.2. dieses Erkenntnisses dargestellten völlig unbestrittenen Sachverhalt aus.

 

2.4. Der Unabhängige Verwaltungssenat ist zur Entscheidung durch eines seiner Mitglieder berufen (vgl. § 67a Abs. 1 Z 1 AVG).

 

 

3. In der Sache hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

3.1.1. Gemäß § 125 Abs. 14 des Fremdenpolizeigesetzes – FPG, BGBl. I Nr. 100/2005 zuletzt geändert durch das Bundesgesetzblatt BGBl. I Nr. 38/2011, gelten vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 38/2011 erlassene Ausweisungen gemäß § 53 als Rückkehrentscheidungen gemäß § 52 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 38/2011 weiter, mit der Maßgabe, dass ein Einreiseverbot gemäß § 53 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 38/2011 damit nicht verbunden ist.

 

3.1.2. Im vorliegenden Fall ist völlig klar, dass die in Rede stehenden Ausweisungen auf Basis des § 53 FPG ("alte Fassung") erlassen wurden, weshalb diese Ausweisungen als Rückkehrentscheidungen im Sinne des nunmehrigen § 52 FPG anzusehen und zu beurteilen sind.

 

3.2.1. Gemäß § 52 Abs. 1 des Fremdenpolizeigesetzes – FPG, BGBl. I Nr. 100/2005 zuletzt geändert durch das Bundesgesetzblatt BGBl. I Nr. 38/2011, ist gegen einen Drittstaatsangehörigen, sofern nicht anderes bestimmt ist, mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn er sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält. Die Rückkehrentscheidung wird mit Eintritt der Rechtskraft durchsetzbar und verpflichtet den Drittstaatsangehörigen zur unverzüglichen Ausreise in dessen Herkunftsstaat, ein Transitland oder einen anderen Drittstaat, sofern ihm eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht eingeräumt wurde. Im Falle einer Berufung gegen eine Rückkehrentscheidung ist § 66 Abs. 4 AVG auch dann anzuwenden, wenn er sich zum Zeitpunkt der Berufungsentscheidung nicht mehr im Bundesgebiet aufhält.

3.2.2. Im vorliegenden Fall ist zunächst auch von den Bw selbst unbestritten, dass sie über keinerlei Aufenthaltstitel für das Bundesgebiet verfügen und somit grundsätzlich unrechtmäßig aufhältig sind. Allerdings ist bei der Beurteilung der Ausweisungen bzw. der Rückkehrentscheidungen auch auf Art. 8 EMRK sowie § 61 FPG Bedacht zu nehmen.

 

3.3.1. Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs.

 

Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist allerdings ein Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung des Rechts gemäß Abs. 1 (nur) statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

 

3.3.2. Gemäß § 61 Abs. 1 FPG ist, sofern durch eine Rückkehrentscheidung, eine Ausweisung oder ein Aufenthaltsverbot in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen wird, die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

 

Gemäß § 61 Abs. 2 FPG sind bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK insbesondere zu berücksichtigen:

1.      die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der        bisherige Aufenthalt des Fremden rechtmäßig war;

2.      das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens;

3.      die Schutzwürdigkeit des Privatlebens;

4.      der Grad der Integration;

5.      die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden;

6.      die strafgerichtliche Unbescholtenheit;

7.      Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des      Asyl-          Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts;

8.      die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem   Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren   Aufenthaltstatus bewusst waren;

9.      die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes in den Behörden       zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

 

Gemäß § 61 Abs. 3 FPG ist über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung oder Ausweisung jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung oder einer Ausweisung ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung oder Ausweisung schon allein aufgrund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 und 48 oder 51ff. NAG) verfügen, unzulässig wäre.

 

Gemäß § 125 Abs. 20 FPG  gelten, vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes, BGBl. I Nr. 38/2011 vorgenommene Beurteilungen und Entscheidungen gemäß § 66 als Beurteilungen und Entscheidungen gemäß § 61 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 38/2011 weiter.

 

3.4.1. Im Sinne der zitierten Normen ist eine Interessensabwägung – basierend auf einer einzelfallbezogenen  Gesamtbetrachtung – vorzunehmen.

 

3.4.2. Es ist festzuhalten, dass es gestützt auf die ständige Rechtsprechung der Höchstgerichte zulässig und erforderlich ist, Maßnahmen zu ergreifen, um den unrechtmäßigen Aufenthalt einer Person zu beenden, da ein solcher rechtswidriger Status fraglos dazu geeignet ist, die öffentliche Ordnung eines Staates massiv zu beeinträchtigen. Daraus folgt, dass das diesbezügliche öffentliche Interesse hoch anzusetzen ist und eine Ausweisung grundsätzlich ein nicht inadäquates Mittel darstellt, um einen rechtskonformen Zustand wiederherzustellen. Dies gilt jedoch nur insofern, als die privaten bzw. familiären Interessen im jeweils konkreten Einzelfall nicht als höherrangig anzusehen sind.

 

3.4.3. Im vorliegenden Fall hatte die belangte Behörde festgestellt, dass lediglich das Privatleben, nicht aber das Familienleben der Bw von einer Ausweisung betroffen wäre. Es ist ihr insofern zu folgen, als auch gegen den im Jahr X geborenen Sohn eine Ausweisung besteht und somit die gesamte Familie von den aufenthaltsbeendenden Maßnahmen betroffen wären. Anders verhält es sich mit dem Privatleben. Dabei ist festzustellen, dass die jeweiligen Eingriffe in das Privatleben des / der einzelnen Bw auch unmittelbar die anderen Familienmitglieder zu beeinträchtigen geeignet sind und somit bei Ausspruch der Ausweisung nur gegen einzelne Mitglieder auch das Familienleben tangiert ist.  

 

3.4.4. Hinsichtlich des Privatlebens ist aber auch insbesondere auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen:

 

Demnach hat der dem § 61 Abs. 2 FPG vergleichbare § 66 Abs. 2 FrPolG 2005 schon vor dem Hintergrund der gebotenen Gesamtbetrachtung nicht zur Konsequenz, dass der während eines unsicheren Aufenthaltsstatus erlangten Integration überhaupt kein Gewicht beizumessen wäre und ein solcherart begründetes privates bzw. familiäres Interesse nie zur Unzulässigkeit einer Ausweisung führen könnte (vgl. auch E 22. Dezember 2009, 2009/21/0348).

Ein z.B.  rund 10 Jahre und 9 Monate dauernder Aufenthalt sowie die mehr als 9 Jahre lang kontinuierlich ausgeübte unselbständige Erwerbstätigkeit (in Verbindung mit weiteren Aspekten der erreichten Integration) verleihen den persönlichen Interessen des Fremden am Verbleib im Bundesgebiet ein derart großes Gewicht, dass die Ausweisung gemäß § 66 Abs. 1 FrPolG 2005 - auch bei einem Eingriff nur in das Privatleben - unverhältnismäßig erscheint (vgl. VwGH vom 20. Jänner 2011, 2010/22/0158).

 

3.4.5. Wie sich aus dem Sachverhalt ergibt, befinden sich die Bw seit 5 Jahren durchgehend im Bundesgebiet (der Zweit-Bw war für rund 1 Jahr – 2003 bis 2004 – vor seiner Ausreise hier aufhältig). Alleine diese Dauer entspricht bei weitem nicht der oa. Judikaturlinie des VwGH, auch wenn die dort genannten Voraussetzungen wohl nicht taxativ zu verstehen sein werden. Auch ist darauf hinzuweisen, dass seit der erstinstanzlichen Entscheidung im Asylverfahren des Zweit-Bw (schon im Jahr 2003) nicht mehr mit Gewissheit von einem Erfolg der Verfahren ausgegangen werden konnte, weshalb der Status als unsicher zu bezeichnen ist. Das Privatleben in Form der erreichten sozialen Integration, aber auch insbesondere die Geburt des Sohnes fallen in den genannten Zeitraum.

 

Weiters ist anzumerken, dass der Zweit-Bw erst seit 1 Jahr erwerbstätig ist und davor die Familie von der Grundversorgung und finanziellen Unterstützungen karitativer Einrichtungen ihren Lebensunterhalt bestritten. So entspricht auch das Maß der beruflichen Integration nicht dem laut Judikatur postulierten.

 

Hinsichtlich der sozialen Integration wird die Beibrinung von Unterstützungserklärungen anerkannt, wie auch der Umstand, dass beide Bw gut Deutsch sprechen, wobei aber der Aktenlage keine Dokumentation absolvierter Prüfungen auf Niveau A 2 zu entnehmen ist.

 

Dass die Erst-Bw schwanger ist, kann per se noch nicht als die Abwägung zugunsten der Bw entscheidend beeinflussend gewertet werden, zumal auch aus dem beigebrachten ärztlichen Befund von einer relativ regelmäßig verlaufenden Frühschwangerschaft ausgegangen werden kann. Dem - schon in Österreich geborenen – Sohn, gegen den ebenfalls eine Ausweisung besteht, kann aufgrund seines Alters (X Jahre), in dem vor allem die Eltern als Bezugspersonen entscheidend sind, eine allfällige Integration in Georgien zugemutet werden.

 

Beide Bw können auf keine Verwandten im Bundesgebiet verweisen und haben nicht nur den Bildungsweg sondern den Großteil ihres Lebens im Herkunftsland verbracht, wo sie sowohl sprachlich als auch kulturell sozialisiert sind. Zudem leben ihre Verwandten dort. Eine Reintegration ist also fraglos zumutbar.  

 

Von eher untergeordneter Bedeutung bei der Interessensabwägung ist die einmalige strafrechtliche Verurteilung des Zweit-Bw im Jahr 2007 (Geldstrafe von 30 Tagessätzen), genau wie auch der Umstand der Unbescholtenheit der Erst-Bw.

 

Zudem ist – der belangten Behörde folgend – anzumerken, dass die Verfahrensdauer durch die zweijährige Abwesenheit des Zweit-Bw während des Asylverfahrens nicht den Behörden anzurechnen sein wird.

 

3.4.6. Bei einer Gesamtbetrachtung aller Umstände ist festzustellen, dass die für die Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung sprechenden Elemente des öffentlichen Interesses gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK die persönlichen Interessen der Bw an einem Verbleib im Bundesgebiet überwiegen.

 

3.5. Hinsichtlich des gestellten Berufungsantrags auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung ist auf § 64 AVG zu verweisen. Demnach hat der . Verwaltungssenat keine Zuständigkeit die aberkannte aufschiebende Wirkung wieder zuzuerkennen, sondern lediglich die Rechtmäßigkeit des erstinstanzlichen Bescheides festzustellen. Diesbezüglich besteht aber kein Zweifel daran, dass die Herstellung eines rechtmäßigen Zustandes bzw. die Beendigung eines unrechtmäßigen Aufenthalts – im Sinne der öffentlichen Ordnung und Sicherheit – geboten sein kann und hier auch wohl geboten war.

 

Der Antrag war allerdings mangels Zuständigkeit des UVS als unzulässig zurückzuweisen.

 

3.6. Es war daher die Berufung in der Hauptsache als unbegründet abzuweisen und der angefochtene Bescheid zu bestätigen.

 

Von der Übersetzung des Spruchs sowie der Rechtsmittelbelehrung konnte in Hinblick auf die glaubhaft gemachten Deutschkenntnisse der Bw gemäß § 59 Abs. 1 FPG abgesehen werden.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

2. Im Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von je 14,30 Euro (insgesamt 31,50 Euro, Eingabegebühr) angefallen.

Bernhard Pree

 

 

Beachte:

Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde abgelehnt;

VfGH vom 11.06.2012, Zl. B 1226/11-9 und B 1227/11-8

 

Beachte:

Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde abgelehnt.

VwGH vom 16. November 2012, Zl.: 2012/21/0137 und 0138-6

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